Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. M***** F*****, 2. I***** B*****, 3. M***** B*****, 4. W***** B*****, 5. A***** B*****, 6. E***** S*****, 7. N***** B*****, 8. M***** M*****, alle vertreten durch Hule Bachmayr-Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegner 1. I*****-Privatstiftung, *****, 2. Dr. J***** K*****, 3. Dr. M***** K*****, alle vertreten durch Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte GmbH in Zell am See, sowie 4. Ing. F***** P*****, vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg, Mag. Florian Haslwanter und Dr. Clemens Grünzweig, Rechtsanwälte in Wien, über die Revisionsrekurse der Antragsgegner gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 14. Februar 2011, GZ 6 R 10/11z-14, womit der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 7. Dezember 2010, GZ 24 Fr 7938/10m-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.
Der Viertantragsgegner ist schuldig, den Antragstellern die mit 3.086,36 EUR (darin 514,39 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Die Erst- bis Drittantragsgegner sind schuldig, den Antragstellern jeweils ein Sechstel der mit 3.086,36 EUR (darin 514,39 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Im Übrigen haben die Antragsteller die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung gegen den Revisionsrekurs der Erst- bis Drittantragsgegner vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Im Firmenbuch des Landesgerichts Salzburg ist zu FN ***** die I*****-Privatstiftung eingetragen. Die entscheidungsrelevanten Bestimmungen der Stiftungsurkunde in der Fassung des Nachtrags vom 8. November 1993 lauten:
III.
Stiftungszweck
Die I*****-Privatstiftung hat den nachstehenden erlaubten, vom Stifter bestimmten Zweck:
Nutzung, Verwaltung und Verwertung (§ 1 Privatstiftungsgesetz) des bestehenden Vermögens, insbesondere die Erwirtschaftung von Erträgen, mittels deren Zuwendungen an den Stifter selbst, seine Ehegattin, sowie direkte Nachkommen des Stifters erfolgen sollen.
Die Festlegung der Zuwendungen erfolgt durch den Stiftungsvorstand, soweit nicht in der Privatstiftungsurkunde sowie in der zulässigerweise errichteten Stiftungszusatzurkunde eine genaue Festlegung erfolgt ist.
V.
Begünstigte sind:
a) der Stifter, Ing. G***** B*****;
b) dessen Ehegattin, A***** B*****;
c) deren Kinder bzw Enkelkinder bzw direkte Nachkommen.
VI.
(…)
Die Stiftung wird vertreten durch den Stiftungsvorstand.
Der Stiftungsvorstand besteht aus drei Personen.
Mit dieser Stiftungserklärung werden
Ing. F***** P*****,
Dr. J***** K*****, und
Dr. M***** K*****,
zu Stiftungsvorständen bestellt.
Die Bestellung erfolgt auf unbestimmte Zeit.
Für den Fall, als einer der bestellten Stiftungsvorstände die Tätigkeit nicht mehr ausüben kann oder will (spätestens nach Vollendung des 80. Lebensjahres), bestellen die verbliebenen Vorstände ein Ersatzmitglied, in Entsprechung der Bestimmungen der Privatstiftungsurkunde.
Die Antragsteller sind Begünstigte der Privatstiftung. Die Antragsteller begehrten am 15. Oktober 2010, der Privatstiftung bei sonstiger Exekution aufzutragen:
a) ihnen Auskunft zu folgenden Angelegenheiten zu erteilen:
(i) Über konkret welchen Liegenschaftsbesitz verfügt die Privatstiftung derzeit? In der Bilanz zum 31. Dezember 2008 wird an Liegenschaftsbesitz das Grundstück EZ ***** Katastralgemeinde ***** genannt. Gibt es darüber hinaus noch Liegenschaftsbesitz? Wenn ja, welchen?
(ii) Hat die Stiftung hinsichtlich des bestehenden Liegenschaftsbesitzes Nutzungsrechte (Miete, Pacht, etc) an Dritte eingeräumt oder sonstige Belastungen (Baurecht, Fruchtgenuss, Pfandrechte, Vorkaufsrechte, etc) zu Gunsten Dritter begründet? Wenn ja, zu welchen Konditionen und an wen?
