Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Petra L*****, Schweiz, vertreten durch Dr. Rolf Philipp und Dr. Frank Philipp, Rechtsanwälte in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Sanatorium ***** GmbH, *****, vertreten durch Simma Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, wegen 65.000 EUR sA und Feststellung (Streitwert: 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei und die Rekurse beider Parteien gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. Oktober 2010, GZ 1 R 189/10v-171, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichts Feldkirch vom 17. Mai 2010, GZ 42 Cg 143/03m-167, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
II.
1. Der Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 447,62 EUR (darin enthalten 74,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
2. Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten dieses Rekursverfahrens (Rekurs ON 173, Rekursbeantwortung ON 174) sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Beklagte betreibt ein Sanatorium in Österreich. Die bei Vertragsabschluss in Deutschland wohnhafte Klägerin ist Allgemeinmedizinerin ohne diesbezügliche Facharztausbildung und auf Naturheilverfahren spezialisiert. Sie ist aufgrund ihrer Dissertation mit der Anatomie und der Funktion der Schulter eingehend vertraut.
Im Frühjahr 2000 traten bei der Klägerin nach einem Schiunfall zum wiederholten Mal Subluxationen der linken Schulter auf. Sie wurde aufgrund eines mit der Beklagten abgeschlossenen Behandlungsvertrags am 5. 6. 2000 in deren Sanatorium von Dr. ***** S***** (im Folgenden: Arzt/Operateur) an der linken Schulter operiert. Im Vorfeld der Operation erklärte der Arzt der Klägerin im Zuge seiner Untersuchung, dass eine Stabilisierungsoperation des Schultergelenks möglich sei. Er erklärte ihr die von ihm durchgeführte Operationsmethode - eine arthroskopische Operationstechnik unter Verwendung resorbierbarer Staples -, wonach die Fixierung hierbei erfolgt, indem mittels derartiger Dübel das Schultergelenk in der Pfanne fixiert werden soll. Weiters teilte er ihr mit, dass diese Methode weniger invasiv sei als andere Methoden und wies auf das Risiko hin, dass die volle Stabilität auch durch diese Operation allenfalls nicht erreicht werden könne. Er wies auch auf die allgemeinen Gefahren, wie die Gefahr einer Thrombose, eines Hämatoms und einer Infektion und Arthrofibrose (= massive Entzündung mit Gefahr der Versteifung der Gelenke) hin. Diese Begriffe und deren Bedeutung waren der Klägerin als Ärztin bekannt.
Der Arzt klärte die Klägerin im Rahmen dieses Gesprächs aber nicht über die möglichen alternativen Behandlungsmethoden und die damit verbundenen unterschiedlichen Risiken auf. Über die Möglichkeit einer Fremdkörperreaktion klärte er sie ebenso wenig auf wie über die Gefahr einer Abstoßungsreaktion oder das Abrasionsrisiko. Er belehrte sie auch nicht über die Möglichkeit, dass es zu einer postoperativen Gelenksentzündung (Synovitis) kommen könne. Er teilte der Klägerin auch nicht mit, dass er anstelle der bisher verwendeten Suretac-Staples als neues Material Bankart-Tacks verwenden werde. Von ihm wurde auch kein Vergleich zwischen bioresorbierbaren und metallenen Implantaten angestellt.
Zum Zeitpunkt des Aufklärungsgesprächs kannte die Klägerin bereits die Operationsmethode der Caspari-Technik, weil sie bereits einmal danach operiert worden war. Über diese hat sie mit dem Arzt jedoch nicht gesprochen. Es war der Klägerin auch klar, dass eine offene Operation durchgeführt werden könnte, jedoch erfolgte auch hierüber keine Aufklärung. Der Klägerin war außerdem bekannt, was eine Fremdkörperreaktion ist. Die mit einer Operation im Allgemeinen verbundenen Risiken waren ihr ebenfalls bekannt. Sie wusste auch, was eine Synovitis ist und ihr war bewusst, dass es als Folge einer Operation zu einer solchen Gelenksentzündung kommen kann. Der Klägerin war auch bekannt, dass eine Folgeoperation - auch bezogen auf den Erfolg - schwieriger ist als eine Erstoperation.
Die bei der Klägerin durchgeführte Operation einer ventralen Stabilisierung des Schultergelenks war aufgrund der rezidivierenden schmerzhaften Subluxation medizinisch indiziert. Die vom Arzt gewählte Operationsmethode (arthroskopische Stabilisierung mit Dübeln) war im Zeitpunkt der Operationsdurchführung eine richtige Möglichkeit der Stabilisierung. Es bestand im Vorhinein gesehen eine gute Chance, dadurch der Klägerin zu helfen.
