TE OGH 2011/6/16 7Ob60/11s

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Veröffentlicht am 16.06.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers (gefährdete Partei) G***** D*****, vertreten durch Dr. Esther Hold, Rechtsanwältin in Wien, diese vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, gegen den Antragsgegner (Gegner der gefährdeten Partei) M***** B*****, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382g EO, über den Revisionsrekurs und den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. November 2010, GZ 47 R 501/10i, 502/10m-12, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 24. September 2010, GZ 11 C 1580/10p-3, teilweise abgeändert und der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 7. Oktober 2010, GZ 11 C 1580/10p-6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs und der „außerordentliche“ Revisionsrekurs werden zurückgewiesen.

Text

B e g r ü n d u n g :

Der Antragsteller war im Forum der Internetplattform www.g*****.com unter dem Benutzernamen „a*****“, der Antragsgegner war als „j*****“ registriert. Am 12. 9. und am 20. 9. 2010 veröffentlichte der Antragsgegner auf der von ihm „betriebenen“ Internetseite www.r*****.at zwei Artikel, die verschiedene Vorwürfe und persönliche Angriffe gegen den Antragsteller enthielten. Deshalb begehrte der Antragsteller, dem Antragsgegner mit einstweiliger Verfügung gemäß § 382g EO zu verbieten,

- „persönliche Daten der gefährdeten Partei weiterzugeben oder zu verbreiten oder seinen Namen zu erwähnen, insbesondere im Internet - und zwar überall im Internet, und nicht nur auf einer bestimmten Website“; - „den Namen oder den Benutzernamen ('Nick') der gefährdeten Partei 'a*****' - durch welchen eine Identifizierung der gefährdeten Partei möglich ist - auch in abgewandelter Form in irgendwelchen Berichten oder Beiträgen zu verwenden, insbesondere im Internet.“ Einige Tage später stellte der Antragsteller den „ergänzenden“ Antrag, dem Antragsgegner auch zu untersagen, „persönliche Daten - insbesondere den Namen - der Ex-Frau und des Sohnes des Antragstellers zu veröffentlichen“.

Diese Begehren entsprechen zum Teil jenen, die bereits in einem früheren Sicherungsantrag zwischen denselben Parteien wegen einer Veröffentlichung des Antragsgegners vom 13. 8. 2010 erhoben wurden (vgl 7 Ob 54/11h).

Ohne den Antragsgegner dazu anzuhören, wies das Erstgericht mit Beschluss vom 24. 9. 2010 die zunächst gestellten Begehren und mit weiterem Beschluss vom 7. 10. 2010 auch den ergänzenden Antrag des Antragstellers ab.

Das vom Antragsteller angerufene Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts vom 24. 9. 2010 dahin ab, dass es dem Antragsgegner mit einstweiliger Verfügung für die Dauer eines Jahres verbot, „insbesondere im Internet höchstpersönliche Daten und ehrenrührige Tatsachen des Privat- und Familienlebens der gefährdeten Partei weiterzugeben oder zu verbreiten“. Bezüglich der Anträge, dem Antragsgegner „darüber hinausgehend zu verbieten, den Namen der gefährdeten Partei zu erwähnen, insbesondere im Internet und nicht nur auf einer bestimmten Website sowie den Namen oder den Benutzernamen der gefährdeten Partei 'a*****' - durch welchen eine Identifizierung der gefährdeten Partei möglich ist - auch in abgewandelter Form in irgendwelchen Berichten oder Beiträgen zu verwenden, insbesondere im Internet“, bestätigte das Rekursgericht die Abweisung. Weiters bestätigte es die Abweisung des „ergänzenden“ Antrags. Es erklärte den Revisionsrekurs gegen die den erstinstanzlichen Beschluss vom 24. 9. 2010 betreffende Entscheidung für zulässig. Hingegen sei der Revisionsrekurs gegen die den Beschluss des Erstgerichts vom 7. 10. 2010 bestätigende Entscheidung nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO jedenfalls unzulässig.