(iii) Was ist unter den in der Bilanz zum 31. Dezember 2008 genannten „übrigen Grundstücken“ zu verstehen? Wie setzt sich der in der Bilanz zum 31. Dezember 2008 für diese angegebene Wert von 83.143,41 EUR zusammen?
(iv) Um konkret welche land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke handelt es sich, welche in der Bilanz zum 31. Dezember 2008 genannt werden? Wie setzt sich der Bilanzwert von 12.968,03 EUR zusammen?
(v) Welche der in der Stiftungsurkunde in Z I.1. genannten Liegenschaften wurden wann an wen zu welchen Konditionen veräußert?
(vi) Hat die Stiftung jemals Liegenschaften, aus welchem Rechtstitel auch immer, erworben (Kauf, Tausch, Schenkung, Widmungen etc)? Wenn ja: Wann wurden welche Liegenschaften zu welchen Konditionen erworben?
(vii) Konkret welche Grundstücke wurden im Jahr 2007 zu einem Preis von 232.750 EUR verkauft? An wen wurden diese verkauft?
(viii) Wurden in Zusammenhang mit der Veräußerung von Liegenschaften (welcher auch immer) externe Berater (zB Rechtsanwalt, Makler etc) mandatiert? Wenn ja, wer wurde damit zu welchen Konditionen mandatiert? Welche Kosten sind dabei für die Stiftung angefallen?
(ix) Bei Errichtung der Stiftung im Jahr 1993 wurde dieser ein Bar- und Wertpapiervermögen von umgerechnet 1.282.883,95 EUR (= 17.652.867,99 ATS) gewidmet. Wie wurde dieses Vermögen veranlagt?
(x) Nach welchen generellen Kriterien erfolgt und erfolgte die Veranlagung? Gibt oder gab es Veranlagungsrichtlinien?
(xi) Wurden mit der Veranlagung, dem Kauf/Verkauf oder der Vermittlung von Wertpapieren externe Berater, wie zB Vermögensberater, Banken etc mandatiert? Wenn ja, wer wurde damit zu welchen Konditionen mandatiert? Welche Kosten sind dabei für die Stiftung angefallen?
(xii) Wurden folgende Wertpapiere: 6,75 % Ford Motor Kredit MTN, 5,625 % Altria Finance und 4,75 % Koninklijke KPN NV 98-08 mit Gewinn oder Verlust verkauft? Wer hat die Anschaffung jener Wertpapiere empfohlen? Sofern ein Dritter mit der Anschaffung der Vermittlung jener Wertpapiere beauftragt war, wer war dies und wie sah die Vergütung dafür aus?
(xiii) Um konkret welche Wertpapiere handelt es sich bei jenen, welche sich im Bestand der Stiftung befinden?
(xiv) Welche Zuwendungen sind bislang an Begünstigte insgesamt erfolgt? Wie verteilen sich die Zuwendungen konkret auf die einzelnen Begünstigten? Nach welchen Kriterien erfolgen Zuwendungen?
(xv) Auf konkret welcher Rechtsgrundlage erfolgte die Übertragung des Faistauer-Bildes an die Stiftung? Welche Kosten/Einnahmen sind mit der Überlassung des Bildes an das Museum Carolino-Augusteum verbunden?
(xvi) Welche Maßnahmen wurden im Hinblick auf das Bauvorhaben am südlichen Teil des Grundstücks H*****gasse bereits gesetzt? Wird die Stiftung in diesem Zusammenhang Liegenschaften oder Teile hievon verkaufen oder Dritten Rechte einräumen bzw ist Derartiges bereits erfolgt? Wenn ja, an wen zu welchen Konditionen? Welche Erlöse oder Aufwendungen sind für die Stiftung damit verbunden? Welche Beeinträchtigungen sind mit dem Bauvorhaben für das am Grundstück errichtete Wohnhaus verbunden, an welchem die Begünstigten ein Wohnrecht besitzen?
