D18 419176-1/2011/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin MMag. Dr. SCHNEIDER als Vorsitzende und den Richter Mag. KANHÄUSER als Beisitzer über die Beschwerde der XXX, Staatsangehörige von Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.04.2011, Zl. 11 01.737-EAST-WEST, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 AsylG 2005, idF BGBl. I 100/2005, und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 122/2009, als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt und Verfahrensgang:
I.1. Die Beschwerdeführerin reiste laut eigenen Angaben am 18.02.2011 illegal nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab sie an, den im Spruch angeführten Namen zu tragen, am XXX geboren und Staatsangehörige von Georgien zu sein.
I.2. Bei der niederschriftlichen Erstbefragung durch ein Organ des Öffentlichen Sicherheitsdienstes des Bezirkspolizeikommandos Baden, Polizeiinspektion Traiskirchen EAST, am 18.02.2011, gab sie auf Russisch Folgendes an:
Sie habe keine Beschwerden oder Krankheiten, die sie an dieser Einvernahme hindern, sondern könne der Einvernahme ohne Probleme folgen, sie sei jedoch im zweiten Monat schwanger. Ihre Tochter XXX befände sich bei einem Freund in Tiblisi, nähere Daten wolle sie aber nicht angeben. Sie habe Georgien am 14.02.2011 mit einem Bus von Batumi nach Istanbul verlassen. Sie sei in einem richtigen Reisebus mit zahlreichen Touristen gereist. Von Istanbul ging es dann weiter nach Griechenland, wo sie mit dem Bus auf eine Fähre gefahren seien, am 18.02.2011, dem Tag der Asylantragstellung, sei sie in der Früh in Ankona in Italien angekommen. In Österreich sei sie dann in ein Auto umgestiegen und nach Traiskirchen gebracht worden.
Sie hätte ihr Land verlassen, weil sie Mitglied der Leiboristuli-Partei sei, der Parteiführer heiße Schalvan Natelaschwili. Sie sei seit 2007 Parteimitglied, die Partei sei in ihrer Heimat jedoch verboten, weshalb sie der Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Im Heimatland befänden sich ihre Eltern in XXX (Nordossetien) sowie ihre Tochter in Tiblisi.
An Dokumenten legte sie vor:
Geburtsurkunde, Nr. XXX
Georgischer Parteiausweis, Nr. XXX.
I.3. Am 23.02.2011 wurde der Beschwerdeführerin mit Mitteilung gem. § 28 Abs. 2 AsylG mitgeteilt, dass Konsultationen gemäß der Dublin II-Verordnung mit Italien und Griechenland geführt werden, weshalb die 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen für ihr Verfahren nicht mehr gelte. In der Folge wurde die Beschwerdeführerin jedoch zum Verfahren zugelassen, da keines der genannten Länder sich für das Verfahren zuständig erklärte.
I.4. Am 07.04.2011 wurde die Beschwerdeführerin von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes in Beisein einer Dolmetscherin der georgischen Sprache niederschriftlich einvernommen, wobei sie angab, sie leide seit 4 Jahren an Osteoporose, sei öfters erkältet und zur Zeit schwanger, gemäß vorgelegtem Mutter-Kind-Pass sei der errechnete Geburtstermin der 05.08.2011. Einmal sei sie während dieser Schwangerschaft wegen einer Erkältung sogar im Krankenhaus aufhältig gewesen. Ihre Osteoporose sei in Georgien von einem Arzt festgestellt worden, woraufhin sie Medikamente erhalten habe. Hier in Österreich habe sie keine Medikamente bekommen.
Sie gab weiters an, georgische Staatsbürgerin zu sein, der georgischen Volksgruppe anzugehören, orthodoxen Glaubens und ledig zu sein sowie eine Tochter und keine Geschwister zu haben.
Auf die Frage, warum und seit wann sich ihre Eltern in Nordossetien, Russland, aufhalten würden, gab sie an, dass ihre Eltern Georgien nach dem Krieg vor ungefähr 10 Jahren verlassen hätten und nach Russland gereist seien, wo sie sogar die russische Staatsbürgerschaft erhalten hätten. Sie selbst sei bei ihrer Großmutter in Georgien geblieben. Ihre Eltern hätten keine Probleme. Sie gab weiters an, dass während des Krieges im Jahr 2008 all ihre Dokumente vernichtet worden seien, sie habe jedoch ihre Geburtsurkunde und einen Parteiausweis in Traiskirchen vorgelegt.
Von Beruf sei sie Tanzlehrerin und hätte bis zur Geburt ihres ersten Kindes im Jahr 2007 auch als Tanzlehrerin gearbeitet. Dann sei sie Parteimitglied geworden und hätte auch ein Gehalt von der Partei bekommen. Zudem hätten ihre Eltern sie immer unterstützt, weil sie ein Einzelkind sei. Nach Russland hätte sie jedoch nicht fahren können, denn dort gäbe es Probleme zwischen Russland und Georgien, weshalb ihre Parteigenossen ihr empfohlen hätten, nach Österreich zu reisen. Hier in Österreich wohne die Tante ihrer Mutter in Wien, diese sei österreichische Staatsbürgerin, stamme aus der Ukraine und sei ca. 75 Jahre alt. Sie habe mit dieser nie in einem gemeinsamen Haushalt gelebt, diese hätte laut den Aussagen ihrer Mutter ihre Familie jedoch immer mit Geschenken oder ähnlichen Dingen unterstützt. Es hätte auch immer telefonischer Kontakt bestanden.
Sie selbst hätte von Geburt an bis zum Jahr 2008 im Gebiet Gori, Dorf XXX in Zentralgeorgien gelebt. Zwischen 1984 und 2008 hätte sie auch ein paar Monate in Tiblisi gelebt, denn es sei bei der Schwangerschaft zu Komplikationen gekommen. Von 2008 bis zu ihrer Ausreise 2011 hätte sie in Tiblisi gelebt. Während dieser Zeit hätte sie zu ihrer in Österreich befindlichen Tante keinen Kontakt gehabt und sei von dieser auch nicht unterstützt worden. Als Einzelkind hätte sie keine weiteren Geschwister im Herkunftsstaat, aber Verwandte ihrer Eltern würden im Dorf XXX leben. Dabei handle es sich um ältere Personen, die im Herkunftsstaat keine Probleme hätten.
