Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gerold B***** und 2. Klara B*****, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen 112.400 EUR, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 9. Februar 2011, GZ 4 R 19/11h-7, womit der Rekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 3. Jänner 2011, GZ 23 Nc 74/10w-2, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Ausgangsverfahren ist ein Amtshaftungsprozess beim Erstgericht. Der Verfahrenshilfeantrag der Kläger wurde abgewiesen; die Ablehnung des Erstrichters blieb erfolglos.
Mit Beschluss vom 18. 10. 2010 trug das Erstgericht den Klägern fristgebunden auf, die Klage durch anwaltliche Unterfertigung sowie Beifügung eines konkreten Urteilsantrags und eines anspruchsbegründenden Vorbringens zu verbessern. Gegen diesen Beschluss erhoben die Kläger Rekurs, kamen dem Verbesserungsauftrag jedoch nicht nach. Daraufhin wies das Erstgericht mit Beschluss vom 4. 11. 2010 die Klage und den Rekurs zurück.
Im dagegen erhobenen Rekurs erklärten die Kläger, den Erstrichter (neuerlich) wegen Befangenheit abzulehnen. Sie warfen ihm vor, dass er, obwohl er ausgeschlossen sei, Vorbringen und Anträge beharrlich ignoriere.
Mit Beschluss vom 3. 1. 2011 gab der Ablehnungssenat des Erstgerichts dem Ablehnungsantrag nicht Folge. Das Erstgericht legte dar, dass der abgelehnte Richter weder ausgeschlossen noch befangen sei. Die inhaltliche Richtigkeit seiner Entscheidungen sei im Ablehnungsverfahren nicht zu überprüfen.
Gegen diesen Beschluss erhoben die Kläger einen anwaltlich nicht unterfertigten Rekurs und verbanden damit (wiederum) einen Verfahrenshilfeantrag.
Das Rekursgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss den Rekurs zurück. Der Rekurs sei mangels Anwaltsunterschrift unzulässig. Ein Verbesserungsverfahren könne unterbleiben, weil ein Erfolg des Rechtsmittels nicht denkmöglich sei. Das Vorbringen im Ablehnungsantrag erschöpfe sich in Aktenwidrigkeiten und substanzlosen Beschuldigungen. Den Klägern sei die Anwaltspflicht im Gerichtshofsverfahren nicht erst seit dem Verbesserungsauftrag vom 18. 10. 2010 bekannt, sodass auch aus diesem Grund kein Verbesserungsverfahren durchzuführen sei. Der im Rekurs enthaltene Verfahrenshilfeantrag hindere die Rekurserledigung nicht (RIS-Justiz RS0125478). Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich der rechtzeitige außerordentliche Revisionsrekurs der Kläger, der nicht zulässig ist.
Die Revisionsrekurswerber führen gegen die vom Rekursgericht nach der Aktenlage zutreffend angenommenen formellen Zurückweisungsgründe keine stichhaltigen Argumente ins Treffen. Hat das Gericht zweiter Instanz einen Rekurs gegen die Ablehnung der Annahme einer Befangenheit eines Richters durch das Gericht erster Instanz in einem Zwischenverfahren ohne Vornahme einer meritorischen Prüfung der Ablehnungsgründe aus formellen Gründen zurückgewiesen, kommt § 24 Abs 2 JN nicht zur Anwendung. Der Rechtszug an die dritte Instanz muss zur Prüfung dieser formellen Gründe offenstehen, dies allerdings unter der Voraussetzung des Vorliegens erheblicher Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0044509; vgl RS0045990 [T2]), die hier nicht releviert werden.
Wohl wäre grundsätzlich wegen der fehlenden Anwaltsunterschrift auf dem Revisionsrekurs und wegen des gestellten Verfahrenshilfeantrags die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens auch im Revisionsrekursverfahren geboten. Davon ist hier wegen der aufgezeigten Unzulässigkeit des Rechtsmittels mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen abzusehen. Die Revisionsrekurswerber wurden zuletzt mit dem angefochtenen Beschluss zum wiederholten Mal auf die Anwaltspflicht im Rechtsmittelverfahren hingewiesen. Diese ist ihnen auch aus den sie betreffenden Entscheidungen 1 Ob 129/10t, 1 Ob 130/10i und 9 Ob 56/10s bekannt. Damit ist aber von einer absichtlichen und rechtsmissbräuchlichen Vorgangsweise der Revisionsrekurswerber auszugehen, denen die Anwaltspflicht ebenso bekannt sein musste wie aufgrund zumindest eines rechtskräftig abgewiesenen Verfahrenshilfeantrags der Umstand, dass neuerlich gestellte Verfahrenshilfeanträge nur bei maßgeblicher Änderung der Sachverhaltsgrundlage Aussicht auf Erfolg haben können. Beim gegebenen Sachverhalt liegt in der begründungslosen Antragstellung auf Gewährung der Verfahrenshilfe das Bewilligungshindernis der offenbaren Mutwilligkeit und damit der Fall einer missbräuchlichen Verletzung prozessualer Formvorschriften vor (vgl 3 Ob 185/06m; 3 Ob 185/09s; 1 Ob 211/09z jeweils mwN), sodass das außerordentliche Rechtsmittel ohne vorherigen Verbesserungsversuch zurückzuweisen ist.
Schlagworte
4 Amtshaftungssachen,ZivilverfahrensrechtTextnummer
E97277European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0010OB00050.11A.0331.000Im RIS seit
26.05.2011Zuletzt aktualisiert am
26.05.2011