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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
KStG 1966 §8 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Steiermark, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 13. Juni 1995, Zl. B 96 - 3a/91, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1988 (mitbeteiligte Partei: I in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Im Beschwerdefall ist die Zurechnung nach Ansicht der belangten Behörde unangemessen hoher Geschäftsführerbezüge an die Mitbeteiligte als Einkünfte aus Kapitalvermögen (verdeckte Ausschüttung) strittig. Die Mitbeteiligte hatte diese Bezüge von einer ein Inkassobüro betreibenden GmbH bezogen, an der sie im Streitjahr 1988 mit 25 % beteiligt war. Die Streitfrage war bereits - auf der Ebene der GmbH - Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Mit dem Erkenntnis vom 23. Februar 1994, 92/15/0158, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen die Berufungsentscheidung vom 25. Juni 1992, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1988, erhobene Beschwerde als unbegründet ab.
In der Berufungsentscheidung vom 25. Juni 1992 (im Folgenden: Vorbescheid) hatte die belangte Behörde den Standpunkt vertreten, entgegen der vorher vertretenen Ansicht einer abgabenbehördlichen Prüfung sei zwar ein monatlicher Geschäftsführerbezug für die Mitbeteiligte von 40.000 S anzuerkennen, die Gesamtausstattung (laufender Bezug zuzüglich variable Gehaltsbestandteile, insbesondere Erfolgs- und Gewinnbeteiligung) im Jahr 1988 von insgesamt 759.000 S liege aber doch über den als angemessen anzuerkennenden Betrag von 600.000 S (entspricht 40.000 S x 15). Zu dieser Beurteilung einer verdeckten Ausschüttung von 159.000 S gelangte die belangte Behörde im Wesentlichen deshalb, weil sie einer vorgelegten "Positionsbegutachtung" der Dr. H. Neumann Vergütungs-Beratung (im Folgenden: Gutachten), in welcher der Gesamtjahresbruttogehalt der Mitbeteiligten von 759.000 S "als gut im Normbereich liegendes Einkommen" bezeichnet worden war, nicht zu folgen vermochte. Das Gutachten habe nämlich "Referenzunternehmen" mit vier bis 31 Mitarbeitern und einem Umsatz von fünf bis 73 Mio S betroffen. Das im Gutachten ermittelte Durchschnittseinkommen (inklusive aller variabler Bestandteile wie Prämien oder Überstundenentgelte) habe 851.700 S betragen (die "Referenzdaten" würden hinsichtlich der Mitarbeiter- und Umsatzsteuerspannen eine große Streuung aufweisen und für 80 % der Stichprobe eine Bandbreite von 567.800 S bis 1,135.500 S sowie für 50 % der Stichprobe eine solche von 624.500 S bis 1,094.000 S ergeben). Das Unternehmen der GmbH - so die belangte Behörde weiter in der Begründung des Vorbescheides - erreiche sowohl bei der Beschäftigtenzahl (drei Dienstnehmer) als auch beim Umsatz (drei Mio S) nicht die Größe der Referenzunternehmen. Für die Angemessenheitsprüfung sei somit nicht das Durchschnittseinkommen, sondern der Wert, der "an der unteren Grenze der mittleren 50 % der Stichprobe" liege, also der Betrag von rd. 630.000 S, heranzuziehen (die belangte Behörde gelangte zu dem schließlich anerkannten Geschäftsführerbezug von insgesamt 600.000 S u. a. deshalb, weil sie annahm, in den Gutachtenswerten seien 20 bis 30 Überstunden pro Woche enthalten; ein Nachweis für von der Mitbeteiligten geleistete Überstunden sei nicht erbracht worden). Wenn die GmbH vorbringe, ihr Umsatz im Jahr 1988 habe einschließlich der "Fremdgelder" acht Mio S betragen, könne dies zu keiner anderen Beurteilung führen. Unter dem Begriff "Umsatz" sei nach herrschender Ansicht ein Leistungsaustausch zu verstehen, in den in fremdem Namen und auf fremde Rechnung eingehobene (Inkasso-)Gelder nicht eingerechnet werden könnten.
Im Erkenntnis vom 23. Februar 1994, 92/15/0158, wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass der Prüfung der Angemessenheit bzw. Fremdüblichkeit von Gehältern wie jeder Schätzung ein gewisses Unsicherheitsmoment innewohne. Dementsprechend stelle sich auch die Überprüfung des Vorbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof als Verfahrens- und Schlüssigkeitskontrolle dar. Die GmbH habe einen Umsatz von drei Mio S erzielt (durchlaufende Gelder seien auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht in den Umsatzbetrag einzubeziehen). Soweit - in der damaligen Beschwerde - vorgebracht werde, die GmbH habe zwar nur drei Dienstnehmer, aber fünf Mitarbeiter, falle dies unter das Neuerungsverbot. Das im Vorbescheid erfolgte Abstellen auf den "ungefähren Wert der unteren Grenze der 50 %igen Bandbreite" - und nicht auf das Durchschnittseinkommen von
851.700 S - sei vertretbar, weil die GmbH die Betriebskennzahlen der Referenzunternehmen laut Gutachten nicht erreiche. Das Beschwerdevorbringen, dem Gutachten lägen nicht 20 Überstunden wöchentlich, sondern monatlich, zugrunde, sei ebenfalls eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung.
