TE OGH 2011/3/31 1Ob30/11k

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Veröffentlicht am 31.03.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alois E*****, vertreten durch Dr. Anton Waltl, Dr. Peter Krempl und Mag. Manfred Seidl, Rechtsanwälte in Zell am See, gegen die beklagte Partei Wassergenossenschaft B*****, vertreten durch Dr. Hubert Heugenhauser, Rechtsanwalt in Saalfelden, wegen 22.000 EUR sA, über die Revision (Revisionsinteresse: 6.915,83 EUR sA) und den Rekurs (Rekursinteresse: 15.084,17 EUR sA) der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 2. November 2010, GZ 1 R 37/10g-27, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 2. Dezember 2009, GZ 12 Cg 30/08x-23, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Beiden Rechtsmitteln wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens dritter Instanz bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist eine freiwillige Wassergenossenschaft (§ 74 Abs 1 lit a WRG) mit dem Zweck der Errichtung und Erhaltung einer Wasserversorgungsanlage zur Versorgung der Liegenschaften und Anlagen ihrer Mitglieder mit Trink- und Nutzwasser. Ihre in der Generalversammlung am 28. 3. 2003 beschlossenen Satzungen wurden von der Wasserrechtsbehörde genehmigt.

Nach § 3 (Mitgliedschaft) der Satzungen sind Mitglieder der Genossenschaft die freiwillig beigetretenen Eigentümer von Liegenschaften und Anlagen, die an die genossenschaftliche Wasserversorgungsanlage angeschlossen (oder anzuschließen) sind, laut Mitgliederliste (Abs 1). Im Einvernehmen zwischen der Genossenschaft und den betreffenden Eigentümern können Liegenschaften auch nachträglich einbezogen werden (Abs 2). Wer in die Genossenschaft einbezogene Liegenschaften oder Anlagen erwirbt, wird Mitglied der Genossenschaft (Abs 3).

Nach § 5 (Pflichten der Genossenschaftsmitglieder) haben die Genossenschaftsmitglieder nach Gesetz und Satzung zu den Kosten der Herstellung, der Erhaltung und des Betriebs der gemeinsamen Wasserversorgungsanlage beizutragen (Abs 1). Nach der Gründung der Genossenschaft hinzugekommene Mitglieder (§ 3 Abs 2) können zur Leistung eines angemessenen Beitrags zu den bisherigen Aufwendungen sowie zur vorherigen Entrichtung der der Genossenschaft durch den Anschluss etwa verursachten besonderen Kosten herangezogen werden (Abs 2).

Nach § 6 (Aufbringung der Mittel zur Errichtung, zur Erhaltung und zum Betrieb der Anlagen) Abs 1 werden die Mittel zur Errichtung, zur Erhaltung und zum Betrieb der genossenschaftlichen Wasserversorgungsanlage durch Leistungen der Mitglieder in Form von Barzahlungen, Baustofflieferungen, Arbeitsleistungen und/oder Fuhrschichten (lit a), durch Aufnahme von Darlehen (lit b), durch allfällige Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln (lit c), durch den Herstellungskostenbeitrag (lit d), durch den Wasserzins (lit e) und durch die Leistungen später hinzugekommener Mitglieder (§ 5 Abs 2) (lit f) aufgebracht. Nach § 6 Abs 3 werden die Herstellungskosten auf die Genossenschaftsmitglieder im Verhältnis ihrer Genossenschaftsanteile (Einheiten) aufgeteilt (Berechnung der Genossenschaftsanteile im Einzelnen nach lit a Wohnraum und lit b Landwirtschaft).

Der Kläger war Eigentümer einer Liegenschaft, bestehend unter anderem aus dem Grundstück 705/1, und ist Mitglied der beklagten Wassergenossenschaft. Er war mit 41 Einheiten an der Wassergenossenschaft beteiligt, und zwar mit 15 Einheiten für sein Wohnobjekt, mit 20 Einheiten für seine Gastwirtschaft und mit 6 Einheiten für seine land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke. Er plante ursprünglich, auf dem landwirtschaftlich genutzten Grundstück 705/1 10 Wohneinheiten zu errichten. Im Flächenwidmungsänderungsverfahren der Stadtgemeinde S***** erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 24. 3. 2005, dass eine Wasserversorgung grundsätzlich möglich sei.

