TE OGH 2011/3/30 9ObA10/11b

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Veröffentlicht am 30.03.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann und Dr. Rotraut Leitner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** K*****, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm, Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Ö***** P***** AG, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 2.200 EUR brutto und 894,63 EUR netto sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Oktober 2010, GZ 9 Ra 40/10h-24, mit dem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 14. September 2009, GZ 19 Cga 171/08t-20, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 373,68 EUR (darin 62,28 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war ab 4. 10. 1993 bei der Post- und Telegraphenverwaltung als Vertragsbediensteter beschäftigt und wurde aufgrund von Rechtsnachfolge (Poststrukturgesetz) Dienstnehmer der Beklagten. Seit 2000 ist er Vorsitzender des Vertrauenspersonenausschusses der Beklagten für den 8. und seit 15. 1. 2007 Vorsitzender auch des Vertrauenspersonenausschusses für den 9. Wiener Gemeindebezirk.

Zu seinem für das Revisionsverfahren noch bedeutsamen Anspruch auf Reisekosten für Personalvertretungstätigkeiten im Zeitraum 2006 bis September 2008 an Tag- und Kilometergeld wurde festgestellt, dass er tatsächlich an allen von ihm verzeichneten Terminen Personalvertretertätigkeiten entfaltete, wobei 5 % seiner Reisetätigkeiten für den Personalausschuss erfolgten. Er hatte immer wieder umfangreiche Unterlagen für diese Tätigkeit mitzuführen, was die Benutzung seines PKWs erforderlich machte. In etwa 50 % der Fälle wäre dies aber nicht wegen des Umfangs der Unterlagen erforderlich gewesen, sondern erfolgte aus Bequemlichkeit des Klägers.

Soweit noch relevant, brachte er vor, ab März 2008 seien ihm mit der rechtsirrigen Begründung, dass die Dienstverrichtungen alle innerhalb des Dienstorts gelegen seien, sohin gemäß § 20 Abs 3 der Reisegebührenvorschrift (RGV) kein Anspruch auf Tagesgebühr und Kilometergeld bestehe, keinerlei Reisegebühren mehr ausbezahlt worden. Dies sei unrichtig, weil er als Vorsitzender des Vertrauenspersonenausschusses der Beklagten gemäß § 47 PBVG die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben als Personalvertretungsorgan erforderlichen Kosten vom Betriebsinhaber ersetzt bekommen müsse, wozu auch die Reisekosten im unbedingt erforderlichen Ausmaß zählten.

Die Beklagte bestritt die Notwendigkeit der Reisekosten. Bei ihr seien Personalausschüsse eingerichtet, weshalb dem Vertrauenspersonenausschuss keine Kompetenz zur Vertretung der Belegschaftsmitglieder zukomme, zumal der Personalausschuss dem Vertrauenspersonenausschuss keine weiteren Befugnisse übertragen habe. Der Kläger könne auch keinen individuellen Rechtsanspruch auf Kostenersatz aus § 47 PBVG ableiten, weil er kein Personalvertretungsorgan, sondern nur Mitglied eines solchen sei. Auch eine sinngemäße Anwendung von § 20 Abs 3 RGV, wonach kein Anspruch auf Vergütung der Dienstverrichtungen bestehe, die im Dienstort außerhalb der Dienststelle vorgenommen werden und als regelmäßig in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtung anzusehen seien, schließe seinen Anspruch aus. Die Reisekosten seien auch nicht iSd § 47 PBVG unbedingt erforderlich gewesen, weil im innerstädtischen Bereich sämtliche Orte mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar seien. Der Kläger habe allenfalls Anspruch auf Bereitstellung von Fahrscheinen.

Nach Ansicht des Erstgerichts steht § 47 PBVG einer Vereinbarung der Direktauszahlung von Reisekosten an das Personalvertretungsmitglied nicht entgegen, wenn sich nur die tatsächliche Vertretungstätigkeit im Rahmen der Aufgaben des Mitglieds nach dem PBVG bewegt. Hier sei eine schlüssige Vereinbarung durch jahrelange tatsächliche Übung zustande gekommen. Im Rahmen der Ausübung des Mandats sei der Personalvertreter weisungsfrei und autonom, eine Prüfung der Erforderlichkeit der Dienstreisen stehe dem Betriebsinhaber nicht zu. § 20 Abs 3 RGV sei angesichts § 47 PBVG nicht anzuwenden. Der Anspruch bestehe insoweit grundsätzlich zu Recht, sei zunächst aber um 5 % zu kürzen, weil die Vertretungstätigkeiten des Klägers in diesem Umfang für den Personalausschuss erfolgt seien und es hierfür an einem Delegierungsbeschluss mangle. Da bei 50 % der Fahrten die Verwendung des PKWs lediglich aus Bequemlichkeitsgründen erfolgt sei, sei überdies von den verbleibenden 95 % des Kilometergelds jeweils die Hälfte abzuweisen. Dem Kläger stünden daher Reisegebühren von 847,55 EUR netto und Kilometergeld in Höhe von 47,08 EUR (= 894,63 EUR) zu.

