TE OGH 2011/4/12 4Ob17/11w

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.04.2011
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers G***** F*****, vertreten durch Dr. Anton Hintermeier und andere Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen den Antragsgegner M***** H*****, wegen Unterhaltsenthebung (Streitwert gemäß § 58 Abs 1 JN 9.679,68 EUR, gemäß § 9 Abs 3 RATG 3.226,56 EUR), über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 24. November 2010, GZ 23 R 466/10t-7, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 9. November 2010, GZ 3 FAM 45/10s-3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Vater beantragt die Enthebung von der Unterhaltspflicht gegenüber seinem (volljährigen) Sohn ab 31. 7. 2006. Der Antragsgegner führt gegen den Vater Exekution. Ein Oppositionsverfahren ist anhängig (9 C 4/06d des Erstgerichts), in dem zu klären ist, ob der Unterhaltsanspruch seit 31. 7. 2006 teilweise oder zur Gänze erloschen ist.

Das Erstgericht wies den Antrag unter Hinweis auf das (über denselben Zeitraum) anhängige Oppositionsverfahren zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil die Rechtsprechung über das Verhältnis einer negativen Feststellungsklage bzw eines Unterhaltsenthebungsantrags zur Oppositionsklage unklar und widersprüchlich erscheine.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig, aber nicht berechtigt:

1. Einwendungen nach § 35 EO richten sich nach ständiger Rechtsprechung unmittelbar gegen den betriebenen Anspruch; das der Oppositionsklage stattgebende Urteil spricht über den materiellrechtlichen Anspruch unmittelbar ab. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung geht davon aus, dass mit der Oppositionsklage alles erreicht wird, was auch mit einer (negativen) Feststellungsklage erreichbar ist. Sobald ein Exekutionsverfahren anhängig ist, ist nur mehr die Oppositionsklage zulässig (RIS-Justiz RS0001715; 3 Ob 13/87). Ein über die Oppositionsklage ergehendes Urteil, wonach ein bestimmter Anspruch erloschen ist, hat die gleiche Wirkung - insbesondere auch Rechtskraftwirkung - wie ein (negatives) Feststellungsurteil (RIS-Justiz RS0001652). Die Oppositionsklage entfaltet Streitanhängigkeit gegenüber einer später eingebrachten Feststellungsklage. Letztere ist aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen. Insoweit ist die (jüngere) Rechtsprechung keineswegs unklar oder widersprüchlich.

2. Mangels Streitanhängigkeit zwischen außerstreitigem und streitigem Verfahren macht ein Antrag auf Unterhaltsherabsetzung (oder Enthebung) eine spätere Oppositionsklage nicht unzulässig. Die Rechtskraft der Entscheidung des Außerstreitrichters ist im Oppositionsprozess jedoch von Amts wegen zu berücksichtigen.

3. Bei gleichzeitiger Erhebung desselben Anspruchs im streitigen und außerstreitigen Verfahren verneinte die Rechtsprechung zur Rechtslage vor dem AußStrG 2005 eine Streitanhängigkeit, (RIS-Justiz RS0039240) mit der Begründung, das Außerstreitverfahren enthalte keine Bestimmung, die jener des § 233 ZPO entspreche (8 Ob 211/67).

4. § 12 Abs 2 AußStrG 2005 sieht für das Außerstreitverfahren nunmehr vor, dass bei Anhängigkeit desselben Verfahrensgegenstands bei mehreren Gerichten die Sache an jenes der an sich zuständigen Gerichte zu überweisen ist, bei dem sie zuerst anhängig wurde. Diese Bestimmung dient (wie § 233 ZPO oder Art 27 EuGVVO) dazu, parallele Verfahren und damit einander widersprechende Entscheidungen zu verhindern. Innerhalb des Außerstreitverfahrens wird dies durch Verbindung der Verfahren beim zuerst angerufenen Gericht bewirkt; eine rechtswegübergreifende Verbindung kommt aber ebenso wenig in Betracht wie eine grenzüberschreitende. In Konstellationen wie der hier zu beurteilenden (gleiches Rechtschutzziel von Oppositionsklage und späterem Enthebungsantrag) ist daher mit Zurückweisung des später eingebrachten Enthebungsantrags vorzugehen (vgl auch Mayr in Fasching/Konecny2 III § 233 ZPO Rz 25, der eine parallele Rechtsverfolgung im Streitverfahren und im [„streitigen“ Bereich des] Außerstreitverfahren(s) generell für zweifelhaft hält, zumal beide Verfahren vor ordentlichen Gerichten stattfinden und zu rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheidungen führen). Dieses Ergebnis legt auch der Grundsatz der Prozessökonomie nahe, demzufolge „Verfahrenswiederholungen“ (die im Falle der Zulassung des Antrags auf Unterhaltsenthebung bei gleichzeitig anhängigem Oppositionsverfahren gegeben wären) möglichst zu vermeiden sind (vgl zur alten Rechtslage Dullinger in Burgstaller/Deixler, EO [1999] § 35 Rz 20).

5. Die vom Revisionsrekurswerber ins Treffen geführten unterschiedlichen Aspekte des Oppositions- und des Feststellungs- (oder auch Außerstreit-)verfahrens sind nach Auffassung des Senats nicht geeignet, die Zulässigkeit eines neben der Oppositionsklage - aus denselben Gründen und mit demselben Rechtschutzziel - eingebrachten Enthebungsantrags zu rechtfertigen. Die Zurückweisung des Antrags entzieht dem Antragsteller weder den gesetzlichen Richter, noch begründet sie eine Verletzung des Art 6 MRK.

Dem Revisionsrekurs des Vaters war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 AußStrG.

Schlagworte

Exekutionsrecht,Zivilverfahrensrecht

Textnummer

E97135

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0040OB00017.11W.0412.000

Im RIS seit

13.05.2011

Zuletzt aktualisiert am

18.04.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten