E2 413011-4/2010/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX auch XXXX auch XXXX auch XXXX auch XXXX, StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15.04.2011, Zl. 11 02.893-EAST West, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF abgewiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden auch: BF) wurde, als er am 29.05.2009 aus Italien kommend illegal ins österreichische Bundesgebiet einreiste, aufgegriffen und noch am selben Tag nach Italien zurückgeschoben. Der BF reiste jedoch erneut illegal nach Österreich ein und stellte am 31.05.2009 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.
2. Diesen begründete er bei der Erstbefragung am 31.05.2009 und der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 26.08.2009 im Wesentlichen damit, dass er in seinem Herkunftsstaat von den Familienangehörigen jener Frau, die er heiraten habe wollen, verfolgt werde.
3. Ergänzend führte der BF in einer Stellungnahme vom 22.10.2009 aus, dass einer seiner Brüder vor elf Jahren bei einer Kundgebung für Öcalan von Polizisten umgebracht worden sei.
4. Mit Bescheid vom 12.04.2010, FZ. 09 06.404-BAL, wies das Bundesasylamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (gemäß § 8 Abs 1 leg. cit.) ab. Weiters wies es den BF gemäß § 10 Abs 1 leg. cit in den Iran aus und erkannte einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gemäß § 38 Abs 1 Z 6 leg. cit. die aufschiebende Wirkung ab.
Begründend führte das Bundesasylamt zusammengefasst aus, dass dem Vorbringen des BF die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei. Den behaupteten Fluchtgründen habe kein Glauben geschenkt werden können. Es sei davon auszugehen, dass das Fluchtvorbringen lediglich konstruiert worden sei. Der BF habe daher keinen Asylgrund glaubhaft machen können. Es liege kein Sachverhalt vor, der zur Gewährung von subsidiärem Schutz gemäß § 8 AsylG führen würde. Die Ausweisung des BF stelle keinen Eingriff ins Familienleben dar. Die öffentlichen Interessen an einer Ausweisung würden angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und der geringen Integration jedenfalls die privaten Interessen des BF an einem Verbleib in Österreich überwiegen.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 13.04.2010 rechtzeitig Beschwerde, welche der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 11.05.2010, GZ. E2 413.011-1/2010-4E, gemäß §§ 3, 8, 10 AsylG 2005 als unbegründet abwies. Dieses Erkenntnis wurde dem BF am 13.05.2010 persönlich zugestellt.
6. Am 03.06.2010 stellte der BF in der Schweiz einen Asylantrag. Mit Schreiben vom 28.06.2010 akzeptierte das Bundesasylamt das von der Schweiz gestellte Übernahmeersuchen gemäß der Dublin II-VO. Am 16.08.2010 wurde der BF aus der Schweiz nach Österreich rücküberstellt und in Schubhaft genommen.
7. Aus dieser stellte der BF am 17.08.2010 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, seinen zweiten in Österreich. Diesen begründete er bei der Erstbefragung am selben Tag im PAZ wiederum damit, dass er von der Familie des Dorfvorstehers verfolgt werde, da er eine sexuelle Beziehung mit dessen Tochter gehabt habe. Neu führte der BF aus, dass ihm im Iran auch Verfolgung drohe, da er in seinem Geschäft CDs mit kurdischen Inhalten verkauft habe. Seine politischen Gründe seien ihm schon beim ersten Asylantrag bekannt gewesen, er habe sie jedoch nicht erwähnt, da er aufgefordert worden sei, sich kurz zu halten. Erst im Frühjahr dieses Jahres seien im Iran fünf Kurden hingerichtet worden.
8. Am 19.08.2010 wurde dem BF vom Bundesasylamt eine Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 AsylG 2005 ausgehändigt, wonach beabsichtigt sei, den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
9. Am 31.08.2010 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesasylamt. Dabei führte der BF über sein bisheriges Vorbringen hinaus gehend aus, er befürchte im Iran wegen seiner Konvertierung hingerichtet zu werden. Er sei Christ, habe bereits viereinhalb Monate an einem Kurs in der Kirche teilgenommen und sei seit seiner Ankunft in Österreich regelmäßig in die Kirche in T. gegangen. Die Sicherheitskräfte hätten im Zuge einer Hausdurchsuchung beim BF auch eine "Bibel von Lukas" sichergestellt. Der BF legte eine Bestätigung des Benediktinerstifts L. vom 20.08.2010 vor, wonach der BF im Frühjahr einen katechetischen Kurs im Rahmen der Taufkatechese begonnen habe. In der katholischen Kirche sei für erwachsene Taufwerber eine zirka einjährige Taufvorbereitung vorgesehen.
Mit im Zuge der Einvernahme mündlich verkündeten Bescheid hob das Bundesasylamt den faktischen Abschiebeschutz des BF nach § 12 AsylG 2005 gemäß § 12 a leg. cit. auf. Die diesbezüglichen Verwaltungsakten sind am 07.09.2010 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Asylgerichtshofes eingelangt.
10. Eine telefonische Rücksprache der erkennenden Richterin des Asylgerichtshofes mit dem Aussteller oben genannter Bestätigung des Benediktinerstifts L. ergab, dass sich die Teilnahme des BF an besagtem Kurs auf ein einziges Mal beschränkt hatte und der BF seither - abgesehen vom Ersuchen um Ausstellung einer entsprechenden Bestätigung - nicht mehr an den Aussteller der Bestätigung zwecks Fortführung des Kurses herangetreten ist.
11. Mit Beschluss vom 08.09.2010, Zl. E4 413.011-2/2010/3E, erklärte der Asylgerichtshof die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes durch das Bundesasylamt für rechtmäßig. Der gegen diesen Beschluss erhobenen Beschwerde erkannte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 01.10.2010, Zl. U 2190/10-3, gemäß § 85 Abs 2 VfGG die aufschiebende Wirkung zu.
12. Mit Bescheid vom 30.09.2010, FZ. 10 07.376-EAST Ost, wies das Bundesasylamt den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 17.08.2010 gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und wies den BF gemäß § 10 Abs 1 AsylG 2005 in den Iran aus.
Begründend führte das BAA sinngemäß aus, dass kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden habe können. Sein neues Vorbringen, wonach ihm im Iran aufgrund des Verkaufs von CDs mit kurdischen Inhalten Verfolgung drohe, beziehe sich auf Umstände, die bereits vor Abschluss des ersten Asylverfahrens bestanden hätten, sodass dieses bereits Gegenstand des Vorverfahrens gewesen wäre. Dass der BF - wie im Folgeverfahren neu vorgebracht - aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert sei, sei nicht glaubhaft, zumal er keine Kenntnisse über den christlichen Glauben habe und er - im Widerspruch zu der vorgelegten Bestätigung des Benediktinerstifts L. - nur an einem Termin des Taufkurses teilgenommen habe. Mangels eines das öffentliche Interesse überwiegenden Rechtes auf Privat- und Familienlebens sei die Ausweisung des BF in dessen Herkunftsstaat zulässig.
13. Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Vertreter mit Schriftsatz vom 05.10.2010 rechtzeitig Beschwerde, welche mit am 25.10.2010 zugestellten Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20.10.2010, Zl. E2 413011-3/2010/2E, gemäß § 68 Abs. 1 AVG und § 10 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) idgF abgewiesen wurde.
Hinsichtlich des vom BF im Verfahren neu vorgebrachten Glaubenswechsels wurde ausgeführt, dass der BF keine aus innerer Überzeugung erfolgte Konversion - bei der es nicht darauf ankomme, ob ein förmlicher Taufakt erfolgt ist oder nicht - glaubhaft gemacht habe. Es liege daher kein glaubhafter, neuer Sachverhalt vor.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 22.02.2011, U 2731/10-3, ab.
14. Am 25.03.2011 brachte der BF neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz ein, seinen dritten in Österreich. Im Zuge der Erstbefragung in der Erstaufnahmestelle West am selben Tag führte der BF aus, er stelle neuerlich einen Asylantrag, da er am 05.11.2010 in F. getauft worden sei. Darüber hinaus habe er neue Beweise betreffend sein sonstiges Fluchtvorbringen.
15. In der Folge wurde dem BF vom Bundesasylamt eine Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 AsylG 2005 vom 29.03.2011 ausgehändigt, wonach beabsichtigt sei, den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
16. Am 01.04.2011 wurde der BF in der Erstaufnahmestelle West niederschriftlich einvernommen. Im Zuge dessen legte der BF eine Taufbestätigung des Pfarramtes F. und ein Informationsblatt vor stationärer Aufnahme von Dr. T. L. vor.
17. Mit Eingabe vom 07.04.2011 legte der BF neben einem Schreiben des Klinikums W.-G. diverse Schriftstücke in Farsi vor, welche sein Vorbringen, er werde im Herkunftsstaat verfolgt, da er in seinem Geschäft kurdische CDs verkauft habe, belegen sollen.
