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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde des A H in L, geboren 1983, vertreten durch Mag. Dr. Martin Enthofer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Promenade 16/2, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. Februar 2007, Zl. 308.502-C1/2E-XVIII/58/07, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit die Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers nach Armenien) abgewiesen wird, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Armenien, stellte am 19. Dezember 2005 einen Asylantrag. Er sei in Armenien mehrfach telefonisch von Unbekannten bedroht worden. Seinen Eltern, die sich seit mehreren Jahren in Österreich aufhielten, sei der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden. Sein Vater leide an Niereninsuffizienz und sei Dialysepatient; seine Mutter sei ebenfalls krank. Er sei nach Österreich gekommen, um sich um seine Eltern zu kümmern.
Mit Bescheid vom 5. Dezember 2006 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig
(Spruchpunkt II.) und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 AsylG nach Armenien aus (Spruchpunkt III.).
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen gerichtete Berufung "in allen Spruchpunkten" ab. Hinsichtlich der Asyl- und Refoulementscheidung verwies die belangte Behörde auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, wonach - zusammengefasst - der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend gemacht habe bzw. keinen maßgeblichen Gefahren im Herkunftsstaat ausgesetzt sei.
Die Ausweisung des Beschwerdeführers sei ungeachtet des Bestehens eines Familienlebens zu seinen Eltern, mit denen der Beschwerdeführer auch in Österreich "im häuslichen Verband" lebe, zulässig, da "keine Hinweise auf einen qualifizierten Sachverhalt im Sinne eines dringenden Pflege-, Abhängigkeits- und/oder Unterhaltsverhältnisses" bestehen, welche einen zwingenden Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich voraussetzen würden. Der Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben sei zudem auch infolge der illegalen Einreise des Beschwerdeführers in das Bundesgebiet und seines kurzen Aufenthalts in Österreich gerechtfertigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2
VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Zu I.:
Der vorliegende Fall gleicht in den entscheidungswesentlichen Punkten betreffend das Erfordernis von tragfähigen Feststellungen zur tatsächlichen Betreuungssituation der Eltern - insbesondere des an Niereninsuffizienz leidenden, dialyseabhängigen Vaters - des Beschwerdeführers sowie der daran anknüpfenden Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK sowohl in sachverhaltsmäßiger als auch in rechtlicher Hinsicht jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 24. März 2011, Zl. 2008/23/1134, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird daher auf dieses Erkenntnis verwiesen. Aus den dort genannten Gründen war auch der hier angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Zu II.:
Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beschwerde wirft - soweit sie sich auf die Bestätigung der erstinstanzlichen Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers und der Refoulemententscheidung bezieht - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde in diesem Umfang abzulehnen.
Wien, am 17. Mai 2011
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2011:2011010021.X00Im RIS seit
14.06.2011Zuletzt aktualisiert am
07.11.2011