TE OGH 2011/4/27 5Ob32/11h

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Veröffentlicht am 27.04.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Dr. Josef Peissl, Rechtsanwalt in Köflach, wider die beklagten Parteien 1.) F*****, vertreten durch Mag. Heinz Russold, Rechtsanwalt in Köflach, 2.) K*****, vertreten durch den Widerstreitsachwalter Dr. Michael Kruletz, Rechtsanwalt in Graz, 3.) J*****, 4.) E*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Gerald Planner, Rechtsanwalt in Voitsberg, wegen Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft (Streitwert 7.921,31 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 2. November 2010, GZ 6 R 277/10i-49, womit infolge der Berufungen der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Voitsberg vom 21. Juni 2010, GZ 5 C 1618/07a-43, abgeändert wurde, den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten und der zweitbeklagten Partei jeweils die mit je 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR an USt) sowie den dritt- und viertbeklagten Parteien die mit 818,60 EUR (darin enthalten 136,44 EUR an USt) bestimmten Kosten ihrer jeweiligen Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die ordentliche Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a ZPO) nicht zulässig. Dies ist gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO wie folgt kurz zu begründen:

1.) Das Gericht darf die bei seiner Beweisaufnahme hervorgekommenen Umstände nur insoweit berücksichtigen, als sie im Parteivorbringen Deckung finden. Überschießende Feststellungen sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagegrundes oder der erhobenen Einwendungen halten (RIS-Justiz RS0040318; RS0037972 [T1]; RS0037964 [T1]). Werden der Entscheidung (unzulässige) überschießende Feststellungen zugrundegelegt, liegt kein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften, sondern eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache vor (2 Ob 179/06x; RIS-Justiz RS0040318 [T2]; RS0036933 [T11]). Ob im Hinblick auf den Inhalt einer Prozessbehauptung eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, stellt dabei regelmäßig eine Frage des Einzelfalls dar (RIS-Justiz RS0042828), die - von krassen Fehlbeurteilungen und Auslegungsfehlern abgesehen (vgl RIS-Justiz RS0044088 [insb T36]) - vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen ist. Auch die Frage, ob vom Berufungsgericht „überschießende“ Feststellungen berücksichtigt werden können, weil sie sich im Rahmen der erhobenen Einwendungen halten, hat grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0040318 [T3]). Die Feststellungen des Erstgerichts bewegen sich noch im Rahmen der von den Beklagten erhobenen Einwendungen, sodass mit dem behaupteten Verfahrensmangel keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende (rechtliche) Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts geltend gemacht wird.

2.) Führt der Berufungswerber die Rechtsrüge gesetzmäßig aus, so stützt er sich auf diejenigen Feststellungen des Ersturteils, die in dem den Feststellungen vorbehaltenen Urteilsabschnitt enthalten sind, nicht aber auch auf solche, die in anderen Urteilsteilen „verborgen“ sind. Daher ist das Berufungsgericht zu einem Vorgehen nach § 473a ZPO nur verpflichtet, wenn es seine Entscheidung auf in der Beweiswürdigung oder in der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts „verborgene“ Feststellungen gründen will (RIS-Justiz RS0112020 [T6]). Dass das Berufungsgericht solche „verborgene“ Feststellungen herangezogen hätte, macht die Revision nicht geltend.

3.) Nach § 830 zweiter Satz ABGB kann jeder Teilhaber einer Eigentumsgemeinschaft die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Der Anspruch eines Teilhabers auf Aufhebung ist ein schuldrechtlicher, der wegen seines unbedingten Charakters (RIS-Justiz RS0013249) in der Regel keiner Begründung aus der Interessenslage des Klägers bedarf (Sailer in KBB3 § 830 Rz 4; RIS-Justiz RS0013247). Dem unbedingten Aufhebungsanspruch sind nur durch die Teilungshindernisse der Unzeit und des Nachteils für die Übrigen Schranken gesetzt. Diese Teilungshindernisse konkretisieren die nach Treu und Glauben bestehende Verpflichtung der Miteigentümer zur gegenseitigen Rücksichtnahme (5 Ob 154/98b = MietSlg 50.053; RIS-Justiz RS0013246). Als solche Teilungshindernisse kommen nur vorübergehende Umstände in Betracht, die in Bälde wegfallen oder beseitigt werden können (RIS-Justiz RS0013287 [T13]). Die Behauptungs- und Beweislast hiefür trifft den Beklagten, der sich darauf beruft (RIS-Justiz RS0013247).

4.) Auch ein Nachteil, der zumindest für einen Miteigentümer vorliegt, kann ein Teilungshindernis begründen (RIS-Justiz RS0013324 [T3]). Kommt ein Aufschub der Teilung in Betracht, hat eine Interessensabwägung zu erfolgen, bei der auch subjektive Nachteile beachtlich sind (Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann ABGB3 § 830 Rz 109; RIS-Justiz RS0013325 [T4]; RS0013320). Nicht erforderlich ist, dass es sich um solche Nachteile handelt, die durch die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft unter allen Umständen eintreten müssen (Gamerith in Rummel ABGB2 Rz 11 mwN; 8 Ob 592/93 = wobl 1994, 67). Als Ermessensausübung stellt eine solche Abwägung von Interessen stets eine Einzelfallentscheidung dar, die vom Obersten Gerichtshof nur dann überprüft werden kann, wenn eine eklatante Überschreitung des Ermessens vorliegt (RIS-Justiz RS0044088 [T3, T9, T10]).

5.) Liegt ein subjektiver Nachteil des Teilungsbeklagten vor und ist das Hindernis bloß vorübergehender Natur, hat der Kläger zu beweisen, dass der Aufschub für ihn nachteiliger wäre (vgl Egglmeier/Gruber/Sprohar aaO Rz 65). Dass ihm durch den Aufschub der Aufteilung ein eigener Nachteil erwachsen würde, der den drohenden Nachteil für die Beklagten überwiegt, hat der Kläger weder behauptet noch bewiesen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Interessensabwägung ist der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz (RIS-Justiz RS0013338). Spekulationen über die Dauer eines möglichen Zivilteilungsverfahrens im Verhältnis zur vereinbarten Pachtdauer sind damit irrelevant. Damit liegt insgesamt keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung vor, wenn das Berufungsgericht den Aufschub der Teilung (jedenfalls) bis zum vereinbarten Vertragsende als dem Kläger zumutbar erachtete.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

6.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagten haben in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass ihnen der Kläger die darauf entfallenden Kosten zu ersetzen hat.

Schlagworte

Streitiges Wohnrecht

Textnummer

E97258

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0050OB00032.11H.0427.000

Im RIS seit

23.05.2011

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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