II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.
2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:
2.1. Mit Datum 01.01.2006 ist das neue Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG idF BGBL. I Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.
Gemäß § 23 Abs. 1 AsylGHG sind, soweit sich aus dem AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
2.2. Gemäß 75 Abs. 4 AsylG begründen ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§ 68 AVG).
2.3. Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
2.3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).
Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27.09.2000, 98/12/0057). Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.04.2007, 2004/20/0100, ausführte, ist eine neue Sachentscheidung, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266; 15.10. 1999, 96/21/0097).
Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN). Nimmt man daher eine positive Entscheidungsprognose an, d.h. könnten die behaupteten neuen Tatsachen - gemessen an der dem Bescheid der Erstinstanz im Erstverfahren zu Grunde liegenden Rechtsanschauung - zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedürfte es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse (gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Urkunden) einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit (vgl. VwGH 16.02.2006, 2006/19/0380; 29. 11.2005, 2005/20/0365; 22.11.2005, 2005/01/0626; 19.7.2001, 99/20/0418). Das Bundesasylamt hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers oder mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen sein ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. VwGH 24.02.2000, 99/20/0173, mwN.).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; 15.10.1999, 96/21/0097). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).
"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.10.1991, 91/09/0069; 30.05.1995, 93/08/0207).
"Sache" des vorliegenden Beschwerdeverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt zu Recht den neuerlichen Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
2.3.2. Im gegenständlichen Fall war die Zurückweisung des Antrags des BF auf internationalen Schutz vom 15.04.2011 durch das Bundesasylamt wegen entschiedener Sache aus folgenden Gründen rechtmäßig:
Der BF führte bei der Erstbefragung in der Erstaufnahmestelle West am 25.03.2011 sinngemäß aus, er stelle seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich - neben dem Umstand, dass er am 05.12.2010 in F. getauft worden sei - deshalb, da er jetzt neue Beweise habe, die sein im vorangegangenen Asylverfahren behandeltes Vorbringen, er werde im Herkunftsstaat verfolgt, da er in seinem Geschäft CDs mit kurdischen Inhalten verkauft habe, belegen würden. Mit Eingabe vom 07.04.2011 legte der BF diverse Schriftstücke in Farsi vor. Dabei handelte es sich um Dokumente aus den Jahren 2003 und 2004, insbesondere um Zahlungs- und Überweisungsbestätigungen, um Kauf- und Mietverträge, um eine Finanzamtsmitteilung und um eine Erklärung eines Bankinstituts, in denen der BF allesamt nicht namentlich erwähnt ist, sowie um einen Kaufvertrag vom 07.07.2003, in dem der BF als Käufer aufscheint.
Ungeachtet dessen, dass die vorgelegten Dokumente nicht geeignet sind, eine Verfolgung des BF in dessen Herkunftsstaat zu belegen - das einzige Dokument, in dem der BF namentlich erwähnt ist, ist ein Kaufvertrag, aus dem nicht einmal das Kaufobjekt hervorgeht - , handelt es sich dabei um Schriftstücke aus den Jahren 2003 und 2004, somit um Beweismittel, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens mit Zustellung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes am 25.10.2010 bestanden haben.
Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 25.04.2007, 2004/20/0100, ausführte, ist eine neue Sachentscheidung, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266; 15.10. 1999, 96/21/0097).
Die Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des BF, er werde im Iran aufgrund des Verkaufs von CDs mit kurdischen Inhalten bedroht, war bereits Gegenstand des vorangegangenen Asylverfahrens, über welches der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 20.10.2010 rechtskräftig abgesprochen und das Vorbringen als nicht glaubhaft bestätigt hat. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diese Entscheidung des Asylgerichtshofes erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 22.02.2011 ab.
