Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, Hon.-Prof. Dr. Kuras, Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj M***** A*****, vertreten durch die Mutter S***** A*****, vertreten durch Dr. Manfred Ainedter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herabsetzung des Unterhalts, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters M***** A*****, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 27. Mai 2011, GZ 16 R 93/11g, 16 R 193/11p-49, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. In Hinblick auf die begehrte Herabsetzung der monatlichen Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers für den mj M***** A*****, wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.
2. In Hinblick auf die begehrte Behebung der Zahlungsaufforderung des Bezirksgerichts Ebreichsdorf vom 3. 2. 2011 wird dem „außerordentlichen Revisionsrekurs“ nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom 11. 8. 2005 wurde die zwischen M***** und S***** A***** geschlossene Ehe geschieden. Mit Scheidungsvergleich desselben Tages verpflichtete sich M***** A***** zu monatlichen Unterhaltsleistungen für die gemeinsamen Kinder mj M***** A*****, und M***** A*****, in Höhe von jeweils 750 EUR.
Am 29. 1. 2010 beantragte er die Herabsetzung der Unterhaltsleistung für den mj M***** ab 1. 2. 2010 auf monatlich 362 EUR.
Das Erstgericht bestimmte mit Beschlüssen vom 25. 8. 2010 (ON 27) und vom 3. 1. 2011 (ON 40) die Gebühren des Sachverständigen für die Erstattung und Ergänzung des schriftlichen Gutachtens mit 2.997 EUR und 537,60 EUR und sprach jeweils gemäß § 2 Abs 2 GEG aus, dass der mj M***** und der Vater für die Gebühr zur ungeteilten Hand zahlungspflichtig seien. Die Beschlüsse erwuchsen unangefochten in Rechtskraft.
Mit Beschluss vom 17. 1. 2011 (ON 41) wies das Erstgericht den Antrag auf Unterhaltsherabsetzung ab.
Mit Zahlungsaufforderung vom 3. 2. 2011 forderte die Kostenbeamtin des Erstgerichts den Antragsteller zur Zahlung der aus Amtsgeldern ausbezahlten Sachverständigengebühren von 3.534,60 EUR auf.
Der Antragsteller erhob sowohl gegen den Beschluss des Erstgerichts, mit dem der Unterhaltsherabsetzungsantrag abgewiesen wurde, als auch gegen die Zahlungsaufforderung Rekurs (ON 42, ON 44).
Mit Zahlungsauftrag der Kostenbeamtin vom 14. 3. 2011 wurde dem Antragsteller die Zahlung der Sachverständigengebühren zuzüglich einer Einhebungsgebühr aufgetragen. Auch dagegen erhob der Antragsteller „Rekurs“.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs ON 42 (Unterhalt) keine Folge und wies den Rekurs ON 44 (Zahlungsaufforderung) als unzulässig zurück. Gemäß § 6 Abs 1 GEG werde die Einbringung der geschuldeten Beträge vom Kostenbeamten veranlasst (Zahlungsauftrag). Bei einem Zahlungsauftrag nach § 6 GEG handle es sich um einen Bescheid. Der Zahlungspflichtige könne binnen 14 Tagen dessen Berichtigung verlangen. In Ansehung von Beträgen, die in Durchführung einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts in den Zahlungsauftrag aufgenommen worden seien, gelte dies jedoch nur dann, wenn die Zahlungsfrist unrichtig bestimmt worden sei und wenn der Zahlungsauftrag der ihm zugrunde liegenden Entscheidung des Gerichts nicht entspreche (§ 7 Abs 1 GEG). Vor Erlassung des Zahlungsauftrags könne der Kostenbeamte den Zahlungspflichtigen auffordern, fällig gewordene Gerichtsgebühren oder Kosten binnen 14 Tagen zu entrichten (Zahlungsaufforderung). Die im Justizverwaltungsweg vom Kostenbeamten erlassene Zahlungsaufforderung könne nicht mit Rekurs bekämpft werden, dieser sei daher unzulässig.
Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für jeweils nicht zulässig erklärt.
Der gegen den Zahlungsauftrag erhobene „Rekurs“ des Antragstellers wurde als Berichtigungsantrag mit Beschluss der Präsidentin des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 20. 4. 2011, Jv 1508/11g-33a, zurückgewiesen.
Mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs begehrt der Antragsteller, den Beschluss des Rekursgerichts im Sinn einer Stattgebung des Antrags auf Unterhaltsherabsetzung und der ersatzlosen Behebung der Zahlungsaufforderung abzuändern.
1. Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Abweisung der begehrten Unterhaltsherabsetzung richtet, ist die Aktenvorlage verfrüht:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.
Für die Berechnung des maßgebenden Entscheidungsgegenstands sind gesetzliche Unterhaltsansprüche gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten (RIS-Justiz RS0103147 [T2]), wofür jener monatliche Unterhaltsbeitrag maßgeblich ist, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz noch strittig war (RIS-Justiz RS0122735). Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung eines Unterhaltsbetrags begehrt, so bildet den Streitwert nicht der Gesamtbetrag, sondern nur der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung (RIS-Justiz RS0103147 [T3, T6]).
Eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Rekursgericht war nicht erforderlich, weil dieser rein vermögensrechtlicher Natur ist und ausschließlich in einem Geldbetrag besteht (vgl 10 Ob 82/07t; 2 Ob 224/08t).
Der Antragsteller begehrte die Herabsetzung des Unterhaltsbeitrags für den mj M***** von monatlich 750 EUR auf monatlich 362 EUR, dh eine Herabsetzung um monatlich 388 EUR. Der dreifache Jahresbetrag der strittigen Herabsetzung beträgt damit 13.968 EUR (362 EUR x 36).
Das Rechtsmittel wäre vom Erstgericht daher nicht sogleich dem Obersten Gerichtshof - auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird -, sondern dem Rekursgericht vorzulegen gewesen (§ 69 Abs 3 AußStrG; vgl RIS-Justiz RS0109505; RS0113296 mwN). Eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs ist im derzeitigen Verfahrensstadium nicht gegeben.
Der Akt ist daher dem Erstgericht zurückzustellen. Die Frage, ob einer Vorlage an das Rekursgericht das Fehlen des ausdrücklichen Antrags auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs entgegen steht (§ 63 Abs 1 AußStrG) oder durch Nachholung eines solchen Antrags verbesserbar ist, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109623 [T14]; RS0109505 [T34]).
2. Soweit sich der außerordentliche Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung der begehrten ersatzlosen Behebung der Zahlungsaufforderung richtet, ist er als Rekurs zu qualifizieren, der nicht den Zulässigkeitsbeschränkungen des § 62 AußStrG unterliegt.
Er ist inhaltlich jedoch nicht berechtigt, weil die Zahlungsaufforderung als solche, wie bereits vom Rekursgericht ausgeführt, keinem Rekurs zugänglich ist: Die Zahlungsaufforderung stellt keinen Beschluss dar - gegen den allein Rekurs erhoben werden könnte (§ 45 AußStrG) - und ist auch nicht rechtskraftfähig. Wird der eingeforderte Betrag nicht rechtzeitig entrichtet, so ist vom Kostenbeamten ein Zahlungsauftrag zu erlassen. Erst dieser stellt einen Exekutionstitel dar (§ 6 Abs 1 GEG). Der Zahlungsauftrag ist als Verwaltungsbescheid nur im Verwaltungsweg, nicht aber auf dem ordentlichen Rechtsweg anfechtbar (RIS-Justiz RS0053656; RS0123129).
Die gerichtlichen Gebührenbestimmungs-beschlüsse als solche wurden vom Antragsteller nicht bekämpft.
Textnummer
E98351European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0090OB00040.11I.0727.000Im RIS seit
02.10.2011Zuletzt aktualisiert am
13.03.2013