TE Vwgh Erkenntnis 2001/2/22 2001/20/0059

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Veröffentlicht am 22.02.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AVG §45;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des A in Baden, geboren am 10. Mai 1958, vertreten durch Mag. Andrea Willmitzer, Rechtsanwältin in 2500 Baden, Rathausgasse 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. Oktober 2000, Zl. 202.752/1-VI/18/99, betreffend Abweisung eines Asylantrages gemäß § 7 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, nach seinen Angaben ein irakischer Staatsangehöriger, betrat am 21. November 1995 unter Umgehung der Grenzkontrolle das Bundesgebiet und begehrte am 23. November 1995 Asyl. Mit Bescheid vom 4. Dezember 1995 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes gemäß § 7 AsylG abgewiesen.

Die belangte Behörde stellte fest, der Beschwerdeführer habe mit den Behörden des Zentralirak keinerlei Probleme gehabt. Er sei im Nordirak in der Stadt Zacho als Volksschullehrer tätig gewesen. Er habe sich auch schriftstellerisch betätigt. Seine Poesie sei regelmäßig veröffentlicht worden, seine Artikel, in denen er an der patriotischen Union Kurdistans (PUK) seriöse Kritik geübt habe, seien teilweise in einer Parteizeitung der demokratischen Partei Kurdistans (KDP) veröffentlicht worden. Der Beschwerdeführer selbst sei niemals Mitglied der KDP gewesen, seine Familie sei jedoch für diese Partei gewesen.

Als im Jahre 1995 in der Heimatstadt des Beschwerdeführers die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den beiden Kurdenparteien PUK und KDP an Heftigkeit zugenommen hätten, hätten Funktionäre der KDP den Beschwerdeführer daran erinnert, dass sein Vater im Gegensatz zu ihm Mitglied der KDP gewesen sei und dass man den Beschwerdeführer gerade in Zeiten wie diesen benötigte. Der Beschwerdeführer habe jedoch eine Beteiligung an Auseinandersetzungen mit der Begründung abgelehnt, er sei der einzige Mann in der Familie und müsse die anderen Angehörigen versorgen. Dies sei von den Funktionären der KDP im Wesentlichen akzeptiert worden.

Der Beschwerdeführer sei im Nordirak nicht konkret gefährdet. Es könne nicht festgestellt werden, dass Funktionäre der KDP gewaltsam bei der damals noch im Nordirak lebenden Ehegattin des Beschwerdeführers gewaltsam eingedrungen seien, um den Beschwerdeführer wegen seiner seinerzeitigen Nichtteilnahme an den Kampfhandlungen zu belangen.

Zur allgemeinen Lage im Nordirak werde festgestellt, dass die beiden kurdischen Parteien KDP und PUK in den von ihnen beherrschten Gebieten de facto staatsähnliche Gewalt ausübten. Ein seit Ende 1997 bestehender Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien werde im Wesentlichen eingehalten. Zeitweise komme es im Nordirak zu Auseinandersetzungen zwischen kleineren Gruppen mit spezifisch ideologischem, religiösem oder ethnischem Hintergrund untereinander oder mit den größeren Parteien KDP und PUK. Im Nordirak seien Reisebewegungen zwischen den Gebieten möglich, wenngleich für Reisen zwischen PUK- und KDP-Gebieten die Erlaubnis der lokalen Sicherheitsbüros nötig sei. Aus der Sicht des UNHCR sei eine Rückführung von Flüchtlingen, die aus dem Nordirak stammten, in den Nordirak unbedenklich bzw. möglich, soweit es sich nicht um exponierte politische Oppositionelle handle. Im Nordirak sei es durchaus möglich, dass KDP-Mitglieder oder PUK-Mitglieder sich im Gebiet der jeweils anderen Kurdenpartei niederließen.