b) ihnen Einsicht in alle Unterlagen seit Errichtung der Stiftung im Jahr 1993, welche die zu lit a begehrten Auskünfte betreffen, insbesondere Einsicht in folgende Unterlagen zu gewähren und auf deren Kosten die Anfertigung von Kopien zu dulden:
(i) Alle Verträge über die Einräumung von Nutzungsrechten jedweder Art (Miete, Pacht, etc) an Dritte oder die Begründung von Belastungen jedweder Art (zB Baurecht, Fruchtgenuss, Pfandrechte, Vorkaufsrechte etc) zu Gunsten Dritter samt allfälliger Nebenvereinbarungen hinsichtlich des Liegenschaftsbesitzes.
(ii) Alle Verträge über die Veräußerung von Liegenschaften oder Teilen hievon sowie die Einräumung dinglicher Rechte daran samt allfälliger Nebenvereinbarungen, insbesondere über den Verkauf von Grundstücken im Jahre 2007 zu einem Preis von 232.750 EUR.
(iii) Alle Verträge über den Erwerb von Liegenschaften oder Teilen hievon sowie der Erwerb dinglicher Rechte daran samt allfälligen Nebenvereinbarungen.
(iv) Alle Verträge mit externen Beratern (zB Rechtsanwalt, Makler etc).
(v) Belege über alle Wertpapiertransaktionen (Ankauf und Verkauf).
(vi) Kontobelege über alle bei Banken geführten Stiftungskonten.
(vii) Veranlagungsrichtlinien.
(viii) Vereinbarungen betreffend das Faistauer-Bild.
Die Antragsteller beantragen weiters, die Vorstände Ing. F***** P*****, Dr. J***** K***** und Dr. M***** K***** mit sofortiger Wirkung von Amts wegen abzuberufen und anstelle der abberufenen Vorstände von Amts wegen drei neue Vorstandsmitglieder zu bestellen.
Sie brachten vor, sie hätten in den vergangenen Jahren mehrfach und unabhängig voneinander versucht, vom Stiftungsvorstand Auskünfte zu erhalten. Sie seien in der Regel auf den Jahresabschluss verwiesen worden. Die Rechtsvertreter der Antragsteller hätten mit Schreiben vom 11. Jänner 2010 den Stiftungsvorstand aufgefordert, zu 18 detailliert aufgelisteten, im Zusammenhang mit der Erreichung des Stiftungszwecks stehenden Fragen Auskünfte zu erteilen und Einsicht in alle relevanten Unterlagen zu gewähren. Der Vorstand habe die Auskunft unter Hinweis darauf, dass das Ansuchen zu umfangreich sei, verweigert und erklärt, dass viele Fragen bereits beantwortet bzw aus den Jahresabschlüssen ablesbar seien. Die Antragsteller hätten ihr Ansuchen mit Schreiben vom 3. Februar 2010, 8. Februar 2010, 15. Februar 2010 und 20. Juli 2010 jeweils ergebnislos wiederholt.
Die anhaltende Verweigerung des Auskunfts- und Einsichtsrechts rechtfertige die Abberufung der Vorstandsmitglieder wegen grober Pflichtwidrigkeit. In Ansehung des Dr. J***** K***** rechtfertige auch die nach Vollendung des 80. Lebensjahres am 1. November 2009 unterbliebene Niederlegung des Vorstandsmandats die Abberufung. Der Vorstand habe es überdies unterlassen, gemäß § 18 PSG iVm § 222 UGB bis 31. Mai 2010 den Jahresabschluss sowie den Lagebericht zu erstellen und gemäß § 21 Abs 2 PSG bis 31. August 2010 vom Stiftungsprüfer prüfen zu lassen. Die organinterne Kontrolle sei nicht gewährleistet.
Die Privatstiftung sprach sich gegen diese Anträge aus.
In der Folge erklärten die Antragsteller, dass dem Auskunftsbegehren hinsichtlich der Punkte VIII, XI und XIV entsprochen worden sei.
Das Erstgericht gab dem Auskunftsbegehren hinsichtlich der übrigen Punkte und dem Einsichtsbegehren statt. Außerdem berief es die Vorstandsmitglieder Ing. F***** P*****, Dr. J***** K***** und Dr. M***** K***** ab. Die Antragsteller hätten den Stiftungsvorstand mit Schreiben vom 11. Jänner 2010 um Auskunftserteilung und Einsichtsgewährung ersucht. Dieses Begehren sei mit Schreiben vom 3. Februar 2010, 8. Februar 2010, 15. Februar 2010 und 20. Juli 2010 wiederholt worden. Die Privatstiftung sei dem Auskunfts- und Einsichtsbegehren über neun Monate nicht nachgekommen. Die Nichterteilung von Auskünften an die Begünstigten nach § 30 PSG trotz mehrfacher Aufforderung stelle eine grobe Pflichtverletzung iSd § 27 Abs 2 Z 1 PSG dar.
Die Verletzung des letzten Absatzes des Punktes VI der Stiftungsurkunde stelle eine weitere grobe Pflichtverletzung dar.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung des § 30 Abs 2 PSG sei der darin enthaltene Verweis, wonach für das Verfahren die §§ 385 bis 389 ZPO sinngemäß gelten, dahin zu verstehen, dass sich dieser nur auf die Form der Beweisaufnahme beziehe, und der Beschluss über die Bewilligung der Bucheinsicht gemäß § 45 AußStrG mit Rekurs angefochten werden könne.
Hinsichtlich des Einsichts- und Auskunftsbegehrens billigte das Rekursgericht die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Eine offensichtliche Rechtsmissbräuchlichkeit des Auskunfts- und Einsichtnahmebegehrens sei nicht zu erkennen. Die mehrfache Nichtbefolgung des Einsichts- und Auskunftsbegehrens sowie der Verstoß gegen Punkt VI. letzter Absatz der Stiftungserklärung, wonach spätestens mit Vollendung des 80. Lebensjahres ein Vorstandsmitglied seine Funktion niederzulegen habe und die verbleibenden Vorstandsmitglieder ein Ersatzmitglied zu bestellen hätten, stellten eine Pflichtverletzung iSd § 27 Abs 2 PSG dar.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Anfechtbarkeit von Beschlüssen, mit denen ein Auskunftsanspruch nach § 30 PSG bejaht wird, sowie zu den erörterten Fragen des Inhalts des Auskunftsanspruchs nach § 30 PSG vorliege.
Mit ihren Revisionsrekursen fechten die Erst- bis Drittantragsgegner diese Entscheidung zur Gänze, der Viertantragsgegner nur hinsichtlich seiner eigenen Abberufung an.
Rechtliche Beurteilung
Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Die Revisionsrekurse sind teilweise unstatthaft, teilweise entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig:
1.1. Vorweg ist darauf zu verweisen, dass im Verfahren über das Begehren auf Auskunftserteilung und Einsichtsgewährung nur den Antragstellern und der Privatstiftung, nicht aber den Vorstandsmitgliedern ad personam Parteistellung zukommt (Arnold, PSG² § 30 Rz 14). Soweit der Zweit- und Drittantragsgegner den Beschluss des Rekursgerichts auch insoweit anfechten, fehlt ihnen dafür die Legitimation. Insoweit war ihr Revisionsrekurs daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen.
1.2. Anderes gilt für das Begehren auf Abberufung. Hier kommt auch anderen Organmitgliedern Parteistellung zu, weil diese nicht dem Schutz von Individualinteressen, sondern dem Ausgleich eines bei der Privatstiftung bestehenden strukturellen Kontrolldefizits dient (6 Ob 195/10x). Daher können die Vorstandsmitglieder nicht nur die Bestätigung ihrer eigenen Abberufung, sondern auch diejenige der anderen Vorstandsmitglieder bekämpfen. Auch der Privatstiftung kommt nicht nur im Verfahren über das Begehren auf Auskunftserteilung und Einsichtsgewährung, sondern auch im Verfahren über die Abberufung von Stiftungsorganen Parteistellung zu (Arnold, PSG² § 27 Rz 28).
