TE Vwgh Erkenntnis 2001/2/22 99/07/0209

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Veröffentlicht am 22.02.2001
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
AWG 1990 §1 Abs3;
AWG 1990 §2 Abs1 Z2;
AWG 1990 §29;
AWG 1990 §3 Abs2 idF 1998/I/151;
AWG 1990 §32 Abs1 idF 1998/I/151;
B-VG Art140;
B-VG Art18 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch, Dr. Beck und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde des AW in X, vertreten durch Dr. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in Graz, Brockmanngasse 91/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes für Steiermark vom 27. Oktober 1999, Zl. 03-38.00 161 - 99/4, betreffend Auftrag gemäß § 32 AWG, nach durchgeführter mündlicher Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Dr. Alexander Singer, und des Vertreters der belangten Behörde, Dr. Günther Rupp, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 10.961,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 11. Mai 1995 wurde dem Beschwerdeführer im Grunde des § 32 WRG 1959 "die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Geländeauffüllung auf den Grundstücken Nr. 548, 465, 466, 467 und 469, je KG R, mit inertem Erdmaterial bzw. mit inerten Baustoffen nach Maßgabe des in der Begründung enthaltenen Befundes und der vorgelegten Pläne, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden und bei Erfüllung nachstehender Auflagen erteilt".

Auflage 5.) dieses Bescheides hat folgenden Wortlaut:

"Es darf nur inertes Schüttmaterial abgelagert werden. Gewässerschädliches oder bedenkliches Material ist noch vor der Schüttung auszusortieren und im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes nachweislich zu entsorgen."

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, dass der Konsenswerber beabsichtige, in einer bestehenden Geländemulde, die von einem Gerinne durchflossen werde, unmittelbar östlich der Rstraße (L 329) eine Geländeauffüllung durchzuführen; hiebei handle es sich um eine "Korrektur von landwirtschaftlich genützten Flächen, durch eine Geländeauffüllung". Die geplante Auffüllung bestehe vorwiegend aus Aushubmaterial und Bauschutt aus einem näher angeführten Bauvorhaben. Es werde eine Menge von ca. 50.000 m3 bei einer Tagesleistung von ca. 8.000 m3 erwartet. Den Rest auf das ermittelte Gesamtvolumen bildeten Geländeabträge und Baugrubenaushübe aus der näheren Umgebung. Aus der Massenermittlung errechne sich das Gesamtschüttvolumen mit ca. 96.900 m3. Die fertige Auffüllung werde mit mindestens 100 cm bindigem Boden und darüber mit 30 bis 50 cm Humus abgedeckt.

