Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juli 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Einwagner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen DI Andreas Z***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 25. Jänner 2011, GZ 39 Hv 28/07z-104, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - im zweiten Rechtsgang ergangenen (vgl 11 Os 111/08w-9 = ON 72 der Hv-Akten) - Urteil wurde DI Andreas Z***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (I./) und (unter Einbeziehung des bereits rechtskräftigen Schuldspruchs des ersten Rechtsgangs eines weiteren Faktums) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1, Abs 2 StGB (II./) schuldig erkannt.
Danach hat er
I./
A./ mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch die Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und -willigkeit oder seiner Leistungsbereitschaft oder seiner Bereitschaft, Zahlungen an Handwerker und bauausführende Firmen weiterzuleiten, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet, die diese am Vermögen schädigten, und zwar
1./ am 3. September 2002 in W*****/Deutschland Verfügungsberechtigte der W***** GmbH „zur verkaufsweisen Ausfolgung eines Pkw der Marke Passat Variant im Wert von 17.717,27 Euro“;
2./ in B***** den Walter F*****
a./ im Zeitraum zwischen März 2003 und 21. Mai 2003 zur Ausfolgung einer Anzahlung in nicht mehr genau feststellbarer, aber 3.000 Euro jedenfalls übersteigender Höhe;
b./ am 4. Juni 2003 zur Zuzählung eines Darlehens in Höhe von 40.000 Euro;
B./ zwischen April und Juni 2006 mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, die Barbara O***** durch die Vorspiegelung, hiefür ordnungsgemäß baugewerbliche Werkleistungen zu erbringen, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zu einer Handlung, nämlich zur Übergabe bzw Überweisung von insgesamt 45.000 Euro, verleitet, die diese in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte;
wobei er durch die Tat einen insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte;
II./ am 7. Mai 2002 als Geschäftsführer das Vermögen der S***** GmbH wirklich verringert, indem er die in deren Eigentum stehende Liegenschaft mit der Anschrift ***** beginnend mit 1. Februar 2002 unbefristet und ohne ordentliches Kündigungsrecht des Vermieters für zehn Jahre, aber ohne tatsächliche Gegenleistung an den abgesondert verfolgten Gheorghe M***** vermietete und dadurch die Befriedigung der Gläubiger des genannten Unternehmens, insbesondere der B***** AG, der E***** AG und der Republik Österreich, geschmälert, wobei er durch die Tat einen Schaden in nicht mehr genau feststellbarer Höhe herbeiführte.
Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 [lit] a StPO.
Rechtliche Beurteilung
Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) entgegen war das Erstgericht über seine Ausführungen US 12 f hinaus nicht verhalten, bei seinen Erwägungen zur subjektiven Tatseite auch explizit auf eine bloße Aufstellung von Restwerten mehrerer Fahrzeuge durch einen Dritten (Beilage bei ON 55, s ON 103 S 22) einzugehen, wiewohl in dieser auch der PKW des Faktums I./A./1./ aufscheint. Es handelt sich dabei - entgegen der Annahme des Beschwerdeführers - keineswegs um einen Kaufvertrag, die Rechtsmittelüberlegungen („zu erörtern wäre gewesen, warum trotz des Umstands, dass sämtliche andere Fahrzeuge an die W***** bezahlt wurden, hinsichtlich des einen Fahrzeugs schon bei der Übergabe beim Angeklagten der vom Erstgericht angenommene Betrugsvorsatz vorgelegen haben soll“) bewegen sich vielmehr im Bereich abstrakter Spekulation, ohne einen Formalmangel der angefochtenen Entscheidung aufzeigen zu können.
Mit der Bekämpfung von Feststellungen als aktenwidrig verkennt die Mängelrüge die durch § 281 Abs 1 Z 5 fünfter Fall StPO eröffnete Anfechtungsmöglichkeit grundlegend (RIS-Justiz RS0099492, RS0099431, RS0099524; Fabrizy StPO10 § 281 Rz 47; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 393 und 467). Überdies ist es unter dem Gesichtspunkt formaler Urteilsnichtigkeit ohne Bedeutung, ob im Zusammenhang mit Schuldspruch I./B./ einzelne Arbeiten nicht unsachgemäß durchgeführt wurden.
Die festgestellte Schmälerung der Gläubigerbefriedigung durch eine faktisch bloß vorgetäuschte Vermietung (Schuldspruch II./ - US 11, 22 f) ergibt sich notorisch durch die folglich eingeschränkte Verwertbarkeit der Liegenschaft und musste daher von den Erstrichtern nicht gesondert begründet werden (13 Os 152/88 mwN; RIS-Justiz RS0098570; vgl jüngst 12 Os 189/10a = RIS-Justiz RS0126779).
Die Behauptung fehlender Begründung der subjektiven Tatseite zum Schuldspruch I./A./1./ zeigt keinen Verstoß der erstgerichtlichen Erwägungen (US 13: Äußeres Geschehen, grundsätzlich prekäre finanzielle Lage des Angeklagten im Jahr 2002) gegen Logik und Empirie auf (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444; RIS-Justiz RS0118317). Der Schluss auf inneres Vorhaben kann meist nur aus den äußeren Umständen, vor allem dem Tatablauf gezogen werden (RIS-Justiz RS0098671, RS0116882; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) zu den Schuldsprüchen I./A./1./, I./B./ und II./ beschränkt sich im Wesentlichen auf eine teilweise wortgleiche Wiederholung der entsprechenden Ausführungen zur diesbezüglichen Mängelrüge. Erhebliche Bedenken gegen Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen werden dadurch nicht hervorgerufen. Die „Zweifelsregel“ ist kein aus § 281 Abs 1 Z 5a StPO beachtlicher Argumentationsansatz (RIS-Justiz RS0102162, RS0117445 [T2]).
Die Kritik an unterlassener amtswegiger Wahrheitsforschung (hier: Nichteinholung eines bautechnischen Sachverständigengutachtens zwecks Ermittlung der genauen Schadenshöhe zum Faktum I./B./) verabsäumt ein Vorbringen, aus welchem Grund der Rechtsmittelwerber selbst an einer darauf abzielenden Antragstellung gehindert war (RIS-Justiz RS0114036, RS0115823; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480), und macht überdies nicht klar, wieweit eine entscheidende Tatsache (dazu RIS-Justiz RS0106268, RS0099497; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398 ff) betroffen sein soll.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen methodengerechten Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810, RS0116565, RS0117247, RS0099724; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch I./A./2./a./, „zumindest im Zweifel wäre - ohne weitere Feststellungen zum Honoraranspruch des Angeklagten - davon auszugehen gewesen, dass der Angeklagte keinen seinen für die von ihm erbrachten Leistungen zustehenden Honoraranspruch übersteigenden Betrag aus den von Walter F***** erhaltenen Beträgen nicht in die Bausubstanz selbst eingebracht hat, sodass Walter F***** kein Schaden entstanden ist“ (vgl dementgegen die Konstatierungen US 7 f), und zum Schuldspruch I./A./2./b./, die „seitens des Angeklagten erfolge Offenlegung seiner prekären finanziellen Situation, dass er das Geld benötige, damit er sein Haus retten könne, schließt eine Täuschungsabsicht und somit einen Betrugsvorsatz des Angeklagten aus“ (dagegen neuerlich US 7 f) trifft diese Kriterien nicht und entzieht sich somit meritorischer Erwiderung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der unter einem erhobenen Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E98151European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0110OS00090.11M.0714.000Im RIS seit
10.09.2011Zuletzt aktualisiert am
10.09.2011