2.1. Hinsichtlich der Entscheidung über das Begehren auf Auskunftserteilung und Einsichtsgewährung, gegen die nach dem Gesagten neben den Antragstellern nur der Privatstiftung selbst Rekurslegitimation zukommt, ist der Revisionsrekurs unstatthaft: Nach § 30 Abs 2 PSG kann, wenn die Privatstiftung dem Begehren auf Erteilung von Auskünften und Einsichtnahme nicht nachkommt, das Gericht auf Antrag des Begünstigten die Einsicht, gegebenenfalls durch einen Buchsachverständigen, anordnen. Für das Verfahren gelten die §§ 385 bis 389 ZPO sinngemäß. Nach § 386 Abs 4 ZPO kann der Beschluss, welcher einem Beweissicherungsantrag stattgibt, durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden.
2.2. Nach den Gesetzesmaterialien (1132 BlgNR 18. GP 31) zu § 30 PSG führt die in § 30 Abs 2 PSG vorgesehene entsprechende Anwendung des § 386 Abs 4 ZPO zu einer Rechtsmittelbeschränkung: Demnach können stattgebende Beschlüsse durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden. Mit dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Bewilligung von Beweissicherungsmaßnahmen in höherer Instanz nicht überprüfbar ist und dass er dem Beweissicherungsgegner kein Rechtschutzinteresse an der Abwehr einer solchen Maßnahme zuerkennt (8 Ob 648/89; 7 Ob 120/03b = SZ 2003/64).
2.3. Demgemäß entspricht es auch der überwiegenden Auffassung im Schrifttum, dass antragsstattgebende Entscheidungen nach § 30 Abs 2 PSG nicht angefochten werden können (Löffler in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG § 30 Rz 9; Cerha/Eiselsberg/Kirschner/Knirsch PSG 72).
2.4. Demgegenüber vertritt Arnold (in PSG² § 30 Rz 14) die Auffassung, der Verweis des § 30 Abs 2 PSG wäre insoweit einschränkend zu lesen, als es sich nicht auf § 386 Abs 4 ZPO beziehe. Dieses Ergebnis werde dadurch erhärtet, dass sich eine derartige Einschränkung bei der Durchsetzung eines Auskunfts- bzw Einsichtsrechts eines Gesellschafters nicht finde, obwohl auch diese Ansprüche im außerstreitigen Verfahren durchzusetzen seien. Eine ähnliche Auffassung vertritt auch Hofmann (Der Auskunftsanspruch des Begünstigten einer Privatstiftung, GesRZ 2006, 17). Eine verfassungskonforme Interpretation gebiete es, zwischen Entscheidungen über Durchführungsschritte und solchen über die Zulässigkeit des Einsichtsanspruchs zu unterscheiden und letztere vom Rechtsmittelausschluss auszunehmen.
2.5. Das Oberlandesgericht Wien hat die Frage der Geltung des Rechtsmittelausschlusses im Verfahren nach § 30 Abs 1 PSG ausdrücklich offen gelassen (28 R 228/04m = NZ 2005/V3, 159).
Das Oberlandesgericht Linz hat sich in einer Entscheidung (6 R 138/08v = ZFS 2009, 94) der Auffassung Arnolds und Hofmanns angeschlossen.
2.6. Nach Ansicht des erkennenden Senats verstößt die von Arnold und Hofmann vertretene einschränkende Auslegung des in § 30 Abs 2 PSG statuierten Rechtsmittelausschlusses gegen den klaren und eindeutigen Willen des historischen Gesetzgebers (1132 BlgNR 18. GP 31).
2.7. Gegen einen Rechtsmittelausschluss bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigt Art 6 MRK keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsmittelbeschränkungen. Nach Art 6 Abs 1 erster Satz MRK hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich gehört wird, und zwar von einem unabhängigen, auf dem Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden hat. Unter der Voraussetzung, dass der Zugang zu den Gerichten gewahrt ist, bleibt die weitere Ausgestaltung der Gerichtsbarkeit dem Ermessen der Staaten überlassen. Das Recht auf Zugang zu den Gerichten gewährt kein Recht auf einen Instanzenzug oder - wo ein solcher besteht - auf Gerichtsbarkeit in allen Instanzen; es gewährt keinen Zugang zu einem Höchstgericht (SZ 64/1 = JBl 1991, 597 mwN; 4 Ob 80/95; 6 Ob 44/99k ua).
