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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Robl, Dr. Zorn und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde des A H in L, vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Freistädter Straße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 14. Juni 2000, RV-030.92/1-7/1992, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1985 bis 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Soweit der angefochtene Bescheid Einkommensteuer 1985 betrifft, wird er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist bis zur Betriebsaufgabe am 30. September 1987 Steuerberater gewesen und hat den Gewinn für seinen Betrieb nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Im Jahr 1981 hat er eine Eigentumswohnung - diese ist unmittelbar neben seiner Privatwohnung gelegen - gekauft und sie sodann an eine in seinem Betrieb halbtags beschäftigte Dienstnehmerin vermietet. Er hat die neue Eigentumswohnung als notwendiges Betriebsvermögen behandelt.
Im Zuge einer im Jahr 1990 durchgeführten, den Zeitraum 1985 bis 1987 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung traf der Prüfer die Feststellung, die Eigentumswohnung sei im Prüfungszeitraum an "zeitlich geringfügig beschäftigte " Arbeitnehmer vermietet gewesen. Die Mieteinnahmen und die Kosten der Wohnung habe der Beschwerdeführer als Betriebseinnahmen bzw als Betriebsausgaben im Rahmen der Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Steuerberater geltend gemacht. Eine derartige Wohnung gehöre nicht zum notwendigen Betriebsvermögen. Die Wohnung sei daher zum 1. Jänner 1985 ins Privatvermögen zu entnehmen, was zu einem Entnahmegewinn führe. Zudem sei der in Zusammenhang mit der Anschaffung der Wohnung und des Inventars gebildete Investitionsfreibetrag gewinnerhöhend aufzulösen, weil die in § 10 EStG 1972 vorgesehene Behaltefrist nicht eingehalten worden sei (Tz 22 des Berichtes über die Prüfung der Aufzeichnungen). Die außerbetriebliche Vermietung der Wohnung führe nicht zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, weil sich die Vermietung als Liebhaberei darstelle (Tz 37 des Berichtes über die Prüfung der Aufzeichnungen).
Das Finanzamt nahm die Verfahren betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1985 bis 1987 wieder auf und erließ neue, den Prüfungsfeststellungen entsprechende Sachbescheide.
Gegen die Sachbescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er sich gegen die vom Finanzamt angenommene Entnahme der Wohnung in das Privatvermögen (im Jahr 1985) wandte. Die Entnahme sei erst mit der Betriebsaufgabe erfolgt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der in Tz 22 des Berichtes über die abgabenbehördliche Prüfung verfügte Abgang der Dienstwohnung (aus dem Betriebsvermögen) sei durch keinerlei Änderung der Verwendung der Wohnung gerechtfertigt. Die Wohnung sei seit ihrer Anschaffung im Jahr 1981 immer Dienstnehmern zur Verfügung gestanden. Sie habe nie privaten Zwecken gedient und sei auch nicht für solche vorgesehen gewesen. Die Behörde dürfe keine Angemessenheitsprüfung anstellen. Die Subsumtion des Vorganges unter einen Tatbestand des § 20 StG sei nicht zulässig, weil keine privaten Gründe für die Anschaffung der Wohnung vorlägen. Die im Prüfungszeitraum beschäftigten Dienstnehmer seien BWL-tudenten gewesen. Es sei geplant gewesen, sie bei einer entsprechenden Ausweitung der Kanzlei nach Abschluss ihres Studiums in einem erweiterten Umfang zu beschäftigen. Da im Jahr 1985 keine Verwendungsänderung eingetreten sei, dürfe der Investitionsfreibetrag nicht nachversteuert werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe die 1981 gekaufte Eigentumswohnung bis 31. Dezember 1984 an die bei ihm halbtags beschäftigte Dienstnehmerin BG vermietet. Die Mieteinnahmen habe er im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit erfasst. Aus einem Vermerk im Arbeitsbogen