Am 25. 4. 2007 stellte der Kläger bei der Stadtgemeinde ein Ansuchen um Bauplatzerklärung seines Grundstücks 705/1. Das darin genannte Projekt (der Grundstückskäuferin H***** Siedlungsgesellschaft mbH, die das Grundstück am 25. 7. 2007 kaufte) wurde um 12 Wohneinheiten auf insgesamt 22 Wohneinheiten (zuzüglich 3 Wohneinheiten auf einem weiteren Grundstück des Klägers) erweitert. Voraussetzung einer Bauplatzerklärung war unter anderem die Herstellung und Sicherstellung der Wasserversorgung durch die Beklagte, weil das bis dahin landwirtschaftlich genutzte Grundstück im Aufschließungsgebiet der Beklagten lag.

Am 18. 9. 2007 fand eine Besprechung über die Erlangung einer Bestätigung der Beklagten über die ausreichende und einwandfreie Trinkwasserversorgung des Projekts statt, an der der Kläger mit seinem damaligen Rechtsanwalt und seinem Projektanten sowie die Beklagte durch ihren Obmann, ihren Kassier und ihren eigenen Projektanten teilnahmen. Die Realisierung des Projekts war für den Kläger wegen bestehender finanzieller Schwierigkeiten von erheblicher Bedeutung. Die Vertreter der Beklagten legten dar, dass sie mit den bestehenden Verhältnissen die Versorgung des Grundstücks nicht sicherstellen könnten, sondern für zusätzliche 15 Wohneinheiten Vorsorge durch Errichtung eines Hochbehälters getroffen werden müsse, dessen Errichtung bereits seit 1999 diskutiert wurde, um das in der Nacht andrängende und bisher ungenützt gebliebene Wasser nutzen zu können. Weil der Projektant der Beklagten für die zusätzlichen 15 Wohneinheiten ein zusätzliches Hochbehältervolumen von 18 m³ für notwendig erachtete und die Errichtungskosten des Hochbehälters mit 1.000 EUR pro m³ schätzte, wurde nach jeweils internen Beratungen vereinbart, dass der Kläger eine „Wasserbereitstellungsgebühr“ von 20.000 EUR zuzüglich 10 % Umsatzsteuer bei Vorliegen der rechtskräftigen Bauplatzerklärung zu bezahlen, die Wasserleitung von der Wasserversorgungsanlage zu den geplanten Objekten zu errichten, zu bezahlen und an die Beklagte abzutreten sowie zur Sicherstellung des Wasserleitungsbaus ein Kautionssparbuch von 13.000 EUR zu erbringen habe.

Über diese Vereinbarung gibt es keinen Beschluss der Mitgliederversammlung der Beklagten. Eine unter dem Titel „Wasserbereitstellungsgebühr“ geforderte Zahlung wurde bislang von keinem anderen Genossenschaftsmitglied verlangt. Die Beklagte war nur aufgrund der getroffenen Vereinbarung bereit, die für die Bauplatzerklärung erforderliche Bestätigung auszustellen. Hätte der Kläger die Bezahlung verweigert, wäre sein Begehren auf Sicherstellung der Wasserversorgung der Mitgliederversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt worden.

Mit Bescheid der Stadtgemeinde S***** vom 4. 10. 2007 wurde das Grundstück 705/1 zum Bauplatz erklärt.

Am 6. 11. 2007 stellte die Beklagte dem Kläger die Rechnung über eine „Wasserbereitstellungsgebühr“ in Höhe von brutto 22.000 EUR aus.

Am 28. 11. 2007 wollte der Kläger eine Rechnung eines Bauunternehmens über 31.060,18 EUR zahlen, wobei seine Lebensgefährtin diese Überweisung irrtümlich an die Beklagte durchführte. Nachdem der Kläger die gänzliche Rücküberweisung gefordert hatte, überwies ihm die Beklagte am 29. 1. 2008 den 22.000 EUR übersteigenden Betrag zurück.