Nach dem Krieg hätte sie sich in Tiblisi eine Wohnung gemietet und dort ohne Anmeldung von 2008 bis Juni 2010 gewohnt. Die letzten Monate von Juni 2010 bis zu ihrer Ausreise hätte sie bei einer Parteigenossin und Freundin gelebt. Sie hätte in der Labourpartei gearbeitet und für diese Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften an Kioske geliefert. Sie sei seit Jänner 2007 bei der Arbeiterpartei. Bevor sie Parteimitglied geworden sei, sei der Ministerpräsident Surab Schwania ermordet worden, die Regierung habe jedoch versucht, dies zu vertuschen. US-Experten hätten jedoch dann bestätigt, dass der Ministerpräsident durch zwei Schüsse getötet worden sei, worauf die Aufregung und Empörung bei der Bevölkerung sehr groß war. Der Ministerpräsident sei ein Gegner des Präsidenten Saakaschwili gewesen, weswegen dieser den Ministerpräsidenten aus dem Weg geschafft hätte. Ihre Partei hätte deshalb wie die anderen eine große Demonstration am 13.02.2007 vor dem Ministerium für Energetik in Tiblisi organisiert. Sie hätten gefordert, dass mit dem Verkauf der Elektrizitätswerke aufgehört werden solle, die Demonstration sei jedoch durch Polizisten mit Schlagstöcken auseinandergejagt worden, auch sie selbst sei dabei geschlagen worden.
Die zweite Demonstration hätte am 05.11.2007 in XXX, als erlaubte Aktion stattgefunden. Ihre Aufgabe in der Partei sei gewesen, Öffentlichkeitsarbeiten in ihrem Dorf durchzuführen, damit die Leute die Partei unterstützen. 100 Leute ihres Dorfes seien nach Tiblisi gekommen. Am 07.11.2007 sei der Verteidigungsminister mit Polizei und Armee gekommen, es sei Tränengas verwendet worden und die Polizei habe Hunderte von Menschen mit den Stöcken geschlagen, sie selbst sei mit ihren Parteigenossen geflüchtet.
Die nächste geplante Aktion sei am 26.05.2008 erfolgt, da die vorgezogenen Parlamentswahlen gefälscht waren. Am 27.05.2008 hätten sie noch eine Kundgebung durchgeführt, auch diesmal hätten sie die Polizisten wieder auseinandergebracht. Nach dem sinnlosen Krieg gegen Russland im August 2008 hätte am 19.08.2008 wiederum in XXX, eine weitere Kundgebung stattgefunden. Am 20.08.2008 sei sie dann von der Polizei angehalten und in eine Polizeistation gebracht worden. Sie sei gesetzwidrig ohne Durchsuchungsbefehl durchsucht und aufgefordert worden, ihre Parteiaufgabe zu beenden. Sie sei mit der Drohung freigelassen worden, dass sie wieder verhaftet werden würde, wenn sie weiter für ihre Parteigenossen arbeite. Sie hätten auch Dokumente von ihr verlangt, diese hätte sie jedoch nicht mitgehabt und den Polizisten gesagt, dass die Dokumente im Krieg vernichtet worden seien. Daraufhin sei sie freigelassen worden.
Im Juli 2010 hätten sie noch eine Kundgebung mit der Forderung der Freilassung der 130 politisch Gefangenen organisiert. Während politischer Debatten ihres Parteichefs Natelaschwili mit dem Präsidenten, was auch im Fernsehen ausgestrahlt worden sei, seien sie (ungefähr 200 Personen) vor dem Fernsehgebäude gestanden. Die Forderung sei gewesen, Saakaschwili beim Haager-Gericht anzuzeigen. Als sie nach Hause gehen wollte, hätte sie bereits die Polizei vor der Wohnung gesehen. Aus Angst und aufgrund der Warnung der Polizei hätte sie dann ihr Kind vom Kindergarten abgeholt, sei zu einer Parteikollegin gegangen und hätte diese gebeten, ihr zu helfen. Aufgrund der Kosten für den Schlepper konnte sie ihr Kind jedoch nicht mit nach Österreich nehmen. Entweder hole sie ihr Kind nach oder sie fahre nach Hause, sobald sich die Lage wieder beruhigt habe. Während des Aufenthaltes bei ihrer Parteikollegin vom Juli 2010 bis zu ihrer Ausreise am 13.02.2011 hätte sie keine Probleme gehabt, sie hätte sich jedoch die ganze Zeit in der Wohnung aufgehalten und sei nur kurz in Geschäfte gegangen, um Lebensmittel zu kaufen. Auf Nachfrage nach einem speziell fluchtauslösenden Ereignis gab sie an, dass Natelaschwili auch vergiftet und in Wien am Herzen operiert worden sei. Viele der Parteimitglieder seien verhaftet worden, deshalb hätte sie Angst um ihr Leben.
Die Beschwerdeführerin gab an, in ihrem Herkunftsstaat weder Probleme mit Privatpersonen noch bei der Ausübung ihrer Religion gehabt zu haben. Sie sei im Herkunftsstaat von der Polizei nur während der Kundgebungen, was sie bereits angegeben habe, geschlagen worden. Ansonsten hätte sie keine Probleme gehabt. Von der Partei sei ihr gesagt worden, dass sie an der Grenze mit ihrem richtigen Namen Probleme bekommen hätte, sie wisse jedoch nicht, ob sie steckbrieflich gesucht werde. Die Beschwerdeführerin gab weiters an, dass sie im Herkunftsstaat keinen Schutz vor Verfolgung erlangen könnte, da überall die Polizei sei. Sie hätte nie eine Anzeige erstattet und sich nicht anonym an das Innenministerium gewandt oder die Unterstützung oder Hilfe von Menschenrechtsorganisationen bzw. des Ombudsmannes gesucht.
Als Funktion in der Arbeiterpartei gab sie an, dass sie erst in ihrem Dorf Öffentlichkeitsarbeiten durchgeführt habe und an allen Kundgebungen und Demonstrationen teilnahm, als sie in Tiblisi war, habe sie dann Zeitungen und Zeitschriften der Partei an die Kioske verteilt, welche diese öffentlich verkauften. Zum Vorhalt der Unglaubwürdigkeit ihrer Verfolgung und dass es ihr nicht möglich gewesen sein soll, mit ihren tatsächlichen Personalien Georgien zu verlassen, obwohl der Parteigründer Natelaschwili ganz legal im Jahr 2011 in die USA fliegen konnte, gab sie an, dies sei die Politik der Regierung, der Parteigründer sei eine berühmte Persönlichkeit und man könne ihn nicht so leicht bekämpfen. Sie selbst sei ein einfaches Mitglied und gegen sie wäre es leicht zu kämpfen. Zum Vorhalt, dass einfache Anhänger nicht verfolgt werden würden, sondern normalerweise nur sehr aktive Mitglieder der Partei, gab sie an, dass im Herbst ein Büro der Labourpartei explodiert sei und einfache Mitglieder gestorben seien. Sie gab auf Frage an, dass die Arbeiterpartei zwei oder drei Sitze im Parlament habe, es wurde ihr jedoch vorgehalten, dass diese sechs von 150 Sitzen im Parlament einnehme. Zu weiteren Detailfragen über die Partei gab sie an, dass sie das nicht sagen könne, sie wisse es nicht, es hätte sie nicht interessiert.