über die im Jahr 1990 durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung ergebe sich, dass die Wohnung von 1. Jänner bis zum 30. August 1985 leer gestanden sei. Anschließend sei sie an die zwei BWL-tudenten CD und EH vermietet gewesen, die seit 1. September 1985 beim Beschwerdeführer als Dienstnehmer ohne fixe Dienstzeit für die Tätigkeit der Erstellung von Buchhaltungen und Bilanzen im Ausmaß von je ca vier Stunden pro Woche beschäftigt gewesen seien. Die Betriebsprüfung sei davon ausgegangen, dass die Eigentumswohnung nicht durch eine Berichtigung des Betriebsvermögens auf den Anschaffungszeitpunkt (im Jahr 1981) aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen sei. Weil die Wohnung bis 31. Dezember 1984 an die halbtags beschäftigte Dienstnehmerin BG vermietet gewesen sei, die Tatsache der Aufnahme der Wohnung in das Betriebsvermögen dem Finanzamt durch Beilagen der Steuererklärungen offen gelegt gewesen sei, die offen gelegten Verhältnisse den Veranlagungen ab 1981 zugrunde gelegt worden und die Veranlagungen in Rechtskraft erwachsen seien, erscheine der belangten Behörde die Vorgangsweise der Betriebsprüfung als zutreffend.
Weil aber die Wohnung vom 1. Jänner bis zum 31. August 1985 leer gestanden und ab 1. September 1985 an zwei lediglich geringfügig beschäftigte Dienstnehmer - der Monatslohn habe pro Dienstnehmer 1.200 S betragen - vermietet worden sei, könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Wohnung dem Betrieb des Beschwerdeführers diene. Bei der Wohnungsnutzung stehe die Befriedigung des privaten Wohnbedürfnisses der beiden Mieter CD und EH im Vordergrund, die auch im Jahr 1990 (während der abgabenbehördlichen Prüfung) noch Mieter der Wohnung gewesen seien. Auch nach der Verkehrsauffassung könne in Wohnräumen und deren Einrichtung, die Personen zur Verfügung gestellt würden, welche einem Steuerberater keine größeren Leistungen erbrächten, kein notwendiges Betriebsvermögen erblickt werden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 9. März 1979, 3512/78). Im Hinblick auf das Leerstehen der Wohnung von Jänner bis September 1985 könne nach Ansicht der belangten Behörde davon ausgegangen werden, dass bereits zum 1. Jänner 1985 eine Nutzungsänderung eingetreten sei und es zur Entnahme der Wohnung gekommen sei. Darin sei keine Angemessenheitsprüfung zu erblicken. Das Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen wegen Nutzungsänderung betreffe nur die Abgrenzung zwischen notwendigem Betriebsvermögen und Privatvermögen. Im angefochtenen Bescheid wird auch mit näherer Begründung ausgeführt, dass die Vermietung der Eigentumswohnung sowohl einkommen- als auch umsatzsteuerlich als Liebhaberei anzusehen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG kann nur notwendiges Betriebsvermögen Berücksichtigung finden. Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb zu dienen bestimmt sind und ihm tatsächlich dienen, somit betrieblich verwendet werden. Dabei sind die Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes, die Beschaffenheit des Betriebes, aber auch die Verkehrsauffassung maßgebend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, 94/15/0173).
Kommt bei einem Wirtschaftsgut neben der betrieblichen auch eine außerbetriebliche Nutzung in Betracht, ist die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen an die tatsächliche überwiegende betriebliche Nutzung des Wirtschaftsgutes geknüpft. Die bloß vorübergehende Nichtverwendung eines Wirtschaftsgutes steht aber der Beurteilung als notwendiges Betriebsvermögen nicht entgegen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 94/15/0173).
Eine Eigentumswohnung eignet sich nicht nur zur betrieblichen Verwendung. Sie kann dem Abgabepflichtigen etwa auch als private Vermögensanlage dienen, die als solche im Falle einer Vermietung nichtbetriebliche Einkünfte abwerfen bzw. zu steuerlich nicht erfassten Wertsteigerungen führen kann.