Weiters wurde dem Kläger ein - nicht mehr strittiger - Betrag von 2.200 EUR brutto (MBO-Prämie) zugesprochen.

Das Berufungsgericht bestätigte in diesem Umfang die Entscheidung des Erstgerichts. Zur Aktivlegitimation des Klägers bezüglich der Reisekosten führte es aus, aus § 47 PBVG könne keine Rechtsfähigkeit der einzelnen Personalvertretungsorgane des PBVG betreffend den Anspruch auf Ersatz aufgelaufener Reisekosten einzelner ihrer Mitglieder abgeleitet werden. So wie im Bereich des ArbVG dem Betriebsrat keine eigene Rechtspersönlichkeit und damit auch keine Rechtsfähigkeit zukomme, treffe dies auch auf die Personalvertretungsorgane des PBVG zu. Das Recht auf Ersatz bereits aufgewendeter Reisekosten gegen den Betriebsinhaber komme auch nicht der Belegschaft als solcher zu. Die aktive Klagslegitimation einzelner Mitglieder sei zu bejahen.

Zwar seien die dem Vertrauenspersonenausschuss zukommenden betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse sehr eingeschränkt. Über diese hinaus normiere aber § 7 PBVG allgemein die Aufgaben der Organe der Arbeitnehmerschaft dahin, die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb und im Unternehmen wahrzunehmen und zu fördern. Damit in Verbindung stehe das Recht des einzelnen Arbeitnehmers, Anfragen, Wünsche, Beschwerden, Anzeigen oder Anregungen bei den Personalvertretungsorganen gemäß § 9 Abs 1 Z 2 bis 4 PBVG, somit auch beim Vertrauenspersonenausschuss, sowie bei jedem ihrer Mitglieder vorzubringen (§ 6 Abs 2 PBVG). Auch sei es gemäß § 8 Abs 1 PBVG das Ziel der Bestimmungen über die Betriebsverfassung und deren Anwendung, einen Interessenausgleich zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs herbeizuführen. Die dem Kläger als Vorsitzenden zweier Vertrauenspersonenausschüsse zukommenden Aufgaben seien daher nicht auf die konkret zugewiesenen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnisse zu beschränken, sondern auf sämtliche Tätigkeiten als Vertreter der Arbeitnehmerinteressen im Betrieb und im Unternehmen iSd § 7 PBVG zu beziehen, weshalb es auch keiner weiteren Konkretisierung des genauen Inhalts seiner Tätigkeiten bedürfe.

§ 20 Abs 3 RGV schließe einen Anspruch des Klägers auf den Reisekostenersatz nicht aus. Es lägen bereits dessen Voraussetzungen, nämlich die Regelmäßigkeit auswärtiger Personalvertretungstätigkeiten, nicht vor. Das Vorbringen der Beklagten, für die Termine sei die Benutzung des PKWs nicht erforderlich gewesen, entferne sich vom festgestellten Sachverhalt. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine oberstgerichtliche Rechtsprechung betreffend die aktive Klagslegitimation einzelner Mitglieder von Personalvertretungsorganen für den Ersatz ihrer Aufwendungen für Personalvertretertätigkeiten, insbesondere für Reisekosten, gemäß § 47 PBVG vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den genannten Gründen zulässig, jedoch nicht berechtigt.

1. Obwohl nach dem Revisionsantrag auch der Zuspruch weiterer 2.200 EUR (MBO-Prämie) bekämpft wird, setzt sich die Revision inhaltlich damit nicht auseinander, sodass darauf nicht näher einzugehen ist.