Auf den vorgetragenen Ländervorhalt gab sie an, dass sie ein 7 Monate altes Baby in Georgien bekommen habe, das ziemlich krank gewesen sei und Herzprobleme gehabt habe, weshalb sie im Krankenhaus bleiben mussten. Sie hätte Dokumente bekommen, in denen gestanden habe, dass die Behandlung eines Babys bis zum 1. Lebensjahr kostenlos sei. Sie hätte das Kind mit Kaiserschnitt zur Welt gebracht, anschließend sei sie in ein Kinderspital verlegt worden, wo sie eineinhalb Monate verbracht hätten. Gleich am ersten Tag hätte die Putzfrau Geld von ihr verlangt und sie hätte sich die Spritzen selber kaufen müssen. Sie hätte sich zwar an Sozialdienste gewandt, jedoch keine Unterstützung erhalten, da sie eine alleinerziehende berufstätige Mutter gewesen sei. Der Vater beider Kinder sei drogenabhängig und sie lebe jetzt von ihm getrennt. Er wisse gar nicht, dass sie in Österreich sei.
Sie legte im Rahmen der Einvernahme ihren Mutter-Kind-Pass (Kopie beim erstinstanzlichen Akt Seiten 111-133) sowie eine Bestätigung des XXX, über einen stationären Aufenthalt vom 05.-08.03.2011 vor.
I.5. Ebenfalls am 07.04.2011 wurde der Beschwerdeführerin die Mitteilung gem. § 29 Abs. 3 AsylG ausgefolgt, wonach beabsichtigt sei, ihren Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen; diese Mitteilung gilt als Einleitung des Ausweisungsverfahren.
I.6. Am 14.04.2011 fand eine weitere Einvernahme im Asylverfahren durch das entscheidende Organ des Bundesasylamtes unter Teilnahme eines Rechtsberaters und einer Dolmetscherin für die georgische Sprache statt. Dabei gab die Beschwerdeführerin an, dass sie ihre bisher gemachten Angaben als richtig aufrecht halten wolle. Sie hätte die Zeitungen und Zeitschriften im XXX abgeholt und an ca. sechs Kioskstände in verschiedenen Bezirken ausgeliefert. Sie könne nicht angeben, wie viele weitere Austräger es gegeben habe. Die Zeitungen und Zeitschriften hätten keinen bestimmten Namen aufgewiesen, es habe nur "Labourpartei" darauf gestanden. Sie beurteile die Arbeiterpartei als neutral, worauf ihr vorgehalten wurde, dass die Arbeiterpartei links-populistisch sei. Als Ziele der Arbeiterpartei gab sie an, dass es ungefähr 4 Ziele gäbe. Es seien diese jedenfalls die Abwahl des Präsidenten, die Meinungsfreiheit und die Befreiung von politischen Gefangen. Das Bundesasylamt hielt ihr vor, dass die Arbeiterpartei 10 Ziele habe, was die Beschwerdeführerin jedoch verneinte.
Sie wolle nicht nach Georgien zurück, sie sei erst bereit zurückzukehren, wenn Saakaschwili nicht mehr Präsident sei. Im Jahr 2013 seien Präsidentschaftswahlen. Bis dahin möchte sie in Österreich bleiben.
I.7. Am 20.04.2011 langte der Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamtes, Büros Kriminaltechnik, Urkunden und Handschriften, vom 31.03.2011 mit dem Befund der Überprüfung der durch die Beschwerdeführerin vorgelegten Geburtsurkunde beim Bundesasylamt ein. Unter Berücksichtigung des derzeitigen Kenntnisstandes hätten die urkundentechnischen Untersuchungen das Vorliegen einer falschen Urkunde ergeben, da es sich um eine Totalfälschung handle.
I.8. Das Bundesasylamt wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 18.02.2011 mit Bescheid vom 29.04.2011, FZ. 11 01.737-EAST-WEST, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idgF, (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab und wies die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien aus (Spruchpunkt III.). Einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde gem. § 38 Abs 1 Z 5 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
In seinem Bescheid stellt das Bundesasylamt fest, dass die Beschwerdeführerin Staatsangehörige von Georgien sei, der georgischen Volksgruppe angehöre, an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leide und schwanger sei. Ihre Identität stehe nicht fest. Die Beschwerdeführerin würde ihren Antrag auf internationalen Schutz damit begründen, dass sie wegen ihrer Mitgliedschaft zur Arbeiterpartei verfolgt werde. Sie habe Georgien an einem offiziellen Grenzübergang verlassen. Festgestellt werde, dass sie keine Verfolgungsgründe im Sinne des AsylG 2005 glaubhaft gemacht habe. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände könne auch nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach Georgien dort einer Gefahr der Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung im Sinne der GFK ausgesetzt wäre. Sie habe bis zur Ausreise bei ihrer Parteikollegin und Freundin gelebt und auch gearbeitet. Es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass sie im Falle der Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung einer Gefahr im Sinne des § 50 FPK ausgesetzt wäre.
Aufgrund der total gefälschten Geburtsurkunde, bei der das ursprüngliche Datenblatt entfernt wurde, sei rückzuschließen, dass es sich bei der Namensangabe lediglich um einen Fantasienamen handle. Da der vorgelegte Parteiausweis dieselben Personalien aufweisen, sei rückzuschließen, dass es sich auch bei diesem um ein gefälschtes Dokument handle. Diese Annahme werde dadurch bestärkt, dass weder die Form noch die von der Beschwerdeführerin angegebenen Farben mit den bisher vorgelegten Parteiausweisen der Arbeiterpartei bei der Staatendokumentation, welche mit Verbindungsbeamten im Herkunftsstaat überprüft wurden, übereinstimmen.
Das Bundesasylamt führte weiter aus, dass vage und unpräzise Angaben ein weiteres Indiz für die mangelnde Glaubwürdigkeit der Asylantragstellerin seien. Im konkreten Fall hätte die Beschwerdeführerin den Voraussetzungen für die Qualifizierung eines Erlebnisberichtes nicht entsprochen. Die von ihr vor der Asylbehörde präsentierte Fluchtgeschichte sei als zu blass einzustufen, zu wenig detailreich und zu oberflächlich, um diese als glaubhaft zu qualifizieren. So sei absolut unglaubwürdig, dass der Parteichef ihr beim Parteieintritt die Wahrheit über den Tod von Schwania Surab erzählte, der nicht wie von ihr angegeben 2006, sondern bereits 2005 verstorben war und über dessen Todesursache bereits 2005 berichtet wurde. Es seien ihr allgemein gehaltene, politische Gegebenheiten nicht bekannt, welche man als notorisch voraussetzen könnte. Da ihr zusammengefasst die Linie und der Aufbau der Arbeiterpartei, die politische Gesinnung ebenso wie die Vertretung der Arbeiterpartei im Parlament gänzlich unbekannt seien, und sie nur falsche bzw. ungenaue, widersprüchliche oder gar keine Antworten auf gestellte Fragen zur Arbeiterpartei geben konnte, werde dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie seit Jänner 2007 Mitglied der Partei sei, kein Glauben geschenkt. Die Behörde gehe deshalb davon aus, dass die Beschwerdeführerin nur allgemein gehaltene Angaben tätigte, wie man sie aus jeder Zeitung, aus Radio oder Fernsehen erfahren könne. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass sie angab, lediglich wegen ihrer Schwangerschaft und ihrer Osteoporose im Herkunftsland medizinisch behandelt worden zu sein. Wäre sie wirklich von der Polizei bei den Demonstrationen geschlagen worden, hätte sie auch deswegen sicherlich eine medizinische Behandlung benötigt. Auch hätte sie selbst angegeben, dass ihre Parteikollegin keinerlei Probleme habe. Zudem hätte sie nie die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, sich gegenüber Dritten zu schützen, durch Anzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft, Menschenrechtsorganisationen oder beim Ombudsmann gesucht.