2.8. Der Grund für den Rechtsmittelausschluss des § 386 Abs 4 ZPO ist der Provisorialcharakter des Beweissicherungsverfahrens (8 Ob 61/00d; 7 Ob 120/03b SZ 2003/64; Rassi in Fasching/Konecny² § 386 ZPO Rz 8). Der Oberste Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diesen Rechtsmittelausschluss (vgl 8 Ob 61/00d; 7 Ob 120/03b SZ 2003/64). Da gemäß § 388 Abs 3 ZPO die Kosten der Beweisaufnahme zunächst jedenfalls von der antragstellenden Partei zu bestreiten sind und dem Antragsgegner die notwendigen Kosten seiner Beteiligung am Beweissicherungsverfahren jedenfalls, unbeschadet der Entscheidung in der Hauptsache, ersetzt werden müssen, kann der Antragsgegner auch dadurch keinen (vermögensrechtlichen) Schaden erleiden (8 Ob 61/00d; 7 Ob 120/03b SZ 2003/64).
2.9. Dass der Gesetzgeber im Gesellschaftsrecht die Frage der Anfechtbarkeit abweichend geregelt hat, lässt keine zwingenden Rückschlüsse auf das Stiftungsrecht zu. Vielmehr führt der Verweis des § 30 PSG auf § 386 Abs 4 ZPO zur allgemeinen Regel der ZPO zurück. Hintergrund des § 30 PSG ist das besondere, sich bei der Privatstiftung aus dem Fehlen von Eigentümern ergebende Kontrolldefizit. Nach den Gesetzesmaterialien (1132 BlgNR 18. GP 31) ist der Auskunftsanspruch des Begünstigten ein weiteres Kontrollinstrument. Wenn der Gesetzgeber vor diesem Hintergrund die Durchsetzung des Auskunfts- und Einsichtsrechts und damit die Transparenz der Privatstiftung dadurch begünstigt, dass stattgebende Entscheidungen keinem weiteren Rechtszug unterliegen, so ist dies aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, zumal durch die Kostentragungsregelung des § 388 Abs 3 ZPO iVm § 30 Abs 2 PSG gewährleistet ist, dass der Privatstiftung durch ungerechtfertigte Begehren kostenmäßig kein Nachteil entsteht.
2.10. Schon das geschilderte strukturelle Kontrolldefizit bei Privatstiftungen rechtfertigt es, wenn der Gesetzgeber die Anfechtbarkeit von die Einsichtgewährung bzw Auskunftserteilung anordnenden Beschlüssen abweichend vom Gesellschaftsrecht regelt. Im Übrigen ist auch im Gesellschaftsrecht ein Beschluss, der die Einsichtsgewährung anordnet, keineswegs stets anfechtbar. Dies hängt vielmehr von der konkret vorgesehenen Form der Durchsetzung dieses Anspruchs ab. So hat der Oberste Gerichtshof etwa in einem Rechtsstreit mit einem stillen Gesellschafter ausgesprochen, dass ein Auftrag zur Vorlegung der Handelsbücher nach §§ 45, 46 HGB (nunmehr §§ 45, 46 UGB) nach den Bestimmungen der §§ 303 bis 307 ZPO ergeht und daher der Rechtsmittelbeschränkung des § 319 Abs 2 ZPO unterliegt (4 Ob 525/87).
2.11. Aufgrund des in § 386 Abs 4 ZPO iVm § 30 Abs 2 PSG normierten Rechtsmittelausschlusses ist dem Obersten Gerichtshof daher eine Überprüfung des Umfangs der bewilligten Einsicht verwehrt. Insoweit erweist sich der Revisionsrekurs gegen die die Bewilligung der Beweissicherung bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts als unstatthaft.