Der Hochbehälter wurde von der Beklagten im Jahr 2008 errichtet.

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Rückzahlung des irrtümlich überwiesenen Betrags von 22.000 EUR sA. Das Verlangen einer „Wasserbereitstellungsgebühr“ sei in der Satzung der beklagten Wassergenossenschaft nicht vorgesehen und daher unzulässig, die Forderung sei auch nicht fällig. Die Beklagte könne nur von neu hinzugekommenen Mitgliedern sogenannte Anschlusskosten verlangen. Er sei mit seinem Grundstück Mitglied der Beklagten. Infolge der groben und eklatanten Ungleichbehandlung gegenüber anderen Anschlusswerbern sei seine Verpflichtungserklärung wirkungslos, weil bisher eine derartige Bereitstellungsgebühr nur von ihm verlangt worden sei. Ein Mitglied einer Wassergenossenschaft dürfe nicht schlechter als der Bezieher einer Gemeindewasseranlage gestellt werden, sodass nur Anschlusskosten und Nutzungsgebühren verlangt werden dürften. Die Rückforderung werde im Ausmaß von 15.084,17 EUR sA weiters darauf gestützt, dass die Beklagte bei der von ihm finanzierten Errichtung der Wasserleitung einerseits eine größere Dimensionierung und andererseits eine Verlängerung der Wasserleitung jeweils für ihre eigenen Zwecke verlangt habe, wofür Mehrkosten von 9.084,17 EUR und 6.000 EUR aufgelaufen seien.

Die Beklagte wendete ein, der Kläger habe mit der Überweisung vereinbarungsgemäß ihre fällige Rechnung über die „Wasserbereitstellungsgebühr“ gezahlt. Für den Fall einer irrtümlichen Zahlung des Klägers stütze sie ihren Anspruch auf Einbehalt des Klagsbetrags auf Aufrechnung ihrer fällig gewesenen Forderung aus ihrer Rechnung. Der Kläger habe keinen Rechtsanspruch und keine Wasserrechte auf Erschließung seines bisher nur land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücks in Bauland gehabt, zumal die Wasserreserven de facto ausgeschöpft gewesen seien. Er habe sich bei der abgehaltenen Ausschusssitzung vertraglich verpflichtet, zur Bereitstellung der Wasserversorgung für zusätzliche 15 Wohneinheiten einen als „Bereitstellungsgebühr“ bezeichneten (auch als „Baukostenzuschuss“ titulierbaren) Kostenbeitrag von 22.000 EUR zur erforderlichen baulichen Erweiterung der Wasserversorgungsanlage zu bezahlen. Sie sei als Wassergenossenschaft berechtigt, zivilrechtliche Vereinbarungen abzuschließen und nach § 81 Abs 3 WRG einen Beitrag für den besonderen Kostenaufwand für die nötige Errichtung eines neuen Hochbehälters zu verlangen. Eine Rückforderung im Sinn des § 1431 ABGB sei ausgeschlossen, weil der Kläger die Gebühr geschuldet habe. Er habe durch ihre Zusage der Wasserbereitstellung und die dadurch ermöglichte Umwidmung einen immensen Vermögensvorteil lukriert, sodass keine Benachteiligung vorliege.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 22.000 EUR sA und wies unbekämpft ein Zinsenmehrbegehren ab. Rechtlich führte es zusammengefasst aus, grundsätzlich sei auch eine Wassergenossenschaft berechtigt, privatrechtliche Verbindlichkeiten einzugehen. Privatrechtliche Vereinbarungen über den Zweck der Genossenschaft betreffende Angelegenheiten würden grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Der Kläger sei kein hinzugekommenes Mitglied der Beklagten im Sinn des § 5 Abs 2 der Satzung. Unter einer „Bereitstellungsgebühr“, unter diesem Titel sei der Betrag verrechnet worden, könne nur der Herstellungskostenbeitrag im Sinn des § 6 Abs 1 lit d der Satzungen der Beklagten verstanden werden. Diese Herstellungskosten seien gemäß § 6 Abs 3 der Satzungen (soweit nicht anders gedeckt) auf die Genossenschaftsmitglieder im Verhältnis ihrer Genossenschaftsanteile (Einheiten) aufzuteilen. Diese Aufteilung falle nach § 8 lit d der Satzungen in die Zuständigkeit der Mitgliederversammlung, nicht aber in jene des Ausschusses, der nur ein Vorschlagsrecht habe. Daraus folge, dass am 18. 9. 2007 keine wirksame Vereinbarung zustande gekommen sei und der Kläger ohne Rechtsgrund irrtümlich an die Beklagte geleistet habe. Er habe daher einen Rückforderungsanspruch gemäß § 1431 ABGB.

