Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** P***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei V*****, wegen 550 EUR sA, über den Ordinationsantrag der klagenden Partei den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Ordinationsantrag wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Nachdem ihre Klage bereits vom Bezirksgericht Leibnitz, bestätigt durch das Landesgericht Graz, zurückgewiesen wurde, begehrt die Klägerin nun die Ordination nach § 28 Abs 1 JN für folgenden Rechtsstreit: Die Beklagte sei schuldig zu erkennen, die Kosten eines Ersatz-Lkws zu bezahlen, da sie trotz Abschlusses eines Transportvertrags und Vereinbarung eines Fixtermins den Transport nicht durchgeführt habe. Der Lkw-Transport hätte vereinbarungsgemäß von R***** nach O***** stattfinden sollen. Im Hinblick auf Art 31 Z 1 lit b CMR werde die Bestimmung eines örtlich zuständigen Gerichts nach § 28 JN beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Der Ordinationsantrag ist nicht berechtigt.
Gemäß Art 31 Z 1 lit b CMR können die Gerichte eines Staates, auf dessen Gebiet der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung vorgesehene Ort liegt, wegen aller Streitigkeiten aus einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung angerufen werden. Sinn und Zweck des Art 31 CMR ist es, Streitigkeiten aus diesem Abkommen unterliegenden grenzüberschreitenden Beförderungen auf ganz bestimmte Gerichtsstände zu beschränken (RIS-Justiz RS0111681). Art 31 CMR regelt nach herrschender Auffassung ausschließlich Fragen der inländischen Gerichtsbarkeit, nicht Fragen der örtlichen Zuständigkeit. Diese Zuständigkeitsregelung gilt für sämtliche Streitigkeiten aus einer der CMR unterliegenden Beförderung. Voraussetzung für die Anwendung des Art 31 CMR ist, dass ein wirksamer, der CMR unterliegender Beförderungsvertrag abgeschlossen worden ist (4 Nd 508/01 = RIS-Justiz RS0115358; Csoklich in Jabornegg/Artmann, UGB², Art 31 CMR Rz 1 mwN). Dafür spricht nicht zuletzt auch der Wortlaut des Art 31 Z 1 lit b CMR, wonach die Gerichte des Staates angerufen werden können, in dem der Ort der Übernahme oder Ablieferung vorgesehen ist. Darauf, ob der Transport durchgeführt wurde oder nicht, kommt es also nicht an.
Seit der Zivilverfahrensnovelle 2004, BGBl I 2004/128, besteht mit § 101 JN ein Wahlgerichtsstand für Klagen aus CMR. Danach ist auch das Gericht zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung des Gutes vorgesehene Ort liegt. Dieser Wahlgerichtsstand wurde zur Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung sowie zur Vermeidung von Kosten geschaffen, um in jenen Fällen, in denen es nicht ohnedies ein (örtlich) zuständiges Gericht gibt, die Notwendigkeit einer Ordination durch den Obersten Gerichtshof zu vermeiden (RIS-Justiz RS0119721, RS0119645). Eine Ordination ist daher nicht (mehr) erforderlich. Die Klägerin kann den Wahlgerichtsstand nach § 101 JN in Anspruch nehmen. Der Ordinationsantrag ist als unbegründet abzuweisen.
Textnummer
E98264European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0070NC00014.11K.0909.000Im RIS seit
21.09.2011Zuletzt aktualisiert am
28.05.2014