TE UVS Wien 2011/04/14 06/FM/47/11674/2010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.04.2011
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Dr. Schmid als Vorsitzenden, Dr. Martschin als Berichter und Mag. Schmied als Beisitzer über die Berufung des Herrn Wolfgang L., vertreten durch Rechtsanwalt, vom 7.12.2010 gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht vom 23.11.2010, Zl. FMA-KL30 0704.100/0003-LAW/2010, wegen Übertretung des § 24 Abs 1 und 2 Z. 2 iVm § 95 Abs 2 Z. 2 WAG 2007, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 600,-- Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Das angefochtene Straferkenntnis richtet sich gegen den Berufungswerber als Beschuldigten und enthält folgenden Spruch:

?Sie sind seit 01.10.2004 Vorstand der V.-Bank Wien AG (im Folgenden V. Wien), eines Kreditinstitutes mit der Geschäftsanschrift P.-ngasse, in Wien. I. Sie haben in dieser Funktion als zur Vertretung der V.-Bank Wien AG nach außen Berufener gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl. 52/1991 Folgendes zu verantworten:

Die V. Wien hat zumindest vom 30. April 2008 bis 24. März 2010 an ihrem Unternehmenssitz keine angemessenen Vorkehrungen gemäß § 24 Abs 1 WAG 2007 (in der Folge WAG) getroffen und diese nicht dauern eingehalten. Dies dadurch, dass für Mitarbeiter in Vertraulichkeitsbereichen, die Depots bei einer Fremdbank führen, keine Meldeverpflichtungen gemäß § 24 Abs 2 Z 2 WAG, hinsichtlich durchgeführter persönlicher Geschäfte, die unter der Bagatellgrenze von ? 5.000,-

lagen, noch andere Verfahren gemäß § 24 Abs 2 Z 2 WAG, welcher der V. Wien die unverzügliche Feststellung solcher persönlicher Geschäfte ermöglicht hätte, existierten.

II. Gemäß § 9 Abs 7 VStG haftet die V. Wien für die gegen den Beschuldigten verhängte Geldstrafe und die Verwaltungskosten zur ungeteilten Hand.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 24 Abs 1 und 2 Z 2 iVm § 95 Abs 2 Z. 2 WAG, unter Heranziehung von § 9 Abs 1 VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 3.000 Euro

falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag

Freiheitsstrafe              von --

Gemäß §§ 16, 19, 44a VStG iVm § 95 Abs 2 Z 2 WAG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

* 300 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je einem Tag Freiheitsstrafe werden gleich ? 15,00 angerechnet); * Euro als Ersatz der Barauslagen für --

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 3.300 Euro.?

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung des Rechtsmittelwerbers. Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt zugrunde, dass die Finanzmarktaufsicht vom 12.2.2010 bis 26.5.2010 gemäß § 91 Abs 3 Z. 3 WAG 2007 und § 48q Börsegesetz 1989 eine Prüfung bei der V.-Bank Wien AG durchführte, deren Ergebnisse im Bericht der FMA vom 26.5.2010 festgehalten wurden. In diesem Prüfbericht wurde unter ?3.2. Persönliche Geschäfte/Mitarbeitergeschäfte §§ 23-24 WAG 2007? zusammenfassend festgehalten, dass im Unternehmen zumindest seit Inkrafttreten der Compliance-Ordnung mit 30.4.2008 bis zum Ende der Vorortprüfung am 12.3.2010 hinsichtlich Wertpapierdepots von relevanten Personen bei Fremdbanken aufgrund einer betragsmäßigen Meldegrenze von 5.000 Euro keine angemessenen Vorkehrungen getroffen worden seien, welche gewährleisten würden, dass das Unternehmen unverzüglich über jedes persönliche Geschäft in Aktien und Anleihen relevanter Personen, welche das Depot bei einer Fremdbank führen, unterrichtet würde. Es bestehe daher der Verdacht, dass gegen § 24 Abs 1 iVm § 24 Abs 2 Z 2 iVm § 24 Abs 3 WAG 2007 verstoßen worden sei. Zur Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3.8.2010, mit welcher dem Berufungswerber eine Übertretung des § 24 Abs 1 iVm § 24 Abs 2 Z. 2 WAG 2007 zur Last gelegt wurde, erstattete dieser die Stellungnahme vom 30.9.2010.

