TE OGH 2011/5/4 15Os26/11d

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.05.2011
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tomecek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Edis T***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Ghassen F***** und Özcan Y***** gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 4. Oktober 2010, GZ 29 Hv 137/10f-107, sowie über deren Beschwerden gegen die Beschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten F***** und Y***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche anderer Angeklagter sowie rechtskräftige Teilfreisprüche des Ghassen F***** und eines weiteren Angeklagten enthält, wurden Ghassen F***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (I./1./a./), der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (I./1./b./ und IV./) sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I./2./) und Özcan Y***** des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach haben - soweit für die Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung -

Ghassen F***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen bzw wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

I./1./ allein

a) am 30. Juni 2010 in Tamsweg der Angestellten des Wettbüros „B*****“ Viorica R*****, dadurch, dass er in das Wettbüro stürmte, eine Spielzeugpistole gegen sie richtete, zu ihr äußerte „Geld, schnell schnell und Handy“ und ihr die Spielzeugpistole am Kopf ansetzte, Bargeld in Höhe von ca 1.500 Euro sowie ein Mobiltelefon;

b) am 5. Juli 2010 in St. Johann/Pongau der Angestellten der Jet-Tankstelle Eva Be*****, dadurch, dass er unter Vorhalt einer Schreckschusspistole auf sie zukam, wiederholt äußerte „Geld her, gib mir Geld“, die Schreckschusspistole an ihren Kopf ansetzte und abdrückte, daraufhin mit seinen Füßen auf sie eintrat und beim Verlassen der Tankstelle einen weiteren Schuss abgab, mithin unter Verwendung einer Waffe, Bargeld, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

IV./ gemeinsam mit Edis T***** als Mittäter zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen 3. und 5. Juli 2010 in Tamsweg durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung einer Waffe, nämlich einer Schreckschusspistole, Angestellten des Wettbüros „L*****“ Bargeld, wobei die Tat beim Versuch blieb.

III./ Özcan Y*****

am 30. Juni 2010 in Tamsweg Edis T***** und Ghassen F*****, denen er eine Spielzeugpistole zur Verfügung stellte und ihnen den Tatort vorschlug, zur Ausführung der in Punkt I./1./a./ genannten strafbaren Handlung bestimmt;

Rechtliche Beurteilung

Ghassen F***** bekämpft (nur) den Schuldspruch IV./ mit einer auf Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Özcan Y***** gründet seine Nichtigkeitsbeschwerde auf Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. Beide Rechtsmittel gehen fehl.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ghassen F*****:

Mit der Rechtsrüge (Z 9 lit a) bringt der Beschwerdeführer unter Zitierung von Passagen aus der Aussage des Erstangeklagten zu Schuldspruch IV./ vor, es habe sich lediglich um eine straflose Vorbereitungshandlung gehandelt, weil die Angeklagten T***** und F***** „nicht einmal einen Plan hatten, wie der Raub durchgeführt werden sollte“; sie wären lediglich in Tamsweg herumgefahren und hätten schließlich den Besitzer des Wettbüros angetrunken in einem Lokal wahrgenommen.

Die Rüge lässt damit - entgegen den Erfordernissen der Verfahrensordnung - die bei Geltendmachung materieller Nichtigkeit stets gebotene Argumentation auf Basis des Urteilssachverhalts vermissen. Demnach haben die Angeklagten T***** und F***** auf einem Parkplatz in der Nähe des Wettlokals „L*****“ auf eine passende Gelegenheit für den Überfall gewartet, wobei für die Tat, die planmäßig von diesen Angeklagten durchgeführt werden sollte, alles vorbereitet war. T***** hat schließlich das Wettlokal verschlossen, versehen mit einem Zettel „Komme gleich“, vorgefunden. Wäre das Lokal geöffnet gewesen, so hätten T***** und F***** sofort losgeschlagen (US 18 f). Weshalb dies bloß als straflose Vorbereitungshandlung zu qualifizieren sei, vermag die Beschwerde nicht - aus dem Gesetz entwickelt - darzulegen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Özcan Y*****:

Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) moniert das Fehlen einer stichhaltigen Begründung für die zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen.

Sie ist damit nicht im Recht, weil der vom Erstgericht gezogene Schluss vom gezeigten Verhalten des Angeklagten auf das zu Grunde liegende Wollen und Wissen (US 28) rechtsstaatlich vertretbar, ja bei dem leugnenden Angeklagten fallbezogen methodisch auch gar nicht zu ersetzen ist (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452, RIS-Justiz RS0116882, RS0098671).

Die von der Beschwerde ins Treffen geführte Aussage des Angeklagten J*****, wonach ihn der Angeklagte T***** ersucht habe, ihm zur Durchführung des Raubüberfalls auf das Lokal „B*****“ einen Schal zu borgen, und ihm später berichtet habe, alles sei nach Plan verlaufen, sie hätten 1.100 Euro Beute gemacht (ON 15/S 10 f), spricht weder für noch gegen die (Bestimmungs-)Täterschaft des Angeklagten Y*****. Dem Beschwerdevorbringen (Z 5 zweiter Fall) zuwider konnte demnach ihre Erörterung sanktionslos unterbleiben.

Weder diese Aussage noch die von der Beschwerde angestellten Spekulationen über ein mögliches Motiv des Viertangeklagten für eine Falschbelastung sind geeignet, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die festgestellte Bestimmungstäterschaft des Beschwerdeführers hervorzurufen (Z 5a).

Die von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermissten Feststellungen der Tatrichter zur subjektiven Tatseite finden sich auf US 17 f.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung des Verteidigers des Angeklagten F***** - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E97230

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0150OS00026.11D.0504.000

Im RIS seit

20.05.2011

Zuletzt aktualisiert am

20.05.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten