TE OGH 2011/4/19 1Nc34/11g

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Veröffentlicht am 19.04.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hannelore K*****, vertreten durch Mag. Oliver Lorber, Rechtsanwalts GmbH in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 569.088,50 EUR sA, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien bestimmt.

Text

Begründung:

In der beim Landesgericht Klagenfurt eingebrachten Amtshaftungsklage behauptete die Klägerin ein Fehlverhalten von Mitarbeitern der Bundeswertpapieraufsicht (nunmehr: Finanzmarktaufsicht) bzw des Finanzamts Klagenfurt sowie der Finanzlandesdirektion Kärnten im Zusammenhang mit der Überprüfung/Betriebsprüfung eines in Kärnten ansässigen, mittlerweile in Konkurs verfallenen Unternehmens.

Die Beklagte beantragte nach § 31 Abs 1 und 2 JN die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien. Bei diesem Gericht seien bereits verbundene Verfahren zu der auch von der Klägerin behaupteten Aufsichtspflichtverletzung durch Organe der Bundeswertpapieraufsicht/Finanzmarktaufsicht (BWA/FMA) anhängig. Der Wohnsitz der meisten einzuvernehmenden Zeugen, wie auch der Sitz der BWA/FMA, der beklagten Partei und ihres Vertreters sei in Wien.

Die Klägerin sprach sich gegen die Delegierung aus. Das Klagebegehren werde nicht nur auf eine behauptete Aufsichtspflichtverletzung durch Organe der BWA/FMA gestützt, sondern auch auf ein Fehlverhalten der zuständigen Abgabenbehörden in Kärnten. Die Beweisaufnahme zu diesem Thema werde im Wesentlichen durch Einvernahme von Kärntner Zeugen zu erfolgen haben. Auch die Klägerin habe ihren Wohnsitz in Kärnten.

Das Landesgericht Klagenfurt legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor, ohne sich iSd § 31 Abs 3 Satz 3 JN für oder gegen die Delegierung auszusprechen. Eine derartige Äußerung ist aber mangels weiterer Aufklärungsnotwendigkeit entbehrlich (3 Nc 24/09y mwN).

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist berechtigt.

Die Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung im Wege der Delegierung darf an sich nur ausnahmsweise erfolgen (RIS-Justiz RS0046589; RS0046441). Bei Widerstand der anderen Parteien müssen besonders schwerwiegende für eine Delegierung sprechende Gründe vorliegen (RIS-Justiz RS0046455). Andererseits ist Zielsetzung der Delegierung eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens (RIS-Justiz RS0046333 [T14]). Zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits kommt es etwa, wenn durch Verbindung von Prozessen eine mehrfache Beweisaufnahme zu dem selben Beweisthema vermieden werden kann (RIS-Justiz RS0046333 [T9]).

Das vorliegende Verfahren ist, soweit es die behauptete Aufsichtsverpflichtung durch Organe der BWA/FMA betrifft, nur eines von mehreren gleichgelagerten Verfahren, in denen geschädigte Anleger Amtshaftungsansprüche gegen den Bund geltend machen. Es wäre eine nicht absehbare Vermehrung an Zeitaufwand und Kostenaufwand, wenn all diese Verfahren infolge der unterschiedlichen Zuständigkeitsorte für die (in diesem Punkt) aus dem grundsätzlich selben Haftungsgrund in Anspruch genommene beklagte Partei getrennt, mit teuren und zeitaufwendigen Beweisverfahren (insbesondere Sachverständigengutachten) bei unterschiedlichen Gerichtsständen geführt werden müssten (vgl 2 Nc 18/03z und 2 Nc 23/03k zur Schädigung durch Plasmaspenden). Soweit die Klägerin auf die Notwendigkeit verweist, in Kärnten ansässige Zeugen zum Thema der behaupteten Pflichtwidrigkeiten der zuständigen Abgabenbehörden zu vernehmen, ist darauf hinzuweisen, dass sie bis jetzt keinen einzigen Zeugen namhaft machte, sondern ausschließlich die Beischaffung eines Strafakts und ihre Parteienvernehmung beantragte. Auch in der Amtshaftungsklage bezieht sie sich vorwiegend auf das Fehlverhalten der BWA/FMA, während der gegen die zuständigen Abgabenbehörden in Kärnten gerichtete Vorwurf sehr allgemein gehalten blieb.

Aus diesen Erwägungen ist die beantragte Delegierung zweckmäßig.

Textnummer

E97347

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0010NC00034.11G.0419.000

Im RIS seit

03.06.2011

Zuletzt aktualisiert am

03.06.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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