Sodann erging das angefochtene Straferkenntnis.

Der erkennende Senat führte in dieser Rechtssache - gemäß § 51e Abs 7 VStG gemeinsam mit dem Verfahren zu GZ: UVS-06/FM/47/11679/2010 - am 7.4.2011 eine mündliche Berufungsverhandlung durch, anlässlich welcher der Rechtsvertreter des Berufungswerbers sowie eine Vertreterin der Finanzmarktaufsicht gehört wurden. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurde die Berufungsentscheidung verkündet.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Rechtslage:

Die im gegenständlichen Tatzeitraum maßgeblichen Bestimmungen des WAG 2007, BGBl. I Nr. 60/2007 idF. BGBl. I Nr. 39/2009, lauten wie folgt:

?Arten der persönlichen Geschäfte

§ 24. (1) Ein Rechtsträger hat angemessene Vorkehrungen zu treffen und dauernd einzuhalten, um relevante Personen, deren Tätigkeiten zu einem Interessenkonflikt Anlass geben könnten, oder die aufgrund von Tätigkeiten, die sie im Namen des Rechtsträgers ausüben, Zugang zu Insider-Informationen im Sinne von § 48a Abs 1 Z 1 BörseG oder zu anderen vertraulichen Informationen über Kunden oder über Geschäfte haben, die mit oder für Kunden getätigt werden, daran zu hindern,

1. ein persönliches Geschäft zu tätigen, bei dem zumindest eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

a) die Person darf das Geschäft gemäß den §§ 48b bis 48d BörseG oder einer in einem anderen Mitgliedstaat auf Grund der Richtlinie 2003/6/EG erlassenen Vorschrift nicht tätigen;

b) das Geschäft geht mit dem Missbrauch oder der vorschriftswidrigen Weitergabe der vertraulichen Informationen einher;

c) das Geschäft verstößt gegen eine Pflicht des Rechtsträgers nach diesem Bundesgesetz oder es besteht Grund zur Annahme, dass es gegen eine solche verstoßen könnte;

2. außerhalb ihres regulären Beschäftigungsverhältnisses oder Dienstleistungsvertrags einer anderen Person ein Geschäft mit Finanzinstrumenten zu empfehlen, das, wenn es sich um ein persönliches Geschäft der relevanten Person handeln würde, unter Z 1, § 37 Abs 2 Z 1 oder 2 oder § 55 Abs 4 fallen würde, oder die andere Person zu einem solchen Geschäft zu veranlassen;

3. außerhalb ihres regulären Beschäftigungsverhältnisses oder Dienstleistungsvertrags Informationen oder Meinungen an eine andere Person weiterzugeben, wenn die relevante Person weiß oder nach vernünftigem Ermessen wissen müsste, dass diese Weitergabe die andere Person dazu veranlasst oder veranlassen kann,

a) ein Geschäft mit Finanzinstrumenten zu tätigen, das, wenn es sich um ein persönliches Geschäft der relevanten Person handeln würde, unter Z 1, § 37 Abs 2 Z 1 oder 2 oder § 55 Abs 4 fallen würde, oder

b) einer anderen Person ein solches Geschäft zu empfehlen oder eine andere Person zu einem solchen Geschäft zu veranlassen.

(2) Die in Abs 1 vorgeschriebenen Vorkehrungen müssen insbesondere Folgendes gewährleisten:

1. Jede unter Abs 1 fallende relevante Person hat die Beschränkungen bei persönlichen Geschäften und die Maßnahmen, die der Rechtsträger im Hinblick auf persönliche Geschäfte und Informationsweitergabe gemäß Abs 1 getroffen hat, zu kennen.

2. Der Rechtsträger ist unverzüglich über jedes persönliche Geschäft einer unter Abs 1 fallenden relevanten Person zu unterrichten. Dies kann entweder durch Meldung des Geschäfts oder durch andere Verfahren, die dem Rechträger die Feststellung solcher Geschäfte ermöglichen, erfolgen. Wenn der Rechtsträger Aufgaben ausgelagert hat, hat er sicherzustellen, dass der Dienstleister persönliche Geschäfte aller relevanten Personen festhält und dem Rechtsträger auf Verlangen unverzüglich mitteilt.

3. Ein dem Rechtsträger gemeldetes oder von ihm festgestelltes persönliches Geschäft sowie jede Erlaubnis und jedes Verbot im Zusammenhang mit einem solchen Geschäft ist festzuhalten.

(3) Von Abs 1 und 2 sind ausgenommen:

1. persönliche Geschäfte, die im Rahmen eines Vertrags über die Portfolioverwaltung mit Entscheidungsspielraum getätigt werden, sofern vor Abschluss des Geschäfts keine diesbezüglichen Kontakte zwischen dem Portfolioverwalter und der relevanten Person oder der Person, für deren Rechnung das Geschäft getätigt wird, stattfinden;

2. persönliche Geschäfte mit Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen gemäß § 2 Z 35 lit. a und b BWG; dies gilt auch für Anteile an sonstigen Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates einem gleich hohen Maß an Risikostreuung unterliegen und diesbezüglich beaufsichtigt werden; die relevante Person und jede andere Person, für deren Rechnung die Geschäfte getätigt werden, dürfen nicht an der Geschäftsleitung des betreffenden Organismus beteiligt sein.

§ 95. (2) Wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers

1. gegen eine Verpflichtung gemäß §§ 14, 28 bis 59, 61 bis 63, 73 oder 74 verstößt oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §§ 29 Abs 4, 35 Abs 4, 41 Abs 3 oder 55 Abs 2 erlassenen Verordnung der FMA verstößt;

2. gegen eine Verpflichtung gemäß §§ 9 bis 11, 13, 16 bis 22, 24 bis 26 oder 67 bis 71 verstößt oder gegen eine Verpflichtung gemäß einer auf Grund von §§ 26 Abs 3, 68 Abs 3 oder 68 Abs 4 erlassenen Verordnung der FMA verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hinsichtlich der Z 1 mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro und hinsichtlich der Z 2 mit Geldstrafe bis zu 30 000 Euro zu bestrafen.

§ 1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen:

29. relevante Person:

a) Ein Gesellschafter oder ein Mitglied der Geschäftsleitung oder ein vertraglich gebundener Vermittler der Wertpapierfirma oder des Kreditinstituts;

b) ein Gesellschafter oder ein Mitglied der Geschäftsleitung eines vertraglich gebundenen Vermittlers der Wertpapierfirma oder des Kreditinstituts;

c) ein Angestellter der Wertpapierfirma, des Kreditinstituts oder eines vertraglich gebundenen Vermittlers sowie jede andere natürliche Person, deren Dienste der Firma, dem Institut oder einem vertraglich gebundenen Vermittler der Firma oder des Instituts zur Verfügung gestellt und von dieser oder diesem kontrolliert werden und die an den von der Firma oder dem Institut erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten beteiligt ist;

d) eine natürliche Person, die im Rahmen einer Auslagerung unmittelbar an der Erbringung von Dienstleistungen für die Wertpapierfirma, das Kreditinstitut oder deren vertraglich gebundenen Vermittler beteiligt ist, welche der Wertpapierfirma oder dem Kreditinstitut die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten ermöglichen.?