Die Klägerin suchte nach dem Gespräch mit dem Arzt der Beklagten am 15. 5. 2000 einen weiteren Arzt in Deutschland auf, der ihr nach der Diagnose ihrer Schulter zu einer nochmaligen arthroskopischen Stabilisierung riet. Die vom deutschen Arzt angewandte Operationsmethode wäre eine andere als die der Beklagten, was der Klägerin bekannt war. Nachdem sich die Klägerin sowohl über die Operationsmethode der Beklagten als auch jene des deutschen Arztes informiert hatte, entschloss sie sich zur Durchführung der Operation im Sanatorium der Beklagten.
Die Klägerin hätte sich zum Eingriff und der vom Arzt der Beklagten durchgeführten Operationsmethode auch dann entschlossen, wenn sie auf die offene Operationsmethode hingewiesen worden wäre. Sie hätte sich auch dafür entschlossen, wenn sie darüber aufgeklärt worden wäre, dass es zu einer Synovitis als Folge kommen könne. Ebenso hätte sie sich dafür auch dann entschlossen, wenn ihr der Arzt mitgeteilt hätte, dass die Gefahr einer Fehlstellung der Implantate bestehe und dann eine Reoperation notwendig sein könnte.
Die Operation am 5. 6. 2000 wurde grundsätzlich sach- und fachgerecht durchgeführt; die vom Operateur durchgeführte Kapselraffung war lege artis. Dass ein Dübel nicht ideal gesetzt und deshalb die Kapsel nicht ausreichend refixiert wurde, ist ebenso wie die Tatsache, dass aus diesem Grund die Instabilität der Schulter nicht behoben werden konnte, kein Behandlungsfehler. Es handelt sich um eine Komplikation, die auf die Problematik der Operationsmethode selbst zurückzuführen ist.
Jedoch ragte ein Dübel, der erkennbar die Kapsel nicht erfasst hatte, über das Gelenksniveau hinaus. Dem Operateur wäre erkennbar gewesen, dass der Dübel über das Gelenksniveau hervorragt und er hätte davon ausgehen können, dass dieser Dübel wahrscheinlich am Gelenkskopf scheuern wird. Da erkennbar war, dass der Dübel keine positive Wirkung erbringt, aber in einem Bereich lag, in dem er durch Scheuern den Knochen beschädigen kann, hätte ein sorgfältiger Chirurg in dieser Situation diesen Dübel noch intraoperativ entfernt. Dass der Arzt den Dübel belassen hat, obwohl er erkennen konnte, dass dieser vermutlich der Klägerin schaden wird, ohne einen positiven Effekt zu erzielen, stellt eine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht dar.
Hätte der Arzt der Beklagten bei der klinischen Nachuntersuchung am 13. 6. 2000 bzw längstens drei Wochen nach der Operation reagiert, indem er weitere Untersuchungen angeordnet und dann eine Reoperation zur Entfernung des überstehenden Dübels durchgeführt hätte, so hätte ein Defekt am Knochen der Klägerin vermieden werden können. Der Arzt ordnete jedoch keinerlei weitergehende Untersuchungen an und führte diese auch nicht selbst durch, sondern wartete einfach zu.
Durch die mechanische Scheuerwirkung aufgrund des überragenden Dübels kam es bei der Klägerin am Schultergelenkskopf vorne zu einem knöchernen Defekt, nämlich einer Delle vom Gelenksknorpel bis zur Sehne. Dieser Defekt hatte aber weder Auswirkungen auf die rezidivierende, vordere Instabilität der Schulter noch auf das anhaltende Instabilitätsgefühl und auch nicht auf die Notwendigkeit weiterer Operationen. Nicht festgestellt werden kann, dass die vom Arzt durchgeführte Operation zu einem erhöhten Rezidivrisiko geführt hat.
Im Bereich der Schulter der Klägerin liegt mittlerweile eine Arthrose vor, die zum Zeitpunkt der Operation durch die Beklagte noch nicht vorlag. Risikofaktoren für diese Arthrose sind einerseits die Pfannendefekte aufgrund der mehrfachen Schulteroperationen, die Instabilität selbst und auch der Scheuerdefekt, durch den das Risiko der Arthrose erhöht wurde. Sämtliche dieser Risikofaktoren stellen Teilursachen dar, die zur Entwicklung der Arthrose führten. Welchen Anteil der Behandlungsfehler am Entstehen der Arthrose hatte, kann nicht festgestellt werden. Ob es auch ohne diesen Scheuerdefekt zu einer Arthrose gekommen wäre oder nicht, kann gleichfalls nicht festgestellt werden. Die Klägerin leidet aufgrund der Arthrose unter Schmerzen bzw wird in Zukunft unter Schmerzen leiden. In welchem Ausmaß diese auf die Fehlbehandlung bzw auf den durch die Fehlbehandlung verursachten Defekt zurückzuführen sind und in welchem Ausmaß auf natürliche bzw degenerative Gegebenheiten bzw die ursprüngliche Unfallverletzung, kann nicht festgestellt werden. Dauer- und Spätfolgen aufgrund der Arthrose für allfällige spätere Behandlungen können nicht ausgeschlossen werden.
Die vom Arzt angewandte Technik entsprach dem damaligen Stand der Medizin. Neben konservativen Maßnahmen (Physiotherapie) gibt es eine offene oder geschlossene (arthroskopische) Operation, wobei erstere mit einer Narbenbildung verbunden ist. Daneben wird zwischen reinen Weichteileingriffen (Kapselbandraffungen) und knöchernen Eingriffen (Spannverpflanzung) bzw Implantat-verwendenden Eingriffen unterschieden. Die Verwendung von Fremdmaterialien entsprach zumindest bis 2002 dem Stand der Medizin und war bei der bei der Klägerin vorliegenden Diagnose lege artis.
Zum damaligen Zeitpunkt war im deutschsprachigen Raum die vom Arzt der Beklagten angewandte Dübeltechnik sehr renommiert und wurde überwiegend angewandt. Bei der Caspari-Methode, bei der statt Dübeln Nähte verwendet werden, handelt es sich um eine ähnliche arthroskopische Operationstechnik wie die angewandte Bankart-Technik. Das Risiko der Abrasion (Scheuerung) - wie bei der Bankart-Technik - besteht bei der Caspari-Methode aber nicht. Es gibt allerdings andere Risiken, die sich in der Folge bei einer weiteren Operation bei der Klägerin auch verwirklicht haben. Die klassisch offene Operation wird heutzutage primär kaum noch durchgeführt, weil der Verlauf schwerwiegender ist, die Nachbehandlung länger dauert, der Komfort für den Patienten schlechter ist und es zu einer verstärkten Narbenentstehung kommt. Die Gefahr einer neuerlichen Luxation ist allerdings geringer. Es kommt aber häufiger als bei der arthroskopischen Methode zu Bewegungseinschränkungen und die Gefahr von Infektionen ist höher. Bei der extraartikulären Technik besteht ein größeres Risiko einer Nervenverletzung. Theoretisch wäre diese Methode jene, bei der ein besseres Ergebnis erzielt werden kann, weil das Risiko des Überspannens des Dübels geringer sein sollte. Nach einer durchgeführten Studie ist allerdings die Rezidivquote bei der extra- und der durchgeführten interartikulären Operationstechnik faktisch gleich groß. Ob bei Durchführung der Operation mittels extraartikulärer Bankart-Technik die Instabilität bei der Klägerin behoben hätte werden können, konnte nicht festgestellt werden.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten (nach Klagsausdehnung) 65.000 EUR sA an Schmerzengeld, Verdienstentgang, Haushaltshilfe- sowie Pflegekosten und stellte das Feststellungsbegehren, dass die Beklagte für sämtliche zukünftigen Schäden aus der Fehlbehandlung und unterlassenen Aufklärung einschließlich der Nachbehandlung hafte. Die Beklagte hafte ihr für alle Schäden aus der nicht sach- und fachgerechten Operation und weil sie der behandelnde Arzt nicht ausreichend aufgeklärt habe.
Die Beklagte wandte zusammengefasst ein, ein Behandlungsfehler liege nicht vor. Die Operation sei nach vollständiger sach- und fachgerechter Aufklärung mit wirksamer Einwilligung der Klägerin erfolgt.
Das Erstgericht sprach im zweiten Rechtsgang mit Teil- und Zwischenurteil aus, dass das Zahlungsbegehren dem Grunde nach „insoweit zu Recht“ bestehe, als der Klägerin Schadenersatz aus der Fehlbehandlung zustehe, die insofern vorliege, als die Beklagte einen im Schulterbereich eingesetzten überragenden Dübel nicht intraoperativ bzw binnen ca drei Wochen nach der Operation entfernt habe, wodurch es zu einem Scheuerdefekt am Humeruskopf der linken Schulter gekommen sei (Punkt 1.; unbekämpft in Teilrechtskraft erwachsen). Weiters stellte es fest, dass die Beklagte der Klägerin zu einem Drittel für sämtliche zukünftigen, mit der im Bereich der linken Schulter aufgrund der Fehlbehandlung vom 5. 6. 2000 einschließlich der unterlassenen Nachbehandlung entstandenen Arthrose verbundenen Schäden hafte (Punkt 2.; insofern unbekämpft in Teilrechtskraft erwachsen) und wies ein Mehrbegehren, darüber hinaus festzustellen, dass die Beklagte für alle mit einer unterlassenen Aufklärung im Zusammenhang stehenden Folgen hafte, ab (Punkt 3.).
