Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Ramona P*****, vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wiener Neustadt, gegen den Antragsgegner Wolfgang P*****, wegen Delegierung, über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 31. März 2011, GZ 16 Nc 6/11w-2, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Zwischen den Parteien ist zu AZ 4 C 1/08z des Bezirksgerichts Mattersburg ein Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG anhängig. In diesem Verfahren stellte der Antragsgegner mehrere Anträge auf Delegierung der Rechtssache nach § 31 JN an das Bezirksgericht Wiener Neustadt. Den ersten Antrag wies das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 5. 8. 2010 ab, den zweiten mit Beschluss vom 14. 9. 2010 zurück (16 Nc 8/10p).
Mit Antrag vom 20. 2. 2011 beantragte der Antragsgegner neuerlich die Delegierung gemäß § 31 JN an das Bezirksgericht Wiener Neustadt, wobei er sich insbesondere darauf berief, dass zwei bisher beantragte Zeugen, beide Parteien sowie der Prozessvertreter der Antragstellerin im Sprengel des Bezirksgerichts Wiener Neustadt ansässig seien, weshalb es im Falle einer Delegierung zu einer Verbilligung des Verfahrens käme.
Das Oberlandesgericht Wien wies den (dritten) Delegierungsantrag zurück. Ein neuerlicher Delegierungsantrag sei nur bei einer Veränderung der Verhältnisse zulässig, die nicht behauptet worden sei. Ebenso wie rechtskräftig vorgenommene Delegationen ohne Änderung des maßgeblichen Sachverhalts bindende Wirkung begründeten, müsse dies auch für abgewiesene Delegationsanträge gelten. Weitere Ablehnungsanträge gegen die zuständige Richterin stellten keine relevante Änderung des Sachverhalts dar, weil ein Delegierungsantrag nicht auf Ablehnungsgründe gestützt werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Rekurs - für den keine Anwaltspflicht besteht (§ 6 Abs 2 AußStrG) - ist nicht berechtigt.
Wie das Oberlandesgericht Wien bereits zutreffend ausgeführt hat, steht es nicht im Belieben einer Verfahrenspartei, einen vom Gericht bereits beurteilten, in seinen wesentlichen Elementen unveränderten Sachverhalt durch entsprechende Antragstellung neuerlich prüfen zu lassen. Dies gilt auch für Delegierungsanträge, wenn über einen derartigen Antrag bereits inhaltlich entschieden wurde und der Antragsteller einen solchen Antrag wiederholt. Ist der maßgebliche Sachverhalt unverändert geblieben, ist es auch nicht zulässig, den neuen Antrag auf Umstände zu stützen, die zwar im ersten Antrag nicht geltend gemacht worden sind, aber auf der Basis des damals vorliegenden Sachverhalts bereits geltend gemacht hätten werden können.
Damit geht auch das Argument des Rekurswerbers, er habe in seinem (letzten) Antrag erstmals vorgebracht, dass auch zwei Zeugen im Sprengel des Bezirksgerichts Wiener Neustadt wohnhaft seien, womit ein geänderter Sachverhalt bzw neue Verhältnisse vorlägen, ins Leere. Wenn er sich in diesem Zusammenhang darauf beruft, er habe bei seinem ersten Antrag nicht gewusst, dass für eine Delegierung auch der Wohnort von Zeugen von Bedeutung sein könnte, kann dies die Zulässigkeit eines neuerlichen Antrags nicht begründen, liegt darin doch keine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts. Es wäre vielmehr am nunmehrigen Rekurswerber selbst gelegen gewesen, sich über die maßgebliche Rechtslage zu informieren und diese bei der Begründung seines (ersten) Delegierungsantrags zu berücksichtigen. Eine unsorgfältige Vorgangsweise kann nicht zur Zulässigkeit weiterer Delegierungsanträge bei unverändertem Sachverhalt führen.
Textnummer
E97398European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0010OB00097.11P.0524.000Im RIS seit
07.06.2011Zuletzt aktualisiert am
07.06.2011