3.1. Nach § 27 Abs 2 PSG hat das Gericht ein Mitglied eines Stiftungsorgans auf Antrag oder von Amts wegen abzuberufen, wenn dies die Stiftungserklärung vorsieht oder sonst ein wichtiger Grund vorliegt. Als wichtiger Grund gilt insbesondere eine grobe Pflichtverletzung, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mitglieds, die Abweisung eines solchen Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens sowie die mehrfache erfolglose Exekution in dessen Vermögen.
3.2. Ob eine Pflichtverletzung vorliegt und ob diese grob ist, ist regelmäßig anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen (6 Ob 233/09x). Aufgrund der regelmäßigen Einzelfallbezogenheit dieser Prüfung liegt darin in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG.
3.3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass mit Rücksicht auf die bei der Privatstiftung fehlenden Kontrollmechanismen den Anforderungen für die Abberufung kein strenger Maßstab zugrunde zu legen ist. Die Verselbständigung des Vermögens, die fehlende Kontrolle durch Eigentümer und das Nichtvorhandensein von Gesellschaftern erfordern - sowohl im öffentlichen Interesse als auch im Interesse der Stiftung selbst - eine funktionsfähige Organisation und deren effiziente Kontrolle, um die Gefahr von Missbrauch oder Schädigung durch den Verwalter des Vermögens hintanzuhalten und um die Erfüllung des Stifterwillens zu gewährleisten (6 Ob 278/00a = SZ 73/196).
3.4. Es entspricht völlig einhelliger Auffassung im Schrifttum, dass ein Verstoß gegen die dem Stiftungsvorstand nach § 30 Abs 1 PSG obliegenden Verpflichtungen eine grobe Pflichtverletzung iSd § 27 Abs 2 Z 1 PSG bilden kann, die zur Abberufung des die Mitwirkung zu Unrecht verweigernden Organmitglieds führen kann (Knirsch, ecolex 1993, 729 [731], Arnold, PSG² § 30 Rz 8 und 16). Wenn die Vorinstanzen in der insgesamt neunmonatigen Verweigerung der Auskunftserteilung und Einsichtsgewährung und in der Weigerung, entgegen Punkt VI. der Stiftungsurkunde bei Erreichen des 80. Lebensjahres das Vorstandsmandat niederzulegen und für eine Ergänzung des Vorstands zu sorgen, wodurch die Vorstandsmitglieder mehr als ein Jahr lang den in der Stiftungserklärung dokumentierten Willen des Stifters beharrlich verletzt haben, einen Abberufungsgrund iSd § 27 Abs 2 PSG erblickten, so ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.
4.1. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 78 AußStrG und § 388 Abs 3 ZPO iVm § 30 Abs 2 PSG. Dabei ist zwischen den Kosten des Verfahrens über den Antrag auf Abberufung des Stiftungsvorstands und denjenigen über den Antrag auf Auskunftserteilung bzw Einsichtsgewährung zu unterscheiden.
4.2. Der Kostenersatz im Verfahren über die Abberufung richtet sich ausschließlich nach § 78 AußStrG. Der Revisionsrekurs des Viertantragsgegners wendete sich ausschließlich gegen seine Abberufung. Insoweit steht daher den Antragstellern ein Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung zu.
4.3. Hingegen richtet sich der Revisionsrekurs der Erst- bis Drittantragsgegner sowohl gegen die Abberufung des Vorstands als auch gegen die Bewilligung der Einsichtsgewährung und Auskunftserteilung. Insoweit war davon auszugehen, dass der Verfahrensaufwand jeweils zur Hälfte den beiden Begehren zuzurechnen ist. Daher haben die Antragsteller nach § 78 AußStrG Anspruch auf Ersatz der Hälfte ihrer Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses der Erst- bis Drittantragsgegner. Hierbei war mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine solidarische Haftung (vgl 6 Ob 64/06i) die Ersatzverpflichtung nach Kopfteilen aufzuteilen. Dies führt dazu, dass die Erst- bis Drittantragsgegner den Antragstellern jeweils ein Sechstel der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen haben.
