Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Juli 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Varga als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter V***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Staatsanwaltschaft sowie des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 14. Juni 2010, GZ 23 Hv 5/09g-71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird zurückgewiesen.
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen, im Strafausspruch und in dem die Schuldsprüche betreffenden Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche (I 3 und II) enthält, wurde Walter V***** der Verbrechen des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (1) und der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (2) schuldig erkannt.
Danach hat er in Weibern, Bregenz, Zug (CH) und anderen Orten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz
(1) im März 2005 Gabriele W***** durch die falsche Vorgabe, er sei willens und in der Lage, binnen zehn Wochen die vereinbarte Kreditsumme von 25 Mio Euro zu beschaffen, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Bezahlung eines Unkostenbeitrags von 50.000 Euro verleitet, die die Genannte infolge Nichterfüllung der Vertragsvereinbarung „um einen 50.000 Euro übersteigenden Betrag“ am Vermögen schädigte;
(2) ab 6. April 2006 sich ein ihm anvertrautes Gut in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich den ihm zur „Veranlagung in MTN-Handel“ von Katharina L***** anvertrauten Betrag von 200.000 Euro zugeeignet, indem er das Geld anderweitig verwendete und verbrauchte.
Soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Relevanz wurde der Angeklagte von der weiteren Anklage freigesprochen, er habe in Weibern, Bregenz, Zug (CH) und anderen Orten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz
(I) nachgenannte Personen durch die falsche Vorgabe, er sei willens und in der Lage, binnen zehn Wochen die begehrten Kreditsummen zu beschaffen, sohin durch Täuschung über Tatsachen zur Zahlung von Unkostenbeiträgen verleitet, die diese infolge Nichterfüllung der Vertragsvereinbarungen in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar
(1) Joachim We***** im Jänner 2005 zur Zahlung von 50.000 Euro;
(2) Jan Va***** Vl***** und Kurt H***** im Februar 2005 zur Zahlung von 50.000 Euro.
Ihre dagegen gerichteten Nichtigkeitsbeschwerden stützen die Staatsanwaltschaft auf Z 5 und 9 lit a, der Angeklagte auf Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO; nur letzterer kommt Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Das Schöffengericht verneinte - insoweit unbekämpft - den Betrugsvorwurf I/2 wegen Nichtfeststellbarkeit einer für die inkriminierte Vermögensverfügung kausalen Täuschungshandlung (US 18) und traf (demzufolge) zur subjektiven Tatseite des Angeklagten keine Feststellungen. Dies übersieht die gegen die angebliche Schlussfolgerung, „dass der Angeklagte keinen Betrugsvorsatz gehabt hat“, gerichtete Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), die sich solcherart einer inhaltlichen Erledigung entzieht. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) spricht mit dem (formal an sich zutreffenden) Einwand unterbliebener Konstatierungen zur subjektiven Tatseite keine entscheidenden Tatsachen an. Gründet nämlich das Gericht - wie hier - den Freispruch auf die Annahme, dass ein Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt sei, ohne eine Aussage zu den übrigen Tatbestandelementen zu treffen, reicht es für den Erfolg der Nichtigkeitsbeschwerde nicht hin, einen Rechtsmangel bloß in Ansehung der nicht getroffenen Urteilsannahmen aufzuzeigen. Vielmehr muss auch hinsichtlich jener Tatbestandsmerkmale, zu denen das Urteil (hier: negative) Konstatierungen enthält, ein Begründungsmangel (Z 5) vorgebracht werden (zum [spiegelbildlichen] Fall der Bekämpfung bloß der den Freispruch begründenden Annahme vgl 13 Os 137/10m, EvBl 2011/69, 470; 13 Os 18/10m, EvBl-LS 2010/137, 830; RIS-Justiz RS0118580 [T17]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 607 f), was die Anklagebehörde jedoch unterlässt.