Das Erstgericht führte in der rechtlichen Beurteilung aus, es liege ein Behandlungsfehler des Operateurs der Beklagten vor, der zum Entstehen eines Knochendefekts bei der Klägerin geführt habe. Der zu weit herausragend gesetzte Dübel sei weder intraoperativ noch nachfolgend entfernt worden. Insoweit sei die Behandlung nicht der Sorgfaltspflicht eines ordnungsgemäßen Arztes entsprechend erfolgt. Der Scheuerdefekt sei mitursächlich für die Arthrose, wofür die Beklagte einzustehen habe. Da das Ausmaß, inwieweit der Defekt zur Arthrose beigetragen habe, nicht feststellbar sei, der Zufall hinsichtlich der anderen Mitursachen aber die Klägerin treffe, sei eine prozentuelle Aufteilung vorzunehmen, welche „gemäß § 273 ZPO“ mit einem Drittel anzusetzen sei. Ob allenfalls weitere Folgen für die Klägerin aufgrund der Fehlbehandlung neben der Arthrose eintreten könnten, ob etwa Spät- und/oder Dauerfolgen, die auf die Entzündung zurückzuführen seien, ausgeschlossen werden könnten, sei (im fortzusetzenden Verfahren) noch abzuklären. Das Mehrbegehren festzustellen, dass die Beklagte auch hinsichtlich der mangelnden Aufklärung zu haften habe, sei nicht berechtigt, weil die Aufklärung insoweit, als sich ein Risiko verwirklicht habe, erfolgt sei und im Übrigen die Klägerin in die Behandlung auch bei vollständiger Aufklärung eingewilligt hätte. Die durchgeführte Operationsmethode und die Art der Durchführung haben dem damaligen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprochen. Dass die Operation nicht erfolgreich gewesen sei und nicht zu einer Stabilität der Schulter geführt habe, sei eine Komplikation, über welche die Klägerin aufgeklärt gewesen sei. Auch sonst hätten sich keine Risiken verwirklicht, über die die Klägerin nicht aufgeklärt worden sei, insbesondere sei es nicht zur Verwirklichung von Risiken gekommen, die bei anderen Operationsmethoden, über die die Klägerin nicht aufgeklärt worden sei, nicht bestanden hätten. Die beiden möglichen arthroskopischen Behandlungsmethoden - Caspari-Methode und Bankart- Technik - seien vergleichbar und gleichwertig. Die Fehlbehandlung habe die Chancen für spätere Operationen nicht verschlechtert.
Das Berufungsgericht änderte über Berufung der Klägerin das Ersturteil im Feststellungsausspruch (Punkt 2.) als Teilurteil dahin ab, dass die Beklagte der Klägerin aufgrund der bei der Nachbehandlung zur Operation vom 5. 6. 2000 unterlaufenen Fehlbehandlung, welche darin bestand, dass ein im Schulterbereich eingesetzter überragender Dübel nicht intraoperativ oder spätestens ca drei Wochen nach der Operation entfernt wurde, wodurch es zu einem Scheuerdefekt vorne am linken Schultergelenkskopf kam, für sämtliche künftigen Schäden, die aus der dadurch verursachten Arthrose entstehen, zur Hälfte hafte. Im klagsabweisenden Teil (Feststellungsmehrbegehren; Punkt 3.) hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung zurück.
Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, dass die charakteristische Leistung aufgrund des Behandlungsvertrags die Beklagte zu erbringen gehabt habe, die ihre Hauptverwaltung in Österreich hat. Nach Art 4 Abs 2 EVÜ gelange österreichisches Recht zur Anwendung.
