TE Vwgh Erkenntnis 2011/5/13 2007/10/0112

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Veröffentlicht am 13.05.2011
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
72/13 Studienförderung;

Norm

AVG §37;
StudFG 1992 §19 Abs1;
StudFG 1992 §19 Abs2 Z3;
StudFG 1992 §19 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des S Z in R, vertreten durch Dr. Herbert Fink, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kaiser-Josefstraße 13, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 22. Dezember 2006, Zl. BMBWK- 54.026/0004-VII/8a/2006, betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 22. Dezember 2006 wurde ein am 16. Mai 2006 eingebrachter Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der Anspruchsdauer für die Studienbeihilfe um ein weiteres Semester abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck im Wintersemester 1999/2000 begonnen. Die erste Diplomprüfung habe er am 4. Oktober 2000 abgelegt. Ab Sommersemester 2001 habe er sich in der Anspruchsdauer des zweiten Studienabschnittes befunden, welche regulär sieben Semester umfasse und daher mit dem Sommersemester 2004 geendet habe. Aufgrund einer fachärztlich bestätigten Erkrankung sei die Anspruchsdauer des Beschwerdeführers um ein weiteres Semester - nämlich das Wintersemester 2004/05 - verlängert worden.

Drei Semester später, im Sommersemester 2006, habe der Beschwerdeführer (unter Verwendung eines Formulars für u.a. die "Verlängerung der Anspruchsdauer") wegen der Pflegebedürftigkeit seines Vaters ein Zusatzsemester beantragt. Dieser Antrag sei mit Bescheid der Stipendienstelle Innsbruck vom 30. Juni 2006 abgewiesen worden.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung habe der Beschwerdeführer eine Reihe von Unterlagen, u.a. ein Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. Jänner 2006, vorgelegt; nach diesem Urteil stehe dem Vater des Beschwerdeführers ein Pflegegeld der Stufe 3 zu. Weiters habe der Beschwerdeführer ausgeführt, ihm entstehe durch die Pflege seines Vaters eine "Studienzeitverzögerung im Ausmaß von 120 Stunden monatlich".

Mit Vorstellungsvorentscheidung vom 24. Oktober 2006 habe die Stipendienstelle Innsbruck die Vorstellung des Beschwerdeführers abgewiesen.

Aufgrund eines Vorlageantrages des Beschwerdeführers habe der Senat (der Studienbeihilfenbehörde) der Stipendienstelle Innsbruck mit Bescheid vom 16. November 2006 die Vorstellung neuerlich abgewiesen. Begründend habe der Senat ausgeführt, der Beschwerdeführer habe während der geltend gemachten Studienbeeinträchtigung aufgrund der Pflegebedürftigkeit seines Vaters das Studium der Betriebswirtschaft absolviert. Die Pflegebedürftigkeit seines Vaters habe daher die Studienfähigkeit des Beschwerdeführers nicht übermäßig beeinträchtigt.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, die Pflege des Vaters sei sehr wohl eine plausible Begründung für eine weitere Verlängerung der Anspruchsdauer. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer neben dem Studium der Rechtswissenschaft auch noch das Diplomstudium der Betriebswirtschaft absolviert habe, stehe dem nicht entgegen. Der Beschwerdeführer verweise nochmals auf die vorgelegten Unterlagen, welche die Intensität der Pflegeleistung hinlänglich dokumentierten.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - unter Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG) - im Wesentlichen aus, die maßgebliche Rechtsfrage beziehe sich auf die Kausalität des vom Beschwerdeführer geltend gemachten wichtigen Grundes, nämlich der Pflegebedürftigkeit seines Vaters, für die Studienverzögerung in einem Ausmaß, dass dies zu einer Verlängerung der Anspruchsdauer bis zum Sommersemester 2006 führen könne.

Unter Berücksichtigung der bereits aufgrund der Erkrankung des Beschwerdeführers gewährten Verlängerung der Anspruchsdauer bis einschließlich Wintersemester 2004/05 müsste die Anspruchsdauer im zweiten Studienabschnitt um weitere drei Semester verlängert werden, damit dem Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages Studienbeihilfe gewährt werden könne.

Der Beschwerdeführer habe in diesem Zeitraum ein zweites Studium, nämlich das im Jahr 2003 begonnene Diplomstudium der Betriebswirtschaft, beendet. Die vom Beschwerdeführer behauptete Beeinträchtigung durch insgesamt mindestens drei Semester lasse sich keinesfalls nachvollziehen, weil genau in diesen Zeitraum die erfolgreiche Absolvierung eines anderen Studiums falle. Es sei daher nach den Gesetzen der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass sich die Verzögerung des Studiums der Rechtswissenschaften zumindest zu einem erheblichen Teil durch die Konzentration des Beschwerdeführers auf ein anderes Studium ergeben habe.

Die Kausalität der Pflegebedürftigkeit seines Vaters für die Beeinträchtigung des Studienfortgangs des Beschwerdeführers in dem geförderten Studium der Rechtswissenschaften sei somit nicht in einem solchen Maß gegeben, dass dies zu einer Verlängerung der Anspruchsdauer um insgesamt drei Semester führen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist gemäß § 6 Z. 3 StudFG, dass der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist.

