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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ASVG §408;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der A in Pöllau, vertreten durch Dr. Peter Dittrich, Rechtsanwalt in 8850 Murau, Anna-Neumann-Straße 21, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 31. Jänner 1995, Zl. 5- 220 B 19/4-94, betreffend Herstellung des gesetzlichen Zustandes gemäß § 69 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84- 86), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Pensionsversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft lehnte mit Bescheid vom 7. März 1972 den Antrag des Ehegatten der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Erwerbsunfähigkeitspension mangels Erfüllung der Wartezeit ab. Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Der Ehegatte der Beschwerdeführerin verstarb nach der Aktenlage am 14. Juni 1979.
Mit Schreiben vom 3. Juli 1994 beantragte die Beschwerdeführerin die rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes zum 1. Dezember 1991 sowie die Überweisung der ihrem Ehegatten gebührenden Erwerbsunfähigkeitspension und der allfällig gebührenden Kinderzuschüsse. Ferner beantragte sie die Einleitung eines Witwenpensionsverfahrens.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 1994 lehnte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt den Antrag der Beschwerdeführerin auf Herstellung des gesetzlichen Zustandes ab. Nach der Begründung biete § 69 GSVG der Witwe keine Handhabe dafür, die Herstellung des gesetzlichen Zustandes bezüglich jener Leistungen zu beantragen, die der Verstorbene beantragt habe.
Dem dagegen erhobenen Einspruch der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben, der Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt jedoch dahin gehend abgeändert, dass der Antrag der Beschwerdeführerin vom 3. Juli 1994 als unzulässig zurückgewiesen wurde.
Nach der Begründung sei die "Ablehnung" des Antrages der Beschwerdeführerin vom 3. Juli 1994 durch die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt inhaltlich als Zurückweisung mangels Aktivlegitimation anzusehen. Der Landeshauptmann sei daher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Behandlung des Einspruches zuständig. Der Landeshauptmann teile jedoch nicht die Auffassung der Beschwerdeführerin, ihren Antrag nach § 69 GSVG darauf stützen zu können, dass sich ihre beantragte Witwenpension aus der ihrem verstorbenen Ehegatten gebührenden Leistung errechnen würde. Zur Auffassung der Beschwerdeführerin, § 408 ASVG sei anzuwenden, werde bemerkt, dass diese Bestimmung nur dann Platz greife, wenn das Verfahren zur Feststellung eines Leistungsanspruches durch den Versicherungsträger noch nicht abgeschlossen sei. Diese Voraussetzung treffe allerdings im vorliegenden Fall nicht zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird im Wesentlichen die Auffassung vertreten, die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt habe es unterlassen, den genauen Versicherungsverlauf bzw. die jeweiligen Versicherungszeiten des Ehegatten der Beschwerdeführerin festzustellen. Der Antrag des Ehegatten der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitspension sei "ohne meritorische Beurteilung und Entscheidung" mit Bescheid vom 7. März 1972 abgewiesen worden. Da die Feststellung eines Leistungsanspruches beim Tod des Ehegatten der Beschwerdeführerin noch nicht geklärt gewesen sei, müsse diese auch gemäß § 408 ASVG zur Fortsetzung des Verfahrens berechtigt sein.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
§ 69 GSVG bestimmt:
"Ergibt sich nachträglich, dass eine Geldleistung bescheidmäßig infolge eines wesentlichen Irrtums über den Sachverhalt oder eines offenkundigen Versehens zu Unrecht abgelehnt, entzogen, eingestellt, zu niedrig bemessen oder zum Ruhen gebracht wurde, so ist mit Wirkung vom Tag der Auswirkung des Irrtums oder Versehens der gesetzliche Zustand herzustellen."
Der mit "Fortsetzung des Verfahrens durch die Angehörigen" überschriebene (und gemäß § 194 Abs. 1 GSVG auch im gegenständlichen Verfahren anzuwendende) § 408 ASVG idF vor der Novelle BGBl. Nr. 411/1996 hatte folgenden Inhalt:
"Ist beim Tode des Anspruchswerbers oder Anspruchsberechtigten das Verfahren zur Feststellung eines Leistungsanspruches durch den Versicherungsträger noch nicht abgeschlossen, so sind zur Fortsetzung des Verfahrens nacheinander der Ehegatte, die leiblichen Kinder, die Wahlkinder, die Stiefkinder, der Vater, die Mutter, die Geschwister berechtigt, alle diese Personen jedoch nur, wenn sie mit dem Anspruchsberechtigten zur Zeit seines Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben."
§ 69 GSVG bringt im Sozialversicherungsbereich eine wesentliche Begünstigung des Anspruchwerbers mit der Möglichkeit, zu seinen Gunsten den gesetzlichen Zustand unabhängig von den Voraussetzungen der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 AVG wieder herzustellen. Wie die Bestimmungen des § 77 Abs. 1 GSVG bzw. § 408 ASVG zeigen, sind den Hinterbliebenen eines Versicherten oder Leistungsbeziehers zwar bestimmte Nachfolgerechte eingeräumt, nicht aber das Recht auf rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes in der Pensionsversicherung des Verstorbenen, sofern dieser einen solchen Antrag zu Lebzeiten nicht gestellt hat. Nur wenn ein solcher Antrag vom Verstorbenen zu Lebzeiten gestellt wurde und das Verfahren im Zeitpunkt seines Todes nicht abgeschlossen ist, kommt ein Eintrittsrecht nach § 408 ASVG, wurde das Verfahren zwar abgeschlossen, eine gebührende Nachzahlung aber noch nicht geleistet, die Bezugsberechtigung nach § 77 Abs. 1 GSVG in Betracht (vgl. OLG Wien vom 24. Jänner 1984, SSV 24/10).
Der Antrag des Ehegatten der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitspension war mit Bescheid vom 7. März 1972 von der Pensionsversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mangels Erfüllung der Wartezeit abgelehnt worden. Damit war jedoch das Verfahren zur Feststellung eines Leistungsanspruches - unabhängig von der Frage, ob damit auch eine meritorische Beurteilung und Entscheidung erfolgte - abgeschlossen. Ein Anspruch auf Auszahlung einer fälligen Geldleistung scheidet schon sachverhaltsbezogen aus. Im Beschwerdefall hatte der Ehegatte der Beschwerdeführerin keinen Antrag nach § 69 GSVG gestellt, weshalb der Antrag der Beschwerdeführerin zu Recht zurückgewiesen wurde.
Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. Februar 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1995080185.X00Im RIS seit
22.06.2001Zuletzt aktualisiert am
07.01.2013