TE OGH 2011/8/30 10Ob40/11x

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Veröffentlicht am 30.08.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** L*****, vertreten durch Dr. Gernot Murko und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei R***** K*****, vertreten durch Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwalt in Wien, wegen 2.176,66 EUR sA und Feststellung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 4. März 2011, GZ 4 R 69/11f-12, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Teilanerkenntnisurteil des Bezirksgerichts Ferlach vom 13. Oktober 2010, GZ 2 C 394/10i-3, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 250,22 EUR (davon 41,70 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit dem in der Tagsatzung vom 13. 10. 2010 in Anwesenheit beider Parteien verkündeten Teilanerkenntnisurteil verpflichtete das Erstgericht den Beklagten zur Zahlung von 1.088,33 EUR samt Zinsen und stellte fest, dass der Beklagte dem Kläger für sämtliche aus und im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 28. 6. 2009 einhergehenden zukünftigen Vermögensnachteile bzw Schäden zu einem Drittel haftet. Die Kostenentscheidung behielt es der Endentscheidung vor.

Das Protokoll dieser Tagsatzung fertigte das Erstgericht am 21. 10. 2010 an die Parteien ab. Eine Ausfertigung des Teilanerkenntnisurteils stellte es dem Beklagtenvertreter (von Amts wegen) am 7. 12. 2010 zu.

Mit der am 21. 12. 2010 eingebrachten Berufung bekämpft der Beklagte den Leistungsausspruch des Teilanerkenntnisurteils.

Das Rekursgericht wies die Berufung als verspätet zurück. Die Wirksamkeit eines Anerkenntnisurteils trete mit dessen Verkündung in Gegenwart beider Parteien bei der mündlichen Verhandlung ein. Damit beginne auch die vierwöchige Berufungsfrist. Die Zustellung dieses Urteils habe darauf keinen Einfluss. Nach der Rechtsprechung werde ein verkündetes Anerkenntnisurteil allerdings bei Vorbehalt der Kostenentscheidung erst mit der Zustellung wirksam. Dieser Auffassung werde von M. Bydlinski (in Fasching/Konecny2 § 416 ZPO Rz 7), mit überzeugenden Argumenten widersprochen. Das Berufungsgericht schließe sich dieser Lehrmeinung an. Die erst am 21. 12. 2010 erhobene Berufung gegen das in der Verhandlungstagsatzung vom 13. 10. 2010 verkündete Teilanerkenntnisurteil sei daher verspätet.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs des Beklagten ist zwar zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO; RIS-Justiz RS0098745), aber nicht berechtigt.

Wenn der Beklagte den gegen ihn erhobenen Anspruch bei der mündlichen Streitverhandlung ganz oder zum Teil anerkennt, so ist auf Antrag des Klägers dem Anerkenntnis gemäß durch Urteil zu entscheiden (§ 395 ZPO). Ein in Anwesenheit beider Parteien verkündetes Urteil aufgrund von Verzicht oder Anerkenntnis wird mit der Verkündung den Parteien gegenüber wirksam und ist in schriftlicher Ausfertigung nur auf Verlangen der Parteien zuzustellen (§ 416 Abs 3 Satz 1 ZPO). Mit der Verkündung beginnt die Rechtsmittelfrist (§ 464 Abs 2 ZPO) zu laufen (Rechberger in Rechberger, ZPO3 § 416 ZPO Rz 3, 5 mwN). Bei der Beurteilung des Laufs der Rechtsmittelfrist (§ 416 Abs 3 ZPO) kommt es nur darauf an, ob ein Anerkenntnisurteil, das heißt auf ein vom Gericht angenommenes prozessuales Anerkenntnis gegründetes Urteil gefällt wurde, nicht aber, ob ein prozessuales Anerkenntnis gegeben war (8 Ob 154/62 = RIS-Justiz RS0040845; vgl RIS-Justiz RS0040875; M. Bydlinski in Fasching/Konecny2 § 416 Rz 11 mwN).

Die Rechtsprechung vertritt die Auffassung, ein Anerkenntnisurteil werde gemäß § 416 Abs 1 ZPO erst mit der Zustellung wirksam, wenn bei der Verkündung die Kostenentscheidung (2 Ob 507/96) oder die Kostenbestimmung (4 Ob 4/99p) der schriftlichen Ausfertigung des Anerkenntnisurteils vorbehalten wurde. Sowohl das Berufungsgericht als auch der Rekurswerber übersehen, dass der Anlassfall anders gelagert ist. Das Teilanerkenntnisurteil wurde nämlich vollständig verkündet, wurde doch seiner Ausfertigung nichts vorbehalten. Der Kostenvorbehalt beim Teilurteil nach § 52 Abs 2 ZPO in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novellierung durch BGBl I 2010/111 ist nicht mit dem Vorbehalt der ziffernmäßigen Bestimmung der Kosten in der schriftlichen Ausfertigung eines verkündeten, aber schriftlich auszufertigenden Urteils (§ 53 Abs 2, § 414 Abs 2 ZPO) oder mit dem Vorbehalt der Entscheidung im Kostenpunkt erst in der schriftlichen Ausfertigung zu verwechseln. Auf die von M. Bydlinski in Fasching/Konecny2 § 416 ZPO Rz 7 an der zuvor dargestellten Rechtsprechung geübten Kritik muss daher nicht eingegangen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Schlagworte

Zivilverfahrensrecht

Textnummer

E98331

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0100OB00040.11X.0830.000

Im RIS seit

27.09.2011

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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