Feststellungen und Beweiswürdigung:

Aufgrund der Ergebnisse der mündlichen Berufungsverhandlung wird als erwiesen festgestellt, dass die V.-Bank Wien AG (im Folgenden: V. Wien), deren Vorstand der Berufungswerber im Tatzeitraum war, vom 30.4.2008 bis 24.3.2010 keine angemessenen Vorkehrungen gemäß § 24 Abs 1 WAG 2007 getroffen und nicht dauernd eingehalten hat. Dies dadurch, dass für Mitarbeiter der V. Wien, die Depots bei einer Fremdbank führen und deren Tätigkeiten zu einem Interessenkonflikt Anlass geben könnten oder die Zugang zu Insider-Informationen oder zu anderen vertraulichen Informationen über Kunden oder über Geschäfte haben, die mit oder für Kunden getätigt werden, bei der V. Wien keine unverzügliche Unterrichtung über jedes persönliche Geschäft gemäß § 24 Abs 2 Z. 2 WAG 2007 vorgesehen war, da für persönlichen Geschäfte relevanter Personen in Aktien und Anleihen, die unter der Meldegrenze von 5.000 Euro liegen, weder eine Meldeverpflichtung noch andere geeignete Verfahren, die dem Rechtsträger die Feststellung solcher Geschäfte ermöglichen, existierten. In der im Tatzeitraum geltenden Compliance-Ordnung vom 30.4.2008 wurde unter Punkt

?5.6.6. Mitarbeitergeschäfte bei Fremdbanken? folgendes festgelegt:

?Mitarbeiter, die in Vertraulichkeitsbereichen arbeiten, haben eigene Wertpapierdepots und damit zusammenhängende Konten bei der V.-Bank Wien zu führen. Ausnahmsweise dürfen Wertpapierdepots von Mitarbeitern in Vertraulichkeitsbereichen auch bei anderen Banken geführt werden, jedoch bedarf es hiezu der vorherigen Zustimmung des Compliance Officers der V.-Bank Wien. Die Anmeldung und Genehmigung von Fremdbankdepots, ebenso wie eine allfällige, verpflichtende Leermeldung, erfolgt elektronisch über die Compliance Datenbank.

Alle Mitarbeiter haben auf Verlangen des Compliance Office vollständige Auskunft über sämtliche Mitarbeitergeschäfte zu geben.

In diesem Zusammenhang haben die Mitarbeiter das konto- bzw. depotführende Fremdinstitut gegenüber dem Compliance Office der V.-Bank Wien vom Bankgeheimnis zu entbinden und sämtliche datenschutzrechtlich relevanten Zustimmungserklärungen zu geben. Die Zustimmungserklärung hat sich auf alle Umsätze auf diesen Depots zu erstrecken, unabhängig von den unten angeführten Meldegrenzen. Die Ausnahmegenehmigung für Angehörige von Vertraulichkeitsbereichen ist bei Widerruf der Bankgeheimnisentbindung oder der datenschutzrechtlich relevanten Zustimmungserklärung hinfällig.

Zusätzlich haben Mitarbeiter in Vertraulichkeitsbereichen über die Compliance Datenbank Transaktionen bei Fremdbanken (oder Brokern) in unten stehenden Werten dem Compliance Office der V.-Bank Wien bei Orderaufgabe, spätestens aber am Tag nach Ordererfüllung unter Angabe von ISIN, Kurs, Volumen und Zeitpunkt zu melden.

Für Mitarbeitergeschäfte bei Fremdbanken gelten folgende Meldegrenzen:

Umsatzmeldung erforderlich                                          Umsatzmeldung nicht erforderlich Sämtliche Umsätze in Aktien und Anleihen

(Ausnahmen siehe nebenstehend)

ab einem Gegenwert von EUR 5.000,-

Sämtliche Umsätze in anderen, insbesondere derivativen Finanzinstrumenten (z.B. Optionsschein, Zertifikate, Optionen, Futures, Swaps u. ä. Produkte) sowie in Partizipationsscheinen der V.-Bank Wien.