Das Berufungsgericht bestätigte mit Teilurteil die Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von 6.915,83 EUR sA, hob das Ersturteil im Umfang der Klagsstattgabe von 15.084,17 EUR sA auf und verwies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zurück. Die am 18. 9. 2007 geschlossene Vereinbarung, mit der sich der Kläger zur Bezahlung von brutto 22.000 EUR verpflichtet habe, sei ohne Willensmängel und daher rechtswirksam zustande gekommen. Nach § 6 Abs 1 lit a der Satzungen könnten die Mittel zur Errichtung einer Wasserversorgungsanlage auch durch Leistungen der Mitglieder in Form von Barzahlungen aufgebracht werden. Die genehmigten Satzungen ermöglichten freiwillige Barzahlungen und damit vertragliche Vereinbarungen über die Mittelaufbringung durch Barzahlungen. Dass bei Bestehen (und Zulässigkeit) eines Vertrags über die Leistung von Beiträgen Vertragsrecht gelte, sei auch der Entscheidung 1 Ob 27/76 (SZ 49/162) zu entnehmen. Die Entscheidung 1 Ob 305/00k lasse ebenfalls den Schluss zu, dass privatrechtliche Absprachen grundsätzlich zulässig seien. Wenngleich zur Leistung Verpflichtete von der Genossenschaft nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen (keine Gestaltungsfreiheit bei der Vorschreibung), so schließe dies nicht aus, dass sich die Wassergenossenschaft mit einem Mitglied in Anbetracht der zu erwartenden hohen Investitionskosten wegen der vom Mitglied geplanten Errichtung vieler Wohneinheiten auf die Zahlung eines Kostenbeitrags privatrechtlich einigen könne. Die sachlich gerechtfertigte Differenzierung (Willkürverbot) lasse sich hier mit dem zusätzlichen hohen Investitionsbedarf der Beklagten wegen der massiven Ausbaupläne auf den Grundstücken des Klägers rechtfertigen. Die Beklagte habe daher den überwiesenen Betrag von 22.000 EUR aufgrund der festgestellten Vereinbarung mit dem Kläger vom 18. 9. 2007 einbehalten dürfen.

Im Umfang von 15.084,17 EUR sA habe der Kläger das Klagebegehren hilfsweise auch auf von der Beklagten verlangte Mehrkosten für ihre eigenen Zwecke gestützt. Dazu habe das Erstgericht aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung keine Feststellungen getroffen. Hinsichtlich des Zinsenbegehrens aus dem rücküberwiesenen Betrag von 9.060,18 EUR würden Feststellungen über den Zeitpunkt der Aufforderung des Klägers zur Rückzahlung dieses Betrags fehlen.

Das Berufungsgericht ließ die Revision und den Rekurs zu, weil nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs die Rechte sowohl der Mitglieder einer Wassergenossenschaft untereinander als auch der Genossenschaft zu außenstehenden Interessenten im öffentlichen Recht geregelt seien, sodass privatrechtliche Vereinbarungen zwischen Wassergenossenschaften und Interessenten über den Zweck der Genossenschaft betreffende Angelegenheiten grundsätzlich nicht in Betracht kämen (vgl RIS-Justiz RS0082680). Diese Rechtsausführungen könnten auch dahin zu verstehen sein, dass privatrechtliche Vereinbarungen mit einem Mitglied über Wasserbezugsrechte oder wie hier über einen Baukostenzuschuss als gegen ein gesetzliches Verbot verstoßend nichtig seien (§ 879 Abs 1 ABGB).

