TE OGH 2011/8/30 14Os68/11y

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Veröffentlicht am 30.08.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat am 30. August 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Steinbichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Nuray A***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Nuray A***** und Okan D***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 8. November 2010, GZ 29 Hv 119/10s-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Den Angeklagten Nuray A***** und Okan D***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Nuray A***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB (I und II) sowie des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 und Abs 2 erster und zweiter Fall StGB (V) und Okan D***** des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (V) schuldig erkannt.

Danach haben sie - soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden relevant -

(V) zwischen 2. und 3. September 2009 in V***** im einverständlichen Zusammenwirken mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz, Nuray A***** auch in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die G***** AG dadurch in insgesamt 3.000 Euro übersteigender Höhe am Vermögen geschädigt, dass sie das Ergebnis automationsunterstützter Datenverarbeitungen durch Eingabe von Daten beeinflussten, indem sie mittels vom Kreditunternehmen übergebener TAN-Codes im Telebankingsystem die zweimalige Abbuchung von je 20.000 Euro von nicht gedeckten, bei Fremdbanken geführten Konten der Nuray A*****, deren Gutschrift auf ihrem Ertragskonto bei der G***** AG und in weiterer Folge die Überweisung eines Betrags von 39.900 Euro aus dieser Gutschrift auf das Konto des Okan D***** bei der R***** M***** und Umgebung veranlassten.

Die dagegen jeweils aus den Gründen der Z 5 und Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Nuray A***** und Okan D***** verfehlen ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Nuray A*****:

Soweit die ohne Einschränkung angemeldete Beschwerde dieser Angeklagten auch den Schuldspruch wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB (I und II) umfasst, blieb sie mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von angeblich Nichtigkeit bewirkenden Umständen unausgeführt (§§ 285d, 285a Z 2 StPO).

Das Vorbringen zu unter dem Aspekt rechtsrichtiger Subsumtion erforderlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1 und Abs 2 erster und zweiter Fall StGB (Z 9 lit a) übergeht die diesbezüglichen Urteilsannahmen (wonach die Freigabe der Abbuchungs- und Überweisungsaufträge durch Okan D***** mittels ihm von Nuray A***** übergebener TAN-Codes mit deren Wissen und Willen veranlasst wurde und ihr völlig bewusst war, dass sie sich durch die mit der beschriebenen Dateneingabe bewirkte Beeinflussung des Ergebnisses automationsunterstützter Datenverarbeitungen unrechtmäßig bereichert und die G***** AG dadurch am Vermögen schädigt, wobei ihre Absicht darauf gerichtet war, sich durch Begehung gleichartiger Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen; US 13 und 17), und verfehlt solcherart den in den Feststellungen gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0099810). Aus welchem Grund Konstatierungen zu einem auf die Zufügung eines „40.000 Euro“ übersteigenden Schadens gerichteten Vorsatz erforderlich gewesen wären, ist mit Blick auf den Schuldspruch wegen §§ 148a Abs 1 und Abs 2 erster und zweiter Fall StGB nicht verständlich.

Inwiefern den zitierten Urteilsannahmen der erforderliche Sachverhaltsbezug mangeln sollte, wird mit dem Vorwurf substanzlosen Gebrauchs der verba legalia (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a) nicht erklärt (RIS-Justiz RS0119090). Deren Begründung erfolgte im Übrigen nicht mittels Wiedergabe der verba legalia, sondern unter Bezugnahme auf die insoweit geständige Verantwortung dieser Angeklagten (US 19 f), was den Kriterien des § 270 Abs 2 Z 5 StPO entspricht.

Indem die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a) mit dem Einwand, sämtliche Buchungen seien vom Angeklagten D***** alleine vorgenommen worden, während die Beschwerdeführerin selbst nach den Urteilsannahmen - abgesehen von der Übergabe der TAN-Codes - keine „entsprechenden tatbestandsmäßigen Handlungen begangen hätte“, der Sache nach auf die Annahme von Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) anstelle unmittelbarer Täterschaft (§ 12 erster Fall StGB) zielt, geht sie schon im Ansatz fehl, weil die Beteiligungsform nach § 12 StGB weder Gegenstand der Z 10, noch - abgesehen vom hier nicht vorliegenden Fall (strafloser) versuchter Beitragstäterschaft - der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 636, 646).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Okan D*****:

Der behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen den Urteilsannahmen, wonach dieser Angeklagte aufgrund der umfassenden Information durch Nuray A***** von deren „miserabler finanzieller Situation“ wusste und jener, dass er ihr dennoch ein privates Darlehen über 15.000 Euro gewährte, betrifft keine entscheidende Tatsache und liegt zudem nicht vor.

Welche Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite oder die Begründung welcher Konstatierungen undeutlich (Z 5 erster Fall) sein soll, erklärt die Beschwerde nicht.

Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf fehlender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Annahme eines auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatzes geht nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe aus, womit die Beschwerde den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt verfehlt. Sie ignoriert nämlich die diesbezüglichen Erwägungen der Tatrichter, die die kritisierte Feststellung aus dem objektiven Täterverhalten, den Kenntnissen dieses Angeklagten über die Abläufe des Internetbankings und seinem Wissen um die schlechte Einkommens- und Vermögenslage der Nuray A***** ableiteten (US 27), was unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist (vgl dazu auch Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452). Mit der auf eigenen Schlüssen aus einer schriftlichen Aufstellung des Beschwerdeführers über Zahlungen in Höhe von etwa 23.000 Euro an Nuray A***** (Beilage I zu ON 44) fußenden Behauptung, die Feststellung sei „schlicht und einfach nicht richtig“, bekämpft die Rüge bloß unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter (US 27) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Soweit sie unter Bezugnahme auf die eben angesprochene handschriftliche Aufstellung andeutungsweise Unvollständigkeit im Sinn der Z 5 zweiter Fall geltend macht, genügt der Hinweis, dass § 148a StGB den Vorsatz fordert, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, womit die darlehensweise Überlassung von Geldbeträgen an Nuray A***** im Vorfeld des inkriminierten Verhaltens nicht in erörterungsbedürftigem Widerspruch zu den Konstatierungen zur subjektiven Tatseite steht. Im Übrigen wurde die dem Inhalt des Schriftstücks entsprechende Verantwortung des Beschwerdeführers ohnehin berücksichtigt (US 23).

Fehlende rechtliche Erwägungen bilden schließlich keinen Nichtigkeitsgrund (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 413 f; RIS-Justiz RS0100877).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E98248

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0140OS00068.11Y.0830.000

Im RIS seit

20.09.2011

Zuletzt aktualisiert am

20.09.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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