Ein günstiger Studienerfolg liegt gemäß § 16 Abs. 1 StudFG vor, wenn der Studierende

1.

sein Studium zielstrebig betreibt (§ 17),

2.

die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§ 18 und 19) und

              3.              Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt (§§ 20 bis 25).

Ein günstiger Studienerfolg an Universitäten liegt gemäß § 20 Abs. 2 StudFG nicht vor, wenn ein Studierender die erste Diplomprüfung (das erste Rigorosum) des Studiums, für das Studienbeihilfe beantragt wird, oder eines Vorstudiums nicht innerhalb der zweifachen vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters absolviert hat.

Gemäß § 18 Abs. 1 StudFG umfasst die Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Bakkalaureatsprüfungen, Magisterprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19).

Die Anspruchsdauer ist gemäß § 19 Abs. 1 StudFG zu verlängern, wenn der Studierende nachweist, dass die Studienzeitüberschreitung durch einen wichtigen Grund verursacht wurde.

Wichtige Gründe im Sinn des § 19 Abs. 1 StudFG sind gemäß § 19 Abs. 2 StudFG:

1. Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,

2.

Schwangerschaft der Studierenden und

3.

jedes unvorgesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Die Beschwerde bringt im Wesentlichen vor, der Beschwerdeführer habe umfangreiche Pflegeleistungen für seinen Vater erbracht. Aufgrund des Grades der Pflegebedürftigkeit des Vaters, nämlich im Ausmaß von 120 Stunden im Monat, ergebe sich "ohne weiteres", dass bereits in der Pflege des erkrankten Vaters eine plausible Begründung für die beantragte Verlängerung der Anspruchsdauer vorliege. Wenn die belangte Behörde ausführe, die Verzögerung des Studiums der Rechtswissenschaften habe sich zu einem erheblichen Teil durch die Konzentration des Beschwerdeführers auf ein anderes Studium ergeben, so sei dem entgegenzuhalten, dass die Pflege seines Vaters zumindest gleich viel, wenn nicht mehr Energie in Anspruch genommen habe als das vom Beschwerdeführer betriebene Zweitstudium.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte krankheitsbedingte Pflegebedürftigkeit seines Vaters kommt grundsätzlich als wichtiger Grund iSd des § 19 Abs. 2 Z. 3 StudFG, der die Verlängerung der Anspruchsdauer nach § 19 Abs. 1 StudFG rechtfertigen kann, in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 2008, Zl. 2007/10/0052, mwN). Maßgeblich für die Verlängerung der Anspruchsdauer ist allerdings nicht nur, dass ein derartiger wichtiger Grund gegeben ist, sondern auch, dass dieser Umstand die Studienzeitüberschreitung im Wesentlichen verursacht hat und während der Anspruchsdauer eingetreten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 96/12/0201).

Dabei ist zu beachten, dass es Sache des Antragstellers ist, nicht nur Art und Ausmaß des behaupteten Ereignisses konkret darzulegen, sondern auch dessen Auswirkungen auf den Fortgang seines Studiums; ihn trifft somit bezüglich des Vorliegens der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale die Behauptungs- und Beweislast (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 3. November 2008 sowie das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2003, Zl. 2003/10/0118, mwN).

Der Beschwerdeführer ist allerdings dieser Verpflichtung zur konkreten Darlegung des Einflusses der Pflegebedürftigkeit seines Vaters auf seinen Studienfortgang nicht ausreichend nachgekommen:

So hat er zu seinem Antrag vom 16. Mai 2006 im Wesentlichen vorgebracht, Antragsgrund sei - "wie beim letzten Antrag" - die sich stark verschlimmernde Krankheit seines Vaters und der Pflegeaufwand für dessen Betreuung; weiters habe er seinen Vater bei zwei langwierigen Prozessen gegen die Pensionsversicherungsanstalt "sowohl pflegend als auch rechtlich" unterstützen müssen. Wegen dieser Ereignisse habe sich eine Beeinträchtigung des Studienerfolges "in der Dauer von Ende Feber 2000 bis Jänner 2006" ergeben.

Auch im weiteren Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer nie präzisiert, durch welche von ihm erbrachten Betreuungsleistungen er wann an der zügigen Verfolgung seiner (rechtswissenschaftlichen) Studien gehindert gewesen sei. Selbst in der Beschwerde bringt er - wie oben wiedergegeben - im Wesentlichen lediglich vor, er habe für seinen Vater, dessen Pflegebedürftigkeit 120 Stunden pro Monat betrage, "umfangreiche Pflegeleistungen" erbracht.

Wenn die belangte Behörde mit Blick auf das bloß allgemein gehaltene und nicht konkretisierte Vorbringen des Beschwerdeführers im Administrativverfahren die Kausalität der Pflegebedürftigkeit des Vaters für die Verzögerung des Studiums verneint hat, so ist dies nach dem Gesagten nicht zu beanstanden.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 13. Mai 2011

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2011:2007100112.X00

Im RIS seit

14.06.2011

Zuletzt aktualisiert am

08.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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