TE Vwgh Erkenntnis 2001/2/21 2000/08/0033

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.2001
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ASVG §23;
ASVG §31 Abs2;
ASVG §31 Abs3;
ASVG §31;
ASVG §32 Abs1;
ASVG §409;
ASVG §410 Abs1;
ASVG §412 Abs1;
ASVG §415;
ASVG §420 Abs5 Z2 idF 1994/20;
ASVG §425;
ASVG §448 Abs1;
ASVG §448;
ASVG §450 Abs1;
ASVGNov 52te Z57;
Mitglieder Verwaltungskörper Sozialversicherungsträger Gebühr 1994 §3 Abs7;
Mitglieder Verwaltungskörper Sozialversicherungsträger Gebühr 1997 §1 Abs1;
Mitglieder Verwaltungskörper Sozialversicherungsträger Gebühr 1997 §7;
Mitglieder Verwaltungskörper Sozialversicherungsträger Gebühr 1997;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des D in Wien, vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gonzagagasse 15, gegen den Bescheid des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 27. Jänner 2000, Zl. 15-12.21/99, betreffend Höhe der Funktionsgebühr gemäß § 420 Abs. 5 ASVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von S 12.500,--

binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I. Der Beschwerdeführer war bis zu seinem Ausscheiden aus dieser Funktion am 27. September 1999 Vizepräsident des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Mit dem auf Antrag des Beschwerdeführers ergangenen Bescheid vom 27. Jänner 2000 sprach die belangte Behörde aus, dass die Funktionsgebühr des Beschwerdeführers ab 1. Jänner 1999 bis zu seinem Ausscheiden als Vizepräsident des Hauptverbandes gemäß § 7 der Verordnung BGBl. II Nr. 230/1997 und § 420 Abs. 5 Z. 2 ASVG monatlich brutto S 23.489,-- betrage. Nach der Begründung dieses Bescheides sei die Funktionsgebühr für aktive Funktionäre im Rahmen "der letzten Reform der Politikerbezüge" durch Verordnung dergestalt geregelt worden, dass bis zum Ende der Funktionsperiode 1994 bis 1998 nach § 7 der Verordnung BGBl. II Nr. 230/1997 eine höhere Gebühr zustand als für die "nun laufende Funktionsperiode 1999-2003". Der Unterschied betrage 19 % ("befristeter Zuschlag zur Funktionsgebühr"). Da sich die Verwaltungskörper nicht exakt mit dem Beginn einer neuen Funktionsperiode konstituiert hätten, habe der alte Verwaltungskörper die Geschäfte solange weiterzuführen gehabt, bis der neue Verwaltungskörper zusammengetreten sei. Der Beschwerdeführer sei in diesem Rahmen nach Ablauf der alten Funktionsperiode bis 27. September 1999 als Vizepräsident weiterhin bestellt gewesen. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, welches auch die zitierte Verordnung erlassen habe, gelte § 425 allerdings nicht für die Funktionsgebühren, sodass ab Jänner 1999 nicht die bisherige (höhere), sondern eine um den in Rede stehenden Zuschlag im Ausmaß von 19 % verminderte Funktionsgebühr zu zahlen gewesen sei. Diese Funktionsgebühr erhalte der Beschwerdeführer seit 1. Jänner 1999.

In der weiteren Begründung gibt die belangte Behörde den diesen Ausführungen entsprechenden Rechtsstandpunkt des Bundesministeriums aus dessen Schreiben vom 15. Februar 1999 wieder.