In ihrer weiteren gegen den Freispruch I/1 gerichteten Rüge erhebt zwar die Staatsanwaltschaft im dargelegten Sinn (aus Z 5 vierter Fall) Einwände gegen die Nichtannahme einer Täuschungshandlung, verlässt aber in der (grundsätzlich folgerichtig) das Unterbleiben von Konstatierungen zur subjektiven Tatseite reklamierenden Rechtsrüge (Z 9 lit a) mit dem pauschalen Hinweis auf die „gesamten Beweisergebnisse“ und „sämtliche Verfahrensergebnisse, wie sie vom Erstgericht im Übrigen auch zum Schuldspruch betreffend Faktum A) 3)“ (gemeint: Schuldspruch 1) „festgestellt worden sind“ die Anfechtungskategorien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes, weshalb sich auch ein Eingehen auf die Mängelrüge erübrigt. Denn die prozessordnungsgemäße Geltendmachung eines Feststellungsmangels erfordert die auf Basis des Urteilssachverhalts vorzunehmende - jedoch unterbliebene - Argumentation, dass sich aus einem nicht durch Feststellungen geklärten, aber durch in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweise indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz ergebe, weil das Gericht ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580). Dabei muss auf konkrete Ergebnisse der Hauptverhandlung (13 Os 29/08a = SSt 2008/59) - bei umfangreichem (vorliegend fünf Bände samt Beilagenordnern umfassendem) Aktenmaterial unter zusätzlicher Angabe der Fundstellen (vgl RIS-Justiz RS0124172) - hingewiesen werden, die Anlass zu Konstatierungen in der angesprochen Richtung geboten hätten (vgl auch RIS-Justiz RS0116735).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:
Der Verfahrensrüge ist vorweg zu erwidern, dass eine erfolgreiche Geltendmachung der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO wegen unterlassener Beweisaufnahme nur im Zusammenhang mit der gebotenen Klärung erheblicher Tatsachen, das sind jene, die die rechtliche Beurteilung - die Lösung der Schuld- und der Subsumtionsfrage (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) - beeinflussen können (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 320), möglich ist. Eine Beweisaufnahme, die schon dem Antragsvorbringen zufolge nicht geeignet ist, eine solche Tatsache zu beweisen, kann unterbleiben (§ 55 Abs 2 Z 2 StPO). Einem Beweisantrag muss daher - soweit dies nicht offensichtlich ist (§ 55 Abs 1 und Abs 2 Z 1 und Z 2 StPO) - zu entnehmen sein, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse (widrigenfalls ein unzulässiger Erkundungsbeweis vorliegt; vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330) und inwieweit dieses für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage (bei analoger Anwendung der Z 4 im Rahmen einer Sanktionsrüge nach Z 11 erster Fall: für die Frage zur Beurteilung der Sanktionsbefugnis) von Bedeutung ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 f). Erst im Rechtsmittel nachgetragene Erörterungen unterliegen dem Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618). Hinzu kommt, dass es bei umfangreichem Aktenmaterial der genauen Angabe der Fundstelle des kritisierten Vorgangs beziehungsweise von Antragstellung oder Widerspruch bedarf (RIS-Justiz RS0124172).
Diesen Anfechtungskriterien wird die Verfahrensrüge (Z 4) nicht gerecht, wobei ihr im Einzelnen zu erwidern ist:
Weshalb Eduardo M***** Angaben dazu machen hätte können, dass der Angeklagte „sämtlichen involvierten Personen und Kunden gegenüber seine angespannte finanzielle Situation dargelegt hat“, er „für den Abschluss der von seinen Kunden vereinbarten Geschäfte arbeitete“ und er „tatsächlich an diese geglaubt“ (ON 70 S 8) habe, legte der - eine Anwesenheit dieses Zeugen bei der mit Gabriele W***** abgeschlossenen Kreditvermittlungsvereinbarung oder sonstige Beobachtungen im Übrigen gar nicht behauptende - Beweisantrag nicht offen.
Der weitere Antrag auf Vernehmung des Eduardo M***** zum Beweis, dass Katharina L***** um 200.000 Euro Aktien der D***** AG (im Folgenden D***** AG) gekauft habe (ON 70 S 8 f), ließ die Relevanz für die zu lösende Schuldfrage (A/2) nicht erkennen. Zu einer Fundierung seines Begehrens wäre der Antragsteller aber schon im Hinblick auf die - zeitlich erst nach der inkriminierten Zueignungshandlung (spätestens am 30. April 2006 - US 30) erfolgte - Vereinbarung vom 8. Mai 2006 über die „Partizipation“ an Aktienanteilen an der genannten Gesellschaft im Wert von 200.000 Euro verpflichtet gewesen. Auf unzulässige Erkundung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330) lief der Beweisantrag schließlich auch hinaus, soweit dieser Zeuge zum - nicht näher konkretisierten - Beweis der Mittelverwendung geführt wurde.