Über Auftrag der Behörde erstattete der Amtssachverständige betreffend die vom Beschwerdeführer vorgenommenen Ablagerungen auf den obgenannten Grundstücken nach Durchführung eines Ortsaugenscheines in einem von der Behörde gemäß § 32 AWG eingeleiteten Verfahren ein Gutachten vom 26. März 1999, in welchem ausgeführt wurde, dass Materialien gelagert worden seien, welche offensichtlich teilweise zur endgültigen Ablagerung und teilweise zur weiteren Aufbereitung (Brechung und Sortierung) abgelagert worden seien. Eine eindeutige Feststellung des beabsichtigten Zweckes sei aufgrund der Verweigerung von entsprechenden Angaben seitens des Beschwerdeführers nicht möglich. Ein entlang der Landesstraße L 329 vorbeiführender Graben sei auf eine Länge von ca. 150 m bis auf die Höhenkote des umliegenden Geländes bzw. die Höhenkote der vorbeiführenden Straße aufgeschüttet worden; darüber hinaus sei terassenförmig in weiteren zwei Höhenstufen eine Überhöhung gegenüber dem umliegenden Gelände durchgeführt worden. Eine Schätzung habe ergeben, dass diese Überhöhung über zwei Geländestufen auf einer Fläche von jeweils ca. 9.000 m2 zwischen Null und 6 m gegenüber der gedachten Auffüllungshöhenlinie entsprechend dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 11. Mai 1995 durchgeführt worden sei; dadurch errechne sich ein zusätzliches Schüttvolumen von ca. 30.000 m3. Es seien zwei weitere Haldenschüttungen vorhanden, welche ca. 5 m bzw. 3 m über das bereits - gegenüber dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid - überhöhte Gelände hinausragten. Diese Schüttungen beträfen ca. 2.500 m3 unsortierten Bauschutt und ca. 500 m3 Betonabbruch. Neben Erdaushub sei gebrochenes, teilweise jedoch ebenso unsortiertes Material wie das haldenförmig gelagerte Material zur Auffüllung gelangt. Der abgelagerte Bauschutt weise zwar einen hohen Anteil mineralischer Baurestmassen wie Betonabbruch und Ziegel auf, sei nicht sortiert und mit Kunststoff und Metallteilen, Holz und im geringen Umfang mit Baustellenabfällen verunreinigt. Auch seien vereinzelt Anteile von Teerpappe, Isoliermaterial, teilweise mit den Abbruchmaterialien verbunden, teilweise lose gelagert. Ebenso seien mehrere Stahlbetontragwerksteile und ein gereinigter Stahltank im Bereich der gegenständlichen Auffüllfläche abgelagert gewesen. Die wasserrechtlich bewilligte Auffüllung sei in einem Ausmaß von ca. 30.000 m3 überschüttet worden. Entgegen dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid seien nicht nur inertes Erdmaterial bzw. inerte Baustoffe für die Auffüllung verwendet worden. Die wasserrechtlich bewilligten Auffüllungskoten seien bei weitem überschritten worden. Es sei nunmehr von einer Deponieanlage auszugehen. Nur der Bereich der Zufahrt könne abgeschrankt werden, im Übrigen schützten nur die natürlichen Geländeverhältnisse den Zutritt von Unbefugten. Es könne demnach nicht vermieden werden, dass - wie augenscheinlich feststellbar - Kleinmengen unsortierten Materials, insbesondere Baustellenabfälle, abgelagert würden. Der vorhandene Schranken sei in den vergangenen Wochen oft nicht geschlossen worden. Die Ausbildung der Entwässerungsmaßnahmen bzw. die Herstellung der bewilligten Geländeauffüllung entspreche auch nicht dem Konsens gemäß dem vorgenannten Wasserrechtsbescheid. Bei vorgenommenen Untersuchungen seien keine Anhaltspunkte für das Vorliegen radioaktiver sowie gefährlicher Abfälle gefunden worden.

Im Gutachten führte der Sachverständige in der Folge aus, dass über eine wasserrechtlich konsentierte Auffüllung hinaus ca. 30.000 m3 Bauschuttmaterialien zum Teil mit nicht sortierten bzw. nicht inerten Materialien vermischt abgelagert worden seien. Im Hinblick auf die durch diese über den wasserrechtlichen Konsens hinausgehenden Schüttungen berührten öffentlichen Interessen sei festzuhalten, dass eine unmittelbare Gefährdung der Gesundheit des Menschen nicht anzunehmen sei; unzumutbare Belästigungen könnten aus den betrieblichen Aktivitäten resultieren. Aufgrund der Ablagerungen von unsortierten Bauschuttmaterialien sei die Möglichkeit für eine Erhöhung des festgestellten Ammoniumstickstoffs im Wasser durch Deponiesickerwässer nicht auszuschließen. Die Umwelt werde über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt, da Ablagerungen von unsortiertem Bauschutt auf einer nicht abgedichteten Deponie jedenfalls eine Verunreinigung für das Grundwasser und die Oberflächenwässer bewirken könnten bzw. entsprechende Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Dieser Schluss sei aus technischer Sicht auf Grundlage der Bestimmungen der Deponieverordnung und dem dort normierten Stand der Technik zu ziehen. Danach seien die abgelagerten Materialien zumindest auf einer Baurestmassendeponie, welche mit Untergrundabdichtung und Sickerwassererfassung auszustatten sei, zu deponieren. Brand- und Explosionsgefahren seien nicht anzunehmen. Es könne nicht nachgewiesen werden, dass kontaminiertes Abbruchmaterial gelagert worden sei. Die öffentliche Ordnung und Sicherheit sei jedenfalls gestört, da einem Wasserrechtsbescheid zuwider gehandelt worden sei und für die Ablagerungen über den Wasserrechtsbescheid hinaus weder für eine Deponie noch für eine Zwischenlagerstätte eine Bewilligung vorgelegt worden sei. Weiters sei die Ablagerungsstelle zugänglich und damit keine ausreichende Sicherheit dafür gegeben, dass durch Unbefugte keine unzulässigen Ablagerungen stattfänden. Das Orts- und Landschaftsbild sei durch die bereits ca. 10 m über das umliegende Gelände hinausragende Haldenschüttung jedenfalls als beeinträchtigt zu beurteilen. Aus technischer Sicht sei daher festzustellen, dass die öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs. 3 AWG hinsichtlich der Z. 3, 7 und 8 jedenfalls in einem Ausmaß als gestört zu beurteilen seien, sodass eine Behandlung im Sinne des § 32 AWG geboten sei.

Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ist nicht erfolgt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 4. Mai 1999 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 32 Abs. 1 AWG verpflichtet, die auf den oben genannten Grundstücken

"vorgenommenen Ablagerungen von mineralischen Baurestmassen, Kunststoffen, Metallteilen, Holz und diversen Baustellenabfällen im Ausmaß von 30.000 m3, welche nicht durch den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 11. Mai 1995 (...) genehmigt sind, binnen drei Monaten nach Zustellung dieses Bescheides zu entfernen und der Behörde Nachweise über die ordnungsgemäße diesbezügliche Beseitigung (Behandlung) vorzulegen.

Darüber hinaus wird angeordnet, dass auf den obgenannten Grundstücken das weitere Schütten von Abfällen untersagt ist".

In der Begründung wird ausgeführt, der Beschwerdeführer sei Grundeigentümer der angeführten Grundstücke und Betreiber einer wasserrechtlich bewilligten Geländeauffüllung. Im AWG bzw. dessen Verordnungen seien Verwertungs- und Behandlungsgrundsätze hinsichtlich mineralischer Baurestmassen, Baustellenabfälle etc. normiert. Aus dem eingeholten Sachverständigengutachten ergebe sich schlüssig, dass die öffentlichen Interessen des § 1 Abs. 3 Z. 3, 7 und 8 des AWG durch die im Spruch definierten Ablagerungen verletzt worden seien. Insbesondere werde durch die obgenannte Ablagerung die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus deshalb verunreinigt, weil die Ablagerung von unsortiertem Bauschutt auf einer nicht abgedichteten Deponie jedenfalls eine Verunreinigung des Grundwassers oder der Oberflächenwässer bewirken könne. In diesem Zusammenhang werde auch vom Sachverständigen in dem in der Deponieverordnung (Verordnung des AWG) normierten Stand der Technik verwiesen. Aufgrund des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom 11. Mai 1995 dürften auf den gegenständlichen Flächen lediglich inerte Erdmaterialien bzw. inerte Baustoffe abgelagert werden. Die gegenständlichen Ablagerungen im Ausmaß von ca. 30.000 m3 entsprächen keineswegs diesen Qualitäten. Darüber hinaus sei derzeit ein bewilligungsfähiges Projekt für eine Baurestmassendeponie oder eine andere Deponie im Sinne der Deponieverordnung nicht bekannt. Der Nachweis über die ordnungsgemäße Behandlung der zu beseitigenden Ablagerungen sei im Einklang mit den Bestimmungen der Abfallnachweisverordnung, BGBl. Nr. 65/1991, zu erbringen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. In der Begründung wird ausgeführt, dass das Gesamtvolumen der wasserrechtlich bewilligten Auffüllung ca. 97.000 m3 betrage. Die fertige Auffüllung hätte mit mindestens 100 cm bindigem Boden und darüber mit 30 cm bis 50 cm Humus abgedeckt und begrünt werden sollen. Der wasserrechtliche Konsens sei nicht eingehalten worden. Bei den vorgenommenen Ablagerungen handle es sich um Baurestmassen. Da von diesen Baurestmassen eine gewisse Gefährdung für das Grundwasser ausgehe, müssten solche Baurestmassendeponien mit einer Basisdichtung versehen werden, die anfallenden Sickerwässer erfasst und gegebenenfalls gereinigt werden. Baurestmassen seien als Abfall anzusehen. Im gegenständlichen Fall hätte die Geländeauffüllung nur mit inerten Stoffen erfolgen dürfen, da keine Abdichtungsmaßnahmen vorgesehen seien. Durch die Überschreitung der Konsensmenge um ca. 30.000 m3 und aufgrund der Zusammensetzung der abgelagerten Abfälle müsse im gegenständlichen Fall von einer Deponieanlage gesprochen werden. Da kein Endzustand aufgrund eines vorliegenden Projektes abzusehen sei, handle es sich nicht um allenfalls tolerierbare Zwischenzustände (Lagerungen von Schütt- und Baumaterial), sondern sei von einer Deponierung auszugehen. Bereits aus § 3 Abs. 2 des Abfallwirtschaftsgesetzes sei ersichtlich, dass u.a. § 32 AWG auch auf nicht gefährliche Abfälle Anwendung finde. Der objektive Abfallbegriff des AWG (§ 2 Abs. 1 Z. 2 AWG) sei als erfüllt zu betrachten, zumal durch die gegenständlichen Ablagerungen die öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 3, 7 und 8 AWG als beeinträchtigt anzusehen seien, sodass eine Behandlung als Abfall geboten sei. Das Zutreffen der Abfalleigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 AWG liege schon dann vor, wenn durch die Ablagerung einer Sache z.B. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt, die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört und das Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden könne. Es genüge daher die mögliche Beeinträchtigung der genannten Schutzgüter. Der Beschwerdeführer räume in seinem Berufungsvorbringen selbst ein, dass die vorgenommenen Ablagerungen von mineralischen Baurestmassen, Kunststoffen, Metallteilen, Holz und diversen Baustellenabfällen im Ausmaß von 30.000 m3 außerhalb des seinerzeit erteilten wasserrechtlichen Konsenses für eine Geländeauffüllung (Ausmaß von ca. 97.000 m3) vorgenommen worden seien und rechtfertige sich damit, dass ein entsprechender Erweiterungsantrag bei der Behörde eingelangt, dieser Antrag jedoch zurückgewiesen worden sei. Die Antragseinreichung allein stelle aber keine Bewilligung dar. Der Beschwerdeführer irre, wenn er meine, dass Ablagerungen bei einem Verunreinigungsgehalt von weniger als 10 Volumsprozent bewirkten, dass die Abfälle als Inertstoffe zu bezeichnen seien. Auch das Vorliegen von weniger als 10 Volumsprozent Verunreinigung an Metall, Kunststoffen, Holz und anderen organischen Materialien bewirke keine Inertstoffeigenschaft. Im Beschwerdefall sei Abfalleigenschaft im Sinne des AWG gegeben. Aufgrund der vorliegenden Sachverständigengutachten ergebe sich auch die Notwendigkeit der Erlassung eines Beseitigungsauftrages. Durch die vorgenommene Ablagerung von mineralischen Baurestmassen, Kunststoffen, Metallteilen, Holz und diversen Baustellenabfällen im Ausmaß von 30.000 m3 seien Normen des AWG (z.B. § 17 Abs. 1a) und daraus ableitbare Normen (z.B. Deponieverordnung) verletzt worden; die drei genannten Schutzziele des AWG könnten beeinträchtigt werden. Die gegenständliche Ablagerung wäre nur im Gleichklang mit dem technischen Standard der Deponieverordnung konsensfähig, welcher jedoch im Beschwerdefall nicht vorliege. Die im § 32 AWG vorgesehenen Maßnahmen seien auch dann anzuordnen, wenn die Möglichkeit der Gefährdung bestehe; Gefahr in Verzug sei nicht erforderlich. Ablagerungen von unsortiertem Bauschutt könnten jedenfalls eine Verunreinigung für das Grundwasser und für Oberflächenwässer bewirken bzw. seien entsprechende Beeinträchtigungen zu erwarten. Die gegenständlichen Materialien hätten zumindest auf einer Baurestmassendeponie, welche mit einer Untergrundabdichtung und Sickerwasserfassung auszustatten wäre, zur Deponierung gelangen müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Abstandnahme von der Erlassung eines Auftrages nach § 32 AWG verletzt. Er macht Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird in der Beschwerde ausgeführt, dass hinsichtlich des Erdaushubes kein Beseitigungsauftrag nach § 32 AWG erlassen werden könne, da Erde nicht unter den Abfallbegriff des AWG falle. Aufgrund der Feststellungen der Behörden käme lediglich die Erlassung eines Beseitigungsauftrages hinsichtlich der Haldenschüttungen von 2.500 m3 unsortiertem Bauschutt und 500 m3 Betonabbruch in Betracht, keinesfalls jedoch hinsichtlich des Erdaushubes. Es fehlten Feststellungen über die Zusammensetzung des vom Auftrag betroffenen Erdaushubs im Umfang von 30.000 m3.