Rechtliche Beurteilung

Die Revision und der Rekurs des Klägers sind aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Im Rechtsmittelverfahren ist allein die Frage der Zulässigkeit und Rechtswirksamkeit der Vereinbarung vom 18. 9. 2007 strittig.

1. Zunächst ist aber auf die von den Vorinstanzen nicht geprüfte Frage der Rechtswegszulässigkeit für den Rückforderungsanspruch des Klägers gegenüber der beklagten Wassergenossenschaft einzugehen. Die Unzulässigkeit des Rechtswegs wäre in jeder Lage des Verfahrens (auch noch im Rechtsmittelverfahren) von Amts wegen wahrzunehmen (1 Ob 135/07w mwN).

Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs sind zunächst der Wortlaut des Klagebegehrens und die Klagsbehauptungen von Bedeutung. Es kommt auf die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruchs an, wofür wiederum der geltend gemachte Rechtsgrund ausschlaggebend ist. Danach ist zu entscheiden, ob ein privatrechtlicher Anspruch im Sinn des § 1 JN erhoben wurde, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (2 Ob 80/06p mwN). Der Kläger fordert von der Beklagten den Klagsbetrag wegen irrtümlicher Zahlung einer Nichtschuld zurück. Die Beklagte habe von ihm unzulässigerweise eine „Wasserbereitstellungsgebühr“ verlangt, die in ihrer Satzung nicht vorgesehen sei. Seine „Verpflichtungserklärung“ sei wegen massiver Ungleichbehandlung gegenüber anderen Anschlusswerbern wirkungslos. Bereicherungsansprüche gehören dann nicht vor die ordentlichen Gerichte, wenn das zu Grunde liegende Rechtsverhältnis als öffentlich-rechtliches zu qualifizieren ist, weil ein Teil als Träger hoheitlicher Gewalt auftrat (RIS-Justiz RS0033689; RS0033985). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weil Wassergenossenschaften keine hoheitlichen Befugnisse haben (1 Ob 47/00v = SZ 73/57).

Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte hängt zudem davon ab, ob ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht wird, der nicht ausdrücklich durch das Gesetz vor eine andere Behörde verwiesen wird (2 Ob 80/06p mwN). Gemäß § 85 Abs 1 WRG hat die Wasserrechtsbehörde über alle aus dem Genossenschaftsverhältnis entspringenden Streitfälle zu entscheiden, die nicht im Sinn des § 77 Abs 3 lit i WRG (in der Satzung vorgesehenes Schlichtungsverfahren) beigelegt werden. Streitfälle entspringen dann aus dem Genossenschaftsverhältnis, wenn sie Mitglieder oder Organe einer rechtskräftig gebildeten Wassergenossenschaft betreffen und wenn der Rechtsgrund der strittigen Befugnisse oder des strittigen Anspruchs in den §§ 73 bis 86 WRG oder in der Satzung oder in einschlägigen Übereinkommen („besonderen Übereinkommen“ nach § 78 Abs 2 WRG) oder in ordnungsgemäßen Beschlüssen der Genossenschaftsorgane wurzelt (Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993] § 85 Rz 3). Gegenstand einer Streitigkeit aus dem Genossenschaftsverhältnis kann also nur sein, was das WRG und die darauf gegründeten Rechtsakte, insbesondere die Satzungen, über das Genossenschaftsverhältnis bestimmen, wenn somit das Genossenschaftsverhältnis für die geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach bestimmend ist (Oberleitner, WRG² [2007] § 85 Rz 4 unter Verweis auf die stRsp des Verwaltungsgerichtshofs).

