Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gillinger und Mag. Manuela Majeranowski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei K***** R*****, vertreten durch Kreissl & Pichler & Walther Rechtsanwälte GmbH in Liezen, gegen die beklagte Partei E***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwalt GmbH in Graz, wegen 26.125,88 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. April 2011, GZ 7 Ra 16/11v-42, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts ist im Revisionsverfahren auch dann nicht mehr überprüfbar, wenn dieses aufgrund einer Wiederholung oder Ergänzung des Beweisverfahrens eigene Feststellungen getroffen hat (RIS-Justiz RS0043371 [T27]).
Vom Fehlen einer nachvollziehbaren Begründung bei der Erledigung der Beweisrüge durch das Berufungsgericht kann keine Rede sein. Aufgrund der anfänglichen Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts unter Bedachtnahme auf die divergierenden Feststellungen zu dem in der außerordentlichen Revision angesprochenen Vorverfahren hat das Berufungsgericht ordnungsgemäß eine Beweiswiederholung durchgeführt. Die Beklagte vermag auch gar nicht darzulegen, warum die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts gegen Denkgesetze verstoßen soll. In dieser Hinsicht verweist sie lediglich auf einen unlösbaren Widerspruch zu den Feststellungen im Vorverfahren. Wie sie aber selbst erkennt, liegen die Voraussetzungen für eine Bindungs- oder Präklusionswirkung der rechtskräftigen Vorentscheidung (siehe dazu 8 ObA 19/11v) nicht vor.
Mit ihren Ausführungen, die auf die Feststellungen im Vorverfahren Bezug nehmen, vermag die Beklagte insgesamt somit keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.
2. Das Argument der Beklagten, nur 3 von 22 Arbeitnehmern hätten die Erklärungen des damaligen Firmenleiters missverstanden und an eine Verpflichtungserklärung namens der Beklagten gedacht, findet in der Tatsachengrundlage keine Deckung. Das Erstgericht hat im gegebenen Zusammenhang vielmehr darauf hingewiesen, dass von den 22 Mitarbeitern, die an der Besprechung anlässlich des Firmenjubiläums im Juni 1971 teilgenommen hatten, nur 3 bis zu ihrem 60. Lebensjahr im Unternehmen der Beklagten verblieben sind.
3.1 Fragen der Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen kommt im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (vgl RIS-Justiz RS0042776; RS0042936; RS0017894). Maßgebend sind die ausdrücklichen Erklärungen und das nach außen in Erscheinung tretende Erklärungsverhalten des Erklärenden sowie die daraus nach objektivem Verständnis gewonnenen berechtigten Erwartungen des Erklärungsempfängers.
Die Vorinstanzen haben die relevanten Grundsätze zutreffend dargestellt. Ausgehend von den Feststellungen ist ihre Schlussfolgerung, der Kläger habe die auf den Abschluss der Lebensversicherungen bezogenen Erklärungen des Unternehmensleiters anlässlich der Besprechung zum Firmenjubiläum im Juni 1971 nur als Zahlungszusage verstehen können, nicht korrekturbedürftig. Nach den Überlegungen des Berufungsgerichts in seiner Beweiswürdigung hat der Unternehmensleiter in seiner Lobrede über die Belegschaft als Motiv für den Abschluss der Lebensversicherungen die Bindung der Mitarbeiter an den Betrieb der Beklagten genannt. Die Annahme einer mündlichen Zusicherung auf Basis der beim Kläger hervorgerufenen berechtigten Erwartungen auf Auszahlung der Versicherungssumme zum Zeitpunkt des Pensionsantritts ist jedenfalls vertretbar.
3.2 Auf den Inhalt der Versicherungspolizzen kann sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil diese Urkunden den Mitarbeitern nicht ausgehändigt wurden.
Zum Argument der Beklagten, dass eine Annahmeerklärung des Klägers nicht festgestellt worden sei, hat schon das Erstgericht auf das Vorliegen einer Auslobung hingewiesen (vgl RIS-Justiz RS0105782; RS0013915).
Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
Schlagworte
ArbeitsrechtTextnummer
E98026European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:008OBA00050.11B.0715.000Im RIS seit
29.08.2011Zuletzt aktualisiert am
29.08.2011