Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BDG 1979 §43 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des B in H, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 14. April 1999, Zl. 5/9-DOK/99, betreffend die Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand im Zeitpunkt des verfahrensgegenständlichen Vorfalles in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, seine Dienststelle war bis zum Ausspruch der Suspendierung die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Neubau.
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22. Jänner 1997, E Vr x, HV y, des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 3 StGB schuldig erkannt, weil er "am 10.10.1996 in Wien einen Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen nach der Tat dabei unterstützt" habe, "eine Sache die dieser durch sie erlangt hat, zu verwerten, wobei der Wert der Sache mehr als 25.000 S" betrug.
Hierfür wurde er mit einer unbedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen a S 100,--, insgesamt daher S 18.000,--, bestraft. Dieses Strafurteil ist in Rechtskraft erwachsen.
Mit dem Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission vom 14. April 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, 1. am 11. Oktober 1996 am Westbahnhof von einer unbekannten Frau zumindest 11 Gutscheine der Firma O im Gesamtwert von S 5.400,--, - diese waren am 10. Oktober 1996 in der Filiale der Firma O, Wien VII, Mariahilferstraße 84, bei einem Einbruchdiebstahl durch unbekannte Täter gestohlen worden - erworben zu haben, obwohl er habe erkennen müssen, dass es sich um Diebsgut und bei der unbekannten Täterin um die Täterin oder Mittäterin gehandelt habe, und 2. am 12. Oktober 1996 versucht zu haben, in der Filiale der Firma O in Wien X, einen Teil dieser Gutscheine beim Einkauf in Kenntnis der Herkunft dieser Gutscheine einzulösen. Er habe dadurch gegen § 43 Abs. 1 und 2 BDG verstoßen und eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 leg. cit. schuldhaft begangen. Wegen dieser ihm angelasteten Dienstpflichtverletzung wurde über ihn - zunächst - lediglich eine Geldstrafe im Ausmaß von fünf Monatsbezügen verhängt.
Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhob der Disziplinaranwalt Strafberufung und beantragte die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung; der Beschwerdeführer ergriff kein Rechtsmittel.
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14. April 1999 ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Strafberufung Folge und sprach die Entlassung mit der Maßgabe aus, durch die ihm angelasteten Handlungen habe der Beschwerdeführer zu Punkt 1. des Spruches gegen § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 verstoßen und damit eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 leg. cit. schuldhaft begangen und zu Punkt 2. des Spruches gegen § 43 Abs. 2 BDG 1979 verstoßen und damit eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 91 leg. cit. schuldhaft begangen. Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen werde über den Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 in Verbindung mit § 126 Abs. 2 leg. cit. die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach großteils wörtlicher Wiedergabe des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses, der dagegen erhobenen Berufung des Disziplinaranwaltes sowie der Gegenausführungen des Beschwerdeführers aus, § 95 Abs. 2 BDG 1979 binde die Disziplinarbehörde lediglich an die im Spruch des Strafurteils getroffenen Feststellungen des Strafgerichtes zur inneren (subjektiven Tatseite), nicht jedoch an offenkundige Schreibfehler. Im Hinblick auf die unrichtige und mit sämtlichen Beweismitteln in Widerspruch stehende Angabe des Tatzeitpunktes im Protokolls- und Urteilsvermerk des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 22. Jänner 1997 sei eine diesbezügliche Korrektur des Tatzeitpunktes durch die Disziplinarbehörde aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und im Einklang mit den Angaben des Beschwerdeführers zulässig gewesen. Wenn aber der Beschwerdeführer betont habe, er habe nach dem vermeintlich günstigen Erwerb der Warengutscheine der Firma O von einer Unbekannten am Westbahnhof am 11. Oktober 1996 umgehend bei dieser Firma fernmündlich nachgefragt, ob die ausgestellten Warengutscheine vielleicht anlässlich des Einbruchsdiebstahles am 10. Oktober abhanden gekommen seien und dies verneint worden sei, so habe ihm das Strafgericht diese Darstellung offenbar nicht geglaubt, weil es den Beschwerdeführer andernfalls mangels Vorliegens der subjektiven Tatkomponente (Wissentlichkeit) nicht der Verwirklichung des Straftatbestandes nach § 164 Abs. 3 StGB hätte schuldig sprechen dürfen. Abgesehen von dieser Rechtfertigung mache der Beschwerdeführer keine Schuldausschließungsgründe geltend, so dass die belangte Behörde von einer im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldhaften Begehung von Dienstpflichtverletzungen ausgehen habe müssen.
