Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des B S in Bosnien, geboren am 25. März 1959, vertreten durch Dr. Aleksa Paunovic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 17/20, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 24. Juni 1998, Zl. Fr-92/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 sowie §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf den erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid der Bundespolizeidirektion Eisenstadt vom 26. Jänner 1998 und führte aus, der Beschwerdeführer habe am 26. Februar 1995 bei der Grenzkontrollstelle Nickelsdorf versucht, mit einem Reisepass, in dem sich eine gefälschte Aufenthaltsbewilligung befunden habe, in das österreichische Bundesgebiet einzureisen. Der Beschwerdeführer sei darauf hin nach Ungarn zurückgewiesen worden. In der Folge sei er illegal nach Österreich eingereist und habe sich bei der jugoslawischen Botschaft in Wien einen neuen jugoslawischen Reisepass besorgt. Mit diesem Reisepass habe der Beschwerdeführer (offenkundig nach erfolgter Ausreise) am 18. Jänner 1996 bei der Grenzkontrollstelle Nickelsdorf und am 26. März 1997 bei der Grenzkontrollstelle Sopron versucht, nach Österreich einzureisen, sei jedoch mangels eines Sichtvermerkes zurückgewiesen worden. Zuletzt habe sich der Beschwerdeführer am 3. Jänner 1998 bei der Grenzkontrollstelle Nickelsdorf der Einreisekontrolle gestellt und sich dabei mit einem verfälschten kroatischen Reisepass, lautend auf einen anderen Namen, ausgewiesen.
Auf Grund dieses Sachverhaltes sei der Beschwerdeführer verhaftet und mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 23. Jänner 1998 wegen der §§ 223 Abs. 2 und 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden.
Aus dem Verwaltungsakt wären keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer gemäß der Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina ein Aufenthaltsrecht zukomme. Doch auch im Fall, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltsrecht nach der erwähnten Verordnung zukomme, stünde dies der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.
Durch das Verhalten des Beschwerdeführers sei zwar nicht der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt, weil er vom Landesgericht Eisenstadt lediglich zu vier Monaten Freiheitsstrafe, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden sei, jedoch sei bei Betrachtung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers festzustellen, dass er trotz Anzeigeerstattung und Zurückweisung illegal nach Österreich eingereist sei und mit einem daraufhin ausgestellten jugoslawischen Reisepass (nach Verlassen des Bundesgebietes) neuerlich zweimal versucht habe einzureisen, ohne im Besitz eines Sichtvermerkes zu sein. Da dieses Vorhaben misslungen sei, habe der Beschwerdeführer versucht, mit einem verfälschten Reisepass einzureisen.
Dieses Verhalten des Beschwerdeführers, welches sich über einen Zeitraum von 1995 bis 1998 erstrecke, lege für die belangte Behörde den Schluss nahe, dass der Beschwerdeführer immer wieder versuchen werde, der österreichischen Rechtsordnung zuwider zu handeln.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne ein Aufenthaltsverbot rechtens ausschließlich auf § 36 Abs. 1 FrG gestützt werden, wenn triftige Gründe vorlägen, die zwar nicht die Voraussetzungen der im § 36 Abs. 2 leg. cit. angeführten Fälle aufwiesen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigten. Dabei dürfe die Behörde solche Umstände berücksichtigen, die zwar für sich allein nicht unter einen der Tatbestände des § 36 Abs. 2 FrG subsumiert werden könnten, aber doch die Annahme einer Gefährdung der maßgebenden öffentlichen Interessen zu verstärken geeignet seien.
Für die belangte Behörde sei die Annahme gerechtfertigt, dass durch das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Fall seines weiteren Aufenthalts gefährdet werde.
In seiner niederschriftlichen Einvernahme habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er in seinem Heimatland keinerlei Verfolgung befürchten müsse sowie in Österreich weder berufliche, familiäre, noch sonstige Bindungen habe. Erst in seiner Berufung habe er ausgeführt, dass er beabsichtige, seine Lebensgefährtin zu ehelichen. Nach Ansicht der belangten Behörde wiege die Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bei weitem schwerer als die vom Beschwerdeführer aufgezeigte Auswirkung auf seine Lebenssituation.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2).
Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.
Die Beschwerde bestreitet nicht die Feststellungen im angefochtenen Bescheid über das (fremdengesetzwidrige) Fehlverhalten des Beschwerdeführers.
Die belangte Behörde ging in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon aus, dass ein Aufenthaltsverbot rechtens direkt auf § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG gestützt werden könne, wenn zwar keiner der Tatbestände des § 36 Abs. 2 leg. cit. erfüllt sei, wohl aber triftige Gründe vorlägen, die in ihrer Gesamtheit die im § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2000, Zl. 98/21/0324). Dass die Behörde letzteres bejahte, begegnet im Hinblick auf die der Verurteilung des Beschwerdeführers zugrundeliegende Tathandlung des Gebrauches einer verfälschten fremdenrechtlich bedeutsamen inländischen öffentlichen Urkunde und auf die mehrfachen Versuche einer Einreise ohne Einreisebewilligung, letztlich sogar mit einem verfälschten Reisepass, - wodurch im Übrigen der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt wurde - keinen Bedenken (vgl. etwa das zur - insoweit unverändert gebliebenen - Rechtslage nach dem Fremdengesetz 1992 ergangene hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1996, Zl. 96/18/0086, mwN).
Soweit die Beschwerde das Fehlverhalten des Beschwerdeführers damit entschuldigen möchte, dass er wegen der Suche nach seiner verschollenen Verwandtschaft aus Österreich aus- und wieder nach Österreich einreisen habe müssen, unterliegt dieses Vorbringen dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herrschenden Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) und ist schon deshalb unbeachtlich.
Ob dem Beschwerdeführer - wie in der Beschwerde behauptet - als kriegsvertriebenem Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina ein Aufenthaltsrecht auf Grund der diesbezüglichen Verordnungen der Bundesregierung zukommt, kann dahinstehen, weil ein solches die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht unzulässig machen würde.
Gemäß § 37 Abs. 1 FrG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Weiters darf nach § 37 Abs. 2 FrG ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist nach der letztgenannten Gesetzesstelle auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und auf die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.
Die belangte Behörde verweist in ihrem Bescheid zutreffend auf die unterschiedlichen Angaben des Beschwerdeführer in Bezug auf seine privaten und familiären Beziehungen in Österreich (in der Niederschrift vom 26. Jänner 1998 gab der Beschwerdeführer an, in Österreich weder über berufliche, familiäre noch sonstige Bindungen zu verfügen; in der Berufung brachte er hingegen vor, seine in Österreich aufhältige Lebensgefährtin heiraten zu wollen). Die belangte Behörde bezog dennoch die beabsichtigte Eheschließung mit der offensichtlich in Österreich wohnhaften Lebensgefährtin des Beschwerdeführers in ihre Überlegungen ein, hielt aber unbeschadet dessen das Aufenthaltsverbot für dringend geboten und im überwiegenden öffentlichen Interesse gelegen.
Gegen diese Auffassung hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken, weist doch der Beschwerdeführer angesichts der Unterbrechungen seines inländischen Aufenthalts (eine Konkretisierung der Aufenthaltsdauer wird im gesamten Verwaltungsverfahren unterlassen) und des Fehlens familiärer Beziehungen keine ausgeprägte Integration im Inland auf, die mit Erfolg dem aus dem dargelegten Fehlverhalten resultierenden öffentlichen Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbots entgegengehalten werden könnte.
Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seinem behaupteten Aufenthaltsrecht der belangten Behörde Verfahrensmängel vorwirft, legt er einerseits nicht dar, welche konkreten Feststellungen die belangte Behörde hätte treffen müssen; andererseits kommt - wie dargelegt - diesem Thema keine entscheidende Bedeutung zu. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels ist daher nicht gegeben.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Februar 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998210321.X00Im RIS seit
24.01.2002