Der Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, dass gegen diesen Bescheid ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig sei, der Beschwerdeführer jedoch die Möglichkeit habe, innerhalb von sechs Wochen eine von einem Rechtsanwalt unterschriebene Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof einzubringen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Danach ist unbestritten, dass die letzte Amtsdauer des Verbandspräsidiums des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger (eines Verwaltungskörpers im Sinne des § 441 Abs. 1 Z. 2 ASVG) während der Zugehörigkeit des Beschwerdeführers mit 31. Dezember 1998 endete. Strittig ist, ob sich die Amtsdauer des Präsidiums gem. § 553 Abs. 2 ASVG bis zum Amtsantritt des neuen Präsidiums (dem der Beschwerdeführer nicht mehr angehörte) verlängert, oder ob das "alte Präsidium" im Sinne des § 425 Abs. 1 ASVG die Geschäfte bis zum Zusammentreten des neuen Verwaltungskörpers weiterzuführen hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Berichterverfügung vom 30. März 2000 das Vorverfahren über diese Beschwerde eingeleitet und die belangte Behörde dazu aufgefordert, sich in ihrer Gegenschrift auch zu der Frage zu äußern, woraus sich die behördliche Zuständigkeit des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zur Erledigung der gegenständlichen Verwaltungssache ergebe bzw. - sollte man die Auffassung vertreten, der Hauptverband der Sozialversicherungsträger sei in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches tätig geworden - ob in diesem Fall nicht ausschließlich eines der Organe des Hauptverbandes (etwa der Vorstand) als zuständige Behörde in Betracht komme, sowie ferner zur Frage der Erschöpfung des Instanzenzuges Stellung zu nehmen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie vertritt darin zu den vom Verwaltungsgerichtshof aufgeworfenen Fragen die Auffassung, dass sich die Zuständigkeit des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zur Erledigung der gegenständlichen Verwaltungssache aus § 420 Abs. 5 Z. 2 ASVG und der dazu erlassenen Verordnung BGBl. II Nr. 230/1997 ergebe. Der Beschwerdeführer habe gegenüber dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger einen Anspruch im Sinne des § 553 Abs. 4 ff ASVG. Es sei auch kein Instanzenzug an den Bundesminister vorgesehen (Hinweis auf dessen Entscheidung SVSlg. 38794).

II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

1.1. Das ASVG unterscheidet, wie aus der Überschrift des Abschnittes III des ersten Teiles (Allgemeine Bestimmungen) hervorgeht (diese Überschrift lautet: Versicherungsträger und ihre Zuständigkeit; Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger), zwischen den Versicherungsträgern auf der einen und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger auf der anderen Seite. Als Versicherungsträger bezeichnet das Gesetz nur jene Institutionen, zu deren Aufgaben die Durchführung eines der Zweige der gesetzlichen Sozialversicherung (Krankenversicherung, Unfallversicherung oder Pensionsversicherung) zählt. So regelt das ASVG im genannten Abschnitt III im ersten Unterabschnitt die "Träger der Versicherung und ihre Aufgaben", im zweiten Unterabschnitt die "Zuständigkeit der Versicherungsträger" und im dritten Unterabschnitt den "Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger".

1.2. Diesem obliegt nicht die Durchführung einer gesetzlichen Sozialversicherung, sondern gemäß § 31 Abs. 2:

"1. Die Wahrnehmung der allgemeinen und gesamtwirtschaftlichen Interessen im Vollzugsbereich der Sozialversicherung,

2. die zentrale Erbringung von Dienstleistungen für die Sozialversicherungsträger,

3. die Erstellung von Richtlinien zur Förderung oder Sicherstellung der gesamtwirtschaftlichen Tragfähigkeit, der Zweckmäßigkeit und der Einheitlichkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger."

Die nähere Darstellung dieser Aufgaben sowie das dem Hauptverband in diesem Zusammenhang zur Verfügung stehende rechtliche Instrumentarium enthalten die Bestimmungen des § 31 Abs. 3 ff ASVG. Eine behördliche Zuständigkeit zur Erlassung von Bescheiden ist dem Hauptverband in diesen Bestimmungen nicht eingeräumt.

§ 31 Abs. 6 erklärt die vom Hauptverband aufgestellten Richtlinien und im Rahmen seines gesetzlichen Wirkungskreises gefassten Beschlüsse für die im Hauptverband zusammengefassten Versicherungsträger (mit zwei im zweiten Halbsatz des § 31 Abs. 6 ASVG genannten Ausnahmen) für verbindlich.

§ 31a ASVG macht dem Hauptverband die flächendeckende Einführung eines elektronischen Verwaltungssystems zur Aufgabe,

§ 31b ASVG ermächtigt den Hauptverband, zu diesem Zweck eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu errichten.

1.3. Der fünfte Unterabschnitt dieses Teiles des ASVG regelt die "rechtliche Stellung der Versicherungsträger und des Hauptverbandes". Er besteht aus § 32 ASVG, nach dessen erstem Absatz die Versicherungsträger und der Hauptverband Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind und Rechtspersönlichkeit haben sowie berechtigt sind, das Wappen der Republik Österreich in Siegeln, Drucksorten und Aufschriften zu führen. Gemäß § 32 Abs. 2 ist der allgemeine Gerichtsstand der Versicherungsträger und des Hauptverbandes das sachlich und zuständige Gericht ihres Sitzes.

