TE OGH 2011/5/25 8ObA33/11b

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Veröffentlicht am 25.05.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Rolf Gleißner und Franz Kisling als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei I***** R*****, vertreten durch Mag. Leopold Zechner, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei W***** P*****, vertreten durch Dr. Stefan Herdey und Dr. Roland Gsellmann, Rechtsanwälte in Graz, wegen Befreiung von Verbindlichkeiten (Streitwert 1.852,95 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. März 2011, GZ 6 Ra 27/11d-19, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt auch dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine klare Regelung trifft, oder wenn das Berufungsgericht im Sinn einer einheitlichen und von der Lehre anerkannten Rechtsprechung entschieden hat und kein stichhaltiger Grund aufgezeigt wird, von dieser Rechtsprechung abzugehen (RIS-Justiz RS0042656).

Die Klägerin bestreitet nicht mehr, dass dem von ihr in Anspruch genommenen Dienstnehmer des Beklagten gegen diesen kein Regressanspruch iSd § 3 Abs 2 und 3 DHG zusteht, weil ein solcher mangels Zahlung durch den Dienstnehmer noch nicht entstanden ist. Den von ihr geltend gemachten „Befreiungsanspruch“ leitet sie aus Zweckmäßigkeitserwägungen sowie aus dem Hinweis auf eine Analogie ab.

Die Vorinstanzen haben zutreffend darauf hingewiesen, dass aufgrund der Pfändung und Überweisung des Regressanspruchs des Dienstnehmers gegen den Beklagten die Klägerin diese Forderung gemäß § 308 Abs 1 EO nach Maßgabe deren Rechtsbestands geltend machen kann. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dieser Anspruch im Verhältnis zu ihr keineswegs anders zu beurteilen als im Verhältnis zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber. Ihren Überlegungen zur fehlenden Bereicherung des Dienstnehmers kommt keine Bedeutung zu. Auch ihre Ausführungen, wonach § 3 DHG einen „Befreiungsanspruch“ nicht ausschließen würde, sind nicht schlüssig. Der geltend gemachte Anspruch müsste auf eine konkrete Rechtsgrundlage gestützt werden können. Einen solchen Rechtsgrund vermag die Klägerin nicht anzuführen.

2.1 In der Entscheidung 8 ObA 246/94 (RIS-Justiz RS0038866) wurde ein „Befreiungsanspruch“ des Dienstnehmers nicht nur bezweifelt, sondern ausdrücklich ausgesprochen, dass der Rückgriffsanspruch des Dienstnehmers erst durch seine Schadenersatzleistung an den Dritten entsteht. Gleichzeitig wurde zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten sowie zur Verhinderung des Eintritts der Verjährung die Feststellung der künftigen Haftung des Dienstgebers zugelassen. Dazu wurde darauf hingewiesen, dass das Feststellungsinteresse an einer Rückgriffsforderung schon im Fall der Heranziehung des Dienstnehmers zum Ersatz des Schadens zu bejahen sei.

Diese Rechtsprechung steht mit jener zum Solidarschuldnerregress nach § 896 ABGB im Einklang. Auch in einem solchen Fall lässt erst die tatsächliche Zahlung, nicht aber schon der Eintritt des Schadens oder die Geltendmachung des Anspruchs durch den geschädigten Dritten den Regressanspruch entstehen (2 Ob 332/99h mwN). Gleichermaßen wird von der Judikatur die Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens bejaht und dessen Berechtigung davon abhängig gemacht, ob künftige Ersatzforderungen des Klägers ausgeschlossen werden können.

Im Einklang mit dieser Rechtsprechung vertritt auch die Lehre die Ansicht, dass der Vergütungs- bzw Regressanspruch des Dienstnehmers gegenüber dem Dienstgeber iSd § 3 Abs 2 und 3 DHG voraussetzt, dass der Dienstnehmer dem geschädigten Dritten den Schaden - im Einverständnis mit dem Dienstgeber oder aufgrund eines rechtskräftigen Urteils - tatsächlich ersetzt hat, sowie dass ein „Befreiungsanspruch“ vor Leistung des Schadenersatzes nicht besteht (Windisch-Graetz in ZellKomm § 3 DHG Rz 19; dies in Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht RZ 40; Oberhofer in Schwimann3 §§ 3, 4 DHG Rz 23; Dirschmied, Dienstnehmerhaftpflichtgesetz 152; im Grundsatz auch Kerschner DHG2 § 3 Rz 22).

2.2 Die Entscheidungen der Vorinstanzen stehen mit diesen eindeutigen Grundsätzen im Einklang. Warum die Voraussetzungen für einen Analogieschluss, der das Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke voraussetzt, gegeben sein sollen, vermag die außerordentliche Revision nicht näher zu begründen.

3. Unrichtig ist schließlich, dass zugunsten der Klägerin der „Befreiungsanspruch“ gepfändet worden sei. Nach den Feststellungen wurde der Klägerin im Exekutionsverfahren die Pfändung des dem Dienstnehmer gemäß § 3 Abs 2 DHG zustehenden Regressanspruchs bewilligt.

Insgesamt vermag die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

Schlagworte

Arbeitsrecht

Textnummer

E97519

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:008OBA00033.11B.0525.000

Im RIS seit

21.06.2011

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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