Dem behandelnden Arzt sei bei einer „Nachbehandlung“ der Klägerin ein Kunstfehler unterlaufen, weil er nicht intraoperativ oder spätestens ca drei Wochen nach der Operation den überstehenden Dübel entfernt habe. Ein weiterer Behandlungsfehler ergebe sich aus den Feststellungen nicht. Insbesondere stelle die nicht ideal erreichte Kapselraffung keinen Behandlungsfehler dar. Der durch den Behandlungsfehler des Arztes der Beklagten verursachte vordere Defekt am Oberarmkopf sei eine Teilursache für die entstandene Arthrose. Diesbezüglich liege eine alternative Kausalität durch die Fehlbehandlung und ein der Klägerin zuzurechnender Zufall iSd § 1311 ABGB vor. Habe der Schädiger eine Schadensursache gesetzt, während eine andere in die Risikosphäre des Verletzten falle, und könne nicht festgestellt werden, welches der Ereignisse für den Schaden tatsächlich kausal gewesen sei, dann sei der Schaden zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger zu teilen. Dies gelte auch bei einer Konkurrenz zwischen einem Haftungsgrund aus einem ärztlichen Behandlungsfehler und einem vom Geschädigten zu vertretenden Zufall (RIS-Justiz RS0026663). Konkurriere ein dem Geschädigten zurechenbarer Zufall mit einem Haftungsgrund, so sei in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 1304 ABGB eine Schadensteilung - im Zweifel auf der Basis von 50 : 50 - vorzunehmen (RIS-Justiz RS0027286). Da nicht beurteilt werden könne, in welchem Ausmaß die bei der Klägerin eingetretene Arthrose auf den Behandlungsfehler oder auf eine Vorschädigung der Klägerin oder auf Risikofaktoren zurückzuführen sei, für die die Beklagte nicht einzustehen habe, sei eine Schadensteilung im Verhältnis 50 : 50 gerechtfertigt. Es sei daher eine Haftung der Beklagten zur Hälfte für die durch den Behandlungsfehler verursachte Arthrose festzustellen. Diese Haftungsteilung gelte allerdings nicht für sonstige künftige Schäden, welche die Klägerin durch die von der Beklagten zu vertretende Fehlbehandlung erleiden werde. Diesbezüglich bestehe eine volle Haftung. Allerdings könne derzeit darüber noch nicht abgesprochen werden, weil keine Feststellungen getroffen worden seien, ob sich - außer der Arthrose - noch andere künftige Schäden aus dem Behandlungsfehler ergeben könnten. Diesbezüglich leide das Ersturteil an einem sekundären Feststellungsmangel.
Sei ein Patient selbst Arzt, dann müsse er über allgemeine Risiken, die jedem medizinischen Eingriff anhaften und auch jedem Arzt bekannt sein müssen, nicht aufgeklärt werden. Jedoch sei ein Patient, der selbst Arzt sei, insbesondere über typische Risiken des geplanten Eingriffs, dessen Erfolgsaussichten und über alternative Behandlungsmethoden zu informieren, sofern der sachkundige Patient nicht bereits über diese notwendigen Informationen verfüge. Die Klägerin - eine Allgemeinmedizinerin - sei vom behandelnden Arzt der Beklagten grundsätzlich aufzuklären gewesen. Dieser hätte nicht ohne weiteres davon ausgehen dürfen, dass sie bereits über jenen Kenntnisstand verfüge, der ihr eine umfassende Abwägung ihrer Interessen möglich gemacht hätte. Hätte der Arzt ihren Informationsstand erforscht, wäre zutage getreten, dass die Klägerin nicht einmal über das erhöhte Fremdkörperrisiko bezüglich der verwendeten Dübel Bescheid gewusst habe, also keine Kenntnis von den typischen Risiken der Operation gehabt habe. Sie hätte über die mögliche Fehlstellung der Implantate und die damit verbundenen Probleme (Scheuerdefekt, Notwendigkeit einer Reoperation) informiert werden müssen. Der behandelnde Arzt hätte ihr auch die alternativ möglichen Operationsmethoden, deren Vorteile und deren typische Risiken darlegen müssen. Die Klägerin sei zwar grundsätzlich davon in Kenntnis gewesen, dass es eine offene Operationsmethode und die Caspari-Methode gebe, der behandelnde Arzt der Beklagten hätte ihr aber das Für und Wider dieser Operationstechniken im Vergleich zu der von ihm angewandten Operationsmethode darlegen müssen. Über das typische Risiko der Operationsmethode des Arztes, dass die volle Stabilität auch durch die Operation allenfalls nicht erreicht werden könne, sei die Klägerin aufgeklärt worden. Eine weitergehende medizinische Begründung, warum die Instabilität möglicherweise nicht beseitigt werden könne, müsse der behandelnde Arzt der Klägerin nicht zur Kenntnis bringen. Über die mögliche Komplikation der Synovitis sei die Klägerin in Kenntnis gewesen, sodass sie darüber nicht aufzuklären gewesen sei. Gleiches gelte auch für den Umstand, dass eine Folgeoperation schwieriger sei als eine Erstoperation, weil dies die Klägerin gewusst habe. Ob die Klägerin über eine mögliche Fremdkörperreaktion, die Verwendung von Bankart-Tacks statt Suretac-Staples und die Risiken resorbierbarer Anker im Vergleich zu metallenen Ankern aufzuklären gewesen wäre, könne dahingestellt bleiben, hätten sich doch in dieser Hinsicht keine Komplikationen ergeben und damit auch keine typischen Risiken verwirklicht. Mangels Tatsachenfeststellungen sei aber offen, wie sich die Klägerin entschieden hätte, wenn sie vom Operateur darüber aufgeklärt worden wäre, dass auch die Möglichkeit einer extraartikulären Arthroskopietechnik bestehe, bei der theoretisch ein besseres Ergebnis erzielt werden könne, dass bei der angewandten Operationstechnik anders als bei der der Klägerin bereits bekannten Caspari-Technik die Gefahr einer