Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei X***** KG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 36.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 2. Februar 2011, GZ 6 R 7/11h-13, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß
§§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Das Rekursgericht geht auf Tatsachenebene davon aus, dass es der Klägerin nicht gelungen ist, ihre Behauptung zu bescheinigen, sie sei in der Lage, Küchen in weniger als zwei Wochen nach Bestellung zu liefern; es bleibe nämlich unklar, ob Samstage in die von der Klägerin mit neun Tagen beworbene Fertigungszeit einzuberechnen seien. Damit ist aber die Unrichtigkeit der in der beanstandeten Ankündigung der Beklagten zum Ausdruck gebrachten Spitzenstellung, bei ihr erhalte man „Die schnellste Küche Österreichs! 2 Wochen Lieferzeit!“, nicht erwiesen.
1.2. Wenn das Rekursgericht bei dieser Sachlage den auf Unterlassung der unrichtigen Behauptung einer Spitzenstellung gerichteten Sicherungsantrag abgewiesen hat, ist es von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu § 2 UWG nicht abgewichen.
1.3. Der Oberste Gerichtshof ist bei der Entscheidung über einen Revisionsrekurs auch im Sicherungsverfahren nur Rechtsinstanz und nicht Tatsacheninstanz (RIS-Justiz RS0002192 [T22]). Eine Überprüfung der Beweiswürdigung der zweiten Instanz ist dem Obersten Gerichtshof auch im Revisionsrekursverfahren jedenfalls verwehrt (RIS-Justiz RS0002192 [T17, T27]).
1.4. Die im Rechtsmittel zitierte Entscheidung 4 Ob 132/84 = RIS-Justiz RS0058884 beschäftigt sich mit der Berechnung des Urlaubsmaßes nach Werktagen und kann demnach weder einschlägig sein für die hier entscheidende Tatfrage, ob bei der Klägerin im Rahmen ihrer Küchenfertigung der Samstag als Werktag gilt, noch für die weitere Frage, welches Verständnis die angesprochenen Verbraucherkreise von einer Ankündigung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr gewinnen, wonach deren Küchen in neun Tagen gefertigt und innerhalb drei weiterer Tage an den Kunden zugestellt werden.
2.1. Das Sicherungsbegehren, im geschäftlichen Verkehr Gratisgaben mit selbständigem Verkehrswert, insbesondere näher aufgezählte Waren, in Abhängigkeit von der Höhe des getätigten Einkaufswerts anzukündigen und zu gewähren, hat das Rekursgericht mit der Begründung abgewiesen, nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs C-540/08 - Mediaprint sei im Einzelfall zu prüfen, ob das Ankündigen einer unentgeltlichen Zugabe eine irreführende, aggressive oder sonst unlautere Geschäftspraktik sei. Solches treffe auf die hier beanstandete Ankündigung in einem Prospekt von Gratisgaben, gestaffelt nach dem Einkaufswert, nicht zu. Erhalte ein Kunde, der Waren im Wert von 50.000 EUR kaufe, einen Kleinwagen um 11.800 EUR dazu (bei geringerem Einkauf entsprechend geringerwertige Gratiswaren), werde er damit keinem unlauteren Druck ausgesetzt oder unter Ausschluss jeglicher sachlicher Erwägungen zu einer Kaufentscheidung verlockt; auch liege kein Fall einer irreführenden Preisverschleierung vor.
2.2. Diese Entscheidung wendet Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung in vertretbarer Weise auf den Einzelfall an.
2.3. Die vom Rekursgericht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gezogenen Schlussfolgerungen entsprechen der Entscheidung 4 Ob 208/10g. Danach ist ein richtlinienkonformer Zustand durch teleologische Reduktion von § 9a Abs 1 Z 1 UWG herzustellen. Das Ankündigen, Anbieten oder Gewähren von Zugaben gegenüber Verbrauchern ist aufgrund richtlinienkonformer Auslegung von § 9a Abs 1 Z 1 UWG nur dann unzulässig, wenn es im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist.
2.3. Schon zuvor hat der Senat im Zusammenhang mit Koppelungsangeboten (Abgabe mehrerer Waren zu einem Gesamtpreis) ausgesprochen, dass ein solches Angebot lauterkeitsrechtlich unbedenklich ist, wenn durch dessen Ankündigung weder die Gefahr einer Irreführung durch unrichtige oder unzureichende Information noch einer unangemessenen unsachlichen Beeinflussung oder einer gezielten Behinderung von Mitbewerbern verwirklicht wird (4 Ob 158/08a = RIS-Justiz RS0124258). Eine gezielte Behinderung kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich um ein zeitlich befristetes Aktionsangebot gehandelt hat.
Schlagworte
Die schnellste Küche Österreichs,Gewerblicher RechtsschutzTextnummer
E97269European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0040OB00038.11H.0510.000Im RIS seit
24.05.2011Zuletzt aktualisiert am
18.10.2011