Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ZustG §16 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/04/0170Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des Dr. HS in W, vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft K & D in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. Mai 2000, Zl. WST1-B-9616/2, betreffend Antrag auf Bescheidzustellung i.A. Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers "auf Zustellung des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 16. August 1999 gemäß § 16 des Zustellgesetzes nicht Folge gegeben".
Zur Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt:
"Für die erkennende Behörde steht nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens folgender Sachverhalt fest:
Herr Dr. HS war am Vormittag des 24. August 1999 in seiner Zahnarztpraxis in S anwesend. Dies gab der Antragsteller im Schreiben vom 9. März 2000 bekannt. Aus einer Bestätigung des Krankenhauses Horn vom 14. September 1999 geht hervor, dass der Antragsteller am 1. September 1999 in diesem Krankenhaus nach einem Unfall stationär aufgenommen wurde.
Frau MH, die den Berufungsbescheid übernommen hat, ist Dienstnehmerin des Antragstellers. Dies bestätigt die NÖ Gebietskrankenkasse in einem Schreiben vom 20. März 2000.
Das Postamt in W hat mit Schreiben vom 10. März 2000 bekannt gegeben, dass Herr Dr. HS kein schriftliches Verlangen bei der Post eingebracht hat, dass die Zustellung an bestimmte Ersatzempfänger nicht gewünscht sei. Erst mit dem Schreiben vom 9. September 1999 ersuchte der Antragsteller das Postamt W behördliche Schriftstücke bis 1. Dezember 1999 als nicht zustellbar an den Absender zurück zu senden.
Auf Grund dieses Sachverhaltes sind folgende rechtliche Konsequenzen zu ziehen:
Die Ersatzzustellung an Frau MH am 24. August erfolgte rechtmäßig. Der Bescheidadressat, Herr Dr. HS, war laut eigenen Angaben am Vormittag des 24. August in seiner Praxis in S. Diese Tatsache kann die gesetzliche Voraussetzung des regelmäßigen Aufenthaltes an der Abgabestelle nicht ausschließen. So ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH 12.9.1985 Slg. 11850 A) die berufliche Abwesenheit während eines Tages, ja sogar während der Wochentage (z.B. VwGH 6.12.1977, 2359) keine vorübergehende Abwesenheit und schließt den regelmäßigen Aufenthalt nicht aus. Ein Anbot entsprechender Bescheinigungsmittel für die Abwesenheit des Antragstellers von der Abgabestelle, die im Übrigen der Standort der gewerblichen Tätigkeit des Antragstellers ist, im Zeitraum vom 24. August 1999 bis zum 1. September 1999, dem Tag der stationären Aufnahme des Antragstellers im Krankenhaus Horn, erfolgte auch im Schreiben des Antragstellers vom 9. März 2000 nicht.
Auf Grund der im Ermittlungsverfahren eingeholten Stellungnahmen der NÖ Gebietskrankenkasse und des Postamtes W besteht seitens der erkennenden Behörde kein Zweifel daran, dass Frau MH als Ersatzempfängerin die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 und 3 erfüllt."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt das Fehlen von Tatsachenfeststellungen darüber, dass sich der Beschwerdeführer im Zeitraum der vermeintlichen Zustellung regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten habe.
Dem ist zu erwidern, dass, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend erkannt hat, allein aus dem Umstand der Abwesenheit während eines Tages noch nicht der Schluss auf das Fehlen eines "regelmäßigen Aufenthaltes" an der Abgabestelle zu ziehen ist. Ein "regelmäßiger Aufenthalt" liegt vielmehr vor, wenn der Empfänger, von kurzfristigen - auch periodischen - Abwesenheiten abgesehen, immer wieder an die Abgabestelle zurückkehrt. Nur wenn der Empfänger längere Zeit (etwa infolge Urlaubs) von der Abgabestelle abwesend ist, darf auch eine Ersatzzustellung an einen Ersatzempfänger nicht erfolgen (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I. Band2, E 16 und 18 zu § 16 Zustellgesetz zitierte Rechtsprechung).
Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass derjenige, der behauptet, es lägen Zustellmängel vor, diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und Beweise anzuführen hat, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einem vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung der vorschriftsmäßigen Zustellung zu widerlegen geeignet sind (vgl. die bei Walter/Thienel, a.a.O, E 51 zu § 16 Zustellgesetz zitierte Rechtsprechung). Derart vermag auch kein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel aufgezeigt zu werden, wenn der Beschwerdeführer als Verfahrensrüge vorbringt, die belangte Behörde habe eine nähere Prüfung unterlassen, ob der Beschwerdeführer im Zeitraum der vermeintlichen Zustellung des Berufungsbescheides vom 16. August 1999 an der Abgabestelle regelmäßig anwesend gewesen sei. Soweit dabei der Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1992, Zl. 92/07/0114, wonach dem Rechtsmittelwerber, der ein objektiv verspätetes Rechtsmittel einbringt, Parteiengehör zur Frage der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels zu gewähren ist, verweist, so betrifft dies einen anderen Sachverhalt; im Beschwerdefall hatte nämlich die Behörde (bereits) über einen Antrag auf Bescheidzustellung wegen des (behaupteten) Vorliegens von Zustellmängeln zu entscheiden.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, bei MH, die den Berufungsbescheid vom 16. August 1999 übernommen haben solle, handle es sich nicht um eine im § 16 Abs. 1 Zustellgesetz genannte Ersatzempfängerin. Bei einer zweckentsprechenden Interpretation des § 16 Abs. 2 Zustellgesetz komme nämlich als Ersatzempfänger nur ein in jenem Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer in Frage, für welchen (Betrieb) die Zustellung erfolge. MH sei zwar Arbeitnehmerin des Beschwerdeführers, nicht aber für das im Standort W allein ausgeübte Handelsgewerbe und Handwerk des Zahntechnikers, sondern für die freiberufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers als Zahnarzt in seiner Ordination in B.
Dem ist entgegenzuhalten, dass das Gesetz auf eine derartige Differenzierung nicht abstellt. § 16 Abs. 2 Zustellgesetz bestimmt diesbezüglich nur, dass der Ersatzempfänger Arbeitnehmer des Empfängers ist und zur Annahme bereit ist (und ist die Rechtslage insoweit anders gestaltet, als hinsichtlich jener Personen, die im gemeinsamen Haushalt mit dem Empfänger wohnen, bei denen es nicht darauf ankommt, dass der Ersatzempfänger zur Annahme bereit ist).
Wenn schließlich der Beschwerdeführer vorbringt, die Zustellung hätte zu eigenen Handen nach § 21 Zustellgesetz erfolgen müssen, so ist er im Grunde des § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1987, Zl. 86/04/0059, zu verweisen.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. Februar 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000040171.X00Im RIS seit
31.05.2001