I.9. Mit 04.05.2011 langte die formularartig ausgefüllte Beschwerde der Beschwerdeführerin rechtzeitig beim Bundesasylamt ein, darin wurde gleichzeitig der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gem. § 8 Abs. 2 AsylG 2005 sowie der Antrag auf Beigebung eines Rechtsberaters gestellt.
Wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften werde Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhoben und dieser seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Aufgrund der mangelhaften Erhebung des Sachverhaltes und darauf aufbauend einer falschen Würdigung ihres Vorbringens sowie aufgrund des Umstandes, dass die Asylbehörde ihr Vorbringen unzulässiger Weise unglaubwürdig qualifiziert habe, gelange die Behörde zu einem für sie ungünstigen Ergebnis. Da sie nicht in der Lage sei, die Beschwerde bzw. den Antrag selbst zu begründen und näher auszuführen, beantrage sie die Beigabe eines Rechtsberaters, insbesondere zur Beratung für eine detaillierte Beschwerdeergänzung und für die Vertretung vor dem Asylgerichtshof. Sie stelle weiters den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, sie befinde sich derzeit in der 27. Schwangerschaftswoche. Ihr erstes Kind sei bereits nach sieben Monaten geboren worden.
Sie wolle daher beantragen, dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, einen Rechtsberater beizugeben, ein ergänzendes Ermittlungsverfahrens aufgrund der offensichtlichen Mangelhaftigkeit des Verfahrens anzuordnen, der Beschwerde stattzugeben und ihr den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, eine in eventu mündliche Verhandlung anzuberaumen, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass ihr der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werde, den angefochtenen Bescheid jedenfalls dahingehend abzuändern, dass von einer Ausweisung aus dem österreichischem Bundesgebiet Abstand genommen werde.
I.10. Mit Beschluss vom 09.05.2011 bestellte der Asylgerichtshof zur Vertretung im Verfahren in der gegenständlichen Beschwerdesache einen Rechtsberater für die Beschwerdeführerin. Da es sich um ein Eilverfahren handle, bei dem seitens des Bundesasylamtes die aufschiebende Wirkung gem. § 38 Abs. 1 Z. 5 AsylG aberkannt worden sei, werde für eine allfällige Beschwerdeergänzung eine Frist von einer Woche ab Zustellung des gegenständlichen Beschlusses eingeräumt. Als Beilage wurde der erstinstanzliche Bescheid dem Schreiben angefügt.
I.11. Am 17.05.2011 wurde seitens des bestellten Rechtsberaters Mag. Grüner, Volkshilfe, Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung, eine Stellungnahme eingebracht, mit der beantragt wurde, der eingebrachten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dies würde sich aus verfassungsrechtlichen Erwägungen im Hinblick auf die Effektivität des Rechtsmittels und der Beratung sowie Vertretung durch den Rechtsberater ergeben. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin mit Unterstützung des Rechtsberaters ein Vorbringen erstattet, welches eine konkrete Verletzung ihrer Rechte gem. Art. 2, 3 EMRK im Fall der Abschiebung aufzeige. Zur eingeräumten Frist von einer Woche zur Beschwerdeergänzung werde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin in Bundesbetreuung in XXX Oberösterreich untergebracht sei und diese einer Gebietsbeschränkung für den Bezirk unterliege, weshalb eine Kontaktaufnahme innerhalb der eingeräumten Frist von einer Woche unmöglich sei. Es werde deshalb der Antrag auf Fristverlängerung auf 4 Wochen gestellt. Diese Frist sei angemessen, zur Information der Beschwerdeführerin über den Vorschlag des Asylgerichtshofes, zur Beantragung der Aufhebung der Gebietsbeschränkung und Abwarten der Entscheidung der zuständigen Behörde, zur anschließenden persönlichen Beratung und Vertretung der Beschwerdeführerin sowie Ergänzung der Beschwerde. Sollte dem Antrag nicht stattgegeben werden, werde dem Anspruch des Asylwerbers auf kostenlose Rechtsberatung nicht Genüge getan. Weiters ersucht der Rechtsberater um Übermittlung insbesondere des erstinstanzlichen Bescheides.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
II.1. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in die dem Asylgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakte der Beschwerdeführerin sowie die im erstinstanzlichen Verfahren eingeführten Länderdokumente.
II.2. Der Asylgerichtshof geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:
Zur Person und den Fluchtgründen:
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Republik Georgien. Ihre Identität steht mangels Vorlage entsprechender Dokumente nicht fest. Bei der vorgelegten Geburtsurkunde handelt es sich um eine Totalfälschung.
Die Beschwerdeführerin reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 18.02.2011 einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz.
Die Beschwerdeführerin leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen und macht solche auch nicht geltend. Die Beschwerdeführerin ist schwanger, der verifizierte Geburtstermin durch Ultraschall in der 19. Schwangerschaftswoche ist der 05.08.2011.
Nicht festgestellt werden kann unter Zugrundelegung des Vorbringens der Beschwerdeführerin, dass der Beschwerdeführerin in Georgien Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten drohen würde. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Asylgerichtshofes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Gründe, nicht gegeben.
Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes drohen würde.
Es besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK. Der Beschwerdeführerin kam zu keinem Zeitpunkt ihres Aufenthaltes in Österreich ein nicht auf das Asylverfahren gestütztes Aufenthaltsrecht zu.
Zur relevanten Situation in Georgien:
Da die von der belangten Behörde herangezogenen aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, das auch dem Kenntnisstand des erkennenden Senates des Asylgerichtshofes entspricht, besteht vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen der belangten Behörde zu zweifeln. Zudem wurden auch konkrete Anfragen an den Verbindungsbeamten des Bundesministeriums für Inneres in Georgien getätigt und somit Recherchen auch vor Ort zur Angelegenheit der Beschwerdeführerin durchgeführt. Auch die Beschwerdeausführungen stellen deren Unbedenklichkeit nicht in Frage. Zur Situation im Herkunftsstaat wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Feststellungen insbesondere Folgendes für den Fall der Beschwerdeführerin als besonders relevant festgehalten:
Politik / Wahlen
In Georgien leben rund 4,6 Millionen Menschen (Juli 2010 est.) auf
69.700 km².