4.4. Anderes gilt für die Kosten des Verfahrens über den Antrag auf Auskunftserteilung und Einsichtsgewährung. Hier verweist § 30 Abs 2 PSG auf die Bestimmungen über die Beweissicherung. Dieser Verweis umfasst auch die Kostenregelung des § 388 Abs 3 ZPO. Dass dies auch tatsächlich der Absicht des Gesetzgebers entsprach, ergibt sich aus den Materialien (1132 BlgNR 18. GP 31). Nach § 388 Abs 3 ZPO werden die Kosten der Beweisaufnahme von der antragstellenden Partei bestritten. Für einen sofortigen Kostenzuspruch an die Antragsteller ist daher insoweit kein Raum. Dies gilt nicht nur für die Kosten der eigentlichen Beweissicherung, sondern auch die Kosten des Antrags und eines Rechtsmittelverfahrens (GlUNF 3535; Rassi in Fasching/Konecny² § 388 ZPO Rz 7 mwN). Dabei handelt es sich gleichfalls um Kosten des Beweissicherungsverfahrens, deren Ersatz grundsätzlich nur als Teil der Prozesskosten des Hauptprozesses verlangt werden kann, weil der Kostenersatzanspruch insofern akzessorisch ist (RIS-Justiz RS0036022).
4.5. Entgegen der Auffassung von Arnold (PSG² § 30 Rz 13) und Hofmann (GesRZ 2006, 17 [30]) besteht für eine teleologische Reduktion des in § 30 Abs 2 PSG enthaltenen Verweises keine Veranlassung. Nach diesen Autoren soll der Normzweck des Verweises auf § 388 Abs 3 ZPO mit dem Inkrafttreten des neuen AußStrG, welches ohnedies einen Kostenersatz vorsieht, weggefallen sein.
4.6. Dieser Auffassung kann jedoch nicht beigetreten werden. Dazu kommt, dass in anderen Bestimmungen des PSG durchaus ausdrückliche, vom Kostenersatzrecht des AußStrG abweichende Kostentragungsregeln vorgesehen sind (vgl § 31 Abs 3 PSG). Auch in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich stellt § 388 Abs 3 ZPO eine Ausnahme dar, sieht doch die ZPO im Regelfall einen Kostenersatzanspruch der obsiegenden Partei vor.
4.7. Für die Beibehaltung dieser allgemeinen Regel auch im Stiftungsrecht spricht, dass der Gesetzgeber das Verfahren nach § 30 PSG den Bestimmungen über die Beweissicherung unterworfen hat. Mit dem Beweissicherungsverfahren nach der ZPO hat das Verfahren nach § 30 PSG den vorläufigen Charakter des Verfahrens, die eingeschränkte Beurteilungsgrundlage und die eingeschränkte Anfechtbarkeit gemeinsam. In Anbetracht dieser Besonderheiten des Verfahrens erweist sich die Kostentragungsregel des § 388 Abs 3 ZPO als durchaus sachgerecht, wird doch damit - im Sinne des Anliegens des historischen Gesetzgebers - vermieden, dass die Privatstiftung aufgrund einer auf bloßen Bescheinigungsergebnissen beruhenden und nicht anfechtbaren Entscheidung endgültig mit Kosten belastet wird.
4.8. Daher sind die Kosten des Verfahrens, soweit es den Antrag auf Auskunftserteilung und Einsichtsgewährung betrifft, nach § 388 Abs 3 ZPO zu beurteilen. Insoweit war auszusprechen, dass die Revisionsrekurswerber die Hälfte der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung gegen den Revisionsrekurs des Erst- bis Drittantragsgegners, in der zutreffend auf die Unzulässigkeit der Revisionsrekurse hingewiesen wurde, vorläufig selbst zu tragen haben.
Schlagworte
Gruppe: Handelsrecht,Gesellschaftsrecht,WertpapierrechtTextnummer
E97618European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0060OB00082.11V.0616.000Im RIS seit
05.07.2011Zuletzt aktualisiert am
18.09.2013