TE OGH 2011/6/29 7Ob89/11f

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Veröffentlicht am 29.06.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. KR E***** K*****, und 2. S***** K*****, beide *****, beide vertreten durch Proksch & Fritzsche, Frank, Fletzberger, Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Mag. Heribert Donnerbauer, Rechtsanwalt in Retz, wegen Feststellung, über den Rekurs (richtig Revisionsrekurs) der Kläger gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Berufungs- und Rekursgericht vom 4. Jänner 2011, GZ 21 R 387/10z-27, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hollabrunn vom 29. September 2010, GZ 5 C 12/10g-21, als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Berufungs- und Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, den angefochtenen Beschluss durch die Aussprüche zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, bejahendenfalls ob er 30.000 EUR übersteigt und ob der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist oder nicht.

Text

Begründung:

Die Kläger begehren die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit ihres Ausschlusses aus dem beklagten Verein.

Der Beklagte wendete Unzulässigkeit des Rechtswegs ein. Im Übrigen sei der Ausschluss rechtsgültig erfolgt.

Das Erstgericht wies die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs mit gesondertem Beschluss ab und gab dem Klagebegehren statt.

Das vom Beklagten angerufene Berufungs- und Rekursgericht erklärte das Ersturteil und das vorangegangene Verfahren für nichtig und wies die Klage zurück. Die Kläger hätten das (gemäß § 8 Abs 1 VerG) in § 14 der Satzungen des Beklagten vorgesehene Schiedsgericht verspätet angerufen und daher den vereinsinternen Instanzenzug nicht ausgeschöpft, weshalb der Rechtsweg unzulässig sei.

Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich der Rekurs (richtig Revisionsrekurs) der Kläger, die die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Wiederherstellung des Ersturteils anstreben.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat weder eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands vorgenommen noch ausgesprochen, ob gegen seine Entscheidung ein Rechtsmittel zulässig sei. Es vertrat die Ansicht, es bedürfe keines Ausspruchs über die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen seine Entscheidung; offenbar ging es davon aus, dass gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO gegen seinen Beschluss jedenfalls Rekurs erhoben werden könne.

Ein Vollrekurs nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO kommt nach nunmehr ständiger Rechtsprechung allerdings nur dann in Betracht, wenn sich das Gericht zweiter Instanz mit dem zur Klagszurückweisung führenden Nichtigkeitsgrund erstmals auseinandergesetzt hat. War das behauptete Prozesshindernis hingegen - wie hier - bereits Gegenstand einer erstinstanzlichen Entscheidung, so unterliegt ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof den Beschränkungen des § 528 ZPO (RIS-Justiz RS0116348). Das insofern funktionell als Rekursgericht tätig werdende (vgl etwa 5 Ob 275/08i) Gericht zweiter Instanz hätte daher den nicht in einem Geldbetrag bestehenden Entscheidungsgegenstand nach §§ 526 Abs 3 iVm 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu bewerten und nach §§ 526 Abs 3 iVm 500 Abs 2 Z 3 ZPO auszusprechen gehabt, ob der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig ist oder nicht. Zwar ist der Oberste Gerichtshof an den Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht gebunden, weshalb es keiner Aktenrückstellung allein zu seiner Nachholung bedarf, wenn der Oberste Gerichtshof das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO ohnehin bejaht (RIS-Justiz RS0123384; RS0119067). An den Bewertungsausspruch des Rekursgerichts ist der Oberste Gerichtshof aber grundsätzlich gebunden (RIS-Justiz RS0042410; RS0042385), sofern nicht zwingende Bewertungsvorschriften verletzt wurden (RIS-Justiz RS0042437; RS0042450).

Sollte das Berufungsgericht im vorliegenden Fall aussprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR nicht übersteigt, wäre der Revisionsrekurs der Kläger jedenfalls unzulässig. Bei einem 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigenden Entscheidungsgegenstand wäre die Zulässigkeit des Revisionsrekurses gemäß § 508 Abs 3 bis 5 iVm § 528 Abs 2a ZPO vom Rekursgericht endgültig zu beurteilen. Im Fall eines 30.000 EUR übersteigenden Entscheidungsgegenstands wäre ein außerordentlicher Revisionsrekurs möglich.

Um die funktionelle Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zu klären, hat das Berufungsgericht den Bewertungs- und den Zulässigkeitsausspruch daher nachzuholen.

Schlagworte

Zivilverfahrensrecht

Textnummer

E98104

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0070OB00089.11F.0629.000

Im RIS seit

07.09.2011

Zuletzt aktualisiert am

18.11.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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