Auch hinsichtlich der "Haldenschüttungen" sei die Rechtsmeinung der belangten Behörde verfehlt. Bei diesen Baurestmassen - gebrochenes, teilweise jedoch unsortiertes Material - handle es sich in technischer Hinsicht, sofern es gesiebt und gebrochen werde, nicht um Bauschutt, sondern um Recyclingmaterial, auf welches das AWG nicht anzuwenden sei. Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AWG sei nämlich von einer zulässigen Verwendung bzw. Verwertung auszugehen. Es erscheine völlig schleierhaft, hinsichtlich der Überschüttung von insgesamt 30.000 m3 einen Beseitigungsauftrag nach dem AWG zu erlassen, wenn selbst nach Ansicht der Behörden (Hinweis auf Verfahren vor dem Hauptzollamt Graz) nur 24.000 m3 Baurestmassen in den zuletzt verfüllten 90.000 m3 enthalten seien, ganz zu schweigen davon, dass diese 24.000 m3 nicht ausschließlich der Überschüttung von 30.000 m3 zuzurechnen seien, sondern sich zumindest gleichmäßig auf 90.000 m3 verteilten. Jedenfalls sei teilrechtskräftig festgestellt, dass der Anteil des reinen Erdaushubes (gemeint offensichtlich: Bauschutt) in der gegenständlichen Geländeverfüllung 30 % nicht überschreite, weshalb auch die belangte Behörde davon auszugehen hätte, dass von den 30.000 m3 der Anteil des reinen Erdaushubes den Anteil allfälliger Baurestmassen deutlich übersteige.

Die von den Behörden angeführten öffentlichen Interessen lägen nicht vor. Eine Beeinträchtigung der Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 3 AWG komme schon deshalb nicht in Betracht, weil von der Wasserrechtsbehörde bereits festgestellt worden sei, dass keine Deponie vorliege und die verfüllten Materialien nicht dem Abfallbegriff des AWG zu unterstellen seien. Vom Geltungsbereich der Deponieverordnung seien ausdrücklich zeitweilige Zwischenlagerungen ausgenommen.

Auch ein ursprünglich ohne Bewilligung durchgeführtes Projekt könne nachträglich saniert werden, sofern es wasserrechtlich bewilligungsfähig sei. Hätte der Referent die beantragte wasserrechtliche Bewilligung erteilt, wäre die Grundlage für die Erlassung des nunmehr bekämpften Beseitigungsauftrages weggefallen.

Die Verfüllung eines Geländes mit Baustoffen diene der Gewinnung der Flächen zur Förderung des Ertrages eines landwirtschaftlichen Betriebes, sohin einer eindeutigen Flächenverbesserung und Wertsteigerung; darin liege ein zulässiges, den Zielen des AWG nicht widerstreitendes und diesen vorrangiges Vorgehen.

Im Beschwerdefall könne von Abfall im subjektiven Sinne nicht die Rede sein. Insofern die belangte Behörde den objektiven Abfallbegriff "aus der Verletzung öffentlicher Interessen definieren" wolle, liege Verfassungswidrigkeit dieser Gesetzesstelle vor.

Das Bescheid erlassende Organ der belangten Behörde sei befangen im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG, da es bereits bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides mitgewirkt habe. Jedenfalls liege ein wichtiger Grund im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG vor, der die volle Unbefangenheit des Verwaltungsorganes in Zweifel ziehen lasse, weil es am Ortsaugenschein der Behörde erster Instanz teilgenommen habe.

Die belangte Behörde habe sich über den Grundsatz der Bindung an Entscheidungen anderer Behörden hinweggesetzt, weil sie unbeachtet gelassen habe, dass in bereits anhängigen Verfahren nach dem ALSAG Teilrechtskraft insoweit eingetreten sei, dass der Anteil des Bauschutts 30 % nicht übersteige und zu 70 % von einem reinen Erdaushub auszugehen sei.