2. Den weiteren Ausführungen zu den Reisekosten ist die Bestimmung des § 47 Post-Betriebsverfassungsgesetz (PBVG) voranzustellen:

Kosten der Tätigkeit der Organe

§ 47. Die zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben der Personalvertretungsorgane und der Wahlausschüsse erforderlichen Kosten sind vom Betriebsinhaber zu tragen. Insbesondere sind Räumlichkeiten, Kanzlei- und Geschäftserfordernisse sowie sonstige Sacherfordernisse vom Betriebsinhaber unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Desgleichen hat der Betriebsinhaber unentgeltlich für die Instandhaltung der bereitgestellten Räume und Gegenstände zu sorgen. Wenn es der Umfang der Tätigkeit eines Personalvertretungsorgans erforderlich macht, ist jedenfalls auch eine entsprechende Anzahl von Mitarbeitern beizustellen. Reisekosten sind im unbedingt erforderlichen Ausmaß zu tragen. Näheres ist in der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Geschäftsführung der Personalvertretungsorgane zu regeln.

Soweit die Revisionswerberin die Aktivlegitimation des Klägers in Zweifel zieht, weil § 47 PBVG dem Organ nicht nur einen Sach-, sondern auch einen Geldleistungsanspruch für Reisekosten einräume und damit notwendig dessen entsprechend weitere Klagslegitimation und Rechtsfähigkeit zur Konsequenz habe, teilt der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, sodass darauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO).

Es sei hervorgehoben, dass Belegschaft und Belegschaftsorgane nur insoweit rechtsfähig sein können, als ihnen von Gesetzes wegen Rechtsfähigkeit eingeräumt wird. Dies lässt sich nur anhand der im (Post-)Betriebsverfassungsrecht übertragenen Befugnisse und Rechtspositionen ermitteln. Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Betriebsrat keine eigene Rechtspersönlichkeit und damit auch keine Rechtsfähigkeit zu; er vertritt immer nur die Belegschaft, die eine der Gesamthand ähnliche Rechtsgemeinschaft darstellt (RIS-Justiz RS0035251; RS0101814 ua).

Diese Grundsätze gelten auch für das PBVG. Zur Verdeutlichung seien hier die Bestimmungen des § 72 ArbVG und des § 47 PBVG einander gegenübergestellt: § 72 ArbVG verpflichtet den Betriebsinhaber nur, dem Betriebsrat und dem Wahlvorstand zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben Räumlichkeiten, Kanzlei und Geschäftserfordernisse sowie sonstige Sacherfordernis in einem der Größe des Betriebs und den Bedürfnissen des Betriebsrats angemessenen Ausmaß unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, während die Deckung der Kosten der Geschäftsführung des Betriebsrats aus den Mitteln des diesbezüglich mit Teilrechtsfähigkeit ausgestatteten Betriebsratsfonds zu erfolgen hat (§§ 73 f ArbVG). Konsequenterweise besteht daher die Pflicht des Betriebsinhabers zur Beistellung von Sacherfordernissen gegenüber dem Betriebsrat, während Geschäftsführungskosten, zu denen auch Reisekosten zählen, vom Betriebsratsfonds zu tragen sind. Demgegenüber sind im Rahmen des PBVG Geschäftsführungskosten der Personalvertretung nicht aus den Mitteln des Personalvertretungsfonds zu begleichen (§ 48 Abs 1, § 49 Abs 1 PBVG). Vielmehr verpflichtet § 47 PBVG den Betriebsinhaber generell zur Tragung der Kosten, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben der Personalvertretungsorgane und der Wahlausschüsse erforderlich sind. Diesem Unterschied liegt auch eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, bei der Kostentragungsregelung eine von den Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes abweichende Bestimmung vorzusehen, zugrunde (182/A XX. GP - Initiativantrag).

Aus dieser Konzentration der Pflicht zu Sachleistungen und zur Tragung der Kosten der Personalvertretertätigkeiten auf die Person des Betriebsinhabers geht allerdings noch nicht hervor, wer die jeweiligen Ansprüche ihm gegenüber geltend machen kann. Da entgegen § 47 letzter Satz PBVG auch nichts „Näheres“ in der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales für die Geschäftsführung der Personalvertretungsorgane (PBVGO) geregelt ist, sich aber auch keine anderen gesetzlichen Anhaltspunkte dafür finden, dass die Personalvertretungsorgane als solche zur Geltendmachung der Kosten der Tätigkeit ihrer Mitglieder, insbesondere von Reisekosten, berechtigt wären, hat das Berufungsgericht eine (Teil-)Rechts- und Vermögensfähigkeit der Personalvertretungsorgane hier zu Recht verneint. Das führt dazu, dass dieser Anspruch dem Organmitglied selbst zusteht. Die Aktivlegitimation des Klägers ist daher zu bejahen.

