TE UVS Steiermark 2011/03/31 30.4-76/2010

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Veröffentlicht am 31.03.2011
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Klaus Stühlinger über die Berufung von Frau B H, geb. am, vertreten durch R J & S Rechtsanwälte OG, L, G,  gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 22.07.2010, GZ.: BHGU-15.1-12950/2010, wie folgt entschieden:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 erster Fall VStG eingestellt.

Text

Auf Grundlage des der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Bescheid vom 22.07.2010 war über Frau B H wegen Übertretung des § 3 b Abs 1 Steiermärkisches Landes-Sicherheitsgesetz 2005 (StLSG) gemäß § 21 Abs 1 VStG eine Ermahnung erteilt worden, da sie als Halterin eines Riesenschnautzers diesen am 15.04.2010 um 18.00 Uhr in Rohrbach-Steinberg 164 nicht so verwahrt hätte, dass dieser das Grundstück nicht verlassen hätte können, da sich der Hund zu diesem Zeitpunkt auf der Gemeindestraße vor dem Haus Steinberg 164 aufgehalten hätte, obwohl der Halter eines Tieres dieses in einer Weise zu beaufsichtigen oder zu verwahren hat, dass dritte Personen weder gefährdet noch unzumutbar belästigt werden.

 

In dem als Begründung bezeichneten Teil dieses Bescheides findet sich die Feststellung, der strafbare Tatbestand wäre durch das Ermittlungsverfahren als erwiesen anzunehmen.

 

Gegen diesen Bescheid hat Frau B H durch ihre bevollmächtigten Vertreter fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und diese unter anderem damit begründet, der Hund hätte sich nur wenige Sekunden außerhalb des Grundstückes aufgehalten, dadurch könne es zu keiner Gefährdung gekommen sein; auch handle es sich bei dem Hund um einen gut erzogenen, der sofort zurückgerufen werden konnte. Zum diesbezüglichen Beweis wurde die Durchführung einer Berufungsverhandlung und die Einvernahme mehrerer namhaft gemachter Zeugen beantragt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung, die gemäß § 51e Abs 2 Z 1 erster Fall VStG auf Grund der Aktenlage ohne Durchführung einer Verhandlung getroffen werden konnte, von folgenden Erwägungen ausgegangen:

 

Gemäß der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, welche gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches, als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.

 

Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben oder der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind. Die Durchführung der beantragten Berufungsverhandlung konnte entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage festzustellen ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

 

Der im § 45 Abs 2 AVG genannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in Zusammenhalt mit den bereits erwähnten Grundsätzen der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung zu sehen. Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen können. Diese Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, den Sachverhalt von sich aus festzustellen, begründet als Folgewirkung die Tatsache, dass ein verwaltungsstrafrechtlicher Schuldspruch nur dann erfolgen kann, wenn der in Frage stehende Sachverhalt als absolut sicher festzustellen ist. Voraussetzung dafür wiederum ist eine entsprechende Beweissicherung bzw. die Möglichkeit, eine solche durchzuführen.

 

§ 3 b Abs 1 und Abs 3 StLSG:

Die Halterinnen/Halter oder Verwahrerinnen/Verwahrer von Tieren haben diese in einer Weise zu beaufsichtigen oder zu verwahren, dass dritte Personen weder gefährdet noch unzumutbar belästigt werden.

 

Hunde sind an öffentlich zugänglichen Orten, wie auf öffentlichen Straßen oder Plätzen, Gaststätten, Geschäftslokalen und dergleichen, entweder mit einem um den Fang geschlossenen Maulkorb zu versehen oder so an der Leine zu führen, dass eine jederzeitige Beherrschung des Tieres gewährleistet ist.

 

Die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen, dass die Berufungswerberin die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Nur aus der Tatsache, dass sich ihr Hund am 15.04.2010 um 18.00 Uhr auf der Gemeindestraße vor dem Haus Steinberg 164 aufgehalten hat, ist nicht erkennbar, wodurch er im Sinne des § 3 Abs 1 StLSG jemanden gefährdet oder unzumutbar belästigt haben soll. Diesbezügliche Sachverhaltsfeststellungen finden sich im von der Erstinstanz durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht, wenn überhaupt, wäre zu prüfen gewesen, ob der Tatbestand des § 3 b Abs 3 StLSG erfüllt worden wäre. Eine diesbezügliche Änderung des angefochtenen Bescheides durch die Berufungsbehörde wäre jedoch als unzulässige Auswechslung der Tat zu werten (vgl. VwGH 24.04.2008, 2007/07/0124), weshalb im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Hunde; Haltung; unzumutbare Belästigung; Konkretisierung; Tatbestandsmerkmal; Auswechslung der Tat
Zuletzt aktualisiert am
10.06.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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