Fehlstellung der Implantate und damit auch die Gefahr eines Scheuerdefekts sowie einer Reoperation bestehe und dass bei einer offenen Operation die Gefahr einer neuerlichen Luxation geringer sei. Offen sei auch, wie die Entscheidung der Klägerin ausgefallen wäre, wenn ihr die mit den alternativen Operationstechniken verbundenen Risiken - im Vergleich zur Operationstechnik des Arztes der Beklagten - vor Augen geführt worden wären. Auch fehle eine Feststellung, ob sich die Klägerin zur Operation entschlossen hätte, wenn ihr das Risiko des Scheuerdefekts bekannt gegeben worden wäre. Diesbezüglich leide das Ersturteil an sekundären Feststellungsmängeln, weshalb das abweisende Teilurteil über die Haftung der Beklagten für alle künftigen, der Klägerin aus der unterlassenen Aufklärung entstehenden Schäden aufzuheben sei.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige. Die ordentliche Revision gegen das Teilurteil erachtete es mangels Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO für nicht zulässig. Den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss ließ es zu, weil zur Frage der Aufklärungspflicht gegenüber einem Patienten, der selbst Arzt sei, keine höchstgerichtliche Judikatur vorliege und dieser Rechtsfrage für die Rechtsfortentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme.
Inhaltlich auch gegen das Teilurteil des Berufungsgerichts, mit dem es (wie schon das Erstgericht) einen Teil des Feststellungsbegehrens (die Arthrose betreffend) der Sache nach abwies, richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin, die sie unrichtig ebenfalls als „Rekurs“ bezeichnet (vgl RIS-Justiz RS0036258). Gegen den Aufhebungsbeschluss erhoben beide Parteien Rekurs.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision und der Rekurs der Klägerin sind nicht zulässig. Der Rekurs der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
I. Zur außerordentlichen Revision der Klägerin:
Die Klägerin zeigt in ihrem außerordentlichen Rechtsmittel gegen das Teilurteil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Das Berufungsgericht ist von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs nicht abgewichen. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
II. Zu den Rekursen beider Parteien:
1. Dass der Behandlungsvertrag zwischen der beklagten Sanatorium-GmbH, die ihre Hauptverwaltung in Österreich hat, und der klagenden Patientin mit damals gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland gemäß Art 4 Abs 2 EVÜ österreichischem Recht unterliegt, ist unstrittig (vgl 4 Ob 65/09a = ZfRV-LS 2009/59 [zustimmend Ofner]).
2. Die Klägerin ist eine auf Naturheilverfahren spezialisierte Allgemeinmedizinerin ohne diesbezügliche Facharztausbildung.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist für den Umfang der ärztlichen Aufklärung entscheidend, dass der Patient als Aufklärungsadressat die für seine Entscheidung maßgebenden Kriterien erfährt, die ihn in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Zustimmung zum Eingriff zu überblicken. Der Zweck der Aufklärungspflicht besteht darin, einem Patienten die Tragweite des Eingriffs zu verdeutlichen, um ihm ausreichende Entscheidungsgrundlagen für oder gegen die Behandlung zu geben (5 Ob 290/08w mwN). Eine Aufklärung über Umstände, die der Patient bereits kennt, ist nicht notwendig (Tanczos/Tanczos, Arzthaftung [2010], 29 unter Berufung auf OGH RdM 1997, 154), weil er dann weiß, in welchen Eingriff er einwilligt (1 Ob 651/90; BGH VI ZR 131/02, jeweils mwN). Eine Aufklärung kann auch unterbleiben, wenn der behandelnde Arzt aufgrund der Vorgeschichte und der beruflichen Ausbildung des Patienten annehmen darf, dass dieser bereits über die nötigen Kenntnisse von seinem Leiden, von den Behandlungsmöglichkeiten und von deren Folgen verfügt (6 Ob 542/93 = RdM 1994, 92 [Stationsschwester]; BGH VI ZR 124/60 = NJW 1961, 2302 [Krankenschwester]; Tanczos/Tanczos aaO). Die geschuldete Aufklärung reduziert sich daher oder wird unter Umständen ganz entbehrlich gegenüber jenem Patienten, der über das entscheidungsrelevante Wissen bereits verfügt. Wo die erforderlichen Kenntnisse schon vorhanden sind, steht die Einwilligung auf festem rechtlichen Fundament; die Pflicht des Arztes zur Vermittlung von Informationen entfällt (Engljähringer, Ärztliche Aufklärungspflicht vor medizinischen Eingriffen [1996] 221 mwN). Wesentlich ist, dass der Patient die Kenntnisse wirklich besitzt; der Umstand, dass eine Patientin in einem medizinischen Beruf tätig ist oder war, reicht für sich allein ebenso wenig wie die bloße Tatsache des wiederholten Eingriffs, wenn damals keine angemessene Aufklärung stattgefunden hat. Insgesamt darf also der aufklärungspflichtige Arzt nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass der - auch sachkundige - Patient über die entscheidungserheblichen Informationen bereits verfügt. Vielmehr ist der Behandler verpflichtet, sich im Gespräch mit dem Patienten ein Bild über dessen konkrete Aufklärungsbedürfnisse zu verschaffen (vgl 6 Ob 542/93; weiters RIS-Justiz RS0026661). Eine Verletzung seiner diesbezüglichen Kontroll- oder Erkundigungspflicht macht den Arzt aber nur bei faktischem Informationsdefizit des Patienten haftbar (Engljähringer aaO 222). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Sie werden auch von den Parteien in den Rekursen nicht in Frage gestellt.