3. Die Argumentation der Revisionswerberin, der Kläger habe als Vorsitzender des Vertrauenspersonenausschusses keine betriebsverfassungs-rechtliche Befugnis zur Ausübung der von ihm vorgenommenen Personalvertretungstätigkeiten gehabt, wird den Aufgaben der Organe der Arbeitnehmerschaft nicht gerecht. Richtig ist zwar, dass § 73 PBVG die Wahrnehmung der der Arbeitnehmerschaft zustehenden Befugnisse grundsätzlich den Personalausschüssen und nicht dem Vertrauenspersonenausschuss zuweist. Bei diesen Befugnissen handelt es sich materiell primär um solche der Belegschaft (vgl Strasser in Strasser/Jabornegg/Resch, § 38 Rz 17), die der Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmerschaft gegenüber dem Betriebsinhaber dienen.

Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausführte, ist es aber ungeachtet dieser Kompetenzbestimmung gemäß § 7 PBVG allgemeine Aufgabe der Organe der Arbeitnehmerschaft, die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb und im Unternehmen wahrzunehmen und zu fördern. Dass die Organtätigkeit hier über die gegenüber dem Betriebsinhaber bestehenden Befugnisse hinausgehen kann, zeigt schon § 6 Abs 2 PBVG, wonach einzelne Arbeitnehmer Anfragen, Wünsche, Beschwerden, Anzeigen oder Anregungen bei den Personalvertretungsorganen gemäß § 9 Abs 11 Z 2 - 4 PBVG, bei jedem ihrer Mitglieder und beim Betriebsinhaber vorbringen können. Die Bestimmung entspricht § 37 Abs 2 ArbVG. Zu dieser ist nicht zweifelhaft, dass Organmitglieder deshalb auch berechtigt sind, mit einzelnen Arbeitnehmern aktiv Kontakt aufzunehmen, diese zu informieren sowie Angelegenheiten zu besprechen, die deren soziale, wirtschaftliche, kulturelle und gesundheitliche Interessen berühren oder auch sich Anfragen und Interventionen iSd § 37 Abs 2 ArbVG anzuhören. Ihre Grenze finden solche Aktivitäten nur darin, dass Erklärungen eines Organmitglieds mangels Sondervertretungsbefugnis nicht als Erklärungen des Betriebsrats gelten können (s Floretta/Strasser, ArbVG, § 71 Anm 2, S 394; Mosler in Tomandl, ArbVG, § 71 Rz 4). Einer solchen Durchbrechung der Zurechnung an das Organ steht hier aber schon der Umstand entgegen, dass als Adressat dieser Arbeitnehmerrechte an erster Stelle die Personalvertretungsorgane nach § 9 Abs 1 Z 2 - 4 ArbVG - zu denen auch der Vertrauenspersonenausschuss zählt - genannt sind. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Kläger zu 95 % (wenn auch nicht näher konkretisierte) Personalvertretertätigkeiten als Vorsitzender des Vertrauenspersonenausschusses wahrgenommen hat. Diese Feststellung steht auch jeder Erwägung dahin, dass er auch außer- oder überbetriebliche Aufgaben wahrgenommen haben könnte - die nicht in den gesetzlichen Aufgabenbereich von Personalvertretungsorganen fallen würden (vgl RIS-Justiz RS0051315) -, entgegen.

Danach ist aber sehr wohl davon auszugehen, dass er Aufgaben der Personalvertretungsorgane erfüllte, die einen Kostenanspruch nach § 47 erster Satz PBVG zu begründen vermögen.

4. Auch dem Vorbringen der Revisionswerberin, dass zur Erforderlichkeitsprüfung nach § 47 PBVG ein strenger Maßstab anzulegen und im Detail nachzuprüfen sei, welche Tätigkeiten konkret verrichtet worden und ob sie zur ordnungsgemäßen Belegschaftsvertretung erforderlich gewesen seien, ist die Feststellung entgegenzuhalten, dass der Kläger an allen von ihm verzeichneten Terminen tatsächlich Personalvertretertätigkeiten verrichtet hat. Wenn § 47 fünfter Satz PBVG vorsieht, dass Reisekosten „im unbedingt erforderlichen Ausmaß“ zu tragen sind, kann dies vor dem Hintergrund der beschriebenen Feststellungen daher nur bedeuten, dass nicht mehr die Erforderlichkeit der Reisetätigkeit als solche, sondern nur jene der dafür aufgewandten Kosten nach deren Art und Umfang (zB bezüglich der gewählten Beförderungsmittel, Beförderungsklasse uä) die Ersatzpflicht zu beschränken vermag. Die Notwendigkeit der Verwendung eines PKWs für die Hälfte der Reisezeiten des Klägers ergibt sich dabei aus den Feststellungen, dass er immer wieder umfangreiche Unterlagen mitzuführen hatte.