1. In Anteilen an Investmentfonds iSd Investmentfondsgesetzes, also Investmentfonds einer inländischen KAG gemäß § 1 Abs 1 InvFG, sowie Investmentfonds, die der OGAW-Richtlinie enttsprechen. Dies gilt analog für Anteile an sonstigen Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates einem gleich hohen Maß an Risikostreuung unterliegen und diesbezüglich beaufsichtigt werden. Die relevante Person und jede andere Person, für deren Rechnung die Geschäfte getätigt werden, dürfen nicht an der Geschäftsleitung des betreffenden Investmentfonds beteiligt sein.

2. persönliche Geschäfte, die im Rahmen eines Vertrages über die Portfolioverwaltung mit Entscheidungsspielraum getätigt werden, sofern vor Abschluss des Geschäfts keine diesbezüglichen Kontakte zwischen dem Portfolioverwalter und der relevanten Person oder der Person, für deren Rechnung das Geschäft getätigt wird, stattfinden

Diese Meldegrenzen könne bei Bedarf auf Vorschlag des Compliance Officer mittels Vorstandbeschluss angepasst werden.?

Weiters steht fest, dass aufgrund eines Vorstandsbeschlusses der V. Wien vom 22.3.2010 die Compliance-Ordnung zu Punkt 5.6.6. wie folgt geändert wurde:

?Zusätzlich haben Mitarbeiter in Vertraulichkeitsbereichen sämtliche Transaktionen in Finanzinstrumenten gem. § 23 WAG (vgl. auch oben Punkt 3.9), die sie über Wertpapierdepots bei Fremdbanken (oder Brokern) durchführen, dem Compliance Office der V.-Wien bei Orderaufgabe, spätestens am Tag nach Ordererfüllung, zu melden. Die Meldung hat über die Compliance Datenbank (CIS) unter Mitarbeitergeschäfte/Neuer Eintrag zu erfolgen. Von der Meldepflicht sind folgende Mitarbeitergeschäfte ausgenommen:

* Persönliche Geschäfte mit Anteilen an Kapitalanlagefonds bzw. Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen, sofern der Mitarbeiter, die relevante Person oder jene Person für deren Rechnung das Geschäft getätigt wird, nicht an der Geschäftsleitung des betreffenden Organismus beteiligt ist; * Geschäfte, die im Rahmen einer Portfolioverwaltung mit Entscheidungsspielraum abgeschlossen werden, sofern vor Abschluss des Geschäftes kein diesbezüglicher Kontakt zwischen den Portfolioverwalter und dem Mitarbeiter, der relevanten Person oder jener Person, für deren Rechnung das Geschäft getätigt wird, stattgefunden hat.?

Diese Änderung in der Compliance-Ordnung trat mit 24.3.2010 in Kraft. Mit E-Mail vom 24.3.2010 wurden die Mitarbeiter der V. Wien über diese Änderungen der Compliance-Ordnung hinsichtlich Mitarbeitergeschäfte in Kenntnis gesetzt. Diese Feststellungen gründen sich auf die vorliegende, unbedenkliche Aktenlage und blieben auch vom Berufungswerber im gesamten Verfahren unbestritten. Die angeführte betragsmäßige Grenze für Meldungen persönlicher Geschäfte in Aktien und Anleihen der relevanten Mitarbeiter der V. Wien ergibt sich aus der im Akt einliegenden Compliance-Ordnung vom 30.4.2008 (Beilage 1), welche mit Wirksamkeit vom 24.3.2020 geändert wurde (Beilage 9).

Rechtliche Beurteilung:

Nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 24 Abs 2 Z. 2 erster Satz WAG 2007 ist der Rechtsträger unverzüglich über jedes persönliche Geschäft einer unter Abs 1 fallenden relevanten Person zu unterrichten. Diese gesetzliche Verpflichtung enthält keinerlei Einschränkung hinsichtlich einer betragsmäßigen Grenze, bis zu welcher etwa derartige Unterrichtungen unterbleiben dürften. Einzig die in § 24 Abs 3 WAG 2007 angeführten persönlichen Geschäfte sind von dieser Verpflichtung eines Rechtsträgers ausgenommen.