3. Zum Rekurs der Klägerin:
Die Klägerin macht nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, weshalb ihr Rekurs trotz Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen ist (RIS-Justiz RS0102059). Die Ausführungen können sich auf die Zurückweisungsgründe beschränken (§§ 528a iVm 510 Abs 3 ZPO).
Im Fall der Verletzung der Aufklärungspflicht trifft die Beklagte die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass die klagende Patientin auch bei ausreichender Aufklärung die Zustimmung zur Operation erteilt hätte (RIS-Justiz RS0038485; RS0111528). Der Einwand, die Beklagte habe nicht behauptet, dass die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung der gegenständlichen Operation zugestimmt hätte, ist nicht berechtigt. Die Klägerin übergeht damit das entsprechende Vorbringen in der Klagebeantwortung. Aus dem Fehlen von Feststellungen und dem Umstand, dass für die rechtliche Beurteilung nicht ausreichende Feststellungen getroffen wurden, kann entgegen der Ansicht der Klägerin nicht geschlossen werden, dass die Beklagte den genannten, ihr obliegenden Beweis nicht erbracht hat.
Zur hypothetischen Einwilligung der Klägerin bei Aufklärung über die alternative Behandlungsmethode einer extraartikulären Arthroskopietechnik gibt es keine Feststellung. Feststellungen dazu, ob die Klägerin in den Eingriff eingewilligt hätte, wenn sie darüber aufgeklärt worden wäre, dass bei der Caspari-Technik das Risiko der Scheuerung (Abrasion) - anders als bei der durchgeführten Operationstechnik - nicht besteht und die Gefahr der neuerlichen Luxation bei einer offenen Operation geringer ist, fehlen ebenfalls. Insofern haften dem Ersturteil sekundäre Feststellungsmängel an.
Die Klägerin wurde vom Arzt auf das Risiko hingewiesen, dass die volle Stabilität ihrer Schulter durch die Operation allenfalls nicht erreicht werden kann. Die nicht ideale Kapselraffung ist der Grund für die verbleibende Instabilität. Da die Klägerin über dieses typische Risiko der Operationsmethode aufgeklärt wurde, hat die Beklagte - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - in diesem Zusammenhang die Aufklärungspflicht nicht verletzt.
Die Beklagte haftet auch im Fall der Annahme einer Aufklärungspflichtverletzung nur für die Verwirklichung des Risikos, auf welches sie hinweisen hätte müssen (4 Ob 12/10h). Im vorliegenden Fall hat sich aber das Risiko von Fremdkörperreaktionen infolge des verwendeten resorbierbaren Materials bei der Klägerin nicht verwirklicht, sodass insoweit eine Haftung der Beklagten ausscheidet.
Da Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung somit nicht zu lösen sind, ist der Rekurs der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die Rekursbeantwortung der Beklagten enthält begründete Ausführungen zur mangelnden Zulässigkeit des Rekurses und ist daher - auf der Bemessungsgrundlage des strittigen Feststellungsbegehrens - zu honorieren (RIS-Justiz RS0123222; RS0035976 [T2]).