Das Ausmaß der Schuld werde wesentlich durch das objektive Gewicht, d.h. den Unrechtsgehalt der Tat als Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung (Verletzung dienstlicher Interessen) konstituiert. Daneben werde der Grad des Verschuldens, der Beweggrund der Tat, die Auswirkungen der Tat für das Ansehen des Beschuldigten selbst und der Beamtenschaft in der Öffentlichkeit sowie die bisherige dienstliche Führung für maßgebend erachtet. Innerhalb des Schuldrahmens, der sich aus der Verengung des gesetzlichen Strafrahmens durch die konkrete Tatschuldwertung ergebe, dürfe keine strengere Strafe verhängt werden als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheine, wobei die Warnungs-, Besserungs- und Sicherungsfunktion einer Strafe zu beachten sei. Bei der Beurteilung der Frage der Verhängung einer zusätzlichen Disziplinarstrafe sei eine fiktive Strafzumessung nach § 93 BDG 1979 erforderlich, wobei erst danach auf die in § 95 Abs. 3 leg. cit. angeführten weiteren Tatbestandsvoraussetzungen Bedacht zu nehmen sei. Die letztgenannte Gesetzesstelle sei nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit den Bestimmungen über die Strafbemessung einerseits und die Abstandnahme von der Strafe (§ 115 leg. cit.) andererseits anzusehen, bei deren Handhabung die Schwere des Dienstvergehens bzw. die Verletzung dienstlicher Interessen in die rechtliche Beurteilung mit einzubeziehen seien. Vorrangiges Kriterium der Strafbemessung sei die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, inwiefern die beabsichtigte Strafhöhe spezialpräventiven wie auch generalpräventiven Erfordernissen entspreche und im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten angemessen sei. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsausführungen sei die belangte Behörde zur Ansicht gekommen, dass der Beschwerdeführer durch die von ihm begangenen Taten nicht nur Rechtsgüter verletzt habe, mit deren Schutz er im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben betraut gewesen sei, sondern hiedurch auch ein dem Grunde nach zu missbilligendes Verhalten gesetzt habe, von welchem anzunehmen sei, dass dieses zu einer massiven Schädigung des Vertrauens der Allgemeinheit im Sinn des § 43 Abs. 2 BDG 1979 führe bzw. führen könne. Wenngleich bei Vorliegen eines disziplinären Überhanges grundsätzlich eine mildere Sanktionierung in Betracht komme, so erforderten die generalpräventiven, aber auch die spezialpräventiven Gründe, insbesondere die objektive Schwere der Tat, die - rechtskräftig vom Strafgericht festgestellt - vom Beschwerdeführer schuldhafter- und rechtswidrigerweise gesetzt worden sei sowie die aus ihr notwendig resultierende Untragbarkeit des Beschwerdeführers für den öffentlichen Dienst, die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung. Nach dem Untragbarkeitsgrundsatz sei die Entlassung keine Strafe, die der Sicherung der Gesellschaft, der Resozialisierung des Täters oder gar der Vergeltung diene; es handle sich dabei vielmehr um eine Maßnahme, deren Zweck darin bestehe, dass sich die Dienstbehörde von einem Beamten, der sich infolge seines Fehlverhaltens untragbar gemacht habe, unter Auflösung des Beamtenverhältnisses trennen könne. Nur diese im Fehlverhalten offenbar gewordene Untragbarkeit, die es der Dienstbehörde unzumutbar mache, mit dem Beamten weiterhin das Beamtenverhältnis fortzusetzen, dürfe Grund für die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung sein. Damit bewirke die Entlassung zugleich die "Reinigung" der Beamtenschaft von einem Organwalter, der sich nicht mehr als würdig erwiesen habe, ihr noch weiterhin anzugehören. Einziges relevantes Strafzumessungskriterium sei danach die objektive Schwere der Dienstpflichtverletzung. Anderen Strafzumessungsgründen, die den Grad des Verschuldens oder den bisherigen bzw. nachträglichen Wohlverhalten sowie dem Alter des Beschuldigten, seiner besonderen nervlichen