Wie im zweiten Asylverfahren machte der BF im gegenständlichen wiederum als Fluchtgrund geltend, dass ihm in seinem Herkunftsstaat aufgrund Apostasie asylrelevante Verfolgung drohen würde. Bereits im zweiten, mit Zustellung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes am 25.10.2010 rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren wurde vom Bundesasylamt und vom Asylgerichtshof befunden, dass der BF keine aus innerer Überzeugung erfolgte Konversion zum Christentum glaubhaft gemacht hat. Der Asylgerichtshof führte in seinem Erkenntnis vom 20.10.2010 aus, dass der BF, auch wenn er gelegentlich die Kirche besucht habe und er einmal an einem Taufvorbereitungskurs teilgenommen habe, die Motive und Beweggründe, die ihn zum Glaubenswechsel veranlasst hätten, nicht dermaßen überzeugend dargestellt hat, dass er die sich bei Geltendmachung eines selbstgeschaffenen Fluchtgrundes in einem Folgeverfahren aufdrängende Vermutung, der subjektive Nachfluchtgrund sei lediglich aus asyltaktischen Gründen geltend gemacht worden, widerlegen hätte können. Weiters führte der Asylgerichtshof in seiner Entscheidung aus, dass bereits der Mangel an grundlegenden Kenntnissen über das Christentum und der Umstand, dass der BF, obwohl er im vorangegangenen Verfahren mehrfach die Möglichkeit dazu hatte, seine Nahebeziehung zum christlichen Glauben erst äußerst spät, nämlich in seiner Einvernahme am 31.08.2010, angegeben habe, zeige, dass das Vorbringen des BF, er habe aus innerer Überzeugung seinen Glauben gewechselt, nicht glaubwürdig ist. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20.10.2010 erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 22.02.2011 ab.
Gerade in einem Folgeantrag geltend gemachte Konversion bedarf einer besonders überzeugenden Darstellung der Motive und Beweggründe, die zum Glaubenswechsel veranlasst haben, handelt es sich doch in einem solchen Fall stets um einen selbstgeschaffenen subjektiven Nachfluchtgrund, dessen Anerkennung als Fluchtgrund - unbeschadet der Genfer Flüchtlingskonvention - in der Regel nicht gewährleistet ist (vergl. dazu Art. 5 Abs. 3 Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, Abl L 304 vom 30.09.2004 [Statusrichtlinie] und § 3 Abs. 2 AsylG 2005), zumal ein "asyltaktisches Vorgehen" in solchen Fällen vermuten werden kann, und somit das Vorliegen "guter Gründe" für die gegenteilige Annahme zu verlangen ist [das Bundesverwaltungsgericht Deutschland hat sich in seinem Urteil vom 18.12.2008, BverwG 10 C 27.07 (OVG 11 LB 75/06) - und inzwischen in weiteren Entscheidungen (wie in BverwG 10 C 25.08 und BverwG 10 C 26.08 vom 24.09.2009) bereits ausführlich mit der Frage der mit Folgeantrag geltend gemachten Nachfluchtgründe auseinandergesetzt und kommt dabei zum Ergebnis, dass eine Flüchtlingsanerkennung in derart gelagerten Fällen nur dann in Betracht kommt, wenn der Kläger (Antragsteller) zur Widerlegung dieser Vermutung gute Gründe anführen kann, warum er seine Aktivitäten nach Abschluss des vorangegangenen Verfahrens ausgeweitet (begonnen) hat.).
Von jemanden, der aus innerer Überzeugung einen Glaubenswechsel beabsichtigt, ist jedoch zu erwarten, dass gerade dieser von sich aus intensiven Kontakt mit einer kirchlichen Glaubensgemeinschaft sucht, sich aktiv mit den Grundsätzen seiner eigenen wie auch der angestrebten Religion umfassend auseinandersetzt, Religionsvergleiche vornimmt, den jeweiligen Glaubenslehren auf den Grund zu gehen versucht, die über den Glauben vermittelten unterschiedlichen Werte und Einstellungen in Beziehung setzt, hinterfragt, sich neue spirituelle Perspektiven verschafft und dies auch in seinem äußeren Verhalten und geäußerten Einstellungen manifestiert. Die Hinwendung zu einem neuen Glauben geht mit einer inneren persönlichen Neuorientierung eines erwachsenen Menschen einher, der bis dahin in einem völlig anderen Kulturkreis, gesellschaftlichen Kontext und unter anderen religiösen (islamischen) Grundwerten aufgewachsen ist und sozialisiert wurde. Das bedeutet, viel von den bisherigen Einstellungen abzulegen und vieles neu anzunehmen.
Auch im gegenständlichen, dem dritten Asylverfahren des BF konnte dieser nicht glaubhaft machen, dass er aus innerer Überzeugung einen Glaubenswechsel vollzogen habe. Wenngleich der BF in seiner Einvernahme am 01.04.2011 offensichtlich einstudierte Ausführungen zu einzelnen christlichen Feiertagen machen konnte und auch die Zehn Gebote großteils angeben konnte, war der BF nach wie vor nicht in der Lage solche Kenntnisse über seine neue Religion zu präsentieren, wie es von einem aus innerer Überzeugung Konvertierten erwartet werden kann.