4. Zum Rekurs der Beklagten:
Vom Urteil des Erstgerichts abweichende Feststellungen darf das Berufungsgericht nur nach einer Beweiswiederholung oder -ergänzung treffen. Das Berufungsgericht kann allerdings aus den erstinstanzlichen Feststellungen andere tatsächliche Schlussfolgerungen ziehen und damit zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommen (E. Kodek in Rechberger³ § 498 Rz 1 mwN). Gegen die erstinstanzliche Feststellung, dass sich die Klägerin für die Operation durch den Arzt auch dann entschlossen hätte, wenn ihr mitgeteilt worden wäre, dass die Gefahr einer Fehlstellung der Implantate besteht und dann eine Reoperation notwendig sein könnte, hatte das Berufungsgericht wohl Bedenken, traf aber selbst keine von dieser abweichende Feststellung. Ein Verstoß gegen § 488 Abs 4 ZPO liegt daher nicht vor. Die weitere erstgerichtliche Feststellung, dass die Klägerin sich zum Eingriff auch dann entschlossen hätte, wenn sie der Arzt auf die offene Operationsmethode „hingewiesen“ hätte, reicht für eine ordnungsgemäße Einwilligung nicht aus. Maßgeblich ist nicht der Hinweis auf diese alternative Operationsmethode, sondern die Aufklärung über die Vorteile und Risiken dieser Operationstechnik im Vergleich zur angewandten. Wenn daher das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang die Feststellung vermisst, wie sich die Klägerin entschieden hätte, wenn sie vom Operateur darüber aufgeklärt worden wäre, dass bei einer offenen Operation die Gefahr einer neuerlichen Luxation geringer ist, ist dies nicht zu beanstanden.
Grundlage für die Haftung eines Arztes oder Krankenhausträgers wegen Verletzung der Aufklärungspflicht ist in erster Linie das Selbstbestimmungsrecht des Patienten, in dessen körperliche Integrität durch die Behandlung eingegriffen wird. Der Patient muss in die konkrete Behandlungsmaßnahme einwilligen. Voraussetzung für eine sachgerechte Entscheidung des Patienten ist eine entsprechende Aufklärung durch den Arzt. Fehlt es daran, so ist die Behandlung grundsätzlich rechtswidrig, auch wenn der Eingriff selbst medizinisch indiziert und lege artis ausgeführt worden ist (4 Ob 137/07m = SZ 2007/122 mwN). Hat die ohne ausreichende Aufklärung des Patienten vorgenommene eigenmächtige Behandlung nachteilige Folgen, haftet daher der Arzt, wenn der Patient sonst in die Behandlung nicht eingewilligt hätte, für diese Folgen selbst dann, wenn ihm bei der Behandlung kein Kunstfehler unterlaufen ist (3 Ob 131/03s = SZ 2003/112 mwN). Wie sich die Klägerin entschieden hätte, wenn sie über die mögliche Komplikation eines Scheuerdefekts aufgeklärt worden wäre, wurde vom Erstgericht nicht festgestellt. Dass die diesbezügliche Fehlbehandlung zu einer Haftung der Beklagten wegen eines Behandlungsfehlers ihres Arztes führt, berührt ihre allfällige Haftung (für darüber hinausgehende Ansprüche der Klägerin) wegen der Verletzung der Aufklärungspflicht nicht.
Entgegen der Auffassung der Beklagten besagt der Umstand, dass die Klägerin grundsätzlich Kenntnis von alternativen Behandlungsmethoden hatte, noch nicht, dass ihr deren Vorteile und typische Risiken gegenüber der von der Beklagten angewandten Operationsmethode bekannt gewesen wären. Die Klägerin ist zwar Allgemeinmedizinerin und auch mit Anatomie und Funktion der Schulter eingehend vertraut, jedoch liegen keine Feststellungen vor, dass sie sowohl hinsichtlich der durchgeführten Operation als auch der alternativen Behandlungstechniken über Spezialkenntnisse verfügt hätte. Über die alternativen Behandlungsmethoden und die damit verbundenen unterschiedlichen Vorteile und Risiken wurde sie nicht aufgeklärt. Ihre vollständige Information über die unterschiedlichen Operationsmethoden steht nicht fest. Das notwendige Wissen um den Eingriff und seine Risiken darf aber nicht mit Hilfe von Indizien wie Beruf, Ausbildung oder Erfahrung zu einem „Wissenmüssen denaturieren“ (Engljähringer aaO 222 mwN). Die Klägerin war daher vom Arzt auch über die alternativen Behandlungsmethoden aufzuklären. Zum rechtmäßigen Alternativverhalten, ob die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung der durchgeführten Operation zugestimmt hätte, fehlen aber Feststellungen.
Da das Verfahren im vom Berufungsgericht aufgezeigten Sinn jedenfalls noch ergänzungsbedürftig ist, hat es bei der Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zu verbleiben.
Dem Rekurs der Beklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenvorbehalt hinsichtlich des Rekurses der Beklagten beruht auf § 52 ZPO.
Schlagworte
Zivilverfahrensrecht,Gruppe: Internationales Privatrecht und ZivilverfahrensrechtTextnummer
E97074European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0010OB00009.11X.0331.000Im RIS seit
11.05.2011Zuletzt aktualisiert am
09.05.2014