Vielmehr wird durch § 24 Abs 2 Z. 2 zweiter Satz WAG 2007 näher dargelegt, in welcher Weise dieser im ersten Satz dieser Bestimmung normierten gesetzlichen Verpflichtung entsprochen werden kann, nämlich entweder durch Meldung des Geschäfts oder durch andere Verfahren, die dem Rechtsträger die Feststellung solcher Geschäfte ermöglichen. Vor dem Hintergrund, dass durch § 24 Abs 2 Z. 2 erster Satz WAG 2007 als Grundsatz postuliert wird, dass der Rechtsträger unverzüglich über jedes persönliche Geschäft einer relevanten Person zu unterrichten ist, können die im zweiten Satz dieser Bestimmung angeführten Alternativen (entweder Meldung oder andere Verfahren) nur dahingehend verstanden werden, dass diese jedenfalls eine unverzügliche Unterrichtung des Rechtsträgers über jedes persönliche Geschäft gewährleisten. Dass dies durch eine Meldung erfolgen kann, wird explizit angeführt. Eine solche Meldung an den Rechtsträger hinsichtlich jedes persönlichen Geschäfts einer relevanten Person wurde im gegenständlichen Tatzeitraum bei der V. Wien weder in der Compliance-Ordnung vom 30.4.2008 noch sonst vorgesehen, da Geschäfte relevanter Personen in Aktien und Anleihen unter der Grenze von 5.000 Euro von der Meldepflicht ausdrücklich ausgenommen waren (vgl. Punkt 5.6.6. der Compliance-Ordnung).

Wenn sich der Berufungswerber darauf beruft, dass gegenständlich andere Verfahren seitens der V. Wien eingerichtet worden seien, die dem Rechtsträger die Feststellung solcher Geschäfte iSd. § 24 Abs 2 Z. 2 zweiter Satz WAG 2007 ermöglichen würden, ist darauf zu verweisen, dass diese Verfahren jedenfalls nur dann als ausreichend angesehen werden können, wenn sie eine unverzügliche Unterrichtung über jedes persönliche Geschäft iSd. § 24 Abs 2 Z. 2 erster Satz WAG 2007 bewirken würden. Dies war gegenständlich jedoch nicht der Fall. Zwar wurde vorgesehen, dass die betreffenden Mitarbeiter erst nach Zustimmung des Compliance Office Depots bei Fremdbanken führen durften und alle Mitarbeiter auf Verlangen des Compliance Office vollständige Auskunft über sämtliche Mitarbeitergeschäfte zu geben hatten sowie die Mitarbeiter der V. Wien die Fremdbank im voraus vom Bankgeheimnis zu entbinden und alle datenschutzrechtlich relevanten Zustimmungserklärungen zu geben hatten (unabhängig von der Meldegrenze von 5.000 Euro), jedoch bewirken diese Maßnahmen weder für sich genommen noch insgesamt, dass eine unverzügliche Unterrichtung über jedes persönliche Geschäft im Sinne des § 24 Abs 2 Z. 2 erster Satz WAG 2007 gewährleistet war. Dies vor allem deshalb, da die Möglichkeit des Compliance-Office, Auskünfte vom Mitarbeiter über Mitarbeitergeschäfte zu verlangen, nicht als unverzügliche Unterrichtung des Rechtsträgers angesehen werden kann.