Dem Antrag auf „neuerliche Ladung und Einvernahme“ der Zeugen Alberic de C***** und Jörg von S***** (ON 70 S 9) mangelte es bereits an dem für Beweisbegehren unverzichtbaren Erfordernis der Bekanntgabe eines Beweisthemas (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327). Soweit der Rechtsmittelwerber in diesem Zusammenhang auf den (ua) Alberic de C***** betreffenden schriftlichen Beweisantrag vom „19.“ Juni 2009 (richtig: 22. Juni 2009 - vgl ON 46) rekurriert, ist er aufgrund unterlassener mündlicher Antragstellung in der Hauptverhandlung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 310) nicht zur Anfechtung legitimiert. Solcherart formal beachtlichen Beweisanträgen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zeugen Alberic de C***** und Jörg von S***** haben die - in Wahrheit amtswegig vorgehenden (ON 35; ON 47 S 1; ON 53 S 34) - Tatrichter überdies zu keinem Zeitpunkt stattgegeben, sodass der weiters erhobene Einwand faktischer Nichtdurchführung beschlossener Beweisaufnahmen (vgl dazu RIS-Justiz RS0117404; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 317) im Ansatz scheitert.
Schon mit Blick darauf, dass das Finanzierungsgeschäft zwischen dem Angeklagten und Daniel B***** sowie Günther P***** nach dem Vorbringen des Antragstellers im Stadium bloßer Vertragserrichtung verblieb, weil die „beiden Investoren“ von der I***** Bank abgeworben und ihre Geschäfte direkt abgewickelt worden seien (ON 70 S 9), war nicht ersichtlich, über welche Wahrnehmungen diese Zeugen zur behaupteten tatsächlichen Möglichkeit des Angeklagten, Großfinanzierungsprojekte zu realisieren, hätten berichten sollen.
Hingegen ist die Mängelrüge (Z 5) berechtigt.
Deutlich genug zeigt der Beschwerdeführer zunächst widersprüchliche Feststellungen (Z 5 dritter Fall) zur subjektiven Tatseite in Betreff des Schuldspruchs 1 auf. Im Wesentlichen erblickten die Tatrichter betrügerisches Verhalten des Walter V***** in der wahrheitswidrigen Vorgabe, Kreditmittel für ein Immobilienprojekt der Gabriele W***** zu beschaffen und dem dadurch bewirkten vorsätzlichen Herauslocken eines auf die zukünftige Vermittlungsprovision anrechenbaren (US 12) „Unkostenbeitrags“ für das angebliche Kreditgeschäft, das dieser aber gar nicht verifizieren konnte und wollte (US 13 bis 17). Logisch nicht im Einklang dazu stehen die weiteren (im Rahmen der Strafzumessungserwägungen getroffenen) Konstatierungen, wonach der Angeklagte an die Verwirklichung der von ihm gewollten Geschäfte glaubte und er sich selbst mit Fachleuten umgab, die ihm ebenfalls den Glauben vermittelten, dass er in der Lage ist, derartige Geschäfte durchzuführen (US 36 f), entfällt unter diesen Prämissen doch bereits der - für eine Tatbeurteilung nach § 146 StGB essentielle - Täuschungsvorsatz.
Nach den wesentlichen Feststellungen zum Schuldspruch 2 (US 21 f, 30) schloss der Angeklagte mit Katharina L***** am 18. Jänner 2006 zu Veranlagungszwecken eine „Joint-Venture-Vereinbarung“ ab, woraufhin diese Zeugin den Investitionsbetrag von einer Million Euro auf das Konto der D***** AG bei der I***** Bank Zürich überwies. Auf diesem Konto war der Angeklagte nur mit Katharina L***** gemeinsam zeichnungsberechtigt. Da das in Aussicht gestellte Geldmarktgeschäft (Handel mit „Medium Term Notes“ [MTN]) nicht zustande kam, zahlte der Angeklagte 800.000 Euro an Katharina L***** zurück, überredete sie jedoch, ihm den Rest von 200.000 Euro zur weiteren Veranlagung im „MTN-Handel“ zu überlassen. Diesen ihm dadurch anvertrauten Geldbetrag eignete der Angeklagte sich oder einem Dritten in der Zeit vom 6. bis 30. April 2006 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zu.