So entscheidet über Streitigkeiten aus dem Genossenschaftsverhältnis die Wasserrechtsbehörde auch dann, wenn die Regelung über die Aufteilung der Kosten in die Form eines Vertrags - Brunnenordnung als „besonderes Übereinkommen“ im Sinn des § 78 Abs 2 WRG - gekleidet wurde (6 Ob 42/64 = SZ 37/46). Ein solches „besonderes Übereinkommen“, das von den Mitgliedern der Wassergenossenschaft abgeschlossen wurde und generell oder für einzelne Kosten Regelungen über die Kostentragung enthält und gemäß § 77 Abs 5 WRG der Zustimmung der Wasserrechtsbehörde bedarf (Bumberger/Hinterwirth, WRG [2008] § 78 K 3), ist hier aber nicht zu beurteilen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Zl 85/07/0289 = ÖJZ 1990/261 A [VwGH A]) ist der Rückforderungsanspruch von Beitragsleistungen an eine Wassergenossenschaft kein zivilrechtlicher Anspruch. Bei Streitigkeiten hierüber handelt es sich um solche aus dem Genossenschaftsverhältnis, sodass die Zuständigkeit der genossenschaftlichen Streitschlichtungsstelle und in der Folge der Wasserrechtsbehörde (§ 85 Abs 1 WRG) besteht (VwGH Zl 91/07/0091). Diesen Entscheidungen lag allerdings nicht die Rückzahlung behauptungsgemäß zu Unrecht geleisteter Beiträge aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung zu Grunde. Die Rückforderung des hier nach den Klagsbehauptungen ohne Rechtsgrund Geleisteten fußt weder unmittelbar im Neunten Abschnitt des WRG noch in der Satzung oder einem „besonderen Übereinkommen“ und auch nicht in einem Beschluss der Genossenschaftsorgane, sondern in der privatrechtlichen Vereinbarung zwischen dem Kläger als Genossenschaftsmitglied und der beklagten Wassergenossenschaft. Deren Unzulässigkeit behauptet der Kläger. Ein solcher Anspruch auf Zahlung einer zivilrechtlichen Schuld gemäß § 1431 ABGB ist aber kein Streitfall im Sinn des § 85 Abs 1 WRG, der in die Entscheidungskompetenz der Wasserrechtsbehörde fiele.

Für den vom Kläger erhobenen Bereicherungsanspruch ist daher der Rechtsweg zulässig.

2. Wassergenossenschaften sind Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 74 Abs 2 WRG), deren Zweck unter anderem, wie auch im Fall der Beklagten, die Versorgung der Mitglieder mit Trink- und Nutzwasser sein kann (§ 73 Abs 1 lit b WRG). Ein behördlicher Akt (Bescheid) ist notwendige Voraussetzung für das Entstehen; das Verbandsverhältnis ist zu einem erheblichen Teil öffentlich-rechtlich gestaltet (1 Ob 1/95 = SZ 68/132 mwN). Satzungen von Wassergenossenschaften sind - ab Anerkennung durch Bescheid der Wasserrechtsbehörde - gleichfalls öffentliches Recht (1 Ob 1/95), jedoch keine Verordnungen. Das Verhalten physischer Personen in Verfolgung statutarischer Zwecke, das Wassergenossenschaften zuzurechnen ist, wurzelt somit im öffentlichen Recht. Demgemäß sind deren Rechtsbeziehungen zu Mitgliedern und außenstehenden Interessenten sowie - in Genossenschaftsangelegenheiten - jene der Mitglieder untereinander öffentlich-rechtlicher Natur (1 Ob 47/00v = SZ 73/57 mwN; 1 Ob 305/00k).

Wie bereits dargelegt, haben Wassergenossenschaften keinerlei hoheitliche Befugnisse (1 Ob 47/00v = SZ 73/57 mwN). In der Entscheidung 1 Ob 27/76 (SZ 49/162) sprach der Oberste Gerichtshof zwar zunächst aus, dass privatrechtliche Vereinbarungen zwischen einer Wassergenossenschaft und „Interessenten“ (Dritten) über den Zweck der Genossenschaft betreffende Angelegenheiten (Wasserversorgung) grundsätzlich „nicht in Betracht kommen“, hielt jedoch abschließend fest, dass grundsätzlich auch die Wassergenossenschaft wie jede juristische Person öffentlichen Rechts berechtigt ist, privatrechtliche Verbindlichkeiten einzugehen. In casu verneinte er in Anwendung vertragsrechtlicher Grundsätze das Zustandekommen des Vertrags zwischen der Wassergenossenschaft und einem „Interessenten“. Dass eine Wassergenossenschaft wie jede andere juristische Person öffentlichen Rechts auch privatrechtliche Verbindlichkeiten eingehen kann, wurde in 1 Ob 305/00k fortgeschrieben.

Das WRG schließt die Zulässigkeit einer privatrechtlichen Vereinbarung (hier über einen Beitrag zur Errichtung des Hochbehälters [„Wasser- bereitstellungsgebühr“]) zwischen der Wassergenossenschaft und ihrem Mitglied nicht aus. Gemäß § 78 Abs 2 WRG sind Kosten, die der Genossenschaft aus der Erfüllung ihrer Aufgaben erwachsen und nicht anderweitig gedeckt werden können, nach dem durch die Satzungen oder durch „besondere Übereinkommen“ festgesetzten Maßstab auf die Mitglieder umzulegen. Eine „anderweitige Deckung“ im Sinne dieser Bestimmung kann auch durch besondere Leistungen der Mitglieder erfolgen (Raschauer aaO § 78 Rz 3). Dadurch, dass § 78 Abs 2 WRG auf eine „anderweitige Deckung“ der Kosten zur Erfüllung der Aufgaben der Wassergenossenschaft Bezug nimmt, wird - außerhalb des öffentlich-rechtlich gestalteten Verbandsverhältnisses - der Abschluss einer zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen einer Wassergenossenschaft und ihrem Mitglied ermöglicht. Es muss sich dabei aber um privatrechtliche Vereinbarungen handeln, die den Zweck der konkreten Wassergenossenschaft betreffen (vgl § 73 WRG). Zudem ist der Grundsatz der Gleichbehandlung der Genossenschaftsmitglieder zu beachten. Dieser Grundsatz ergibt sich bei den dem Genossenschaftsrecht unterliegenden Genossenschaften aus dem Treuegebot der Genossenschaft gegenüber Mitgliedern (5 Ob 29/86 = SZ 60/62 mwN), bei den dem öffentlichen Recht unterliegenden Genossenschaften - wie einer Wassergenossenschaft - aus Art 7 Abs 1 B-VG. Der sowohl die Gesetzgebung als auch die Vollziehung bindende Gleichheitsgrundsatz wird als umfassendes Willkürverbot verstanden, er gebietet es, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, und lässt damit nur „sachlich gerechtfertigte“ Differenzierungen zu. Der Gleichheitsgrundsatz verlangt für privatrechtlich agierende Körperschaften des öffentlichen Rechts eine sachliche Rechtfertigung für die konkrete Gestaltung einer Ausnahmeregelung (1 Ob 1/95 = SZ 68/132 mwN).

Aus den dargelegten Grundsätzen ergibt sich, dass die am 18. 9. 2007 zwischen dem Kläger und der Beklagten getroffene Vereinbarung rechtswirksam zustande kam. Der Kläger verpflichtete sich zur Zahlung einer „Wasserbereitstellungsgebühr“ von 22.000 EUR als Beitrag für die Errichtung eines Hochbehälters durch die Beklagte. Dessen Errichtung ist zur Sicherstellung der Wasserversorgung des Bauprojekts mit zahlreichen Wohneinheiten auf den beiden Grundstücken des Klägers, wovon jedenfalls eines bisher nur land- und forstwirtschaftlich genutzt wurde, erforderlich.

Nach § 5 Abs 1 der Satzungen der Beklagten haben die Genossenschaftsmitglieder nach Gesetz und Satzung zu den Kosten unter anderem der Herstellung der gemeinsamen Wasserversorgungsanlage beizutragen. Wie bereits ausgeführt, ermöglicht das WRG auch eine zivilrechtliche Vereinbarung über einen solchen Beitrag. Zudem können nach § 6 Abs 1 lit a der Satzungen die Mittel etwa zur Errichtung einer genossenschaftlichen Wasserversorgungsanlage auch durch Leistungen der Mitglieder in Form von Barzahlungen aufgebracht werden. Zutreffend hat das Berufungsgericht dargelegt, dass die genehmigten Satzungen freiwillige Barzahlungen und damit vertragliche Vereinbarungen über eine solche Mittelaufbringung gestatten.