Der stattgebende Teil der Rekursentscheidung blieb unangefochten.

Gegen den abweisenden Teil der den erstinstanzlichen Beschluss vom 24. 9. 2010 betreffenden Rekursentscheidung erhebt der Antragsteller Revisionsrekurs. Die Bestätigung des Beschlusses des Erstgerichts vom 7. 10. 2010 bekämpft er mit „außerordentlichem“ Revisionsrekurs.

Der Antragsgegner hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Sowohl der Revisionsrekurs als auch der „außerordentliche“ Revisionsrekurs des Antragstellers ist unzulässig.

Gemäß § 402 Abs 1 EO ist der Revisionsrekurs unter anderem dann, wenn das Verfahren einen Beschluss über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zum Gegenstand hat, nicht deshalb unzulässig, weil das Gericht zweiter Instanz die angefochtene Entscheidung zur Gänze bestätigte. Das gilt jedoch nach § 402 Abs 2 EO nicht für einen Rekurs der gefährdeten Partei gegen die Abweisung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wenn der Antragsgegner - wie hier - zu dem Antrag nicht einvernommen wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung ist daher der Revisionsrekurs gegen eine Entscheidung, mit der die Abweisung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ohne Einvernahme des Gegners der gefährdeten Partei bestätigt wurde, gemäß §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0012260). In einem solchen Fall kann auch kein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben werden (4 Ob 172/09m mwN).

Unanfechtbar ist daher auch jener - hier allein bekämpfte - Teil der Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz, mit dem die vom Erstgericht ohne Anhörung des Antragsgegners ausgesprochene Abweisung eines Teils des Sicherungsbegehrens bestätigt wurde. Das gilt nur dann nicht, wenn der bestätigende und der abändernde Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses - bei richtiger rechtlicher Beurteilung - in einem unlösbaren Sachzusammenhang stehen, sodass die Zulässigkeit deren Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann (RIS-Justiz RS0107345). Letztere Voraussetzung ist regelmäßig dann nicht erfüllt, wenn jeder der geltend gemachten Sicherungsansprüche ein gesondertes rechtliches Schicksal haben kann (RIS-Justiz RS0107345 [T2]; 2 Ob 181/08v mwN; 4 Ob 54/09h ua).

Gerade davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Können doch die generell formulierte, rechtskräftig bewilligte einstweilige Verfügung und der übrige (auch in zweiter Instanz nicht bewilligte) Teil des Sicherungsantrags und insbesondere auch der sich auf den Namen der geschiedenen Ehefrau und des Sohnes beziehende Ergänzungsantrag jeweils ein eigenes Schicksal haben, das für den Erfolg oder Misserfolg der anderen Sicherungsbegehren nicht maßgebend ist: Das erlassene Verbot und die erfolglos begehrten Verbote, hinsichtlich derer teils als zu weit gehend, teils mangels eigener Betroffenheit (Daten und Name der „Ex-Frau“), teils mangels Gefahrenbescheinigung (Daten und Name des Sohnes) abgewiesen wurde, bedingen einander nicht, sondern können losgelöst voneinander beurteilt werden.

Ein unlösbarer Zusammenhang zwischen dem stattgebenden und dem die Abweisung bestätigenden Teil der Rekursentscheidung, der erforderlich wäre, um bei teilweiser Abänderung und teilweiser Bestätigung der Abweisung eines Sicherungsantrags die Anfechtbarkeit auch des bestätigenden Beschlussteils zu begründen, besteht somit nicht.

Gemäß den §§ 78 und 402 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO sind der Revisionsrekurs und der „außerordentliche“ Revisionsrekurs des Antragstellers demnach jedenfalls unzulässig. Beide Rechtsmittel sind daher zurückzuweisen.

Schlagworte

Exekutionsrecht

Textnummer

E97809

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0070OB00060.11S.0616.000

Im RIS seit

13.08.2011

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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