Jedenfalls konnte der BF im gegenständlichen Verfahren wiederum nicht nachvollziehbar darlegen, was ihn - einen ansonsten nicht sonderlich religiösen Menschen (vgl. die Aussagen des BF bei seiner Einvernahme am 01.04.2011 AS95) - dazu veranlasst hat, in Österreich seinen Glauben zu wechseln. Die lapidare Begründung des BF, im Islam gebe es keine Menschenrechte bzw. das Christentum sei eine ganze Religion, reicht jedenfalls nicht aus, um die sich bei einer erst im Folgeverfahren behaupteten Konversion aufdrängende Vermutung, der subjektive Nachfluchtgrund sei lediglich aus asyltaktischen Gründen geltend gemacht worden, zu widerlegen.
Genauso verhält es sich mit der im gegenständlichen Verfahren in Vorlage gebrachten Taufbestätigung der Pfarre F. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass es zur Beurteilung der Frage, ob ein Glaubenswechsel aus innerer Überzeugung erfolgt ist oder nicht, nicht auf eine förmliche Konversion in Form des Taufaktes ankommt, sodass die "nur für den kirchlichen Amtsbereich" gültige Taufbestätigung der Pfarre F. vom 05.12.2010 nicht per se belegt, dass der BF aus innerer Überzeugung konvertiert ist. Zum anderen ist die Aussagekraft dieser Bestätigung über die hinter der erfolgten Taufe stehenden Motive des BF insofern gemindert, als der BF bereits knapp zwei Wochen nachdem er in die Gemeinde F. gezogen war (laut ZMR am 20.10.2010), in der do. Pfarre am 05.12.2010 getauft wurde, in einer so kurzen Zeitspanne die Beweggründe des BF für die Taufe daher realistischerweise nicht abschließend beurteilt haben werden können.
Dafür dass der BF den Taufakt lediglich als seinem Antrag auf internationalen Schutz dienlichen Formalakt ansieht, er jedoch nicht aus innerer Überzeugung seinen Glauben gewechselt hat, spricht auch der Umstand, dass der BF schon kurze Zeit nach seiner erfolgten Taufe nicht mehr in der Lage war, das Datum dieser anzugeben. Der BF konnte in seiner Einvernahme am 01.04.2011 erst das Datum seiner am 05.12.2010 erfolgten Taufe angeben, nachdem er es von der mitgebrachten Taufkerze abgelesen hatte. Bei einer aus innerer Überzeugung erfolgten Konversion kann jedoch davon ausgegangen werden, dass ein derartig einschneidendes und wichtiges Ereignis wie die Taufe, ähnlich wie ein Geburts- oder Hochzeitstag, auch datumsmäßig in Erinnerung bleibt.
Die förmliche Taufe des BF am 05.12.2010 ist daher aus oben angeführten Gründen nicht geeignet, eine Konversion des BF aus innerer Überzeugung zu belegen. Der BF konnte im gegenständlichen Verfahren daher - wie im vorangegangenen, mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 20.10.2010 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren - nicht glaubhaft machen, dass er aus innerer Überzeugung einen Glaubenswechsel vollzogen habe, sodass es sich bei der Taufe des BF am 05.12.2010 im Vergleich zum Sachverhalt des vorangegangenen Asylverfahren nicht um eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes, sondern bloß um eine Änderung von Nebenumständen handelt. Es war daher von keinem neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt auszugehen.
2.3.4. Mit Bescheid vom 12.04.2010 wies das Bundesasylamt im ersten Asylverfahren den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Iran gemäß § 8 AsylG 2005 ab. Mit Erkenntnis vom 11.05.2010 (zugestellt und in Rechtskraft erwachsen am 13.05.2010) bestätigte der Asylgerichtshof die vom Bundesasylamt durchgeführte Refoulement-Prüfung und stellte daher implizit fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in den Iran zum Entscheidungszeitpunkt (Zustellung des Erkenntnisses am 13.05.2010) keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet.
Dem Asylgerichtshof ist nichts bekannt, was auf eine - in Hinblick auf das vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen - relevante Änderung der allgemeinen Lage im Iran, seit Rechtskraft der oben angeführten Entscheidung des Asylgerichtshofs im Erstverfahren hindeutet, die ihrerseits die Notwendigkeit einer neuerlichen Beurteilung des ursprünglichen Vorbringens aus dem Vorverfahren wegen einer maßgeblichen Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland erforderlich machen würde.