Nach Ergehen des Erkenntnisses vom 23. Februar 1994 teilte die belangte Behörde der Mitbeteiligten mit Vorhalt vom 27. Oktober 1994 mit, dass sie beabsichtige, die bei der GmbH festgestellte verdeckte Ausschüttung von 159.000 S zuzüglich Kapitalertragsteuer bei der Einkommensermittlung 1988 ebenfalls als Einkünfte aus Kapitalvermögen zuzurechnen. Die Mitbeteiligte werde unter Hinweis auf die Ausführungen im Vorbescheid ersucht, dazu Stellung zu nehmen.
In der Stellungnahme vom 17. November 1994 machte die Mitbeteiligte u.a. geltend, die Einschränkung auf 15 Monatsgehälter "inklusive aller Prämien" sei unzulässig, weil Prämien von mehr als drei Monatsgehälter an alle Dienstnehmer der GmbH (nicht nur an sie) bezahlt worden seien. Das im Gutachten erwähnte Überstundenpauschale könne sich im Übrigen nur auf den Zeitraum eines Monats und nicht auf den Zeitraum einer Woche beziehen. Im Jahr 1988 habe die Mitbeteiligte bereits 26 Berufsjahre, davon 16 Jahre als alleinige gewerberechtliche Geschäftsführerin, geleistet gehabt und sei zusätzlich Konzessionsgeberin für die GmbH gewesen. Die Vorladung des Verfassers des Gutachtens als Zeuge sei bereits beantragt worden. Bei den ausbezahlten Leistungsprämien könne es sich keinesfalls um verdeckte Ausschüttungen handeln.
In einer weiteren Vorhaltsbeantwortung vom 8. März 1995 legte die Mitbeteiligte neben einem Schreiben des Beratungsunternehmens zu den Gehaltsstudien, wonach sich die Überstundenpauschalien auf den Zeitraum von einem Monat bezögen, eine Stellungnahme der Neumann Vergütungsberatung vom 13. August 1992 zum Gutachten vor. Demnach lägen sowohl drei als auch acht Mio S Umsatz in einer - aus der Sicht der Gesamtdatenbank - vergleichbaren Größenordnung. Eine Kategorisierung der Gehaltsbandbreiten sei bestenfalls erst ab einem Bereich von über 25 Mio S Umsatz möglich (das Beratungsunternehmen sei sich auch bewusst, dass Dienstleistungsunternehmen - bei adäquatem Aufgabenvolumen - in der Regel geringere Umsatzvolumina als Handels- oder Industriebetriebe erzielten).
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Fremdvergleich sei im Beschwerdefall an Hand des vorgelegten Gutachtens durchgeführt worden. Als Durchschnittseinkommen der Geschäftsführer der Referenzunternehmen seien im Gutachten 851.700 S festgestellt worden. Nach Ansicht der belangten Behörde habe sich das Gehalt der Mitbeteiligten an diesem Durchschnittseinkommen, und nicht - wie im Verfahren betreffend Körperschaftsteuer der GmbH angenommen - an dem an der unteren Grenze von 50 % der Stichproben liegenden Einkommen von rd. 630.000 S zu orientieren. Wie aus dem Schreiben der Neumann Vergütungsberatung hervorgehe, lägen sowohl drei als auch acht Mio S in einer vergleichbaren Größenordnung. Dienstleistungsunternehmen erzielten in der Regel auch geringere Umsatzvolumina als Handels- und Industriebetriebe. Die GmbH liege somit sowohl hinsichtlich ihres Umsatzes als auch der Zahl ihrer Mitarbeiter im Bereich der dem Gutachten zugrundeliegenden Referenzunternehmen. Es sei daher für die Mitbeteiligte von einem angemessenen Geschäftsführerbezug in der Höhe von rd. 850.000 S auszugehen. Da mit diesem Geschäftsführerbezug auch die Überstunden abgegolten seien, die Mitbeteiligte (nach den Feststellungen im Körperschaftsteuerverfahren) aber keine Überstunden geleistet habe, sei das Entgelt für die üblicherweise zu leistenden Überstunden von diesem Gehalt in Abzug zu bringen. Den Ausführungen der Mitbeteiligen sei allerdings insofern zuzustimmen, als sich die im Gutachten ausgewiesene Anzahl von 20 bis 30 Überstunden auf den Zeitraum eines Monats und nicht auf den Zeitraum einer Woche beziehe. Nach Abzug des Überstundenanteils bleibe daher ein als angemessen anzusehender Geschäftsführerbezug von mindestens 722.500 S. Dieser Betrag liege zwar unter dem der Mitbeteiligten gewährten Bezug von 759.000 S. In Anbetracht des Umstandes, dass es sich bei der Ermittlung der Höhe des als angemessen anzusehenden Geschäftsführerbezuges