TE Vwgh Erkenntnis 2011/5/13 2010/10/0235

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Veröffentlicht am 13.05.2011
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Index

L55009 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Wien;
L55059 Nationalpark Biosphärenpark Wien;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);

Norm

ABGB §431;
NatSchG Wr 1998 §30 Abs1 Z4 idF 2006/012;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des RM in Wien, vertreten durch Mag. Harald Schuh und Mag. Christian Atzwanger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 12, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 8. September 2010, Zl. MA 22-1903/2010, betreffend Zurückweisung eines Antrages nach dem Wiener Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 8. September 2010 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 21. Dezember 2009, ergänzt am 21. März 2010, auf naturschutzbehördliche Bewilligung für die Herstellung einer Zufahrt samt versperrbarem Tor, einer Wasserleitung und eines Wasserschachtes sowie für das regelmäßige Entfernen des aufkommenden Wildwuchses, die Instandsetzung des schadhaften Zaunes und die Errichtung einer Gerätehütte auf bestimmt bezeichneten Grundstücken im Landschaftsschutzgebiet Döbling zurückgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben der Behörde erster Instanz vom 3. Mai 2010 aufgefordert worden sei, die von ihm behauptete Stellung als außerbücherlicher Eigentümer und damit die Antragslegitimation gemäß § 30 des Wiener Naturschutzgesetzes zu bescheinigen. Der Beschwerdeführer habe daraufhin mit Schreiben vom 17. Mai 2010 jeweils die erste Seite der Kaufverträge über die gegenständliche Liegenschaft, abgeschlossen zwischen dem im Grundbuch eingetragenen G. als Verkäufer und P. als Käufer sowie zwischen P. als Verkäufer und dem Beschwerdeführer als Käufer, samt der jeweils zugehörigen Unbedenklichkeitsbescheinigung vorgelegt. Die Behörde erster Instanz habe den Antrag zurückgewiesen, weil der Beschwerdeführer im Grundbuch nicht als Eigentümer eingetragen sei und auch keinen Sachverhalt behauptet habe, bei dessen Vorliegen der Eintragungsgrundsatz ausnahmsweise durchbrochen wäre (z.B. Zwangsversteigerung, Einantwortung, Enteignung, Ersitzung).

Es sei zwar - wie der Beschwerdeführer in der Berufung vorgebracht habe - richtig, dass im Fall der Übertragung einer Liegenschaft auf mehrere Personen nacheinander der letzte Erwerber direkt im Grundbuch eingetragen werden könne, doch habe der Beschwerdeführer das von ihm behauptete außerbücherliche Eigentum nicht nachgewiesen, weshalb der Berufung ein Erfolg zu versagen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 30 Abs. 1 Z. 4 Wiener Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 45/1998 idF LGBl. Nr. 12/2006 (Wr. NSchG), ist (u.a.) einem Antrag auf Erteilung einer naturschutzbehördlichen Ausnahmebewilligung für Eingriffe in ein Landschaftsschutzgebiet die schriftliche Zustimmung des Grundeigentümers zur beantragten Maßnahme anzuschließen, wenn dieser nicht selbst Antragsteller ist.

Die belangte Behörde hat den Antrag bereits mangels Antragslegitimation des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Ein Ausspruch über die Fragen, ob die beantragten Maßnahmen bewilligungspflichtig sind und gegebenenfalls die Bewilligung erteilt werden kann, wurde damit nicht getroffen. Der Beschwerdeführer vermag daher mit seinem diese Fragen relevierenden Vorbringen eine Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid nicht aufzuzeigen.

Der Beschwerdeführer hat nach der Aktenlage die naturschutzbehördliche Bewilligung u.a. für einen Wasserschacht auf der nach seinem Vorbringen ihm gehörenden Liegenschaft und eine dorthin führende Wasserleitung, die auch über ein Grundstück der Gemeinde Wien führt, beantragt. Dazu hat er vorgebracht, dass die Zustimmung der Gemeinde Wien als Grundeigentümerin vorliege. Mit dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte den Antrag, soweit er sich auf den über Gemeindegrund führenden Teil der Wasserleitung bezieht, nicht mangels Zustimmung des Eigentümers zurückweisen dürfen, macht der Beschwerdeführer schon deshalb keine Rechtsverletzung geltend, weil er nicht konkret behauptet, inwiefern es sich hiebei um einen trennbaren Abspruch handelt.

Der Beschwerdeführer ist unstrittig nicht als Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft im Grundbuch eingetragen. Die - mangels Anhaltspunkten für eine Durchbrechung des Intabulationsprinzips gemäß § 431 ABGB unbedenkliche - Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer nicht Eigentümer ist, wird in der Beschwerde nicht mehr konkret bekämpft.

In der Beschwerde wird jedoch vorgebracht, dass durch den Kaufvertrag zwischen dem im Grundbuch eingetragenen G. und P. sowie jenem zwischen P. und dem Beschwerdeführer sämtliche Rechte und Pflichten auf den Beschwerdeführer übergegangen seien. Daraus ergebe sich zwingend, dass auch die Zustimmung zu den beantragten Maßnahmen vorliege.

Dem ist zu entgegnen, dass die vorgelegten Kaufverträge die Zustimmung des Grundeigentümers nicht zu ersetzen vermögen (vgl. zur § 30 Abs. 1 Z. 4 Wr. NSchG insoweit entsprechenden Bestimmung des § 63 Abs. 1 lit. c der Wiener Bauordnung das hg. Erkenntnis vom 15. September 1992, Zl. 92/05/0124).