Da im vorliegenden Fall von einem Abfall nicht auszugehen sei, mangle es an der Zuständigkeit der belangten Behörde sowie der Behörde erster Instanz.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass die vom beschwerdegegenständlichen Auftrag nach § 32 Abs. 1 AWG betroffenen Sachen dem objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. zuzuordnen und nicht gefährlicher Abfall sind.

Gemäß § 3 Abs. 2 AWG in der Fassung BGBl. I Nr. 151/1998 gilt dieses Bundesgesetz auch für nicht gefährliche Abfälle hinsichtlich der §§ 1, 2, 4, 5, 7 bis 10, § 11 Abs. 3, § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 3, § 14, § 17 Abs. 1a und 2, § 18 Abs. 3 und 4, § 29, §§ 32 bis 39, § 40, § 40a und § 45 Abs. 6, 7, 11 und 15 bis 17.

Der demnach grundsätzlich auch für nicht gefährliche Abfälle geltende § 32 Abs. 1 AWG hat in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 151/1998 folgenden Wortlaut:

"Werden Problemstoffe nicht gemäß § 12 gelagert oder entsorgt, werden andere Abfälle - soweit für diese Abfälle Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport in diesem Bundesgesetz vorgesehen sind - oder Altöle nicht gemäß den §§ 16 bis 18 entsorgt oder werden sie entgegen den §§ 19, 20 und §§ 28 bis 30 befördert, gelagert oder behandelt oder ist die schadlose Behandlung der Abfälle oder Altöle und des durch sie verunreinigten Bodens zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 geboten, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Dies gilt sinngemäß in den Fällen des § 37 Abs. 3 für unverzügliche Wegbringung vom Amtsplatz des Zollamtes."

Die vom beschwerdegegenständlichen Behandlungsauftrag erfassten Sachen sind keine Problemstoffe im Sinne des § 2 Abs. 6 AWG. Tatbestandsvoraussetzung für die Annahme eines Problemstoffes ist nämlich, dass es sich hiebei um gefährliche Abfälle oder Altöle, die üblicherweise in privaten Haushalten anfallen, handelt bzw. solche aller übrigen Abfallerzeuger sind, die nach Art und Menge mit privaten Haushalten vergleichbar sind. Die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides angeführten beweglichen Sachen können dieser Begriffsbestimmung nicht zugeordnet werden.

Die vom Beschwerdeführer zu entfernenden Sachen sind jedenfalls keine gefährlichen Abfälle (siehe hiezu § 2 Abs. 5 AWG im Zusammenhang mit der Festsetzungsverordnung 1997, BGBl. I Nr. 227/1997).

§ 32 Abs. 1 AWG ist auf nicht gefährliche Abfälle anzuwenden, "soweit für diese Abfälle Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport in diesem Bundesgesetz vorgesehen sind". Da § 3 Abs. 2 AWG § 32 Abs. 1 leg. cit. auch für nicht gefährliche Abfälle für anwendbar erklärt hat, ist daher ein diesbezüglicher Auftrag jedenfalls zulässig, wenn solche Abfälle entgegen § 29 AWG gelagert werden.

Gemäß § 29 Abs. 1 Z. 6 AWG bedarf die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme von Deponien für nicht gefährliche Abfälle mit einem Gesamtvolumen von mindestens 100.000 m3 einer Genehmigung des Landeshauptmannes.

Die wasserrechtliche Bewilligung der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 11. Mai 1995 erstreckt sich auf ein Gesamtschüttvolumen von ca. 96.900 m3  mit inertem Erdmaterial bzw. inerten Baustoffen (vorwiegend Aushubmaterial und Bauschutt). Nach der von den Behörden getroffenen - insoweit nicht substantiiert bekämpften - Feststellung wurde das wasserrechtlich bewilligte Gesamtschüttvolumen - teilweise auch mit nicht von der Bewilligung erfasstem Material - ausgeschöpft und eine Überschüttung von ca. 30.000 m3 mit beweglichen Sachen vorgenommen; deren Schüttmaterial entspricht nicht dem im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 11. Mai 1995 genannten Anforderungen. Für diese Ablagerung kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich hiebei um ein gewässerschädliches oder wasserrechtlich bedenkliches Material handelt.