(CIA World Factbook: Georgia, Stand 12.01.2011, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gg.html, Zugriff 19.01.2011)
Georgien ist eine demokratische Republik. Seine Verfassung wurde am 24. August 1995 und am 6. Februar 2004 wesentlich geändert. Neben dem Staatspräsidenten steht ein Premierminister in der Regierungsverantwortung, die Verfassung sichert aber dem Parlament eine wichtige Rolle. Sie bekennt sich zu den Grund- und Menschenrechten einschließlich der Meinungs- und Pressefreiheit. Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft.
Die territoriale Gliederung des Landes (Zentral- oder Bundesstaat) bleibt gemäß Verfassung bis zur Reintegration und Abhaltung freier Wahlen in den abtrünnigen Konfliktgebieten Abchasien und Südossetien offen. In allen anderen Regionen Georgiens fanden im Oktober 2006 erstmals im Rahmen der Schaffung lokaler Selbstverwaltung Kommunal- und Lokalwahlen statt.
Im Frühjahr und Sommer 2009 kam es zu monatelangen friedlichen Protesten und Demonstrationen der Opposition gegen Staatspräsident und Regierung. Im Gegensatz zur Situation 2007 kam es nicht zu einer anhaltenden Eskalation.
(Auswärtiges Amt: Länder, Reise, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand Februar 2010, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos /Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.01.2011)
Ein Zuwachs an Demokratie hat die Rosenrevolution von 2003 trotz anders lautender Versprechen nicht gebracht. Das Parlament, die Medien und die Jurisdiktion sehen sich einer starken Kontrolle durch die Regierung ausgesetzt. Die Macht des Präsidenten gegenüber dem Parlament, dem Kabinett und dem Premierminister wurde durch Verfassungsänderungen gestärkt. In der Zeit zwischen 2004 und 2008 änderte das Parlament die Wahlgesetze und das Verhältnis von Mehrheits- zu Verhältniswahlrecht sechsmal und zwar stets zu Gunsten der Regierungspartei UNM. Und seit 2005 bestimmen nicht mehr die Parteien, sondern der Präsident und das (von der UNM dominierte) Parlament die Zusammensetzung der Wahlkommission.
Der letzte Krieg ist auch mit diesem Abbau demokratischer Standards und dem Fehlen eines Systems von checks and balances zu erklären:
Das Präsidialamt konnte verfassungs- und völkerrechtlich umstrittene Entscheidungen fällen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Weder Parlament noch Verfassungsgericht noch Opposition oder gar die öffentliche Meinung waren in der Lage, die Exekutive zu kontrollieren.
(Friedrich Ebert Stiftung: Länderanalyse Südkaukasus: Krise und Kriegsgefahr?, April 2009)
Wahlen
Am 30. Mai 2010 fanden in ganz Georgien Kommunalwahlen statt. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 49% der registrierten Wahlberechtigten. Wie bereits in Wahlvorhersagen vermutet, errang die regierende "Vereinte Nationalbewegung" VNB einen erdrutschartigen Sieg. In allen 63 Bezirksräten außerhalb von Tiflis erhielt die VNB über 50% der Wählerstimmen, in der Hauptstadt Tiflis gewann sie 39 von 50 Sitzen im Stadtrat. Landesweit entfielen auf die VNB circa 63%. Weit dahinter folgten mit 11,9 Prozent die "Christdemokratische Bewegung" und das Parteienbündnis "Allianz für Georgien" mit 11,3 Prozent. In Tiflis gewann der amtierende Bürgermeister der VNB Gigi Ugulava die Bürgermeisterwahlen mit rund 55% der Wählerstimmen.
(AG Friedensforschung an der Uni Kassel: Saakaschwilis Vorherrschaft gefestigt - Georgische Kommunalwahlen bestätigen klare Mehrheit der Regierungspartei, 04.06.2010,
http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Georgien/kommunalwahl.html, Zugriff 19.01.2011 / Central Asia - Caucasus Institute Analyst:
Georgia's Local Elections: Revitalizing the Rose Revolution?, 09.06.2010, http://www.cacianalyst.org/newsite/?q=node/5343, Zugriff 19.01.2011)
Irakli Alasania, auf den viele Regierungsgegner ihre Hoffnung gesetzt hatten, kam auf 19,05% der Stimmen, Gia Tschanturia ("Christdemokratische Bewegung") auf 10,74%, Swiad Dsidsiguri ("Nationaler Rat") auf 8,31% und Giorgi Topadse ("Industrialisten") auf 5,19%.
(Konrad-Adenauer-Stiftung: Kommunalwahlen in Georgien:
Regierungspartei weiter stärkste Kraft, 01.06.2010 / Civil.ge:
Ruling Party to Retain Majority in all Councils, 31.05.2010, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=22372, Zugriff 19.01.2011)
Die Beobachtermission der OSZE schloss, dass diese Wahlen klare Fortschritte in Richtung einer Einhaltung der Verpflichtungen Georgiens gegenüber OSZE und Europarat gezeigt hätten. Die Wahlkampagne im Vorfeld der Kommunalwahlen hätte der Organisation zufolge in einer "vorwiegend ruhigen Atmosphäre" stattgefunden, die Kandidaten hätten frei Wahlkampf führen und sich versammeln können. Dennoch bestehen laut OSZE "bedeutende Defizite" weiter: Obwohl die Wahlbehörden den Urnengang "transparent und professionell" organisiert hätten, seien am Wahltag in mehreren Regionen "systematische Unregelmäßigkeiten" vorgekommen.
(OSZE: Statement of Preliminary Findings and Conclusions on the Municipal Elections in Georgia, 30 May 2010, 31.05.2010)
Am 21. Mai 2008 fanden vorgezogene Parlamentswahlen statt. Die Regierungspartei "Vereinte Nationalbewegung" (engl. UNM oder dt. VNB) von Staatspräsident Saakaschwili errang dabei 59,18 Prozent der Zweitstimmen und 71 von 75 Direktmandaten. Insgesamt verfügt die UNM damit über 119 von 150 Mandaten, was einer deutlichen verfassungsändernden Mehrheit entspricht. Daneben haben vier Oppositionsparteien den Einzug in das Parlament geschafft: das damals aus mehreren Parteien bestehende Bündnis "Nationaler Rat/Neue Rechte" mit 17,73 Prozent der Zweitstimmen und zwei Direktmandaten, die Christlich-Demokratische Bewegung von Giorgi Targamadse mit 8,66 Prozent der Zweitstimmen, die Arbeitspartei mit 7,44 Prozent der Zweitstimmen und die Republikaner mit zwei Direktmandaten.