Die in der Beschwerde zitierten Länderberichte sind nicht geeignet, eine Änderung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat des BF seit Rechtskraft des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes im Erstverfahren, somit seit 13.05.2010, aufzuzeigen. Die maßgebliche Lage im Herkunftsstaat des BF hat sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens nicht geändert. Von einer neuerlichen Refoulement-Prüfung konnte daher abgesehen werden.
2.3.5. Der Asylgerichtshof schließt sich somit der Auffassung des Bundesasylamtes an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken, und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann.
Darüber hinaus ist auch in den anzuwendenden Rechtsnormen keine Änderung eingetreten, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe.
Da sohin Identität der Sache vorliegt, hat das Bundesasylamt den neuerlichen Asylantrag zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. war daher abzuweisen.
2.4. Zur Entscheidung über die Ausweisung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
2.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005, der insofern dem § 8 Abs. 2 AsylG 1997 nachfolgt, hat die Behörde dann, wenn ein Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen ist und wenn die Überprüfung gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG ergeben hat, dass dem Fremden in Bezug auf den Herkunftsstaat kein subsidiärer Schutz zukommt, diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden.
Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehen Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (vgl. VfGH 17.03.2005, G 78/04 ua.).
Bei dieser Ausweisungsentscheidung ist auf Art. 8 EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH 15.10.2004, G 237/03 ua., VfGH 17.03.2005, G 78/04 ua.).
2.4.2. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
2.4.2.1. Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).
Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311), zwischen Eltern und erwachsenen Kindern und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Es kann eben nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK - Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8 EMRK; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
2.4.2.2. Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u. a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u. a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
2.4.2.3. Eingriffe in die durch Art. 8 EMRK zu schützenden Rechte von Betroffenen sind iSd Judikatur des VfGH rechtswidrig, wenn u.a. eine Vollzugsbehörde bei Erlassung des Bescheides, mit dem ein solcher Eingriff bewirkt wird, eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat. Dies ist etwa der Fall, wenn die Behörde der angewendeten Norm fälschlicher Weise einen dem Art. 8 Abs. 1 EMRK widersprechenden und durch dessen Abs. 2 nicht gedeckten, somit verfassungswidrigen Inhalt unterstellt.
2.4.3. Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen in diesem Sinne ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls im Detail einzugehen, wobei eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung vor allem im Bereich der fremdenrechtlichen bzw. aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vorzunehmen ist.
Nach dem Urteil des EGMR im Fall Moustaquim ist eine Maßnahme dann in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, wenn sie einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht und zum verfolgten legitimen Ziel verhältnismäßig ist. Das bedeutet, dass die Interessen des Staates, insbesondere unter Berücksichtung der Souveränität hinsichtlich der Einwanderungs- und Niederlassungspolitik, gegen jene des Beschwerdeführers abzuwägen sind.
Der EGMR geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Der EGMR erkennt in stRsp weiters, dass die Konventionsstaaten nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt sind, Einreise, Ausweisung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen (vgl. uva. zB. Urteil Vilvarajah/GB, A/215 § 102 = NL 92/1/07 und NL 92/1/27f.).
Hinsichtlich der Abwägung der öffentlichen Interessen mit jenen des Asylwerbers ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass Asylwerber und sonstige Fremde nicht schlechthin gleichzusetzen sind. Asylwerber hätten idR ohne Geltendmachung von Asylgründen keine rechtliche Möglichkeit, legal nach Österreich einzureisen. Soweit die Einreise nicht ohnehin unter Umgehung der Grenzkontrolle oder mit einem Touristenvisum stattgefunden hat, ist Asylwerbern der Aufenthalt bloß erlaubt, weil sie einen Asylantrag gestellt und Asylgründe geltend gemacht haben. Sie dürfen zwar bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben noch abgeschoben werden, ein über diesen faktischen Abschiebeschutz hinausgehendes Aufenthaltsrecht erlangen Asylwerber jedoch lediglich bei Zulassung ihres Asylverfahrens sowie bis zum rechtskräftigen Abschluss oder bis zur Einstellung des Verfahrens. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern. Es kann dem Gesetzgeber nicht entgegen getreten werden, wenn er auf Grund dieser Besonderheit Asylwerber und andere Fremde unterschiedlich behandelt (VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien (vgl. dazu insbesondere VfGH B 328/07) herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:
Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.9.2004, Fall Ghiban, Appl. 11.103/03, NVwZ 2005, 1046), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.5.1985, Fall Abdulaziz ua., Appl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567;
20.6.2002, Fall Al-Nashif, Appl. 50.963/99, ÖJZ 2003, 344;
22.4.1997, Fall X, Y und Z, Appl. 21.830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 2.8.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124;
11.10.2005, 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 11.4.2006, Fall Useinov, Appl. 61.292/00) für maßgeblich erachtet.
Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren - was bei einem bloß vorläufigen Aufenthaltsrecht während des Asylverfahrens jedenfalls als gegeben angenommen werden kann -, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Fall Darren Omoregie Appl. 265/07). Der EGMR unterscheidet in Hinblick auf die Frage eines Eingriffes in das Privatleben grundlegend zwischen niedergelassenen Zuwanderern, denen zumindest einmal ein Aufenthaltstitel erteilt wurde und jenen Personen, die lediglich einen Asylantrag gestellt haben und deren Aufenthalt somit bis zur Entscheidung im Asylverfahren unsicher ist (EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi v. the United Kingdom, Appl. 21878/06 bzgl. einer ugandischen Staatsangehörigen die 1998 einen Asylantrag im Vereinigten Königreich stellte: In diesem Fall wurde die Abschiebung nicht als ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin Nnyanzi angesehen, da von einem grundsätzlichen Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer effektiven Zuwanderungskontrolle ausgegangen wurde).
Der Asylwerber kann während seines Asylverfahrens nicht darauf vertrauen, dass ein in dieser Zeit entstehendes Privat- bzw. Familienleben auch nach der Erledigung seines Asylantrages fortgesetzt werden kann. Die Rechte aus der GFK dürfen nicht dazu dienen, die Einwanderungsregeln zu umgehen (ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN).
Das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration ist weiters dann gemindert, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführen ist (VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479 mwN). Beruht der bisherige Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten (insbesondere bei Vortäuschung eines Asylgrundes [vgl VwGH 2.10.1996, 95/21/0169]), relativiert dies die ableitbaren Interessen des Asylwerbers wesentlich [vgl. die Erkenntnisse vom 28. Juni 2007, Zl. 2006/21/0114, und vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0246] (VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168).
Bei der Abwägung der Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass es dem Beschwerdeführer bei der asylrechtlichen Ausweisung nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 861, mwN). Es wird dadurch nur jener Zustand hergestellt, der bestünde, wenn er sich rechtmäßig (hinsichtlich der Zuwanderung) verhalten hätte und wird dadurch lediglich anderen Fremden gleichgestellt, welche ebenfalls gemäß dem Grundsatz der Auslandsantragsstellung ihren Antrag gem. FPG bzw. NAG vom Ausland aus stellen müssen und die Entscheidung der zuständigen österreichischen Behörde dort abzuwarten haben.
Die Schaffung eines Ordnungssystems, mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt werden, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) daher ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.9.2007, B 328/07, VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251 uva.). Die öffentliche Ordnung, hier va. das Interesse an einer geordneten Zuwanderung, erfordert es daher, dass Fremde, die nach Österreich einwandern wollen, die dabei zu beachtenden Vorschriften einhalten. Die öffentliche Ordnung wird zB. schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Ausweisung kann in solchen Fällen trotz eines vielleicht damit verbundenen Eingriffs in das Privatleben und Familienleben erforderlich sein, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte (VwGH 21.2.1996, 95/21/1256). Dies insbesondere auch deshalb, weil als allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz gilt, dass aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen. (VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007). Der VwGH hat weiters festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist auch für das wirtschaftliche Wohl des Landes von besonderer Bedeutung, da diese sowohl für den sensiblen Arbeitsmarkt als auch für das Sozialsystem gravierende Auswirkung hat. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass insbesondere nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältige Fremde, welche daher auch über keine arbeitsrechtliche Berechtigung verfügen, idR die reale Gefahr besteht, dass sie zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes auf den inoffiziellen Arbeitsmarkt drängen, was wiederum erhebliche Auswirkungen auf den offiziellen Arbeitsmarkt, das Sozialsystem und damit auf das wirtschaftliche Wohl des Landes hat (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN).
2.4.3.1. Da der BF über keine Familienangehörigen im österreichischen Bundesgebiet verfügt, liegt im gegenständlichen Fall kein Eingriff in das Recht des BF auf Familienleben iSd Art 8 EMRK vor.