im Wege des Fremdvergleichs um eine Schätzung handle, berechtige diese geringfügige Differenz aber noch nicht zu einer Änderung der Steuerbemessungsgrundlage. Das der Mitbeteiligten im Streitjahr bezahlte Geschäftsführergehalt sei daher - wie dies auch das Gutachten festgestellt habe - als ein im Normbereich liegendes Einkommen zu bezeichnen. Das Gehalt der Mitbeteiligten orientiere sich seit dem Streitjahr auch am Kollektivvertrag für Handelsangestellte (mit entsprechenden Erhöhungen). Variabel gestaltet seien nur die (allen Dienstnehmern bezahlten) Prämien in der Höhe von bis zu vier Monatsgehältern.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Präsidentenbeschwerde (§ 292 BAO), zu der die Mitbeteiligte eine Gegenschrift erstattet hat, erwogen:
Der beschwerdeführende Präsident vertritt die Ansicht, auch im Beschwerdefall hätte die belangte Behörde - ebenso wie seinerzeit im Verfahren zur GmbH - von einem angemessenen Geschäftsführerbezug der Mitbeteiligten von rd. 630.000 S ausgehen müssen. Diese Beurteilung sei im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1994 ausdrücklich als schlüssig festgestellt worden.
Zu diesem Vorbringen ist zu sagen, dass im Beschwerdeverfahren der GmbH überhaupt strittig war, ob die GmbH in die Gruppe der Referenzunternehmen nach dem vorgelegten Gutachten einzuordnen war. Aus dem Gutachten, das im Übrigen den Geschäftsführerbezug der Mitbeteiligten ausdrücklich als "gut in der Norm" liegend bezeichnete, ist nicht zu entnehmen (und war dies im damaligen Verfahren auch nicht Streitpunkt), dass bei Erfüllen der Voraussetzungen für die Zuordnung zu den Referenzunternehmen allgemein eine geringere Umsatzhöhe oder Mitarbeiteranzahl einen unterdurchschnittlichen Geschäftsführerbezug bedingen müsste. Vielmehr wurde im Gutachten auch auf die besondere Einflussgröße der Ertragsfähigkeit eines Unternehmens für die Höhe der Geschäftsführergehälter (insbesondere im variablen Bereich) aufmerksam gemacht. Dass aus diesen Gründen der Mitbeteiligten nur ein unterdurchschnittliches Gehalt zugestanden wäre, wird auch vom beschwerdeführenden Präsidenten nicht behauptet. Es ist auch unbestritten, dass - wie im angefochtenen Bescheid ebenfalls festgehalten - die übrigen Mitarbeiter der GmbH Prämien ebenfalls im Ausmaß von bis zu vier Monatsgehältern im Jahr 1988 lukrierten.
Zur Einordnung in den Kreis der Referenzunternehmen selbst konnte aber die belangte Behörde im Einkommensteuerverfahren der Mitbeteiligten auf ein Vorbringen Rücksicht nehmen, dem im zur GmbH ergangenen Verwaltungsgerichtshoferkenntnis noch das Neuerungsverbot entgegenstand (so etwa zur Anzahl der Mitarbeiter), oder das beispielsweise die Gutachtensannahmen näher erläuterte. Von Bedeutung ist hier vor allem das von der Mitbeteiligten vorgelegte Schreiben der das Gutachten erstellenden Gesellschaft vom 13. August 1992, in dem Umsatzbeträgen von drei bis acht Mio S - aus der Sicht der zum Gutachten verwendeten Gesamtdatenbank - kein relevanter Unterschied in Bezug auf die Einordnung zu den Referenzunternehmen im Gutachten zugemessen und dabei auch allgemein auf die eher geringere Bedeutung der Umsatzvolumina bei Dienstleistungsunternehmen hingewiesen wurde (so könne auch bestenfalls erst einem Bereich von 25 Mio S eine gehaltsbestimmende Bedeutung zukommen). Warum demgegenüber laut Beschwerde dem Argument, sowohl drei Mio S als auch acht Mio S lägen in einer vergleichbaren Größenordnung, nicht zugestimmt werden könne, erläutert der beschwerdeführende Präsident nicht weiter und ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nach dem Gesagten nicht zu erkennen. Da die Beschwerde auch ansonsten keine Unschlüssigkeit in der Beurteilung durch die belangte Behörde, die auch zu Recht auf eine gewisse Bandbreite der Schätzung hinweist, aufzeigt, konnte dieser kein Erfolg zukommen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 22. Februar 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1995150109.X00Im RIS seit
02.07.2001