1.4. Daraus ist abzuleiten, dass der Abschnitt III des siebenten Teiles des ASVG (Verfahren) auf den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nicht anzuwenden ist:

1.4.1. Die einleitende Bestimmung des § 409 im ersten Unterabschnitt (Verfahren vor den Versicherungsträgern) normiert, dass "die Versicherungsträger" im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zur Behandlung der Verwaltungssachen berufen seien. Gemäß § 410 Abs. 1 ASVG hat "der Versicherungsträger" in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach § 409 berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststellt und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen ist.

1.4.2. Gemäß § 412 Abs. 1 ASVG können Bescheide "der Versicherungsträger in Verwaltungssachen" binnen einem Monat nach der Zustellung durch Einspruch an den zuständigen Landeshauptmann angefochten werden. Dieses Einspruchsverfahren ist näher im zweiten Unterabschnitt (Verfahren vor den Verwaltungsbehörden) geregelt. § 415 ASVG sieht einen Rechtszug an das Bundesministerium für soziale Verwaltung (nunmehr: Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen) nur gegen Bescheide des Landeshauptmannes und nur unter bestimmten, im Gesetz näher genannten Voraussetzungen vor.

Gemäß § 416 ASVG entscheidet das Bundesministerium auch Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern in Verwaltungssachen, die nicht die Versicherungs(Leistungs)zugehörigkeit oder Versicherungs(Leistungs)zuständigkeit betreffen und Streitigkeiten zwischen dem Hauptverband und den Versicherungsträgern.

1.4.3. Abschnitt 4a des achten Teils des ASVG (Aufbau der Verwaltung) regelt die Verwaltungskörper des Hauptverbandes, insbesondere deren Bestellung und Aufgaben, sowie die Pflichten und Haftung der Versicherungsvertreter. Die Aufsicht des Bundes ist im Abschnitt 6 des ASVG geregelt. Danach unterliegt auch der Hauptverband der Aufsicht des Bundes (§ 448 Abs. 1 ASVG). Gemäß § 450 Abs. 1 ASVG hat die oberste Aufsichtsbehörde "vorbehaltlich der gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeit anderer Stellen und unbeschadet der Rechte Dritter" bei Streit über Rechte und Pflichten der Verwaltungskörper und deren Mitglieder sowie über die Auslegung der Satzung zu entscheiden.

1.5. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger ist demnach als Selbstverwaltungskörper in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts eingerichtet. Er unterliegt lediglich der Aufsicht des Bundesministers für (derzeit:) soziale Sicherheit und Generationen. Ein Instanzenzug vom Hauptverband an den Bundesminister ist im Gesetz nicht ausdrücklich eingerichtet, die Verfahrenvorschriften des ASVG finden auf den Hauptverband - da es ihm an der Eigenschaft als "Versicherungsträger" mangelt - keine Anwendung.

1.6. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gilt der im Bereich der Bundes- und Landesverwaltung sonst bestehende Grundsatz der Einrichtung eines Instanzenzuges bis zum obersten in Betracht kommenden Organ im Bereich der Selbstverwaltung nur dann, wenn dies ausdrücklich gesetzlich angeordnet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 2000, Zl. 99/01/0324 mwH, auf die in dieser Frage übereinstimmende herrschende Lehre, ferner die Erkenntnisse vom 25. März 1987, Slg. Nr. 12.428 /A, vom 24. April 1995, Slg. Nr. 14.242/A, sowie die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 9146/1981 und 10931/1986).

In Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung eines Instanzenzuges gegen Bescheide des Hauptverbandes ist der Instanzenzug in Ansehung des angefochtenen Bescheides - ungeachtet der im Folgenden zu erörternden Frage der Zuständigkeit der belangten Behörde zu dessen Erlassung - erschöpft. Die Beschwerde erweist sich daher als zulässig.

2. In der Sache:

Keine gesetzliche Bestimmung des ASVG sieht bei Streitigkeiten eines Organwalters über dessen Entschädigung eine mit Bescheid wahrzunehmende Entscheidungsbefugnis des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger vor:

2.1. Der Hauptverband übersieht in seiner Gegenschrift zunächst, dass die von ihm zitierte Entscheidung des Bundesministers für soziale Verwaltung, wonach Entscheidungen über die Entschädigung in § 420 Abs. 5 ASVG Ermessensentscheidungen seien, seit der 52. Novelle zum ASVG nicht mehr maßgeblich ist:

a) In der früheren Fassung des § 420 Abs. 5 war bis zum Inkrafttreten der 52. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 20/1994, noch vorgesehen, dass die Mitglieder der Verwaltungskörper ihr Amt aufgrund einer öffentlichen Verpflichtung als Ehrenamt versehen, ihnen jedoch Entschädigungen gewährt werden konnten, wobei die Entscheidung über die Gewährung der Entschädigung und ihr Ausmaß dem Vorstand oblag; der Bundesminister für soziale Verwaltung hatte hiefür nach Anhörung des Hauptverbandes Grundsätze aufzustellen und für verbindlich zu erklären.