Wahlbeobachter zogen ein im Kern positives Fazit der Wahlen 2008, die den Wählern echte Wahlalternativen boten und deren Ergebnisse grundsätzlich den Wählerwillen abbildeten. Sie verwiesen allerdings auch auf zahlreiche, teilweise schwerwiegende Zwischenfälle in einzelnen Wahlbezirken und die damit verbundenen weiter bestehenden Herausforderungen beim Aufbau eines demokratischen Staatswesens in Georgien.
(Auswärtiges Amt: Länder, Reise, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand Februar 2010, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos
/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.01.2011)
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat bei der Durchführung der Parlamentswahl 2008 eine "Anzahl von Problemen" festgestellt. Obwohl politische Interessensgruppen sich bemüht hätten, die Wahl nach internationalen Standards abzuhalten, wäre es zu "Unebenheiten" und "bleibenden Widersprüchen" bei der Wahldurchführung gekommen.
(Der Standard.at, OSZE stellt "Anzahl von Problemen" fest, 22.5.2008)
Auch bei der Präsidentschaftswahl im Jänner 2008, bei der Saakaschwili mit rund 53% gewann, waren von der OSZE eine Reihe von Unregelmäßigkeiten festgestellt worden.
(Freedom House: Freedom in the World 2010 - Georgia, Mai 2010)
Parteien
Saakaschwilis "Vereinte Nationalbewegung" ist seit der Rosenrevolution die in Georgien dominierende Partei. Es gibt zahlreiche Oppositionsparteien, die sich in den letzten Jahren zu wechselnden Allianzen zusammenschlossen.
(Freedom House: Freedom in the World 2010 - Georgia, Mai 2010)
Es gibt keine Einschränkungen der Regierung, was die Gründung politischer Parteien betrifft, außer Registrierungsvoraussetzungen. Laut Registrierungs- und Genehmigungsabteilung des Justizministeriums gab es Ende 2009 200 registrierte politische Parteien. Ende 2008 hatte es 189 gegeben.
(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2009: Georgia, 11.03.2010)
Parteien Parlamentswahlen 2008
Den Parlamentswahlen 2008 stellten sich folgende Parteien und Wahlblöcke:
Regierungspartei "Vereinte Nationalbewegung" VNB (oft auch engl. UNM - "United National Movement") - Michail Saakaschwili
Partei "Republikanische Partei" - Dawit Usupaschwili
Partei "Arbeitspartei" - Schalwa Natelaschwili
Partei "Christdemokraten" (auch "Christdemokratische Partei" oder "Christdemokratische Bewegung) - Giorgi Targamadse
Partei "Politische Bürgerunion - Georgische Politik" - Gotscha Pipia
Partei "Politische Union der georgischen Sportsmänner"
Partei "Nationale Partei der Radikalen Demokraten von ganz Georgien"
Partei "Christlich-Demokratische Allianz"
Partei "Unser Land"
Wahlblock "Vereinte Opposition - Nationaler Rat - Neue Rechte" - Lewan Gatschetschiladse
Wahlblock "Rechte Allianz, Topadse-Industrialisten"
Wahlblock "Traditionalisten, Unser Georgien und Frauenpartei".
(OSZE: Final Report on the 21 May 2008 parliamentary elections in Georgia, 09.09.2008 / OSZE: Interim Report 1 on the 21 May 2008 Parliamentary Elections in Georgia, 25.04.2008)
Die "Vereinte Opposition - Nationaler Rat - Neue Rechte" (kurz "Vereinte Opposition") ist ein ursprünglich im Oktober 2007 aus zehn Parteien und einigen individuellen Politikern gegründetes Bündnis unter der Führung von Lewan Gatschetschiladse. Zu den Parteien zählten:
"Arbeitspartei" - Schalwa Natelaschwili
"Republikanische Partei" - David Usupaschwili
"Konservative Partei" - Swiad Dsidsiguri und Kacha Kukava
"Georgiens Weg" - Salome Surabischwili
"Freiheit" - Konstantin Gamsachurdia
"Volkspartei" ("Partei des Volkes") - Koba Davitaschwili
"Bewegung für ein vereintes Georgien" - Irakli Okruaschwili.
"Wir selbst" [Anm.: engl. "On Our Own"] - Paata Davitaia,
"Georgische Truppe" - Jondi Bagaturia
"Nationale Forum" - Kacha Schartawa
"Neue Rechte" - Davit Gamkrelidse
Die "Arbeitspartei" schied im Jänner, die "Republikanische Partei" im Februar 2008 aus dem Bündnis aus, um eigenständig bei den Parlamentswahlen anzutreten. Die Partei "Neue Rechte" stieß im März 2008 dazu.
(Central Asia-Caucasus Institute and Silk Road Studies Program (Niklas Nilsson, Svante E Cornell): Georgia's May 2008 Parliamentary Elections: Setting Sail in a Storm, Mai 2008, http://www.res.ethz.ch/kb/search/details.cfm?id=55485&lng=en, Zugriff 19.01.2011 / Civil.ge: Parties and Election Blocs, 14.05.2008, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=17830, Zugriff 19.01.2011)
Zur Arbeiterpartei/Labourpartei im Konkreten
Die Arbeiterpartei wurde 1995 von Shalva NATELASHVILI , Tamaz OBGAIDZE, Tsotne ALBUTASHVILI, Mukhran MDIVANI, Vajha KHIDASHELI und Tamaz DZGANIA offiziell gegründet und kandidierte bei Regionalwahlen und Parlamentswahlen mit.
So ist auch jetzt die Arbeiterpartei mit 6 Sitzen im Parlament vertreten.
(Anfragebeantwortung Staatendokumentation vom 18.04.2008 und Fischer Weltalmanach 2011, Seite 191, Georgien)
Der Generalsekretär heißt Soso SHATBARASHVILI.
(Anfragebeantwortung Staatendokumentation vom 12.08.2009)
Die Zentrale befindet sich in 0164 Tiflis, Ivane Javakhishvilistraße 88, Bezirk Didube-Tschugureti, (Anfragebeantwortung Staatendokumentation vom 10.08.2009).
(http://www.labour.ge/geo/party/head/shalva-natelashvili.html am 29.04.2011)
Bei der Arbeiterpartei handelt es sich um eine linkspopulistische Partei mit folgenden 10 Zielen:
Demokratischer Staat
Rechtsstaatlichkeit
Stabilität und Sicherheit des Landes
Förderung der Zivilgesellschaft
Menschenrechte und Freiheiten
Förderung regionaler Demokratisierung
Verbesserung der Wirtschaftslage, basierend auf der Marktwirtschaft
Verbesserung der sozialen Lage (medizinische Versorgung, Bildung)
Bekämpfung von Verbrechen und Korruption
Euro-Atlantische Integration
(Quelle: Anfragebeantwortung Staatendokumentation vom 18.04.2008)
Die Parteizeitung der Arbeiterpartei erscheint nur gelegentlich, somit nicht regelmäßig, und heißt Leiboristi.