Als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer die Verletzung der Manuduktionspflicht. Er sei im Glauben gelassen worden, dass die Stellung als außerbücherlicher Eigentümer ausreiche, und sogar angeleitet worden, diese Stellung nachzuweisen. Mangels Aufklärung über diesen Rechtsirrtum sei er nicht in der Lage gewesen, die Zustimmung der Erben des Vorbesitzers beizubringen. Sein Ansuchen, "einen Zustimmungsberechtigten namhaft zu machen", sei ignoriert worden.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer bei der Antragstellung darauf berufen hat, "außerbücherlicher Eigentümer" zu sein. Die Behörde erster Instanz hat ihn mit Schreiben vom 3. Mai 2010 darüber belehrt, dass dem Antrag gemäß § 30 Abs. 1 Wr. NSchG die schriftliche Zustimmung des Grundeigentümers zur beantragten Maßnahme anzuschließen sei, wenn dieser nicht selbst Antragsteller sei. Weiters wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen zwei Wochen Unterlagen vorzulegen, aus denen die von ihm behauptete Stellung als außerbücherlicher Eigentümer hervorgehe. Der Beschwerdeführer hat daraufhin mit Schreiben vom 15. Mai 2010 den Kaufvertrag zwischen dem im Grundbuch eingetragenen G. als Verkäufer und P. als Käufer aus dem Jahr 1985 sowie einen weiteren Kaufvertrag über die gegenständliche Liegenschaft aus dem Jahr 1988 zwischen P. als Verkäufer und dem Beschwerdeführer als Käufer vorgelegt. Dazu hat er vorgebracht, dass die Vorlage einer Zustimmungserklärung des Erben von G. nicht möglich sei, weil auch dieser bereits verstorben sei. Eine solche Zustimmungserklärung des Erben sei aber auch deshalb gar nicht möglich, weil das Grundstück bereits vor dem Tod des G. verkauft worden sei und der Erbe daher insoweit keine Erbansprüche habe.

Die Behörde erster Instanz hat den Antrag mit der wesentlichen Begründung zurückgewiesen, dass der Beschwerdeführer weder Eigentümer sei, noch die gemäß § 30 Abs. 1 Z. 4 Wr. NSchG erforderliche schriftliche Zustimmung des Grundeigentümers vorgelegt habe.

Da der Beschwerdeführer selber behauptet hat, außerbücherlicher Eigentümer zu sein, kann der Behörde nicht zum Vorwurf gemacht werden, ihn zum Nachweis dieser Behauptung aufgefordert zu haben. Sowohl aus dem Schreiben der Behörde erster Instanz vom 3. Mai 2010 als auch aus der Begründung des Bescheides dieser Behörde ging für den Beschwerdeführer deutlich hervor, dass er nach der behördlichen Ansicht nicht Eigentümer sei und daher für die Antragslegitimation die Zustimmung des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers (bzw. dessen Erben als Gesamtrechtsnachfolger) erforderlich sei. Dass der Beschwerdeführer dies auch so verstanden hat, ergibt sich deutlich aus der Berufung, in der er u.a. Folgendes ausführt:

"Ihren Ausführungen, dem Anbringen sei die Zustimmung des grundbücherlichen Eigentümers beizufügen, kann ich nicht zustimmen. Dies mag wohl dem Wortlaut des Gesetzes entsprechen, entbehrt aber jeglicher Sinnhaftigkeit.

Die Unterschrift des Verstorbenen (G.) wird aus faktischen Gründen nicht einholbar sein. Die seines - ebenfalls bereits verstorbenen - Erben ebenso wenig. Des Erben Erbin ist rechtlich nicht befugt über mein Grundstück zu verfügen, da sich die Liegenschaft natürlich nicht in der Erbmasse befand.

Ich ersuche die Behörde daher, mir den ihrer Meinung nach Zustimmungsberechtigten namhaft zu machen. Dabei wird eine wörtliche Interpretation der gesetzlichen Bestimmungen über die Antragslegitimation aus oben erwähnten Gründen nicht zielführend sein. Außerdem darf auf den Grundbuchstand nicht mehr vertraut werden, sobald seine Unrichtigkeit nachgewiesen wurde. Ich darf wohl davon ausgehen, dass mir die Behörde nicht vorschreiben wird, dass ich die Zustimmung einer erwiesenermaßen unberechtigten Person einholen muss, bloß weil sie im Grundbuch steht."

Daraus ergibt sich deutlich, dass dem Beschwerdeführer die behördliche Ansicht bekannt war, der Antrag erfordere die Zustimmung des im Grundbuch eingetragenen G. bzw. dessen Erben als Gesamtrechtsnachfolger. Gerade diese Ansicht - der er konzediert, den Wortlaut des Gesetzes für sich zu haben - bekämpft er mit der Berufung. Er ersucht die Behörde zwar, "den ihrer Meinung nach Zustimmungsberechtigten namhaft zu machen", macht aber gleichzeitig klar, nicht bereit zu sein, die Zustimmung des Erben des im Grundbuch eingetragenen G. bzw. dessen Erben, beizubringen, weil diesen Personen kein Recht an der Liegenschaft zukomme. Von daher stellt es keinen relevanten Verfahrensmangel dar, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer nicht neuerlich dahin belehrt hat, dass die Zustimmung der Erben des im Grundbuch Eingetragenen erforderlich sei.

Da der Beschwerdeführer weder Eigentümer ist, noch die gemäß § 30 Abs. 1 Z. 4 Wr. NSchG erforderliche Zustimmung des Eigentümers beigebracht hat, wurde der Antrag zu Recht zurückgewiesen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 13. Mai 2011

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2011:2010100235.X00

Im RIS seit

08.06.2011

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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