Zutreffend weist der Beschwerdeführer auf eine offenbar unzureichende Begründung dieser Konstatierungen (Z 5 vierter Fall) hin, die die Annahme bloßer Überlassung des restlichen Investitionsbetrags durch Katharina L***** mit - prolongierter - Zweckwidmung der Veranlagung im MTN-Handel nicht zu tragen vermag. Das Schöffengericht gründete diese Urteilsannahme auf die Angaben des Zeugen F***** (US 29), der aber nicht von weiterer Verwendungspflicht im MTN-Handel sprach, sondern vielmehr davon, dass es dem Angeklagten überlassen war, was er mit den restlichen 200.000 Euro machen sollte (ON 70 S 3). Weiters unterließ das Erstgericht - was die Beschwerde unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zutreffend einwendet - die Würdigung jener Beweisergebnisse, wonach am 3. April 2006 - aufgrund der gescheiterten Joint-Venture-Vereinbarung vom 18. Jänner 2006 - 995.000 Euro auf das Privatkonto der Katharina L***** rücküberwiesen wurden (ON 22 S 789) und sodann von dieser Zeugin neuerlich am 6. April 2006 ein Betrag von 195.000 Euro auf ein Konto der D***** AG transferiert wurde (ON 22 S 799), und setzte sich auch nicht damit auseinander, ob das Geld dabei in den Alleingewahrsam des Angeklagten übertragen wurde und auf welcher Vereinbarung diese laut den Akten solcherart stattgefundene Transaktion beruhte. Zu berücksichtigen wäre aber auch gewesen, dass Katharina L***** anlässlich ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung am 1. Oktober 2009 lediglich davon berichtete, dass sie „keine Chance gesehen“ habe, den Rest aus dem ursprünglichen Joint-Venture-Vertrag in Höhe von 200.000 Euro zu bekommen, und keine Aussage zur weiteren Zweckwidmung dieses Geldbetrags machte (ON 53 S 13 bis 23). Somit reichen die Urteilsgründe für die Annahme, dass Katharina L***** dem Angeklagten nach Aufhebung der Joint-Venture-Vereinbarung vom 18. Jänner 2006 200.000 Euro für sein weiteres Engagement im MTN-Handel anvertraute, nicht aus.
Es war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), hingegen jener des Angeklagten - entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur - sofort Folge zu geben (§ 285e StPO) und mit Kassation der Schuldsprüche (1 und 2) - ohne Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen - vorzugehen.
Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf die unter einem erfolgte Aufhebung des Strafausspruchs zu verweisen.
Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht im Fall eines neuerlichen Schuldspruchs wegen des dem Angeklagten zur Last gelegten Betrugs mängelfreie Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu treffen haben. Anzumerken ist weiters, dass der Annahme des Schöffengerichts (US 15 zweiter Absatz) zuwider bei Ermittlung der Höhe des - fallaktuell für die Qualifikation nach § 147 Abs 3 StGB maßgeblichen - Vermögensschadens mittelbar durch die Vermögensverfügung herbeigeführte Folgeschäden wie Zinsen nicht zu berücksichtigen sind (Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 147 Rz 86).
In Betreff der dem Angeklagten vorgeworfenen Veruntreuung ist festzuhalten, dass eine strafbare Handlung nach § 133 StGB - in objektiver Hinsicht - an einem Gut begangen wird, das dem Täter anvertraut worden ist. Unter „Gut“ als tauglichem Tatobjekt versteht die Rechtsprechung auch (unkörperliche) Vermögenswerte, insbesondere bei einer Bank erliegendes Geld („Giralgeld“, also etwa ein Kontoguthaben, eine Spareinlage oder ein Wertpapierdepot - RIS-Justiz RS0093878, RS0094579). Ein Gut wird anvertraut, wenn es aufgrund eines Rechtsgeschäfts oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnisses - ungeachtet dessen zivilrechtlicher Natur oder Gültigkeit - in den ausschließlichen Gewahrsam (bei unkörperlichen Vermögenswerten: in die alleinige Verfügungsgewalt) des Täters mit der Verpflichtung übertragen wird, diese Verfügungsmacht entsprechend einer vereinbarten Rückstellungs- oder Verwendungspflicht auszuüben (RIS-Justiz RS0093896; vgl Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 133 Rz 25 ff und 41). Mit Blick auf diese Grundsätze werden genaue Konstatierungen zu den Modalitäten der Rückabwicklung der „Joint-Venture-Vereinbarung“ vom 18. Jänner 2006 und bei Feststellung neuerlicher Übergabe oder Überlassung von 200.000 Euro durch Katharina L***** - unter Berücksichtigung der erfolgten Buchungsvorgänge (vgl insbesondere die Beilagen im „Ordner II EO Büro Zürich“ mit den Seitenbezeichnungen 20304, 20313 und 20316) - die mit dem Angeklagten erfolgte Zweckabrede sowie auch eine Aussage über die an der genannten Summe eingeräumte Verfügungsmacht (Alleinverfügungsbefugnis oder gemeinsame Zeichnungsberechtigung) zu treffen sein. Ferner werden die Tatrichter das „Addendum 1“ vom 25. März 2006 (ON 22 S 825 f) sowie die Vereinbarung, wonach sich die D***** AG verpflichtet bis spätestens 30. April 2006 200.000 EUR an Katharina L***** zurückzuzahlen und zur Absicherung fünf Aktien der D***** AG bereitgestellt werden sollten (ON 22 S 829), entsprechend zu beachten haben.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E97971European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0140OS00184.10F.0706.000Im RIS seit
21.08.2011Zuletzt aktualisiert am
21.08.2011