Infolge der entgegen dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 11. Mai 1995 vorgenommenen Ablagerung über insgesamt 100.000 m3 nicht gefährlicher Abfälle hat demnach der Beschwerdeführer mangels entsprechender Bewilligung nach § 29 Abs. 1 Z. 6 AWG gegen eine im § 32 Abs. 1 leg. cit. genannte Norm verstoßen, weshalb die Behörde erster Instanz zulässigerweise mit einem Auftrag nach § 32 Abs. 1 AWG vorgehen durfte. Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es nicht mehr darauf an, wie hoch der Prozentsatz an Erdaushubmaterial ist. Auch die (vom Beschwerdeführer behauptete) wasserrechtliche Bewilligungsfähigkeit der gesetzwidrig vorgenommenen Deponierung ändert an der Rechtsmäßigkeit des Auftrages nach § 32 AWG im Beschwerdefall nichts, weil der Beschwerdeführer jedenfalls ohne Genehmigung nach § 29 Z. 6 AWG eine Deponierung vorgenommen hat; dies hat einen Auftrag nach § 32 AWG gerechtfertigt. Dass die von den Behörden angeordneten Maßnahmen nicht entsprechend im Sinne des § 32 AWG gewesen wären, wird vom Beschwerdeführer nicht näher begründet. Auch bezüglich der angeordneten Maßnahmen vermag der Verwaltungsgerichtshof bei der gegebenen Sachlage eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erkennen.

Der Entfernungsauftrag der Behörde erster Instanz bezieht sich ausdrücklich nur auf die vom Beschwerdeführer entgegen dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 11. Mai 1995 vorgenommenen Überschüttungen und die Abfälle, welche in ihrer Qualität nicht dem in diesem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid genannten "inertem Erdmaterial bzw. inerten Baustoffen" entsprechen, und trägt demnach der gesetzlichen Forderung des § 32 Abs. 1 AWG Rechnung, wonach die Bezirksverwaltungsbehörde "die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen" hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hegt auch gegen die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, wonach die vom Behandlungsauftrag betroffenen beweglichen Sachen Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 AWG sind, keine Bedenken. Nach dieser Gesetzesstelle sind Abfälle im objektiven Sinn bewegliche Sachen, deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) geboten ist.

Gemäß § 1 Abs. 3 Z. 3 AWG ist im öffentlichen Interesse die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann.

Durch die vom Beschwerdeführer entgegen dem schon mehrfach zitierten wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vorgenommene Ablagerung mit mineralischen Baurestmassen, Kunststoffen, Metallteilen, Holz und diversen Baustellenabfällen ohne die entsprechende Bewilligung nach § 29 Abs. 1 Z. 6 AWG besteht jedenfalls die Möglichkeit, dass die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann. Durch Einwirkungen auf das Grundwasser kann auch die Gefährdung der Gesundheit der Menschen nicht ausgeschlossen werden (§ 1 Abs. 3 Z. 1 AWG).

Den verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers, der objektive Abfallbegriff des AWG verstoße gegen das Determinierungsgebot und das Legalitätsprinzip des Art. 18 Abs. 1 B-VG, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Die im § 1 Abs. 3 AWG genannten öffentlichen Interessen, auf welche im § 2 Abs. 1 Z. 2 AWG (objektiver Abfallbegriff) verwiesen wird, sind nicht derart unbestimmt umschrieben, dass daraus eine Verfassungswidrigkeit abgeleitet werden könnte. Ob die Verfüllung des Geländes der Gewinnung landwirtschaftlicher Flächen dient, kann bei Überprüfung eines Auftrages nach § 32 AWG auf seine Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof nicht mitberücksichtigt werden.

Die Anwesenheit des den angefochtenen Bescheid erlassenden Organes der belangten Behörde an der von der Behörde erster Instanz durchgeführten mündlichen Verhandlung allein stellt keinen Grund dar, der geeignet wäre, seine volle Unbefangenheit gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG in Zweifel zu ziehen. Gemäß Z. 5 der vorgenannten Gesetzesstelle ist eine Befangenheit eines im Berufungsverfahren entscheidenden Organes erst gegeben, wenn es an der Erlassung des angefochtenen Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt hat.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. Februar 2001

Schlagworte

Einfluß auf die Sachentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999070209.X00

Im RIS seit

29.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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