Es kann aber auch nicht davon gesprochen werden, dass im gegenständlichen Fall ein unzulässiger Eingriff in das Recht auf Privatleben des BF vorliegen würde.
Bei der Abwägung der betroffenen individuellen Interessen des Beschwerdeführers sowie der betroffenen öffentlichen Interessen zueinander iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK ist vorauszuschicken, dass die Ausweisung jedenfalls der innerstaatlichen Rechtslage nach einen gesetzlich zulässigen Eingriff darstellt.
Der Asylgerichtshof befand in seinem das Erstverfahren des BF rechtskräftig abschließenden Erkenntnis vom 11.05.2010 die Ausweisung des BF in seinen Herkunftsstaat als zulässig. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrolle illegal nach Österreich. Obwohl am 29.05.2009 eine Strafverfügung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet über den BF verhängt und er nach Italien zurückgeschoben wurde, reiste er unmittelbar darauf erneut illegal ins österreichische Bundesgebiet ein. Er stellte hier einen unbegründeten Asylantrag, welcher mit Zustellung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes am 13.05.2010 rechtskräftig abgewiesen wurde. Nachdem der BF am 16.08.2010 aus der Schweiz, wo er am 03.06.2010 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, in Entsprechung der Dublin II-VO nach Österreich rücküberstellt wurde, brachte er einen Folgeantrag, welcher vom Bundesasylamt mangels Sachverhaltsänderung zurückgewiesen wurde. Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 20.10.2010 ab und bestätigte die vom Bundesasylamt verfügte Ausweisung des BF in dessen Herkunftsstaat. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 22.02.2011 ab. Im Anschluss stellte der BF wiederum einen, den gegenständlichen Folgeantrag, welcher - wie vom Bundesasylamt und oben unter Pkt. 2.3. dargestellt - wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückzuweisen war.
Über seine in den Vorverfahren geltend gemachten, für eine Integration sprechenden Umstände (absolvierter Grundsprachkurs für die deutsche Sprache), ergaben sich im Folgeverfahren keine weiteren Anhaltspunkte für eine Integration des BF in Österreich.
Hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des BF in Österreich ist in diesem Zusammenhang zentral auf VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, zu verweisen, wonach selbst ein dreijähriger auf die Stellung eines Asylantrages gestützter Aufenthalt im Bundesgebiet (regelmäßig) noch keine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat begründet. Zentral ist auch auf das jüngste Urteil des EGMR vom 8. April 2008, Nr. 21878/06 (NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich) zu verweisen, in welchem der EGMR im Rahmen der Interessensabwägung zum Ergebnis gelangt, dass grundsätzlich das öffentliche Interesse an einer effektiven Zuwanderungskontrolle bei erfolglosen Asylanträgen höher wiegen muss als ein während des Asylverfahrens begründetes Privatleben. Zu berücksichtigende integrative Bindungen in Österreich hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht.
Diesen - sohin bereits relativ schwachen - Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen die oben näher dargestellten öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber.
Im Lichte der soeben erfolgten Darstellung der individuellen Interessenslage des Beschwerdeführers und in Gegenüberstellung zum öffentlichen Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des für die Dauer seines Asylverfahrens nur provisorisch aufenthaltsberechtigten, im Übrigen zuvor aber illegal eingereisten und seither unrechtmäßig aufhältigen Fremden kam der Asylgerichtshof im Rahmen der durch Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotenen Abwägung insbesondere unter Zugrundelegung der oben dargestellten Kriterien (insbesondere EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06 und 31.07.2008, Fall Darren Omoregie Appl. 265/07) zum Gesamtergebnis, dass im gg. Fall die individuellen rechtlichen Interessen des Beschwerdeführers iSd Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht so ausgeprägt sind, dass sie das öffentliche Interesse (an einem geregelten und kontrollierten Zugzug und Aufenthalt von Fremden) und damit an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des Asylverfahrens, überwiegen.
In Würdigung dieser Umstände stellt sich im Ergebnis daher die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet in seinen Herkunftsstaat gem. § 10 Abs. 1 AsylG als verhältnismäßig und daher nicht als rechtswidrig dar.
2.4.4. Folglich ist auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen.
3. Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.
4. In Anbetracht der gegenständlichen Entscheidung ist auch nicht mehr auf den Antrag in der Beschwerde auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einzugehen.
5. Die Entscheidung konnte gemäß § 41 Absatz 4 AsylG ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.