b) Im Zuge der Neuregelung der Abschnitte I - IV des achten Teiles des ASVG durch die 52. Novelle (vgl. deren Z. 57) wurde § 420 Abs. 5 ASVG dahin geändert, dass seither die Tätigkeit als Mitglied eines Verwaltungskörpers zwar weiterhin aufgrund einer öffentlichen Verpflichtung ausgeübt wird, diese jedoch kein Ehrenamt mehr ist; gleichzeitig wurde klargestellt, dass durch diese Tätigkeit aber auch kein Dienstverhältnis zum Versicherungsträger begründet wird (§ 420 Abs. 5 erster Satz in der Fassung der 52. Novelle).

Der zweite Satz des § 420 Abs. 5 ASVG lautete in dieser Fassung:

"Hiefür gebühren Entschädigungen nach folgenden Grundsätzen:

1.

...

2.

der Präsident und die Vizepräsidenten des Hauptverbandes ... haben Anspruch auf Funktionsgebühren. Das Nähere hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales nach Anhörung des Hauptverbandes durch Verordnung unter Bedachtnahme auf den örtlichen Wirkungsbereich, die Zahl der Versicherten des jeweiligen Versicherungsträgers und eine Mindestdauer der Funktion zu bestimmen; dabei darf die für einen Monat zustehende Funktionsgebühr 90 v.H. des Betrages nicht übersteigen, der dem Anfangsbezug eines Mitgliedes des Nationalrates entspricht."

Die Erläuterungen der zur 52. Novelle zum ASVG (RV 1375 Blg. Sten Prot. NR XVIII. GP, 31) begründen die Neufassung damit, dass die Tätigkeit des Versicherungsvertreters künftig als Ausübung einer öffentlichen Verpflichtung gelten solle. Allen Versicherungsvertretern sollten Reise- und Aufenthaltskosten nach der Reisegebührenvorschrift gebühren. Obmann, Obmann-Stellvertreter, Vorsitzende von Kontrollversammlungen und der Landesstellenausschüsse und deren Stellvertreter würden Anspruch auf Funktionsgebühren, sonstige Mitglieder der Verwaltungskörper Anspruch auf Sitzungsgelder haben. Die Höhe dieser Leistungen solle durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales bestimmt werden. Die Begrenzung des Höchstausmaßes der Funktionsgebühr mit 90 % des Anfangsbezuges eines Mitgliedes des Nationalrates bedeute eine Verringerung der damaligen Bezüge; im Übrigen seien für künftige Funktionäre keine Pensionen mehr vorgesehen.

2.2. Damit war nicht nur ein Rechtsanspruch auf die auch hier strittige Leistung eingeräumt worden, sondern auch die bis dahin bestehende Zuständigkeit des Vorstandes des Hauptverbandes zur Entscheidung über diese Entschädigungen aus dem Gesetz beseitigt, ohne dass eine andere Behörde ausdrücklich zur Entscheidung bei Streitigkeiten über die Funktionsgebühren berufen worden wäre. Der vom Hauptverband zitierten, aber auf der Rechtslage vor Inkrafttreten der 52. ASVG-Novelle ergangenen Entscheidung des Bundesministers (damals gerade:) für Arbeit und Soziales kommt daher ebenso wenig Argumentationswert zu, wie weiteren gleichartigen Entscheidungen des Bundesministers (SVSlg. 38.792 und 38.793).

2.3. Die oben zitierte Fassung des § 420 Abs. 5 wurde schließlich durch Art. 20 Z. 4 des Bezügebegrenzungsgesetzes, BGBl. Nr. 64/1997, dahin geändert, dass die für ein Jahr zustehende Funktionsgebühr 40 % des einem Mitglied des Nationalrates jährlich gebührenden Bezuges nicht übersteigen darf. Gemäß § 569 ASVG trat diese Novelle am 1. August 1997 in Kraft (Art. 20 Z. 5).