Im Beschwerdefall stellt sich die Frage, unter welchen weiteren Voraussetzungen eine Eigentumswohnung keine private Vermögensanlage bildet, wenn sie einem Arbeitnehmer vermietet wird. Maßstab für die Lösung dieser Frage, die letztlich die Abgrenzung des betrieblichen vom nicht betrieblichen (privaten) Bereich betrifft, bildet auch die Verkehrsauffassung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 1. Februar 1980, 732 ff/79 und vom 1. Februar 1980, 1535 ff/79, in denen ausgesprochen worden ist, dass es nach der Verkehrsauffassung bei Betrieben von nur mittlerer Größe unüblich sei, Arbeitnehmern Dienstwohnungen zur Verfügung zu stellen). Jedenfalls muss aber die Eigentumswohnung, soll sie dem notwendigen Betriebsvermögen zugeordnet werden, durch ihre tatsächliche Verwendung, also die Überlassung an Mieter, dem Betrieb dienen. Nimmt es auf das Betriebsgeschehen keinen Einfluss, ob die Eigentumswohnung einem außenstehenden Dritten oder einem Dienstnehmer vermietet wird, ergibt sich aus dem bloßen Umstand der Vermietung an einen Dienstnehmer noch kein betrieblicher Nutzen. Es müssen daher weitere Umstände hinzutreten, damit in der Vermietung zu Wohnzwecken eine Betätigung im Dienste des Betriebes erblickt werden kann. Einen solchen betrieblichen Vorteil hat der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1989, 88/14/0204, beispielsweise für einen Apothekenbetrieb darin gesehen, dass eine Wohnung im Betriebsgebäude oder in dessen unmittelbarer Nähe liege und wegen häufiger Nachtdienste die Benützung durch einen Arbeitnehmer erforderlich wäre. In diesem Erkenntnis ist auch angesprochen, dass ein Betrieb in einem Gebiet mit beschränkten Möglichkeiten einer zeitgemäßen Freizeitgestaltung und Teilnahme am kulturellen Leben durch die Bereitstellung einer Wohnung die Möglichkeit schaffen könne, geeignetes Personal zu gewinnen und zu halten (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, 88/14/0178, SlgNF 6719/F).
Das vorübergehende Leerstehen einer Wohnung führt für sich noch nicht zur Beendigung der Betriebsvermögenseigenschaft. Damit verbleibt für die rechtliche Beurteilung, dass die Eigentumswohnung an Mitarbeiter des Beschwerdeführers vermietet war. Von 1981 bis 1984 erfolgte die Vermietung an eine Dienstnehmerin, die halbtags, also im Ausmaß von ca. zwanzig Wochenstunden beschäftigt war. Ab 1985 erfolgte die Vermietung an zwei Studenten, die zusammen ca acht Stunden pro Woche für den Betrieb des Beschwerdeführers tätig waren.
Die belangte Behörde hat für das Jahr 1985 eine Entnahme der Wohnung aus dem Betriebsvermögen angenommen. Da der Beschwerdeführer in der Berufung darauf verwiesen hat, dass im Jahr 1985 eine Verwendungsänderung nicht eingetreten sei, musste sie darlegen, woraus sich (im Gegensatz zu Zeiträumen ab 1985) die Betriebsvermögenseigenschaft für Zeiträume vor dem 1. Jänner 1985 ergeben habe. Der angefochtene Bescheid verweist in diesem Zusammenhang auf die Aufnahme in das Betriebsvermögen durch den Beschwerdeführer, die Offenlegung in den Steuererklärungen, die Übernahme in die Veranlagungen der Jahre ab 1981 und die Rechtskraft der Veranlagungsbescheide; alle diese Umstände sind jedoch nicht geeignet, einem Wirtschaftsgut die Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen zu verschaffen. Der Umstand, dass die Eigentumswohnung an eine Halbtagskraft des Beschwerdeführers vermietet war - auf diesen stützt sich der angefochtene Bescheid in erster Linie -, vermag aber für sich allein ebenfalls noch nicht die Betriebsvermögenseigenschaft zu begründen.