In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ?unverzüglich? ohne schuldhaftes Zögern bedeutet (vgl. etwa VwGH 17.11.2010, Zl. 2008/23/0754). Zutreffend hat auch die FMA ausgeführt, dass diese anderen Verfahren so ausgestaltet sein müssen, dass das gesetzliche Erfordernis der Unverzüglichkeit, somit der zeitnahen Unterrichtung des Rechtsträgers, gewährleistet ist. Eine solche unverzügliche Unterrichtung wird jedoch durch das vom Berufungswerber dargelegte System in der Compliance-Ordnung bei der V. Wien (Zustimmung zu Fremddepots, Entbindung vom Bankgeheimnis und Auskunftspflicht der Mitarbeiter gegenüber des Compliance Office) nicht gewährleistet. Dazu kommt, dass die vom Gesetzgeber verwendete Formulierung ?zu unterrichten? darlegt, dass nicht seitens des Kreditinstitutes entsprechende Schritte zu setzen sind, sondern entweder vom betreffenden Mitarbeiter bzw. einem von diesem beauftragten Dritten (beispielsweise dem Kreditinstitut, bei welchem das Fremddepot geführt wird) von sich aus über das durchgeführte persönliche Geschäft unverzüglich informiert wird. Durch die vom Berufungswerber ins Treffen geführten gewählten organisatorischen Mittel in der Compliance-Ordnung wurde der gesetzlichen Verpflichtung somit nicht entsprochen. Dass bei der V. Wien relevante Personen iSd. § 24 Abs 1 WAG 2007 beschäftigt sind, wurde vom Berufungswerber nicht bestritten und ergibt sich dies aus der im Akt dokumentierten Unternehmensstruktur der V. Wien, die in Wien über 28 Filialen und über 330 Mitarbeiter verfügt, zumal als solche relevante Personen typischerweise auch Personen betroffen sein können, die enge Kundenkontakte pflegen (so Kreisl in Brandl/Saria, Kommentar zum WAG, 2. Auflage, § 24, Rz. 7). Somit ist die Erstbehörde zutreffend davon ausgegangen, dass von den genannten Anforderungen auch jene Mitarbeiter, wie Kundenbetreuer, erfasst sind, die im direkten Kundenkontakt stehen und etwa an der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten beteiligt sind.

Die Bestimmung des § 24 Abs 3 WAG 2007, wonach die darin aufgezählten persönlichen Geschäfte von den Anforderungen des § 24 Abs 1 und 2 WAG 2007 ausgenommen sind, kommt im gegenständlichen Zusammenhang nicht zur Anwendung, da persönliche Geschäfte hinsichtlich Aktien und Anleihen nicht von diesen Ausnahmen erfasst sind. Der Umstand, dass bei einer rückwirkenden Überprüfung seitens der V. Wien festgestellt worden sei, dass kein verdächtiges Geschäft im Sinne eines Missbrauches einer Insiderinformation oder einer Marktmanipulation vorgekommen sei, mag zwar zutreffen, ändert jedoch nichts daran, dass im gegenständlich angelasteten Tatzeitraum der gesetzlichen Verpflichtung des § 24 Abs 2 Z. 2 WAG 2007 seitens der V. Wien nicht vollständig nachgekommen wurde.

Der vom Berufungswerber weiters hervor gehobene Umstand, dass bei der V. Wien ? im Vergleich zu Großbanken mit höheren Personalständen und Standorten ? nur sehr geringe Risiken in Bezug auf das Auftreten oder den Missbrauch von Insiderinformationen gegeben gewesen seien, mag zwar ebenfalls zutreffen, ändert jedoch nichts an der Nichterfüllung der genannten gesetzlichen Verpflichtung des § 24 Abs 2 Z. 2 WAG 2007, bei der es sich um eine gesetzliche Mindestanforderung für den Rechtsträger handelt. Insofern vom Berufungswerber der Standard Compliance Code der österreichischen Wertpapierfirmen vorgelegt wurde (Beilage B. zum Verhandlungsprotokoll) ist darauf hinzuweisen, dass diesem keine normative Wirkung zukommt. Davon abgesehen lässt sich dem Standrad Compliance Code der österreichsichen Kreditwirtschaft unmissverständlich entnehmen, dass ?Mitarbeiter unaufgefordert jedes Mitarbeitergeschäft, das nicht über das eigene Kreditinstitut getätigt wird, unter Angabe aller Details und des Namens des Institutes unverzüglich, spätestens jedoch an dem der Ordererfüllung folgenden Bankarbeitstag, dem Compliance Officer anzuzeigen haben?. Die vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers beantragte zeugenschaftliche Einvernahme des Compliance-Beauftragten Mag. S. konnte angesichts der hinreichenden Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes unterbleiben. Dazu kommt, dass das dafür angeführte Beweisthema, wonach sich bei einer nachträglichen Überprüfung seitens der V. Wien kein Verdacht auf Verwertung von Insiderinformation oder einer Kursmanipulation ergeben habe, ohnehin unstrittig feststeht (vgl. auch das Schreiben des Mag. S. vom 5.4.2011, Beilage D zum Verhandlungsprotokoll).

