TE Vfgh Beschluss 1998/6/15 A2/98, G47/98

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Veröffentlicht am 15.06.1998
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
VfGG §12
VfGG §17 Abs2
ZPO §63 Abs1 / Unterhalt notwendiger

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags auf Ablehnung aller Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes; Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags aufgrund der Einkommensverhältnisse des Antragstellers; Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Regelungen betreffend den Anwaltszwang mangels Legitimation

Spruch

I. Der Antrag auf Ablehnung aller Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

III. Der Individualantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Gestützt auf Art137 B-VG begehrt der Einschreiter mit einer selbstverfaßten, beim Verfassungsgerichtshof am 2. März 1998 eingelangten Eingabe vom Bund Schadenersatz in näher bezeichneter Höhe und stellt, gestützt auf Art140 B-VG, den Antrag auf Aufhebung des §17 Abs2 VerfGG sowie der §§27, 28, 29 und 75 Z3 ZPO. Außerdem werden sämtliche Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes abgelehnt.

Unter einem wird allein für die Einbringung der Klage die Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang begehrt.

2.1. Das VerfGG sieht für die Parteien eines Verfahrens nicht die Möglichkeit vor, ein Mitglied des Gerichtshofes abzulehnen (§12 Abs1 VerfGG). Der Ablehnungsantrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen (VfSlg. 9462/1982).

2.2. Aus dem vorgelegten Vermögensbekenntnis geht hervor, daß der nicht unterhaltspflichtige Einschreiter eine Pension in Höhe von S 16.937,60 (netto) bezieht.

Die Bewilligung der Verfahrenshilfe setzt gemäß §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VerfGG 1953) u.a. voraus, daß die antragstellende Partei außer Stande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes zu bestreiten. Als notwendig ist derjenige Unterhalt zu sehen, den der Verfahrenshilfewerber zu einer einfachen Lebensführung benötigt.

Diese Voraussetzung liegt bei den gegebenen Einkommensverhältnissen des Einschreiters nicht vor (vgl. VfGH 11.12.1996 B726/96). Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war daher abzuweisen, zumal keine Umstände dargelegt wurden, die zu einem anderen Ergebnis hätten führen können.

2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11684/1988, 13871/1994).

2.3.2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die angefochtenen Gesetzesvorschriften, welche allesamt den Anwaltszwang betreffen, überhaupt unmittelbar in eine Rechtssphäre des Einschreiters eingreifen, weil dem Einschreiter in allen Fällen ein zumutbarer anderer Weg zur Geltendmachung seiner Bedenken zur Verfügung steht: So hat er, wie der Verfassungsgerichtshof bereits in dem - gegenüber demselben Antragsteller ergangenen - Beschluß VfSlg. 14669/1996 ausgesprochen hat, die Möglichkeit, bei einem Zivilgericht eine ohne anwaltliche Unterschrift versehene Klage einzubringen und dann, wenn sie ihm zur Verbesserung zurückgestellt wird, die Verbesserung zu unterlassen, gegen den dann ergehenden Zurückweisungsbeschluß Rekurs zu erheben und im Rahmen des Rekurses seine Bedenken gegen die den Anwaltszwang vorsehenden Vorschriften der ZPO vorzubringen und beim Rekursgericht die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art89 Abs2 B-VG anzuregen.

Ebenso steht es dem Antragsteller frei, in einem seiner zahlreichen, beim Verfassungsgerichtshof durch die Einbringung eines Schriftsatzes ohne anwaltliche Unterschrift initiierten Verfahren die Einleitung eines amtswegigen Prüfungsverfahrens hinsichtlich des §17 Abs2 VerfGG anzuregen.

Der Gesetzesprüfungsantrag war daher allein schon deshalb aus dem Grunde der fehlenden Legitimation zurückzuweisen, ohne daß ein Verbesserungsauftrag zu erteilen war.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich auch ein Eingehen auf den Antrag, den eingebrachten Schriftsatz ohne anwaltliche Unterfertigung meritorisch zu bearbeiten.

4. Diese Beschlüsse konnten gemäß §19 Abs3 Z2 lita und e VerfGG sowie §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Ablehnung eines Mitgliedes, VfGH / Individualantrag, VfGH / Anwaltszwang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:A2.1998

Dokumentnummer

JFT_10019385_98A00002_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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