Es könne somit nicht erkannt werden, weshalb dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in den Nordirak, in welchem der Waffenstillstand eingehalten werde, zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich sein sollte. Der Beschwerdeführer habe daher kein Anrecht auf Asyl.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Neben einer unsubstantiierten und daher nicht erkennbar relevanten Rüge des Verstoßes gegen Ermittlungspflichten wendet sich die Beschwerde inhaltlich ausschließlich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde.

Hätte die belangte Behörde die Beweise richtig gewürdigt, so hätte sie zur Feststellung gelangen müssen, dass der Beschwerdeführer als Verräter gegenüber der Partei KDP gelte und "nach den moralischen Verpflichtungen im Nordirak" sowohl er als auch seine Familie mit dem Leben bedroht sei.

Bei der Behandlung dieses Beschwerdevorbringens ist vorauszuschicken, dass die Beweiswürdigung nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung - also die Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut - oder darum handelt, ob die Beweise, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 2, E 262 ff zu § 45 AVG wiedergegebene Rechtsprechung).

Die belangte Behörde hat aus den Berichten über die allgemeine politische Lage im Nordirak ohne Verstoß gegen Denkgesetze - und insofern von der Beschwerde auch nicht bekämpft -

den Schluss gezogen, dass zwischen den zwei genannten großen kurdischen Parteien ein aufrechter Waffenstillstand ausgehandelt worden sei und aus den als unglaubwürdig erachteten Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 7. Juli 2000 nicht abgeleitet werden könne, dass der Beschwerdeführer im Nordirak (von der seiner Familie nahe stehenden KDP) Verfolgung wegen der seinerzeitigen Weigerung, an Kampfhandlungen zwischen den Bürgerkriegsparteien teilzunehmen, zu befürchten habe. Die belangte Behörde stützt ihre Beweiswürdigung insbesondere darauf, dass die Aussage der Ehefrau des Beschwerdeführers, ihr Gatte sei als "Verräter" von vier bis fünf bewaffneten Männern ca. 1 Jahr nach seiner Flucht in ihrem Haus gesucht worden, völlig unglaubwürdig sei. Dies leitete die belangte Behörde aus zahlreichen, detailliert beschriebenen Widersprüchen der Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers (insbesondere im Zusammenhang mit ihren Schilderungen einer Herkunft aus Syrien) ab.

Die Beschwerde hält dem lediglich entgegen, dass selbst dann, wenn die Frau des Beschwerdeführers die von ihr erlittenen Verfolgungshandlungen nur erfunden hätte, um nach Österreich kommen zu können, Verfolgungshandlungen gegenüber dem Beschwerdeführer nicht ausgeschlossen seien.

Dieses Argument vermag jedoch eine Rechtswidrigkeit des Bescheides im oben dargestellten Sinn nicht aufzuzeigen. Dasselbe gilt für das Argument des Beschwerdeführers, bei seiner Frau bestünde kein erfahrener Umgang mit Behörden und im Verfahren wären "Maßstäbe" an ihn und seine Frau anzulegen gewesen, die seiner "Herkunft entsprechen".

Soweit die Beschwerde die Feststellung vermisst, dass einzelne Funktionäre der KDP sich über veröffentlichte Artikel des Beschwerdeführers beschwert hätten und sogar etliche Artikel bzw. Gedichte auf Grund von Zensurmaßnahmen der KDP nicht gedruckt worden seien, ist auf die fehlende Relevanz dieser Feststellung zu verweisen. Der Beschwerdeführer befasste sich der insoweit unwidersprochen gebliebenen Darstellung seiner Ausführungen im Verwaltungsverfahren zufolge in seinen Artikeln nicht kritisch mit der KDP, sondern kritisch mit der PUK. Dass einige Artikel des Beschwerdeführers in der Parteizeitung der KDP veröffentlicht wurden, andere aber nicht, hat die belangte Behörde festgestellt.

Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt daher erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 22. Februar 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001200059.X00

Im RIS seit

24.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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