Soweit der Kläger damit argumentiert, dass mit der privatrechtlichen Vereinbarung eine „willkürliche Vorschreibung“ von Beiträgen stattgefunden habe, trifft das nicht zu. Ausgangspunkt ist die (analogiefähige) gesetzliche Kostenaufteilungsregel des § 78 Abs 3 WRG, wonach mangels eines „derartigen Maßstabs“ in Satzungen oder „besonderen Übereinkommen“ die Kosten a) für hier nicht relevante Ent- und Bewässerungen nach dem Ausmaß der einbezogenen Grundflächen und b) für die - nach dem vom Kläger verfolgten Zweck maßgebliche - Versorgung mit Trink- und Nutzwasser nach dem Wasserverbrauch zu berechnen sind. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll damit die Aufteilung von Kosten nach dem Wasserverbrauch erfolgen, was jedenfalls bei der Versorgung mit Trink- und Nutzwasser wie hier zu gelten hat. Allen in § 78 Abs 3 WRG vorgesehenen Berechnungsansätzen kann der im Abs 5 dieser Gesetzesstelle verankerte verallgemeinerungsfähige Aufteilungsgrundsatz zu Grunde gelegt werden, dass der Maßstab für die Aufbringung der Kosten nach dem Verhältnis des zu erlangenden Vorteils oder zu beseitigenden Nachteils festzusetzen ist. Diese Grundsätze einer sachgerechten und billigen Aufteilung werden durch die gesetzliche Regelung des § 78 Abs 4 WRG, wonach bestehende Verpflichtungen und besondere Vorteile, die die Genossenschaft einzelnen Mitgliedern bietet, oder Lasten, die sie ihnen abnimmt, aber auch Vorteile, die der Genossenschaft durch einzelne Mitglieder erwachsen, entsprechend zu berücksichtigen sind, bestätigt (1 Ob 1/95 = SZ 68/132 mwN).

Das Grundstück 705/1 war ursprünglich landwirtschaftlich genutzt. Dass das Bauprojekt des Klägers mit 22 Wohneinheiten auf diesem Grundstück zuzüglich 3 Wohneinheiten auf seinem weiteren Grundstück einen vermehrten Wasserverbrauch verursachen wird, liegt auf der Hand und wird vom Kläger auch nicht bestritten. Dem individuellen Vorteil des Klägers auf ausreichende und einwandfreie Trinkwasserversorgung des Projekts steht aber der Investitionsbedarf der Beklagten zur Sicherstellung dieser Versorgung gegenüber. Wenn sich der Kläger mit der Beklagten privatrechtlich einigt, dass er für den allein ihm - und nicht anderen Genossenschaftsmitgliedern - zu Gute kommenden Vorteil einen Kostenbeitrag an die Beklagte zur Abdeckung des anteiligen Investitionsbedarfs zur Sicherstellung seiner Wasserversorgung leistet, ist dies sachlich gerechtfertigt. Dass der vereinbarte Betrag (22.000 EUR) nicht dem von ihm erlangten Vorteil entspricht, behauptet der Kläger nicht. Der erstmals erhobene Einwand, der Obmann der Beklagten sei zum Abschluss dieses Vertrags für die Wassergenossenschaft nicht berechtigt gewesen, trifft nicht zu (§ 78a Abs 4 erster Satz WRG [vgl dazu Bumberger/Hinterwirth aaO § 78a K 4]; § 15 Abs 3 der Satzungen).

Dem Rückforderungsbegehren des Klägers steht daher die zulässige und rechtswirksame Vereinbarung vom 18. 9. 2007 entgegen. Soweit das Klagebegehren allein auf den Rechtsgrund der Zahlung einer Nichtschuld gestützt wird, war es daher - wie das Berufungsgericht zutreffend beurteilte - abzuweisen.

3. Zum Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts erfolgen im Rechtsmittelverfahren ansonsten keine Darlegungen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 2 ZPO.

Schlagworte

Zivilverfahrensrecht

Textnummer

E97033

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0010OB00030.11K.0331.000

Im RIS seit

05.05.2011

Zuletzt aktualisiert am

01.09.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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