5. Soweit die Revisionswerberin schließlich einen Rechtsgrund für die Anwendung der Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV) vermisst, trifft es zwar zu, dass weder § 47 PBVG noch § 24 PBVGO auf die RGV Bezug nehmen. Folgt man der Revisionswerberin aber darin, dass der Verweis des § 23 der als Kollektivvertrag gemäß § 19 PTSG geltenden Dienstordnung (DO) auf die RGV („Für die Gewährung von Reisegebühren gelten die Bestimmungen für PT-Beamte sinngemäß.“) nur für die vertraglich geschuldeten Dienstleistungen des Klägers gilt, so ist nicht zu übersehen, dass jedenfalls § 29 Abs 4 B-PVG für die Vergütung der Reisekosten von Personalvertretern eine sinngemäße Anwendung der RGV vorsieht. Würde man nun sowohl nach § 23 DO als auch aufgrund des in der Revision vorgeschlagenen Umkehrschlusses aus § 29 Abs 4 B-PVG sowie des Schweigens des PBVG eine Anwendbarkeit der RGV verneinen, käme man für die Bestimmung des Reisekostenersatzes zu einer Regelungslücke, der nach den Erläuterungen zu § 47 PBVG keine Absicht zugrunde liegt (182/A XX. GP - Initiativantrag). Der Annahme einer Lücke steht auch nicht die in § 47 PBVG enthaltene Beschränkung des Reisekostenersatzes auf das „unbedingt erforderliche Ausmaß“ entgegen, weil daraus noch nicht hervorgeht, welchen Vorgaben die Berechnung der Reisekosten sonst zu folgen hätte. Dies legt eine analoge Anwendung des § 29 Abs 4 B-PVG nahe, die dazu führt, dass auch die Reisekosten des Klägers nach den Bestimmungen der RGV abzugelten sind.

Die Ausnahmebestimmung des § 20 Abs 3 RGV kommt hier nicht zum Tragen: Nach ihr besteht kein Anspruch auf eine (Reisekosten-)Vergütung für Dienstverrichtungen, die im Dienstort außerhalb auch der Dienststelle vorgenommen werden und als regelmäßige und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen anzusehen sind.

Es wurde festgestellt, dass der Kläger an allen Terminen, die er verzeichnet hat, Personalvertretertätigkeit entfaltet hat, wobei aus seinen Aufzeichnungen nur tageweise (zB Beil ./R) oder punktuell (zB Beil ./X) Fahrzeugeinsätze hervorgehen. Eine „Regelmäßigkeit“ iSd § 20 Abs 3 RGV wurde von den Vorinstanzen daher zu Recht verneint. Zur Erforderlichkeit der Benutzung des PKWs wird auf Punkt 3. verwiesen.

6. Nach all dem ergibt sich zusammenfassend:

6.1. Der Kläger ist als Mitglied des Vertrauenspersonenausschusses nach § 47 PBVG zur Geltendmachung von Reisekosten für seine Personalvertretungstätigkeit gegenüber dem Betriebsinhaber aktiv klagslegitimiert.

6.2. Als Vorsitzender des Vertrauenspersonenausschusses war er auch zur Wahrnehmung von Personalvertretungsaufgaben berechtigt, die sich nicht als Befugnisse der Arbeitnehmerschaft gegenüber dem Betriebsinhaber iSd § 73 PBVG darstellen.

6.3. Der Ersatz von Reisekosten der dem PBVG unterliegenden Mitglieder eines Personalvertretungsorgans bei Personalvertretungstätigkeiten im Dienstort richtet sich nach § 20 der Reisegebührenvorschrift 1955.

Nach all dem war der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Schlagworte

11 Arbeitsrechtssachen,

Textnummer

E97035

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:009OBA00010.11B.0330.000

Im RIS seit

05.05.2011

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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