Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Juni 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bütler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gheorghe C***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Privatbeteiligten Z***** GmbH & Co KG gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 27. Oktober 2010, GZ 38 Hv 19/10y-42, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gheorghe C***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall und Abs 2, 148 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in Baden und Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen,
I./ verleitet, und zwar
1./ im Sommer 2008 durch Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, Verfügungsberechtigte der Z***** GmbH & Co KG zur Erbringung von Entsorgungsleistungen, die diese mit 20.347 Euro am Vermögen schädigte;
2./ am 13. Februar 2009 durch die Vorspiegelung, Eigentum an Hallen des Unternehmens M***** übertragen zu können und zu dürfen, Karoly B***** unter Vorlage eines Kaufvertragsentwurfs des genannten Unternehmens zur Ausfolgung von 14.000 Euro Bargeld, die diesen im genannten Betrag am Vermögen schädigte;
3./ am 4. März 2009 durch Vorspiegelung seiner Lieferfähigkeit und Lieferwilligkeit von Wand- und Dachpaneelen Karoly B***** zur Ausfolgung von 3.200 Euro Bargeld, die diesen im genannten Betrag am Vermögen schädigte;
4./ am 9. März 2009 durch Vorspiegelung seiner Lieferfähigkeit und Lieferwilligkeit von Sandwichpaneelen, Paul Me***** zur Ausfolgung von 3.400 Euro Bargeld, die diesen im genannten Betrag am Vermögen schädigte;
II./ verleitet und zu verleiten versucht, nämlich am 11. Mai 2009 Karoly B***** durch Vorspiegelung, eine Halle liefern zu können, zur Ausfolgung von 16.000 Euro, wobei ein Schaden von 7.000 Euro entstand und es hinsichtlich der weiteren 9.000 Euro beim Versuch blieb;
III./ zu verleiten versucht,
1./ im März 2009 durch Vorspiegelung, Eigentum an einer Tennishalle in Graz übertragen zu können, Karoly B***** zur Ausfolgung von 20.000 Euro;
2./ Anfang März 2009 durch Vorspiegelung, Eigentum an Hallen des Unternehmens M***** übertragen zu können, Robert Ma***** zur Ausfolgung von 25.000 Euro,
wobei er durch die Tat einen Schaden in der Höhe von insgesamt 47.947 Euro herbeiführte, zur Täuschung ein falsches Beweismittel benützte und den schweren Betrug (§ 147 Abs 2 StGB) überdies in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die Beschwerde dem Erstgericht vorwirft, für die Feststellungen zur subjektiven Tatseite bei Urteilsfaktum I./1./ durch Verweis auf die „Außenstände des Unternehmens des Angeklagten“ eine bloße Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) gegeben zu haben, verkennt sie, dass Indizienbeweise ohne weiteres zulässig sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452). Entgegen den weiteren Ausführungen des Angeklagten haben die Tatrichter dessen Verantwortung, die Auftragslage seines Unternehmens wäre in den Jahren 2008 und 2009 sehr gut gewesen, sowie jene des Zeugen Werner R***** betreffend Teilzahlungen durch den Angeklagten durchaus berücksichtigt (US 11 f), weshalb von unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) nicht die Rede sein kann (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421).
Betreffend die Urteilsfakten I./2./, II./ und III./1./ und 2./ war das Erstgericht entgegen den Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde (Z 5 zweiter Fall) nicht gehalten, den vollständigen Inhalt der Aussage des Zeugen M***** im Einzelnen zu erörtern. Es genügt vielmehr, wenn der Gerichtshof im Urteil in gedrängter Form die entscheidenden Tatsachen bezeichnet und logisch einwandfrei begründet, warum er von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt ist, ohne dagegen entsprechende Umstände mit Stillschweigen zu übergehen (RIS-Justiz RS0098377). Im Übrigen stehen die - vom Erstgericht ohnehin gewürdigten (US 12 ff) - Angaben den getroffenen Feststellungen auch nicht entgegen. Mit den Ausführungen, es stelle einen durchaus üblichen Geschäftsvorgang dar, sich vor Vertragsabschluss über ein Kaufobjekt einen „eigenen“ Kaufinteressenten zur Weiterveräußerung unter Vornahme einer Akkontierung zu sichern, bekämpft der Beschwerdeführer bloß nach Art einer Schuldberufung unzulässigerweise die tatrichterliche Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0116732).
Zu den Urteilsfakten I./3./ und 4./ und II./ macht der Angeklagte eine offenbar unzureichende Begründung der Annahme des Fehlens der Lieferfähigkeit geltend, lässt jedoch die konstatierte Vorspiegelung der Lieferwilligkeit (US 8 f) unbekämpft, weshalb die angefochtenen Urteilsannahmen nicht entscheidungswesentlich sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399).
Entgegen den weiteren Ausführungen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) hat sich das Schöffengericht betreffend Urteilsfaktum III./1./ mit den - im Übrigen den Angeklagten nicht entlastenden - Angaben des Zeugen P***** auseinandergesetzt (US 16 f), sodass auch in diesem Punkt keine Unvollständigkeit vorliegt. Das Vorbringen, zwischen dem Unternehmen des Angeklagten und Karoly B***** sei es zu keinem Kaufvertrag über die Tennishalle und daher auch zu keiner Zahlung gekommen, verkennt, dass dem Nichtigkeitswerber in diesem Punkt lediglich Versuch nach § 15 StGB zur Last liegt.
Indem der Nichtigkeitswerber betreffend die Urteilsfakten I./1./, II./ und III./1./ und 2./ behauptet, es mangle an Feststellungen zur objektiven und zur subjektiven Tatseite, ohne darzulegen, welche konkreten Konstatierungen er vermisst, wird die Rechtsrüge (Z 9 lit a, nominell teilweise Z 5) nicht methodengerecht ausgeführt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584).
Dass hinsichtlich der Urteilsfakten III./1./ und 3./ „das Vorliegen lediglich einer straflosen Vorbereitungshandlung oder eines Rücktritts vom Versuch zu beachten“ wäre, wird vom Nichtigkeitswerber lediglich behauptet und nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet (RIS-Justiz RS0099810; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).
Einer amtswegigen Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) der verfehlten Annahme auch der Qualifikation nach § 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB (Verwendung eines - nach den Konstatierungen (US 6 f) weder unechten noch inhaltlich unrichtigen - Kaufvertragsentwurfs bei Urteilsfaktum I./2./; vgl Kirchbacher in WK2 § 147 Rz 38 f) bedurfte es nicht, weil sich dies angesichts der weiteren Qualifikation nach § 147 Abs 2 StGB für den konkreten Strafsatz nach § 148 zweiter Fall StGB nicht auswirkte und die rechtsirrig angenommene Qualifikation auch bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt wurde (US 21 f). Damit ist eine konkrete Benachteiligung des Angeklagten über die unrichtige Lösung der Rechtsfrage hinaus nicht gegeben (vgl RIS-Justiz RS0113957; Ratz, WK-StPO § 290 Rz 22 ff). Eine dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Bindung des Oberlandesgerichts bei der Entscheidung über die Berufung an den soweit verfehlten Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO besteht nicht (RIS-Justiz RS0118870).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E97749European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0150OS00067.11H.0629.000Im RIS seit
20.07.2011Zuletzt aktualisiert am
17.03.2014