Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. N***** M*****, 2. A***** M*****, 3. G***** S*****, 4. J***** A*****, 5. F***** G*****, 6. F***** K*****, 7. F***** R*****, 8. F***** B*****, 9. A***** K*****, 10. F***** A*****, 11. E***** E*****, 12. O***** E*****, 13. M***** P*****, 14. J***** G*****, 15. P***** G*****, 16. J***** P*****, 17. J***** M*****, 18. H***** V*****, 19. G***** G*****, 20. E***** W*****, und 21. L***** K*****, alle vertreten durch Dr. Andreas Reischl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei S***** AG *****, vertreten durch Mahringer Steinwender Bestebner Rechtsanwälte OG in Salzburg, wegen Feststellung (Gesamtstreitwert: 457.800 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. April 2011, GZ 12 Ra 22/11h-30, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 226 Abs 1 ZPO hat die Klage insbesondere ein bestimmtes Begehren zu enthalten, wofür nach ständiger Rechtsprechung die Anforderungen allerdings nicht überspannt werden dürfen (7 Ob 65/00k mwN). Bei anderen Klagen als Geldleistungsklagen ist dem Erfordernis des § 226 ZPO hinsichtlich der Bestimmtheit des Klagebegehrens jedenfalls dann Genüge getan, wenn man unter Berücksichtigung des Sprachgebrauchs und Ortsgebrauchs und nach den Regeln des Verkehrs daraus entnehmen kann, was begehrt ist (RIS-Justiz RS0037874 mzH). Auch in Feststellungsklagen muss das festzustellende Recht oder Rechtsverhältnis inhaltlich und umfänglich genau und zweifelsfrei bezeichnet werden. Der prozessökonomische Zweck einer Feststellungsklage liegt darin, die Rechtslage dort zu klären, wo ein von der Rechtsordnung anerkanntes Bedürfnis zur Klärung streitiger Rechtsbeziehungen besteht, aber ein Leistungsbegehren derzeit noch nicht möglich ist (7 Ob 215/02x). Ist ein Begehren unbestimmt, kann das Urteil die Aufgabe der Klärung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien nicht erfüllen. Es ist daher erforderlich, das Feststellungsbegehren ausreichend zu individualisieren (RIS-Justiz RS0037437). Die Beurteilung der ausreichenden Bestimmtheit einer Feststellungsklage hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und bildet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (7 Ob 241/02w).
2. Die Kläger, die im Verfahren ihre Versetzung bekämpfen, modifizierten nach Erörterung ihr Feststellungsbegehren dahin, dass sie die Feststellung ihrer unverändert aufrechten Dienstverhältnisse zur Beklagten begehrten, sowie weiters die Feststellung, dass „die vertragsändernde, rechtswidrige und einseitige Abänderung der Dienstverhältnisse“ insbesondere durch bestimmte, im Einzelnen aufgezählte Umstände erfolgt sei. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die - wenn auch anhand einzeln genannter Beispiele begehrte - Feststellung der Unzulässigkeit einer Versetzung nicht in Betracht komme, weil die Rechtsunwirksamkeit von Rechtshandlungen nicht feststellungsfähig sei, ist jedenfalls vertretbar (vgl nur RIS-Justiz RS0039036). Die Unwirksamkeit einer vertragsändernden Versetzung ist vom Arbeitnehmer nach ständiger Rechtsprechung mit dem Begehren auf Feststellung, dass er zur Arbeit in der neuen Stellung nicht verpflichtet ist, geltend zu machen (RIS-Justiz RS0112755; ausführlich 9 ObA 255/99m). Ausgehend davon führt das Berufungsgericht aus, dass die Kläger nicht begehren, zu bestimmten Arbeiten seit 1. 1. 2007 nicht mehr verpflichtet zu sein oder für konkrete Arbeiten eine bestimmte Vergütung zu erhalten. Es sei vielmehr unklar, was die Kläger mit ihrem Begehren tatsächlich anstrebten, ob sie beispielsweise zur Durchführung der Kassaabrechnung nicht mehr verpflichtet sein wollen, oder ob sie dafür zB Überstundenentgelt begehren. Dem halten die Kläger in der Revision lediglich entgegen, dass es „unerfindlich“ sei, worin die Unzulässigkeit des Feststellungsbegehrens liegen solle. Sie führen weiters aus, dass es ihnen nicht um eine finanzielle Abgeltung für die zeitliche Mehrbelastung, sondern lediglich darum gehe, die „auferlegte Mehrarbeitszeit“ aufzuzeigen „bzw die daraus resultierenden Folgen nicht eintreten zu lassen“. Mit diesen, offenbar einer Verdeutlichung des Klagebegehrens dienenden Ausführungen, zeigen die Revisionswerber aber eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts nicht auf.
3. Die mangelnde Bestimmtheit des Klagebegehrens ist in jeder Lage des Verfahrens - also auch noch im Berufungsverfahren - von Amts wegen wahrzunehmen (Fasching in Fasching/Konecny2 § 226 Rz 42). Hält das Berufungsgericht das Klagebegehren im Gegensatz zum Erstgericht für zu wenig bestimmt, hat es dessen Urteil aufzuheben, um dem Kläger die Verbesserung des Begehrens zu ermöglichen, oder selbst in der mündlichen Berufungsverhandlung die Frage der richtigen Fassung des Begehrens zu erörtern und den Kläger zu dessen Verbesserung aufzufordern (RIS-Justiz RS0036871; RS0036355; 3 Ob 258/09a mwN). Ob ein Verstoß der Vorinstanzen gegen die Manuduktionspflicht vorliegt, ist von vornherein einzelfallbezogen und begründet keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0114544; RS0120057 [T1]). Die Beklagte bemängelte im Verfahren mehrfach und mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass das von den Klägern erhobene Klagebegehren einer Feststellung nicht zugänglich ist, die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens. Die Kläger reagierten darauf nicht selbst, sie wurden vielmehr vom Erstgericht (das sich überdies ausdrücklich auf RIS-Justiz RS0036355; RS0037166 bezog) zur Verbesserung des Klagebegehrens im Sinn des Bestimmtheitsgebots des § 226 ZPO angehalten. Erst nach neuerlicher Erörterung durch das Erstgericht (und infolge einer Verfahrensunterbrechung mehr als ein Jahr später) formulierten die Kläger ihr Urteilsbegehren neu. Wenn das Berufungsgericht aufgrund dieser Aktenlage und überdies vor dem Hintergrund der auch den Klägern seit 1999 bekannten und schon erwähnten Rechtsprechung zur Formulierung des Klagebegehrens bei Geltendmachung einer unwirksamen vertragsändernden Versetzung (RIS-Justiz RS0112755) keine (neuerliche) Erörterung des Klagebegehrens für erforderlich hielt, so begründet dies aufgrund der Umstände des konkreten Falls keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Schlagworte
ArbeitsrechtTextnummer
E98157European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:009OBA00087.11A.0727.000Im RIS seit
08.09.2011Zuletzt aktualisiert am
08.09.2011