Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. H. und E. M***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Susanne Kuen, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei B***** SE, *****, vertreten durch Dr. Peter Berethalmy und Dr. Christiane Berethalmy-Deuretzbacher, Rechtsanwälte in Wien, wegen 240.000 EUR sA (Revisionsinteresse 60.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. April 2010, GZ 1 R 9/10s-13, mit dem das (Teil-)Zwischenurteil des Handelsgerichts Wien vom 28. September 2009, GZ 43 Cg 85/08k-9 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass eine analoge Anwendung des § 24 HVertrG auch auf Vertrags- oder Eigenhändler in Betracht kommt, die regelmäßig keine Provisionen beziehen, sondern deren Entgelt sich im Wesentlichen durch die sogenannte Handelsspanne bestimmt, weil sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig werden. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn ein Vertragshändler es ständig übernimmt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die Vertragsware im Vertragsgebiet zu vertreiben und ihren Absatz zu fördern, sowie andererseits die Funktionen und Risiken seiner Geschäftstätigkeit daran auszurichten und im Geschäftsverkehr das Herstellerzeichen neben der eigenen Firma herauszustellen (vgl 9 Ob 2065/96h mwN), sodass ein Verhältnis besteht, wie es sonst zwischen Unternehmer und Handelsvertreter üblich ist. Typisch dafür ist unter anderem die durch einen Franchisevertrag geschaffene enge Einbindung in die Absatzorganisation des Herstellers (vgl 7 Ob 122/06a mwN).
Die Beurteilung, ob diese Kriterien in Bezug auf das Vertragsverhältnis der Streitteile in ausreichendem Maß erfüllt waren, um den im Revisionsverfahren allein gegenständlichen Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG zu begründen, ist eine nicht revisible Frage des Einzelfalls.
Die Revision zeigt auch keine ausnahmsweise im Interesse der Rechtseinheit und Rechtssicherheit zu korrigierende krasse Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen auf. Soweit die Beklagte zur Begründung ihrer Rechtsausführungen unterstellt, die Klägerin sei beim Betrieb des Tankstellenshops und der Waschstraße in Wahrheit hinsichtlich der Auswahl ihrer Lieferanten sowie der Preisgestaltung frei gewesen und hätte keine Nachteile zu befürchten gehabt, wenn sie den Empfehlungen der Beklagten nicht gefolgt wäre, entfernt sie sich von den bindenden Sachverhaltsfeststellungen der Tatsacheninstanzen.
Ausgehend davon war die Klägerin aber vertraglich an ein umfassendes Geschäftskonzept der Beklagten gebunden, das von der Ladengestaltung über das Sortiment, die Produktplatzierung und das Warenwirtschaftssystem bis hin zur Teilnahme an allen von der Beklagten vorgegebenen Verkaufsförderungsmaßnahmen reichte; sie durfte nur bei den von der Beklagten vorgegebenen Lieferanten zu deren vorgegebenen, nicht verhandelbaren Preisen einkaufen. Im Autowäschebereich war sie verpflichtet, die im Vertrag genannten Wasch- und Pflegeprogramme anzubieten und ausschließlich die von der Beklagten vorgegebenen Betriebsmittel für Reinigung und Pflege zu verwenden und bei Störungen ausschließlich die Beklagte oder ein von dieser mit der Instandhaltung beauftragtes Unternehmen zu verständigen. Eigene Waschgutscheine hätte die Klägerin nur mit Zustimmung der Beklagten ausgeben dürfen. Die von der Beklagten empfohlenen Verkaufspreise waren bereits in dem von ihr bereit gestellten Kassensystem eingespeichert, eine Änderung wäre der Klägerin zwar theoretisch möglich gewesen, sie hätte aber dann mit einer Streichung von Sonderprovisionen und dem Vorenthalten von Betriebskostenzuschüssen bei negativem Betriebsergebnis rechnen müssen.
Auf Grundlage dieses festgestellten Sachverhalts war die Beurteilung des Anspruchs der Klägerin durch die Vorinstanzen jedenfalls vertretbar und ist keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzugreifen.
Textnummer
E97520European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0080OB00089.10M.0525.000Im RIS seit
21.06.2011Zuletzt aktualisiert am
21.06.2011