TE Vfgh Erkenntnis 2011/5/2 U1005/10

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Veröffentlicht am 02.05.2011
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2, §41a
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinanderdurch Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes einesStaatsangehörigen von Afghanistan; Willkür durch Unterlassungaktueller Länderfeststellungen sowie der Auseinandersetzung mit derpersönlichen Situation des Asylwerbers

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Die Entscheidung wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.400,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1.1. Der Beschwerdeführer, eine Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte am 5. August 2008 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesasylamt wies diesen Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit Bescheid vom 22. Oktober 2009 gemäß §3 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab; gleichzeitig wurde gemäß §8 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat abgewiesen und wurde der Beschwerdeführer gemäß §10 Abs1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

Die dagegen vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. November 2009 erhobene Beschwerde zog der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. Dezember 2009 wegen der beabsichtigten freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan zurück.

1.2. Am 4. März 2010 stellte der (zwischenzeitig nicht nach Afghanistan zurückgekehrte) Beschwerdeführer seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesasylamtes vom 16. März 2010 wurde dem Beschwerdeführer die beabsichtigte Zurückweisung seines Antrags wegen entschiedener Sache und die beabsichtigte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes mitgeteilt.

Der Beschwerdeführer legte dem Bundesasylamt am 16. März 2010 Internetauszüge zu Afghanistan u.a. vom November 2009 und vom Dezember 2009 vor und äußerte sich dazu in seiner Einvernahme vom 24. März 2010.

In seiner Einvernahme am 2. April 2010 wurden dem Beschwerdeführer Länderfeststellungen zu Afghanistan vom Jänner 2010 zur Stellungnahme vorgehalten. Der Beschwerdeführer brachte dazu vor, "nichts Spezielles angeben" zu wollen, weil die Behörde "selbst genug Informationen zu diesem Land" habe.

In weiterer Folge wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß §12 AsylG 2005 mit an den Beschwerdeführer gerichtetem, mündlich verkündetem Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. April 2010 gemäß §12a Abs2 AsylG 2005 aufgehoben.

1.3. Mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 20. April 2010 wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß §12a Abs2 iVm §41a AsylG 2005 rechtmäßig ist.

Begründend wird u.a. Folgendes ausgeführt:

"Der AW [gemeint wohl: Asylwerber; Beschwerdeführer im verfassungsgerichtlichen Verfahren] hat vor dem Bundesasylamt nicht näher dargelegt, inwiefern nunmehr im Vergleich zum vorangegangenen und endgültig in Rechtskraft erwachsenen Verfahren eine wesentliche Änderung der seine Person betreffenden individuellen Umstände im Hinblick auf die aktuelle Lage im Herkunftsstaat eingetreten wäre, die einer allfälligen Rückkehr des AW nach Afghanistan entgegen stehen würde.

Auch hat sich nach Ansicht des Bundesasylamtes die allgemeine Lage in Afghanistan seit Eintritt der Rechtskraft des vorangegangenen Verfahrens, in dem die Rückführung des AW nach Afghanistan für zulässig befunden und dem AW der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt wurde, nicht wesentlich zum Nachteil des AW geändert, weshalb auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass seitdem eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes hinsichtlich der Zulässigkeit der Rückführung des AW nach Afghanistan eingetreten wäre.

Das Bundesasylamt konnte auf Grundlage der von ihm bis dahin herangezogenen Informationsquellen zu Recht davon ausgehen, dass im gegenständlichen Verfahren auch sonst keine konkreten Anhaltspunkte für eine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesasylamt von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen wären, vorliegen würden.

Die vom Bundesasylamt im gegenständlichen Verfahren zur Lage im Herkunftsstaat, insbesondere zur Situation im Fall der Rückkehr, getroffenen Feststellungen wurden dem AW zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt, zu diesen Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben. Der AW hat von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch gemacht. Der AW ist weder den in das Verfahren eingeführten Informationsquellen noch den auf diesen beruhenden und in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt erörterten Feststellungen substanziiert entgegen getreten."

2. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art144a B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.

Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, "die Asylbehörden" seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "auch dafür zuständig, Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus einer Prüfung zu unterziehen".

3. Der belangte Asylgerichtshof legte die Verwaltungsakten des Bundesasylamtes sowie seine Gerichtsakten vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde; von der Erstattung einer Gegenschrift wurde Abstand genommen und auf die Begründung in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

II. Rechtslage

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten - auszugsweise - wie folgt:

"Begriffsbestimmungen

§2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

23. ein Folgeantrag: jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag;

Faktischer Abschiebeschutz

§12. (1) Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des §12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß §24 Abs2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz) …

...

Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§12a. ...

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§2 Abs1 Z23) gestellt …, kann das Bundesasylamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Ausweisung besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

...

Entscheidungen

§22. …

(10) Entscheidungen des Bundesasylamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß §12a Abs2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß §62 Abs2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß §62 Abs3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Asylgerichtshof unverzüglich von Amts wegen zur Überprüfung gemäß §41a zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an den Asylgerichtshof; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat der Asylgerichtshof im Rahmen der Überprüfung gemäß §41a mit Beschluss zu entscheiden.

...

Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§41a. (1) Eine Entscheidung des Bundesasylamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§12a Abs2), ist vom Asylgerichtshof unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. §40 gilt sinngemäß. §66 Abs2 AVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß §12a Abs2 und eine aufrechte Ausweisung sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß §12a Abs2 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Ausweisung umsetzenden Abschiebung ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß §22 Abs10 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Asylgerichtshofes zuzuwarten. Der Asylgerichtshof hat das Bundesasylamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs1 hat der Asylgerichtshof binnen acht Wochen zu entscheiden."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie VfGH 7.11.2008, U67/08).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

Ein willkürliches Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg. 13.302/1992 mwN, 14.421/1996, 15.743/2000). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.

2. Derartige in die Verfassungssphäre reichende Fehler sind dem Asylgerichtshof unterlaufen:

Weder das Bundesasylamt noch der Asylgerichtshof haben sich mit den vom Bundesasylamt erwähnten, vom Jänner 2010 stammenden Länderberichten zu Afghanistan in Bezug auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers auseinandergesetzt.

Das Bundesasylamt stellt in seinem Bescheid vom 2. April 2010 fest, dass "die Lage [im] Herkunftsstaat seit der Entscheidung über [den] vorherigen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert [ist]", und führt dazu beweiswürdigend lediglich aus, dass sich "[d]ie Feststellungen … aus den unbedenklichen[,] objektiven Zusammenstellungen und Auskünften der österreichischen Staatendokumentation [ergeben], denen [der Beschwerdeführer] nicht substantiiert entgegengetreten [ist]", sowie dass "[d]ie in den [vom Beschwerdeführer] vorgelegten Internetauszügen angeführten Ereignisse … keinen Bezug auf [die] Person [des Beschwerdeführers] auf[weisen]". Schließlich wird in der rechtlichen Beurteilung darauf hingewiesen, dass sich "die allgemeine Lage [im] Herkunftsland [des Beschwerdeführers] nicht entscheidungswesentlich geändert [hat]. Bereits [im] Vorverfahren wurde festgestellt, dass [dem Beschwerdeführer] bei einer Rückkehr oder Abschiebung in [sein] Herkunftsland keine Verletzung [seiner] Integrität droht. Da sich die allgemeine Lage … seit der letzten Entscheidung des Bundesasylamtes nicht entscheidungswesentlich geändert [hat], kann davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in [den] Herkunftsstaat für [den Beschwerdeführer] zu keiner Bedrohung der … Menschenrechte führen wird."

Der Asylgerichtshof weist in der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt nicht näher dargelegt habe, inwiefern im Vergleich zum vorangegangenen Verfahren eine wesentliche Änderung der aktuellen Lage im Herkunftsstaat eingetreten wäre, und das Bundesasylamt auf der Grundlage der von diesem herangezogenen Länderberichten zu Recht davon ausgehen habe können, dass keine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes vorliege.

Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung des Bundesasylamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz des Beschwerdeführers aufgehoben wurde, binnen kurzer Zeit, nämlich innerhalb fünfeinhalb Monaten, nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens über den ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesasylamtes getroffen wurde. Wie sich aus §12a Abs2 Z3 AsylG 2005 ergibt, setzt die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes aber jedenfalls eine Prüfung voraus, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für den Fremden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Bei einem Land wie Afghanistan, in dem kriegerische Zustände herrschen, ist zum einen die Erhebung von aktuellen Länderfeststellungen unbedingt erforderlich, zum anderen ist es insbesondere notwendig, dass sich der Asylgerichtshof mit der persönlichen Situation des Asylwerbers im Hinblick auf die getroffenen Länderfeststellungen auseinandersetzt.

Der Asylgerichtshof hat es unterlassen, sich mit der persönlichen Situation des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Die vom Bundesasylamt herangezogenen - allgemein gehaltenen - Länderfeststellungen zu Afghanistan enthalten keinerlei Ausführungen zur Situation von Personen, die sich, wie der Beschwerdeführer, schon seit längerer Zeit nicht mehr dort aufgehalten haben; die Entscheidung des Asylgerichtshofes lässt aber auch eine Auseinandersetzung mit der Situation des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Länderfeststellungen vermissen. Überdies sind die Prüfung der Frage, in welchem Landesteil Afghanistans sich der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise in den Iran aufgehalten hat, und eine Auseinandersetzung mit der Lage in diesem Landesteil - anhand darauf bezogener Länderfeststellungen - in der angefochtenen Entscheidung unterblieben.

An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer den Feststellungen zu Afghanistan in der Einvernahme am 2. April 2010 nicht entgegengetreten ist. Nach dem - der angefochtenen Entscheidung ersichtlich zu Grunde gelegten - Vorbringen des Beschwerdeführers ist dieser nämlich vor 14 Jahren das letzte Mal in Afghanistan gewesen; er habe nach seiner Ausreise aus Afghanistan im Iran gelebt, wo sich nach wie vor seine Frau und seine Kinder aufhielten.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Damit hat der Asylgerichtshof gegen das Willkürverbot des Gebots der Gleichbehandlung von Fremden untereinander verstoßen.

Die angefochtene Entscheidung war daher schon aus diesem Grund aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§88a iVm 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- enthalten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Asylrecht, Fremdenrecht, Ausweisung, Bescheidbegründung,Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2011:U1005.2010

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2012
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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