(Quelle: Anfragebeantwortung Staatendokumentation vom 18.04.2008)
Der Parteigründer NATELASCHWILI reiste legal im März 2011 in die USA und von dort nach Österreich, ohne irgendwelche Probleme zu haben.
(Quelle: Georgien Nachrichten,
http://www.georgien-nachrichten.de/index.php?rubrik= aussenpolitik&cmd=n_einzeln&nach_id=18358, Natelaschwili und Saakaschwili in den USA, Civil Georgia / Interpressnews, 09.03.2011)
Von den USA aus begab sich Natelaschwili nach Österreich. Dort nahm er auch an einer Reihe von Treffen teil und unternahm am 25. März eine weitere Protestaktion mit der gleichen Forderung vor dem Gebäude von OSZE in Wien.
(Quelle: http://de.rian.ru/politics/20110328/258694720.html, 19:06 28/03/2011, TIFLIS, 28. März (RIA Novosti). Georgische Oppositionspartei fordert von US-Kongress Ende der Unterstützung für Saakaschwili)
Der Generalsekretär der Arbeiterpartei gab persönlich an, dass einfache Anhänger der georgischen Arbeiterpartei nicht verfolgt werden. Einzelfälle kann man nicht ausschließen, jedoch werden normalerweise nur sehr aktive Mitglieder der Partei verfolgt
(Quelle: Anfragebeantwortung Staatendokumentation vom 12.08.2009)
Kommunalwahlen 2010
Im Februar 2009 übernahm Irakli Alasania den Vorsitz des neu gegründeten Oppositionsbündnisses "Allianz für Georgien" der Parteien "Neue Rechte" und "Republikanische Partei", das zu den Kommunalwahlen 2010 antrat. Im Juli 2009 gründete Alasania seine eigene neue Partei "Unser Georgien - Freie Demokraten", die automatisch Teil des Oppositionsbündnisses wurde. Im April 2010 schloss sich die 2006 gegründete Partei "Georgiens Weg" der ehemaligen Außenministerin Salome Surabischwili dem Bündnis an. Ko-Vorsitzender der Allianz wurde der ehemalige georgische Ombudsmann Sosar Subari.
(Rustavi 2: Alliance for Georgia collapses, 16.06.2010, http://www.rustavi2.com/news/news_text.php?id_news=37455&pg=1&im=main, Zugriff 19.01.2011 / Freedom House: Freedom in the World 2010 - Georgia, Mai 2010 / Civil.ge: Alliance for Georgia Falls Apart, 16.06.2010, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=22423&search=, Zugriff 19.01.2011)
Das zweite angetretene Oppositionsbündnis, der "Nationale Rat", ist eine Koalition aus der "Bewegung für ein Gerechtes Georgien", der "Volkspartei" und der "Konservativen Partei". Bürgermeisterkandidat für Tiflis war Swiad Dsidsiguri.
(Civil.ge: Ex-PM Nogaideli Meets Ex-Defense Minister Okruashvili, 08.06.2010, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=22402, Zugriff 19.01.2011)
Der dritte angetretene oppositionelle Wahlblock "Christlich-Demokratische Allianz" setzte sich aus der im Parlament vertretenen "Christdemokratischen Bewegung", der Partei "Wir Allein" und der "Christlich-Demokratischen Volkspartei" zusammen. Für dieses Bündnis trat Giorgi Tschanturia als Bürgermeisterkandidat in Tiflis an.
(Georgien Aktuell: Drei Wahlbündnisse bei Regionalwahlen, 19.04.2010,
http://www.georgien-aktuell.de/politikartikel.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=92&tx_ttnews%5BbackPid%5D=56&cHash=26a0dbdf51, Zugriff 01.07.2010)
Innerstaatliche Fluchtalternative Allgemeines
Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung sind gesetzlich gewährleistet, diese Freiheiten wurden von der Regierung im Allgemeinen respektiert.
Die De-facto-Behörden von Abchasien und Südossetien und russische Truppen in den während des Augustkriegs besetzten Teilen Georgiens schränkten die Bewegungsfreiheit ein. Milizen und russische Truppen richteten Kontrollpunkte ein, die die Bewegungsfreiheit zwischen den von ihnen kontrollierten Regionen und jenen von der georgischen Regierung kontrollierten, einschränkten. Dies trifft vor allem auf das Dorf Perevi und das Achalgorital zu.
Das abchasische "Staatsbürgerschaftsgesetz" erlaubt eine russisch-abchasische, jedoch keine georgisch-abchasische Doppelstaatsbürgerschaft. Viele der Binnenflüchtlinge die zurückkehrten behielten die georgische Staatsbürgerschaft. Ethnische Georgier, die in Abchasien leben, müssen jedoch die abchasische Staatsbürgerschaft annehmen, um Unternehmen zu gründen, Bankkonten zu eröffnen, sich an Wahlen zu beteiligen und um Eigentum zu erwerben.
(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2009: Georgia, 11.03.2010)
Meldewesen
Die Agentur für Zivilregister funktioniert als juristische Person des Öffentlichen Rechtes im Verwaltungsbereich des Justizministeriums Georgiens seit 30. Januar 2006. Funktionen der Agentur sind unter anderem:
Registrierung der Tatsachen der Geburt, Eheschließung, Scheidung, Feststellung der Vaterschaft, Adoptierung, Änderung des Vornamen, Vatersnamen, Familiennamen, Staatsbürgerschaft und des Todes.
Feststellung der juristischen Tatsachen der Geburt und des Todes, auch der Registrierung der Geburt, des Todes.
Korrektur, Änderung, Wiederherstellung und Annullierung der Eintragungen der Zivilakten.
Ausstellung der wiederholten Urkunden und Bescheinigungen über die Registrierung der Zivilakten.
Gründung, Registrierung und Aufbewahrung des Archivfonds der Zivilakten.
Registrierung und Abmeldung der natürlichen Personen nach dem Wohnort, Ausstellung der entsprechenden Personalausweise und Wohnausweise.
Abmeldung der Bürger Georgiens aus dem Konsulatregister.
Ausstellung und Änderung des Passes des Bürgers Georgiens, des Dienstpasses, des Reisepasses der Personen, die ständig in Georgien leben aber keine Staatsbürgerschaft haben, des Reisedokumentes der Flüchtlinge.
Feststellung der Bürgerschaft Georgiens;
Erörterung und Vorbereitung des entsprechenden Beschlusses über die Fragen der Erwerb, Erhaltung, Wiederherstellung und Aufhören der Bürgerschaft Georgiens;
Ausstellung der Genehmigung zu Wohnen;
Erörterung der Fragen der Ausbürgerung von Ausländern aus Georgien;
Erörterung, Lösung der Fragen der Migration im Rahmen ihrer Kompetenz;
Ausstellung der Bescheinigung über keine Hindernisse für die Eheschließung an die Bürger Georgiens mit dem Ziel deren Eheschließung im Ausland;
Erörterung und Bestätigung des vom territorialen Dienst der Agentur vorgelegten Antrags des Bürgers Georgiens und der beigelegten Dokumentation über die Änderung des Vornamen, Vatersnamen, Familiennamen.
