Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21. September 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sommer als Schriftführer in der Strafsache gegen Gabor K***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 31. Mai 2011, GZ 64 Hv 46/11b-49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gabor K***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 9. Dezember 2005 in St. J***** bei W***** Elisabeth M***** mit Gewalt gegen ihre Person unter Verwendung einer Waffe eine Banktasche samt 4.079,11 Euro Bargeld, mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er Elisabeth M***** von hinten mit beiden Armen an ihrem Oberkörper erfasste, ihr mit einem Pfefferspray ins Gesicht sprühte und lautstark forderte: „Geld her, Geld her!“.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Schuldspruch wendet sich die auf Z 5, 5a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Diese verfehlt ihr Ziel.
Die Mängelrüge (Z 5) ermöglicht die Bekämpfung entscheidender Tatsachen (zum Begriff vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399) auf Feststellungs- und Begründungsebene nach Maßgabe von fünf gesetzlich vorgesehenen Anfechtungskategorien und unter Bedachtnahme auf die Gesamtheit der Entscheidungsgründe.
Diese Kriterien lässt der Beschwerdeführer außer Acht, indem er nicht entscheidende Tatsachen wie die Feststellungen zum genauen Auffindungsort und zum mutmaßlichen Zweck der am Tatort gefundenen Kabelbinder, das mögliche Motiv des Angeklagten oder die Annahme des Erstgerichts, der Angeklagte habe die Gewohnheiten der Angestellten des A*****-Marktes ausgekundschaftet, bekämpft und den Ausführungen des Erstgerichts zur Glaubwürdigkeit des Zeugen W***** bloß die eigene Einschätzung entgegenhält (vgl aber RIS-Justiz RS0106588; RS0098603).
Die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite blieben nicht unbegründet (Z 5 vierter Fall), sondern wurden - zulässigerweise (RIS-Justiz RS0116882) - sowie logisch und empirisch einwandfrei aus dem äußeren Tatgeschehen, der Vorgehensweise des Angeklagten bei seinen früheren Taten sowie den Angaben des Opfers Elisabeth M***** erschlossen. Gleiches gilt für die Erwägungen der Tatrichter zum Einsatz eines Pfeffersprays als Waffe (US 6). Dass die Begründung dem Beschwerdeführer - von seiner eigenen Verantwortung ausgehend - nicht ausreichend oder schlüssig erscheint, stellt den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht dar.
Der formelle Nichtigkeitsgrund nach Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht (RIS-Justiz RS0119583).
Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) teils das Vorbringen zur Mängelrüge, teils die Verantwortung des Angeklagten wiederholt, gelingt es ihr nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.
Dass die DNA-Abriebe der Jacke und der Brillenfassung des Opfers nicht verwertet werden konnten, wurde vom Erstgericht nicht übergangen (der Sache nach Z 5 zweiter Fall), sondern ausdrücklich festgehalten (US 7). Eine Vernachlässigung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung kann dem Erstgericht in diesem Zusammenhang nicht vorgeworfen werden, wurden doch die beiden Abriebe auf Anordnung des Vorsitzenden - dem Antrag der Verteidigung (ON 38 S 15) folgend - molekularbiologisch untersucht (ON 39, 46). Die Behauptung der Beschwerde, eine frühere Untersuchung hätte ergeben, dass auf diesen Spuren keine DNA des Angeklagten zu finden war, ist rein spekulativ.
Auch der Umstand, dass das Erstgericht die Erinnerungsfähigkeit des Zeugen W***** hinsichtlich eines fünf Jahre zurückliegenden Ereignisses für gegeben erachtete, jene der Entlastungszeugen des Angeklagten jedoch nicht, vermag keine erheblichen Bedenken zu erwecken, zumal das Erstgericht seine differenzierende Einschätzung plausibel begründet hat (US 5 und 6).
Dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung der Strafschärfungsbestimmung des § 39 StGB nicht auch vom Erschwerungsgrund des raschen Rückfalls ausgegangen werden könne, wird von der Sanktionsrüge lediglich behauptet, nicht aber begründet (vgl aber RIS-Justiz RS0091623; RS0108868). Gleiches gilt für die Kritik an der Annahme der - kein Tatbestandsmerkmal bildenden - Körperverletzung des Opfers als erschwerend (vgl RIS-Justiz RS0091115).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - entgegen der Äußerung der Verteidigerin - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E98456European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0150OS00110.11G.0921.000Im RIS seit
07.10.2011Zuletzt aktualisiert am
07.10.2011