Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. April 2011 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bashkim B***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 11 Hv 90/10m des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Beschwerdegericht vom 1. Februar 2011, AZ 8 Bs 15/11h (ON 56 der Hv-Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Das Landesgericht für Strafsachen Graz verhängte mit Beschluss vom 9. Mai 2010 über Bashkim B***** die Untersuchungshaft aus dem Grund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO (ON 12).
Mit Urteil vom 15. Dezember 2010 erkannte es ihn des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (I) sowie der Vergehen der falschen Beweisaussage nach §§ 12 zweiter Fall, 15, 288 Abs 1 StGB und der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (II/1) sowie des Vergehens der Begünstigung nach § 299 Abs 1 StGB (II/2) schuldig (ON 50a).
Danach hat er in Graz
(I) fremde bewegliche Sachen anderen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, nämlich
1) am 8. Dezember 2009 der Claudia M***** durch Einbruch in den Verkaufsraum deren Trafik rund 500 Euro und
2) am 12. März 2010 der Irmtraud W***** eine Geldbörse,
(II) in der Woche vor dem 23. August 2010
1) dadurch, dass er dem Erkan O***** über Auftrag des Oliver Ma***** mitteilte, dass ihn dieser nach der Haftentlassung töten werde, wenn er seine belastende Zeugenaussage in einer Hauptverhandlung vor dem Landesgericht für Strafsachen Graz aufrecht halte, Erkan O***** durch Drohung mit einer Verletzung am Körper zu einer falschen Zeugenaussage zu nötigen versucht sowie
2) durch die zu II/1 beschriebene Tat Oliver Ma***** strafrechtlicher Verfolgung zu entziehen versucht.
Das Landesgericht für Strafsachen Graz verhängte hiefür eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten und widerrief unter einem die hinsichtlich einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe gewährte bedingte Nachsicht.
Über die vom Angeklagten gegen das Urteil erhobene Berufung (ON 50 S 8) wurde bislang nicht entschieden.
Mit Beschluss vom 1. Februar 2011 gab das Oberlandesgericht Graz der Beschwerde des Angeklagten gegen einen Fortsetzungsbeschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 27. Dezember 2010 (ON 52) nicht Folge und ordnete die Haftfortsetzung - wie im letztgenannten Beschluss - aus dem Grund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO an (ON 56).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Die Einwände des Fehlens dringenden Tatverdachts (§ 173 Abs 1 erster Satz StPO) und der Unverhältnismäßigkeit der Haftdauer (§ 173 Abs 1 zweiter Satz StPO) waren nicht Gegenstand der der bekämpften Entscheidung zu Grunde liegenden Beschwerde (ON 53), womit die Grundrechtsbeschwerde insoweit die Zulässigkeitsvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzugs (§ 1 Abs 1 GRBG) nicht erfüllt.
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die Dringlichkeit des Tatverdachts ab Fällung des Urteils erster Instanz im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nach ständiger Judikatur nicht mehr zu überprüfen ist (RIS-Justiz RS0108486) und die im Zeitpunkt des Fortsetzungsbeschlusses in Untersuchungshaft zugebrachte Zeit weniger als die Hälfte der über den Angeklagten - wenngleich nicht rechtskräftig - verhängten Sanktion beträgt.
Die Behauptung der Verletzung der Unschuldsvermutung (Art 6 Abs 2 MRK) entfernt sich schon im Ansatz vom Inhalt der angefochtenen Entscheidung, weil das Oberlandesgericht - gesetzeskonform (§ 173 Abs 1 erster Satz StPO) - von einer dringenden Verdachtslage (BS 3), also gerade nicht von der Schuld des Angeklagten ausging.
Das Vorbringen, Tatbegehungsgefahr sei nicht gegeben, lässt jede Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Erwägungen des Oberlandesgerichts (BS 4, 5) vermissen und entzieht sich solcherart ebenfalls einer inhaltlichen Erwiderung (RIS-Justiz RS0112012).
Die Grundrechtsbeschwerde war somit ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.
Schlagworte
Strafrecht,GrundrechtsbeschwerdenTextnummer
E97185European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0130OS00023.11Y.0407.000Im RIS seit
21.05.2011Zuletzt aktualisiert am
21.05.2011