(Anfragebeantwortung des VB für Georgien per E-Mail vom 26.3.2009)
In die Datenbank der Agentur für Zivilregister werden die Angaben über die Registrierung des Familiennamen, Vornamen, Vatersnamen, Geburtsdatums, Geburtsortes des Bürgers, die Angaben über die Registrierung unter der konkreten Adresse, das Registrierungsdatum, Personalnummer, die Angaben des Personalausweises und des Passes, auch die Angaben der Staatsbürgerschaft, der Registrierung der Zivilakten eingetragen. In der Datenbank der Agentur für Zivilregister kann man die konkrete Adresse einer Person finden.
Personen, die keine personenbezogenen Dokumente haben, können auf Territorium Georgiens leben, aber die Agentur für Zivilregister kann diese Personen nicht identifizieren.
Wenn an eine Person personenbezogene Dokumente ausgestellt wurden oder/und er unter der konkreten Adresse in Georgien registriert ist, kann die Datenbank der Agentur für Zivilregister diese Person identifizieren, dies betrifft auch die Person die auf Territorium von Abchasien und Samatschablo (gemeint ist Südossetien) geboren sind.
(Anfragebeantwortung des VB für Georgien per E-Mail vom 26.3.2009)
Menschenrechte Allgemein
Georgien ist eine demokratische Republik. Seine Verfassung wurde am 24. August 1995 und am 6. Februar 2004 wesentlich geändert. Neben dem Staatspräsidenten steht ein Premierminister in der Regierungsverantwortung, die Verfassung sichert aber dem Parlament eine wichtige Rolle. Sie bekennt sich zu den Grund- und Menschenrechten einschließlich der Meinungs- und Pressefreiheit. Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft.
(Auswärtiges Amt: Länder, Reise, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand Februar 2010, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos /Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.01.2011)
Um die Bedingungen für einen Beitritt der EU und NATO zu erfüllen, erweiterte die Regierung unter Saakaschwili die demokratischen und rechtsstaatlichen Rechte. Trotzdem kommt es seit Jahren immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen. Zu den autonomen Gebieten Südossetien und Abchasien gibt es zu wenige verlässliche Informationen, um ein ausgewogenes Bild der Situation zu erhalten.
(Schweizerische Flüchtlingshilfe: Georgien Update: Aktuelle Entwicklungen, 16.10.2008)
Am 27. April 1999 trat Georgien als erstes südkaukasisches Land dem Europarat bei. Am 7. Juni 2002 hat Georgien das 1. Zusatzprotokoll zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ratifiziert, welches u. a. den Schutz des Eigentums und das Recht auf freie Wahlen garantiert. Der mit dem Beitritt zum Europarat eingegangenen Verpflichtung zur Ratifizierung der Europäischen Charta zu Regional- und Minderheitensprachen kam Georgien im Oktober 2005 nach. Der Grad und die Ernsthaftigkeit der Umsetzung der Charta bleiben zu beobachten.
(Auswärtiges Amt: Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in Georgien, 24.04.2006)
Georgien hat die wichtigsten internationalen und regionalen Menschenrechtsinstrumente und die meisten Optionalen Protokolle unterzeichnet. Im Juli 2009 unterzeichnete das Land die UN Konvention für die Rechte behinderter Menschen und das diesbezügliche Optionale Protokoll. Seit 2003 hat Georgien das Römer Statut des internationalen Strafgerichtshofs ratifiziert. Derzeit sind vier verpflichtende Berichte an die UN ausständig.
(Europäische Kommission: ENP Progress Report - Georgia, 12.05.2010)
Justiz
Im Rahmen der Justizreform wurde zum einen der Instanzenzug neu geregelt, zum anderen aber auch eine radikale Verjüngung der Richterschaft durchgesetzt. Reformanstrengungen im Rechtsbereich werden fortgesetzt, um fortbestehende Defizite wie z.B. den Rückstau an Verfahren und die zum Teil unhaltbaren Zustände in den Strafvollzugsanstalten zu beseitigen.
(Auswärtiges Amt: Länder, Reise, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand Februar 2010, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien /Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.01.2011)
Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor. Jedoch gibt es weiterhin Berichte, dass die Exekutive Druck auf die Justizbehörden ausübt. Einem Bericht des Ombudsmannes aus der ersten Hälfte 2009 zufolge, würden die Gerichte in Strafrechtsfällen das von der Europäischen Menschenrechtskommission vorgesehene Recht auf ein faires Gerichtsverfahren nicht hinreichend umsetzen. NRO beschwerten sich, dass die Justizbehörden die Entscheidungen der Staatsanwälte ungeprüft übernehmen würden. Zudem sind einige NRO besorgt, dass die jüngst ernannten Richter nicht genug Erfahrung und Ausbildung hätten, um unabhängig handeln zu können. Aufgrund vieler unbesetzter Stellen wurden viele Gerichtsverfahren verspätet anberaumt. 2009 wurden 33 neue Richter angelobt.
Der für die Disziplinierung der Richter zuständige Hohe Justizrat wurde reorganisiert und arbeitet als unabhängige Institution. Nunmehr sind dort keine Mitglieder der Exekutive mehr vertreten. Zwei der 15 [sic!] Mitglieder werden vom Präsidenten ernannt, drei vom Parlament und acht von der Richterkonferenz gewählt. Der Vorsitzende des parlamentarischen Rechtskomitees ist ex officio Mitglied des Justizrates. Eines der drei vom Parlament gewählten Mitglieder muss einer im Parlament nicht mehrheitlichen Fraktion angehören. Die Kompetenz der Ernennung und Entlassung von Richtern wurde vom Präsidenten auf den Hohen Justizrat übertragen.
Im Oktober 2009 wurde eine neue Strafprozessordnung verabschiedet, die meisten Bestimmungen treten mit Oktober 2010 in Kraft. Diese Strafprozessordnung sieht ordentliche Gerichtsverfahren und faire Schutzmechanismen vor. Sie wurde ausgiebig in parlamentarischen Komitees und verschiedenen Arbeitsgruppen, die auch Nichtregierungsorganisationen beteiligten, untersucht.
2009 wurden die Richtergehälter erneut erhöht, um die Korruptionsanfälligkeit zu reduzieren. Höchstrichter verdienen nunmehr 4.400 Lari monatlich (ca. 2.600US$), Berufungsrichter 2.500 Lari (ca. 1.480 US$), und Richter der unteren Instanzen 2.300 Lari (ca. 1.360 US$).
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