Vor dem Hintergrund des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes hat der Berufungswerber als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der V. Wien die objektive Tatseite der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Bei dieser Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt, weil weder der Eintritt eines Schadens oder eine Gefahr vorausgesetzt, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß § 5 Abs 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles dazulegen hat, was für seine Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung entsprechender Beweisanträge.

Sollte der Berufungswerber im Tatzeitraum davon ausgegangen sein, dass das seitens der V. Wien eingerichtete System der Compliance-Ordnung den gesetzlichen Vorgaben des § 24 WAG 2007 entsprechen würde, ist festzuhalten, dass die in § 24 Abs 2 Z. 2 WAG 2007 normierte gesetzliche Verpflichtung unmissverständlich formuliert ist. Sollte der Berufungswerber ? allenfalls unter Bezugnahme auf eine Literaturmeinung ? eine gegenteilige Auffassung vertreten haben, so hätte er angesichts des klaren Gesetzeswortlautes jedenfalls Zweifel an der Richtigkeit seiner Rechtsansicht und damit an der Richtigkeit der Compliance-Ordnung der V. Wien haben müssen. Diesfalls wäre er jedoch verpflichtet gewesen, bei der dafür zuständigen Behörde, der FMA, eine Rechtsauskunft darüber einzuholen. Dass er dies gemacht hätte, hat der Berufungswerber selbst nicht behauptet.

Es ist dem Berufungswerber mit seinem Vorbringen somit nicht gelungen, mangelndes Verschulden glaubhaft darzutun, sodass auch von der Verwirklichung der subjektiven Tatseite in Form fahrlässiger Tatbegehung auszugehen war.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Durch die vorliegende Verwaltungsübertretung wurde das öffentliche Interesse an der zeitnahen Meldung persönlicher Geschäfte relevanter Personen und damit an der unternehmensinternen Überwachung solcher Personen zur Vermeidung von Insiderhandel und Marktmissbrauch nicht unerheblich beeinträchtigt. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat war daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig anzusehen.

Auch das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig gewertet werden, da weder hervor gekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der übertretenen Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder das die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Als mildernd waren die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers sowie die rasche Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes zu werten. Erschwerende Umstände sind im Verfahren keine hervor gekommen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers werden mangels Bekanntgabe aufgrund seiner langjährigen beruflichen Stellung als Vorstand eines Kreditinstitutes als überdurchschnittlich angesehen, Sorgepflichten wurden keine ins Treffen geführt. Vor dem Hintergrund dieser Strafbemessungskriterien und des zitierten gesetzlichen Strafsatzes erscheint die von der Erstbehörde über den Berufungswerber verhängte Strafe jedenfalls tat- und schuldangemessen, sodass keine Strafherabsetzung in Betracht kam, zumal der Berufungswerber auch im Berufungsverfahren keine Schuldeinsicht zeigte.

Eine Anwendung des § 21 Abs 1 VStG kam nicht in Betracht, da in Ansehung des Unrechts und Schuldgehaltes der Tat nicht davon ausgegangen werden kann, dass das tatbildliche Verhalten deutlich hinter dem in der gesetzlichen Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückgeblieben wäre.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am
12.05.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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