2.4. Seit der 52. Novelle zum ASVG ist somit weder der Hauptverband der Sozialversicherungsträger noch eines seiner Organe zur Entscheidung über die Höhe der den Mitgliedern eines Verwaltungskörpers zustehenden Entschädigung berufen. Entgegen den Ausführungen in der Gegenschrift des Hauptverbandes ergibt sich eine solche Zuständigkeit auch nicht aus § 420 Abs. 5 Z. 2 ASVG und der Verordnung BGBl. II Nr. 230/1997: § 420 Abs. 5 Z. 2 ASVG normiert lediglich, dass (u.a.) der Präsident und die Vizepräsidenten des Hauptverbandes Anspruch auf Funktionsgebühren haben und dass das Nähere dazu der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales nach Anhörung des Hauptverbandes durch Verordnung zu bestimmen habe. Eine an die Aufgabenstellung gekoppelte Entscheidungs-zuständigkeit ist im ASVG aber - wie in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Beschwerde unter 1.4. schon näher dargetan worden ist - ausschließlich für Versicherungsträger vorgesehen.

2.5. § 420 Abs. 5 letzter Satz ASVG ("§ 107 Abs. 4 ist anzuwenden") überträgt dem Hauptverband lediglich das Recht der Verwaltungsexekution bei der Rückforderung (sc. der in den Sätzen davor geregelten Funktionsgebühren). Diese Ergänzung wurde bereits mit Art. I Z. 7 der 41. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 111/1986 vorgenommen und in den Materialien (RV 774 Blg. Sten Prot. NR XVI. GP, 48) damit begründet, dass die aufgrund des § 420 Abs. 5 ASVG (ergänze: in der damals geltenden Fassung vor der 52. ASVG-Novelle) erlassenen Grundsätze des Bundesministers für soziale Verwaltung für die Gewährung von Entschädigungen an die Mitglieder von Verwaltungskörpern vorsähen, dass Entschädigungsleistungen, die wegen einer Verletzung der Melde- und Auskunftspflicht als zu Unrecht erbracht gelten, zurückzufordern bzw. auf später zu gewährende Leistungen anzurechnen seien. Mit dem vorliegenden Novellierungsvorschlag solle dem Versicherungsträger zur Eintreibung derartiger Forderungen die Einbringung im Verwaltungswege (politische Exekution) im Sinne des § 3 Abs. 3 VVG gewährt werden.

2.6. Der Gesetzgeber der 52. Novelle zum ASVG ging im Zusammenhang mit der Beseitigung der bis dahin vorgesehenen Zuständigkeit des Vorstandes für die Zuerkennung der Funktionsgebühren offenbar davon aus, dass die in Rede stehenden Funktionsgebühren, da es sich dabei nunmehr um einen Rechtsanspruch und nicht mehr um eine Ermessensleistung handeln sollte, vom Hauptverband ohne Erlassung eines Bescheides in unmittelbarer Vollziehung der vom Bundesminister zu erlassenden Verordnung flüssig zu machen und dass allfällige Streitigkeiten betreffend Grund und Höhe der Funktionsgebühr zwischen dem Organwalter und dem Hauptverband im Schoße der Aufsichtsbehörde zu entscheiden, eine darauf folgende Rückforderung aber wieder vom Hauptverband (aus dessen Mitteln die Funktionsgebühren ja bezahlt werden) vorzunehmen sein würde.

Die Zuständigkeit für Streitigkeiten über Rechte der Mitglieder der Vertretungskörper (somit auch über ihr Recht auf eine Funktionsgebühr) ergibt sich aus § 450 Abs. 1 ASVG: nach dieser Bestimmung ist nämlich bei Streit über Rechte und Pflichten der Verwaltungskörper und deren Mitglieder die oberste Aufsichtsbehörde (das ist der Bundesminister für (derzeit:) soziale Sicherheit und Generationen) berufen.

2.7. Da es sich im Beschwerdefall um einen Streit um Rechte aus der Mitgliedschaft zu einem Vertretungskörper, sohin um eine Streitigkeit der im § 450 Abs. 1 ASVG bezeichneten Art handelt, und keine gesetzliche Bestimmung eine andere Behörde zur Entscheidung darüber beruft, hätte der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen über den Antrag des Beschwerdeführers zu entscheiden gehabt.