Die belangte Behörde hat es somit unterlassen, im angefochtenen Bescheid die Umstände darzulegen, aus denen sich für die in Rede stehende Eigentumswohnung der Verlust einer vormals gegebenen Betriebsvermögenseigenschaft ergibt. Die belangte Behörde hat daher ihre Verpflichtung zur hinreichenden Begründung des angefochtenen Bescheides verletzt, soweit der Bescheid Einkommensteuer 1985 (Aufdeckung stiller Reserven durch die Entnahme der Eigentumswohnung und gewinnerhöhende Auflösung des Investitionsfreibetrages nach § 10 Abs. 3 EStG 1972) betrifft. Dieser Begründungsmangel hindert den Verwaltungsgerichtshof daran, den Bescheid hinsichtlich Einkommensteuer 1985 auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen. In diesem Umfang war der Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Hinsichtlich der Jahre 1986 und 1987 vermag die Beschwerde hingegen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Vermietet ein Steuerberater eine Eigentumswohnung an Personen aus dem Kreis seiner Mitarbeiter, so führt dieser Umstand für sich allein noch nicht zur Betriebsvermögenseigenschaft der Wohnung (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 9. März 1979, 3512/78, SlgNF 5359/F). Nach der unbestrittenen Sachverhaltsfeststellung des angefochtenen Bescheides liegen Gründe, die gegen die außerbetriebliche Vermietung und für die betriebliche Nutzung der Wohnung sprechen, nicht vor. Auch die Beschwerde vermag solche nicht aufzuzeigen.
Mangels betrieblicher Nutzung der Wohnung hat sie die belangte Behörde zutreffend dem Privatvermögen zugerechnet. Eine "Angemessenheitsprüfung" von Aufwendungen ist darin nicht zu erblicken.
Dem Einwand der absoluten Verjährung nach § 209 Abs. 3 BAO (nach Ansicht des Beschwerdeführers werde die Frist durch den Ankauf der Wohnung im Jahr 1981 in Gang gesetzt) ist Folgendes entgegenzuhalten: Die in § 209 Abs. 3 BAO festgelegte Frist von fünfzehn Jahren beginnt mit dem Entstehen des Abgabenanspruches zu laufen und ist daher bei Erlassung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich aller betroffenen Abgaben (Einkommen- und Umsatzsteuer 1985 und Folgejahre) noch nicht verstrichen gewesen. Im Übrigen steht gemäß § 209a Abs. 1 BAO einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung erfolgt, der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Tatsache der Beschäftigung von CD und EH, der Umfang ihrer Tätigkeit und die Vermietung der Wohnung an sie sei dem Finanzamt stets offen gelegt gewesen, ist darauf zu verweisen, dass der angefochtene Bescheid nicht die Wiederaufnahme des Verfahrens betrifft. Für die Sachbescheide ist es aber nicht von Bedeutung, zu welchem Zeitpunkt das Finanzamt Kenntnis von den angeführten Umständen erlangt hat.
Für die umsatzsteuerlichen Folgen der Wohnungsvermietung ist im gegenständlichen Fall von Bedeutung, dass die belangte Behörde diese Betätigung als Liebhaberei eingestuft hat. Sie ist somit von einer umsatzsteuerlich nicht relevanten Betätigung ausgegangen. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Beschwerde nicht.
Der angefochtene Bescheid ist sohin, soweit er Einkommensteuer 1985 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im Übrigen ist die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 21. Februar 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000140158.X00Im RIS seit
12.07.2001Zuletzt aktualisiert am
17.05.2013