Belastung durch familiäre Situation im Tatzeitpunkt sowie seinen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen beiden Kindern, könne daher keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zukommen. Der von der Rechtsprechung angewandte Maßstab für die objektive Untragbarkeit eines Beamten stelle darauf ab, dass die allein durch den Unrechtsgehalt der Pflichtverletzung begründete Gefährlichkeit des Beamten so groß sei, dass auch eine günstige Persönlichkeitsprognose, das heißt eine geringe Wiederholungsgefahr, nicht mehr das Verbleiben des Beamten im Dienst rechtfertigen könne. Habe diese Gefährlichkeit ein solches Ausmaß erreicht, dass im Interesse der sachgerechten Funktionserfüllung dem Dienstgeber eine weitere Beschäftigung des Beamten nicht mehr zugemutet werden könne, dann sei es nicht rechtswidrig, über ihn die Höchststrafe, nämlich die Disziplinarstrafe der Entlassung zu verhängen. Der Beschwerdeführer habe durch die Begehung des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 3 StGB vor allem im Hinblick auf seinen Beruf als Exekutivbeamter und auf die damit verbundene Verpflichtung, alle Rechtsgüter zu schützen, gegen seine ihm auferlegten Dienstpflichten in schwerstwiegender Weise verstoßen und das Vertrauen der Dienstbehörde schwerstens missbraucht und absolut zerstört. Dies vor allem auch deshalb, weil es zum Kernbereich jedes Exekutivbeamten gehöre, jeden Verstoß gegen strafgesetzliche Vorschriften zu verhindern bzw. aufzuklären, wozu zweifellos auch das vom Beschwerdeführer (selbst) begangene Delikt zähle. Einzig relevantes Strafzumessungskriterium sei die objektive Schwere der Dienstpflichtverletzung, außergewöhnlichem Wohlverhalten vor der Tat komme keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zu. Da bereits auf Grund der Schwere der Dienstpflichtverletzungen davon auszugehen gewesen sei, dass der Beamte für den öffentlichen Dienst untragbar geworden sei, erübrigten sich alle näheren Erörterungen über allfällige Milderungsgründe. Auch dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass die Disziplinarstrafe lediglich Folge der vom Beschwerdeführer selbst zu verantwortenden Handlungen sei und eine unvertretbare Milde der Disziplinarbehörde in der Öffentlichkeit kein Verständnis fände. Sei das Vertrauen des Dienstgebers zum Beamten zerstört, komme aber auch eine allfällige Weiterverwendung des Beschwerdeführers an einer anderen Dienststelle nicht mehr in Betracht. Der Argumentation des Beschwerdeführers, es habe auch mit einer geringeren Strafe das Auslangen gefunden werden können, komme somit keine Bedeutung zu. Aus diesen Gründen seien auch die von Kollegen der Kriminalabteilung Neubau abgegebenen "Solidaritätserklärungen" zugunsten des Beschwerdeführers unbeachtlich. Eine allenfalls davon abweichende Einschätzung des Strafrichters binde die Disziplinarbehörde jedenfalls nicht, da sie Umstände, die das Strafgericht für sein Urteil als wesentlich angesehen habe, zwar zur Kenntnis nehme, die Disziplinarbehörde jedoch eine eigene, dem Dienstrecht gerecht werdende Würdigung vorzunehmen habe. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer gerade gegen Rechtsgüter (Eigentum) verstoßen habe, deren Schutz ihm unmittelbar auferlegt worden sei, sei die belangte Behörde jedenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verfehlungen des Beschwerdeführers so schwer wiegend seien, dass er für eine weitere Verwendung im öffentlichen Dienst untragbar geworden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer den Ausspruch der Entlassung bekämpft.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 43 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) regelt die Allgemeinen Dienstpflichten des Beamten. Nach Abs. 1 leg. cit. ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist gemäß § 91 BDG 1979 nach diesem Abschnitt (das ist der 9. Abschnitt "Disziplinarrecht") zur Verantwortung zu ziehen.
Als Disziplinarstrafen sieht § 92 Abs. 1 BDG 1979 den Verweis, die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage, die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage und (als schwerste Strafe) die Entlassung vor.
§ 93 BDG 1979 regelt die Strafbemessung. Nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung das Maß für die Höhe der Strafe. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen. Weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen. Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbstständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nach Abs. 2 leg. cit. nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.
Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, so ist gemäß § 95 Abs. 1 BDG von der Verfolgung abzusehen, wenn anzunehmen ist, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Wird von der Verfolgung nicht abgesehen, dann ist gemäß § 95 Abs. 3 BDG 1979, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.
Weder die schuldhafte Verletzung seiner Dienstpflichten im Sinne des § 91 BDG 1979 noch das Vorliegen eines "disziplinären Überhanges" wird in der Beschwerde in Abrede gestellt. Der Beschwerdeführer erachtet sich jedoch dadurch in seinen subjektiven Rechten - sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, als auch unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit - verletzt, dass die belangte Behörde sich mit dem von ihm geltend gemachten sonstigen Wohlverhalten sowohl vor als auch nach Setzung der inkriminierten Tathandlungen, die lediglich "Kurzschlusshandlungen" gewesen seien, nicht auseinander gesetzt habe.
Aus dieser Argumentation lässt sich für den Beschwerdeführer jedoch nichts gewinnen.
Die Disziplinarkommission hat lediglich am Maß der Schwere der Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 zu prüfen, ob die Verhängung der höchsten Strafe gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 geboten ist. Hierbei steht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. als Beispiel für viele das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1999, Zl. 97/09/0381, und die dort wiedergegebene Judikatur) die Frage des durch die Verfehlung eingetretenen Vertrauensverlustes im Vordergrund. Die Gründe für eine Unvereinbarkeit der Belassung des Beamten im öffentlichen Dienst lassen sich nur den Anforderungen entnehmen, die das Dienstrecht an einen Beamten stellt. Wird dieser der Achtung und dem Vertrauen nicht mehr gerecht, die seine Stellung als Beamter fordert, hat er das Vertrauensverhältnis zwischen sich und der Verwaltung zerstört, dann kann er auch nicht mehr im Dienst verbleiben. Verträgt die Funktion der staatlichen Verwaltung die Weiterbeschäftigung eines Beamten nicht mehr, dann auch nicht teilweise. Hier geht es nicht, wie beim Strafrecht, um die Wiedereingliederung in die soziale Gemeinschaft, sondern um die weitere Tragbarkeit in einem besonderen Dienstverhältnis.
Bei Beantwortung der Frage, ob durch die Verfehlung des Beamten das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwischen diesem und der Verwaltung zerstört wurde, ob also "Untragbarkeit" anzunehmen ist hat sich die Disziplinarkommission gemäß § 93 Abs. 1 dritter Satz BDG 1979 an den nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründen zu orientieren und somit im Hinblick auf § 32 Abs. 1 StGB vom Ausmaß der Schuld des Täters als Grundlage für die Bemessung der Strafe auszugehen, wobei sie vor allem zu berücksichtigen hat, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände und Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen nahe liegen könnte.
Wenn eine an diesem - an der Modellfigur des mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen orientierten - Maßstab erfolgte Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung des Beamten ergibt, dass sein weiteres Verbleiben im Dienst untragbar geworden ist, dann fehlt es im Sinn der angeführten Rechtsprechung an der Grundlage für weitere Differenzierungen und Bemessungserwägungen dahingehend, ob im Sinne des § 93 Abs. 1 zweiter Satz BDG 1979 die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. In diesem Fall bleibt insofern für spezialpräventive Erwägungen kein Raum (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1999, Zl. 99/09/0042).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die Entlassung des Beschwerdeführers im Wesentlichen damit begründet, dass er durch die von ihm begangenen Taten Rechtsgüter verletzt habe, mit deren Schutz er im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben betraut gewesen sei und hierbei überdies ein dem Grunde nach zu missbilligendes Verhalten gesetzt habe. Bei dieser Beurteilung hat die belangte Behörde - in Bindung gemäß § 95 Abs. 2 BDG 1979 an den Spruch des gegen den Beschwerdeführer ergangenen rechtskräftigen Urteiles des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. Jänner 1997 - das vom Beschwerdeführer begangene Fehlverhalten im Ergebnis zu Recht in Bezug auf seine dienstlichen Aufgaben als eine gravierende Verletzung seiner Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 gewertet.
Angesichts der anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde vom Beschwerdeführer selbst geschilderten Umstände kann aber eine den Beschwerdeführer entschuldigende oder einem Rechtfertigungsgrund nahe kommende "Aussetzung" seines moralischen Wertekatalogs im Sinne einer "Kurzschlusshandlung" nicht mehr angenommen werden, da wohl allenfalls der bedenkliche Ankauf, nicht aber die am folgenden Tag versuchte Einlösung der Warengutscheine in einem derartigen Ausnahmezustand hätte erfolgen können. Da eine über zwei Tage fortgesetzte Tathandlung an sich schon begrifflich das Vorliegen einer "Kurzschlusshandlung" ausschließt, und angesichts der Verwerflichkeit und der trotz der privaten Stresssituation gegebenen Vorwerfbarkeit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Handlungen durfte die belangte Behörde im Ergebnis anhand einer an der Modellfigur des mit den rechtlich geschützten Werten verbunden Menschen orientierten Beurteilung der Schwere seines Fehlverhaltens, ohne ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, die Entlassung des Beschwerdeführers aussprechen, weil dieser durch die Begehung gerade von solchen Straftaten, deren Verhinderung und Verfolgung seine Aufgabe als Exekutivbeamter gewesen ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG 1979 zerstört hatte.
Dabei ist für die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof irrelevant, ob der Vorsitzende der belangten Behörde in der Disziplinarverhandlung das ihn bindende Strafurteil als rechtlich unrichtig und/oder als zu milde angesehen hat, weil lediglich dessen objektive Rechtmäßigkeit der Maßstab der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof ist. Ebenso wenig ist es von Entscheidungswesentlichkeit, dass der Beschwerdeführer "in dienstlicher Hinsicht" "keinerlei finanzielle Unregelmäßigkeiten begangen" habe.
Insoweit der Beschwerdeführer die "Korrektur" der offenbar durch einen Schreibfehler im gerichtlichen Protokolls- und Urteilsvermerk (objektiv) unrichtig angegebenen Tatzeiten durch die Disziplinarbehörden moniert, ist darauf zu verweisen, dass auch der Beschwerdeführer selbst nie an der Nämlichkeit der ihm zum Vorwurf gemachten Handlungen gezweifelt hat, es daher mangels eines Rechtsschutzdefizits nicht unzulässig erscheint, wenn die Disziplinarbehörden unter Beachtung der Identität der vorgeworfenen Tathandlungen vom nie in Abrede gestellten richtigen Tatzeitpunkt ausgegangen sind.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. Februar 2001
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999090133.X00Im RIS seit
11.07.2001