3. Da der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Entscheidung unzuständig gewesen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

4. Zur Vermeidung überflüssigen Verfahrensaufwandes sieht sich der erkennende Senat jedoch veranlasst, zu der zwischen den Parteien strittigen Rechtsfrage auf Folgendes hinzuweisen:

4.1. Die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die Gewährung von Funktionsgebühren und Sitzungsgeldern an die Mitglieder von Verwaltungskörpern der Sozialversicherungsträger, BGBl. II Nr. 230/1997, regelt (nach dem Wortlaut ihres § 1 Abs. 1) die Gewährung von Funktionsgebühren und Sitzungsgeldern an Mitglieder von Verwaltungskörpern der Sozialversicherungsträger für die Zeit "der Ausübung ihres Amtes".

4.2. Wenn daher der mit "Übergangsrecht" überschriebene § 7 dieser Verordnung hinsichtlich jener Funktionäre, die gemäß § 3 Abs. 7 der Verordnung BGBl. Nr. 316/1994, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. Nr. 187/1996, die Funktionsgebühren "in voller Höhe erhalten", anordnet, dass ihnen bis zum Ende der am 1. Jänner 1994 begonnenen Amtsdauer zur Funktionsgebühr ein Zuschlag von 19 % gebührt, dann ist der Begriff der "Amtsdauer" offenkundig nicht anders zu verstehen, als in § 1 Abs. 1 umschrieben: es ist damit nicht die Amtsdauer der Verwaltungskörper gemeint, auf welche sich die vom Hauptverband erwähnte Bestimmung des § 425 ASVG bezieht, sondern die Dauer der Ausübung des Amtes durch den jeweiligen Organwalter.

4.3. Es ist daher auch unerheblich, ob auf den Beschwerdeführer - wie dieser in seiner Beschwerde meint - weiterhin die Übergangsbestimmung des § 553 Abs. 2 ASVG anzuwenden wäre, wonach die Amtsdauer von Verwaltungskörpern (allerdings nur für jene Verwaltungskörper, die am 31. Dezember 1993 (!) bestanden haben) unter bestimmten Voraussetzungen verlängert wurde, oder - wie die belangte Behörde meint - ob nach Beendigung der Amtsdauer des Verbandspräsidiums der Beschwerdeführer lediglich im Rahmen der weiteren Geschäftsführung iS des § 425 ASVG tätig geworden ist: Es besteht nämlich kein Zweifel daran, dass das Mitglied eines Verwaltungskörpers auch nach Erlöschen der Amtsdauer des Verwaltungskörpers während der Weiterführung der Geschäfte bis zur Einrichtung des neuen Verwaltungskörpers iS des § 425 ASVG weiterhin "sein Amt" ausübt.

Dem von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang argumentativ ins Treffen geführten Umstand, dass die Zeit eines geschäftsführenden Verbandpräsidiums gem. § 425 ASVG auf die Amtsdauer des "neuen Verwaltungskörpers" zählt, lässt diesen Schluss gerade nicht zu: diese ausdrückliche Anrechnungsvorschrift - betrachtet man sie nicht als überflüssig - zeigt nämlich, dass sich die darin angeordnete Konsequenz der entsprechenden Verkürzung der Amtsdauer des neuen Vertretungskörpers nicht etwa schon daraus ergibt, dass für ein Mitglied eines geschäftsführenden Präsidiums (bzw. dieses selbst) - wie dies der belangten Behörde vorzuschweben scheint - eine neue Funktionsperiode der Amtsausübung begänne.

4.4. Die Amtsdauer des Beschwerdeführers als Vizepräsident endete somit erst mit dem 27. September 1999. Abgesehen vom insoweit deutlichen Wortlaut des § 7 iVm § 1Abs. 1 der Verordnung BGBl. II Nr. 230/1997, entspricht dieses Ergebnis auch der mit § 7 der Verordnung verfolgten offenkundigen Absicht des Verordnungsgebers, in laufende Ansprüche bereits im Amt befindlicher Funktionäre für die Dauer von deren laufender Amtsausübung (dh bis zum Zeitpunkt der Konstituierung der neuen Verwaltungskörper für die folgende Funktionsperiode) nicht einzugreifen.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das auf den Ersatz von "Gebühren S 2.500,--" gerichtete Mehrbegehren war im Hinblick auf die sachliche Gebührenfreiheit der Beschwerde gemäß § 110 Abs. 1 Z. 3 ASVG (auf die sich der Beschwerdeführer im Rubrum seiner Beschwerde im Übrigen noch selbst zutreffend berufen hat) abzuweisen.

Wien, am 21. Februar 2001

Schlagworte

Organisationsrecht Instanzenzug VwRallg5/3 Organisationsrecht Körperschaften des öffentlichen Rechtes Selbstverwaltung VwRallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000080033.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten