Index
55 WirtschaftslenkungNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit einer Bestimmung einer Verordnung des Getreidewirtschaftsfonds betreffend den von Inhabern der Mühlen zu entrichtenden Verwaltungskostenbeitrag seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union; gleichgebliebene Höhe des Verwaltungskostenbeitrags angesichts des seit dem EU-Betritt minimalen Aufwands der AMA durch das MOG nicht gedecktSpruch
§3 der Verordnung des Getreidewirtschaftsfonds vom 14. Juli 1988 betreffend die Erhebung und Verwendung der Transportausgleichsbeiträge gemäß §33 des Marktordnungsgesetzes, der Ausgleichsbeiträge gemäß §34 des Marktordnungsgesetzes und der Verwaltungskostenbeiträge gemäß §60 des Marktordnungsgesetzes, kundgemacht im Verlautbarungsblatt des Getreidewirtschaftsfonds Nr. 11 vom 20. Juli 1988 idF Verlautbarungsblatt des Getreidewirtschaftsfonds Nr. 25 vom 18. Dezember 1992, war ab 1. Jänner 1995 gesetzwidrig.
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Mit Bescheiden des Vorstandes des Geschäftsbereiches I der Agrarmarkt Austria (AMA) wurden den Inhabern von Getreidemühlen für die Monate Jänner und Februar 1995 Verwaltungskostenbeiträge für die von den Mühlen vermahlenen Mengen an Vulgareweizen im Rahmen der Handelsvermahlung in näher bezeichneter Höhe vorgeschrieben.
Den dagegen erhobenen Berufungen wurde mit Bescheiden des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft unter Hinweis auf §60 Abs2 und Abs3, §61 a Marktordnungsgesetz 1985 (MOG), BGBl. 210/1985 idF BGBl. 969/1993, §39 des Bundesgesetzes über die Errichtung der Marktordnungsstelle "Agrarmarkt Austria" (AMA-Gesetz 1992), BGBl. 376/1992 (kurz AMA-G), sowie der Verordnung des Getreidewirtschaftsfonds (GWF) vom 14. Juli 1988 betreffend die Erhebung und Verwendung der Transportausgleichsbeiträge gemäß §33 des Marktordnungsgesetzes, der Ausgleichsbeiträge gemäß §34 des Marktordnungsgesetzes und der Verwaltungskostenbeiträge gemäß §60 des Marktordnungsgesetzes, kundgemacht im Verlautbarungsblatt des Getreidewirtschaftsfonds Nr. 11 vom 20. Juli 1988 idF Verlautbarungsblatt des Getreidewirtschaftsfonds Nr. 25 vom 18. Dezember 1992 (im folgenden als Verordnung bezeichnet), nicht Folge gegeben.
Gegen diese Bescheide wurden auf Art144 Abs1 B-VG gestützte, beim Verfassungsgerichtshof zu B259/96, B456-518/96, B585/96 und B1633/96 protokollierte Beschwerden erhoben, in welchen die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung von rechtswidrigen generellen Normen behauptet sowie die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt wird. In den zu B259/96, B585/96 und B1633/96 geführten Beschwerden wird in eventu beantragt, die Beschwerden gemäß Art144 Abs3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten.
1.2. Aus Anlaß dieser beim ihm anhängigen Beschwerden hat der Verfassungsgerichtshof am 4. 0ktober 1997 beschlossen, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §3 der Verordnung einzuleiten, aus dem sich die Höhe der vorgeschriebenen Verwaltungskostenbeiträge ergibt.
2.1. Mit Beschluß des geschäftsführenden Ausschusses des GWF vom 16. Dezember 1992, kundgemacht im Verlautbarungsblatt des GWF Nr. 25 vom 18. Dezember 1992, wurde die Bestimmung über die Höhe der Verwaltungskostenbeiträge (§3) der Verordnung des GWF vom 14. Juli 1988 betreffend die Erhebung und Verwendung der Transportausgleichsbeiträge gemäß §33 des Marktordnungsgesetzes, der Ausgleichsbeiträge gemäß §34 des Marktordnungsgesetzes und der Verwaltungskostenbeiträge gemäß §60 des Marktordnungsgesetzes dahingehend abgeändert, daß der Beitragssatz mit S 0,16 je kg Handelsvermahlung von Vulgareweizen, ausgenommen Exportvermahlungen, festgesetzt wurde. Die in Prüfung genommene Bestimmung der Verordnung hat folgenden Wortlaut:
"§3. Zur Abdeckung des Fondsaufwandes einschließlich der Kosten der Staatsaufsicht sowie der Kosten, die bei der Abwicklung von Förderungsmaßnahmen und absatzfördernden Maßnahmen gemäß §68 a MOG entstehen, ist von den Inhabern der Mühlen (Beitragsschuldner) ein Verwaltungskostenbeitrag in der Höhe von öS 0,16 je Kilogramm Handelsvermahlung von Vulgareweizen, ausgenommen Exportvermahlungen von Vulgareweizen, zu entrichten."
Gemäß Pkt. II. des genannten Beschlusses des geschäftsführenden Ausschusses des GWF trat diese Verordnung am 1. Jänner 1993 in Kraft. (1994 betrug die Höhe des Verwaltungskostenbeitrages S 0,18 je Kilogramm Handelsvermahlung von Vulgareweizen - vgl. die Verordnung des Verwaltungsrates der AMA betreffend die Erhebung und das Ausmaß der Verwaltungskostenbeiträge gem. §60 Abs2 MOG, Verlautbarungsblatt der AMA für den Bereich Getreide, ausgegeben am 27. Jänner 1994.)
2.2. Die hier relevanten Bestimmungen im MOG haben folgenden Wortlaut (das MOG ist hinsichtlich seiner hier relevanten Abschnitte B und C mit Ablauf des 31. Dezember 1995 außer Kraft getreten - vgl. §92 Abs1 MOG idF BGBl. 373/1992):
"§60. (1) ...
(2) Der Aufwand der AMA im Bereich der Getreidewirtschaft einschließlich der Kosten der Staatsaufsicht sowie der Kosten, die bei der Abwicklung von Förderungsmaßnahmen und absatzfördernden Maßnahmen gemäß §68 a entstehen, sowie jener Kosten, die für den Transportausgleich gemäß §33 in der Fassung der MOG-Novelle 1988, BGBl. Nr. 330, benötigt werden und nicht durch seinerzeit eingehobene Transportausgleichsbeträge abgedeckt werden konnten, wird durch Verwaltungskostenbeiträge gedeckt, die die Mühlen nach den vermahlenen Vulgareweizenmengen im Rahmen der Handelsvermahlung von Vulgareweizen zu leisten haben und die höchstens 20 Groschen je kg vermahlener Vulgareweizenmenge betragen. Für Exportvermahlungen sind keine Verwaltungskostenbeiträge zu entrichten. Mittel, die der GWF gemäß §2 e Abs5 Mühlenstrukturverbesserungsgesetz erhalten hat, und nicht im Rahmen von Zuschüssen für Lagerhaltungen von Brotgetreide auszuzahlen hat, sind für Zwecke der Abdeckung eines offenen Fehlbetrages im Rahmen des Transportausgleiches gemäß §33 in der Fassung MOG-Novelle 1988, BGBl. Nr. 330, heranzuziehen.
(3) Die näheren Regelungen über das Ausmaß der Verwaltungskostenbeiträge und über deren Einhebung werden von den Fonds getroffen.
(4) bis (5) ..."
(§60 Abs2 MOG idF BGBl. 969/1993)
Gemäß Abs8, welcher durch die MOG-Novelle 1995, BGBl. 298/1995, dem §60 MOG angefügt wurde, ist (unter anderem) §60 Abs2 MOG auf Sachverhalte, die nach dem 28. Februar 1995 verwirklicht wurden, nicht mehr anzuwenden.
"§61 a. Ab dem 1. Juli 1993 sind §60 Abs1 bis 5 und §61 mit der Maßgabe durch die AMA anzuwenden, daß die Verwaltungskostenbeiträge den Verwaltungsaufwand der AMA einschließlich der Kosten der Staatsaufsicht abdecken, abzüglich jener Mittel, die der AMA
1. gemäß §20 des Viehwirtschaftsgesetzes 1983, BGBl. Nr. 621, in Verbindung mit §39 des AMA-Gesetzes 1992 und 2. gemäß §53 Abs1, §53 m Abs1 und §53 v Abs1
oder auf Grund von ähnlichen, den Verwaltungsaufwand
der AMA vermindernden Bestimmungen
zufließen. Die Höhe der Verwaltungskostenbeiträge darf dabei die in §60 Abs1 und 2 festgesetzten Höchstwerte nicht übersteigen."
(§61 a MOG idF BGBl. 969/1993)
2.3. §39 AMA-G, BGBl. 376/1992, der unter der Überschrift "Verwaltungsaufwand" steht, lautet:
"§39. (1) Der im Finanzplan festgelegte Verwaltungsaufwand der AMA ist
1.
aus Einnahmen gemäß §20 Viehwirtschaftsgesetz 1983,
2.
aus Einnahmen von Beiträgen gemäß den §§60 und 61 in Verbindung mit §61 a Marktordnungsgesetz 1985 und
3.
aus Einnahmen gemäß §13 Mühlengesetz 1981
zu bedecken.
(2) Soweit das Marktordnungsgesetz 1985 und das Mühlengesetz 1981 Einnahmen der Fonds vorsehen, gelten diese Einnahmen ab 1. Juli 1993 als Einnahmen der AMA."
Durch BGBl. 298/1995 wurde dem §39 AMA-G folgender Abs3 angefügt:
"(3) Ab dem Jahr 1995 ist abweichend von Abs1 der nicht aus anderen Mitteln finanzierte Verwaltungsaufwand der AMA durch Mittel des Bundes nach Maßgabe des Finanzplans zu bedecken. §21j bleibt unberührt."
3. Die Bedenken des Gerichtshofes betreffen den Umstand, daß hinsichtlich des mit 1. Jänner 1993 in Wirksamkeit getretenen Beitragssatzes von S 0,16 je Kilogramm Handelsvermahlung von Vulgareweizen, der die Grundlage für die Errechnung der Höhe des Verwaltungskostenbeitrages gemäß §60 Abs2 MOG darstellt, seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, somit seit dem 1. Jänner 1995, keine gesetzliche Deckung mehr besteht. Der Prüfungsbeschluß führt dazu aus:
"Die Bedenken des Gerichtshofes gehen dahin, daß der in Rede stehende Beitragssatz vom geschäftsführenden Ausschuß des Getreidewirtschaftsfonds im Dezember 1992, in einem Zeitpunkt festgesetzt wurde, als der Getreidewirtschaftsfonds (bzw. später die AMA - der AMA wurden die Agenden des Getreidewirtschaftsfonds mit BGBl. 376/1992 übertragen) zahlreiche (teils hoheitlich, teils privatrechtlich zu erledigende) Aufgaben für die Mühlen zu erfüllen hatte, die mit Hilfe der Verwaltungskostenbeiträge finanziert wurden. Der Gerichtshof nimmt vorläufig an, daß die Höhe der Verwaltungskostenbeiträge dem Aufwand für die Leistungen der AMA zugunsten der Mühlen vor dem 1. Jänner 1995 entsprochen hat. Diese die Mühlen betreffenden Aufgaben dürften aber mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (1. Jänner 1995) größtenteils weggefallen sein (so zB die Maßnahmen zum Preisausgleich für Mahlprodukte, Förderungsmaßnahmen und absatzfördernde Maßnahmen gemäß §68a MOG). Für die Beibehaltung des in Rede stehenden Beiragsatzes von S 0,16 je Kilogramm Handelsvermahlung von Vulgareweizen in Anbetracht der - wie der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt - kaum mehr ins Gewicht fallenden Tätigkeiten, die die Mühlen betreffen, scheint es seit dem 1. Jänner 1995 keine gesetzliche Deckung mehr zu geben.
§60 Abs2 MOG dürfte - nach der vorläufigen Ansicht des Gerichtshofes - in der Weise auszulegen sein, daß die Vorschreibung von Verwaltungskostenbeiträgen nur dann zulässig ist, wenn dies zur Deckung eines tatsächlichen Aufwandes der AMA im Bereich der Mühlen erforderlich ist und sofern der Nutzen der Mühlen bzw. der Aufwand der AMA nicht außer jedem Verhältnis zur Höhe des Verwaltungskostenbeitrages steht (vgl. zB VfSlg. 10463/1985), andernfalls das Gesetz selbst unsachlich und verfassungswidrig wäre (vgl. zB VfSlg. 11296/1987). Gemessen an diesem - vorerst angenommenen - verfassungskonformen Inhalt des §60 Abs2 MOG hätte aber die Höhe des Beitragssatzes in der Verordnung den seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union erheblich verringerten Aufgaben der AMA im Bereich der Mühlen angepaßt werden müssen. Die Höhe des Beitragssatzes gemäß §3 der Verordnung scheint somit gesetzwidrig geworden zu sein (vgl. VfSlg. 9588/1982, 12290/1990), dies auch unter Bedachtnahme darauf, daß den Mühlen die Überwälzung der Verwaltungskostenbeiträge für Jänner und Februar 1995 nicht erlaubt sein dürfte.
Der Gerichtshof geht vorläufig davon aus, daß es hinsichtlich der Festsetzung der Höhe des Beitragssatzes für den Verordnungsgeber zwar keinen - dem Äquivalenzprinzip entsprechenden - festen Rahmen gibt. Bei der Festsetzung der Höhe von Verwaltungskostenbeiträgen, die gemäß §60 Abs2 MOG eingehoben werden, um den Aufwand der AMA im Bereich der Getreidewirtschaft abzudecken, dürfte aber eine äußerste Grenze einzuhalten sein, welche bei den in Rede stehenden Verwaltungskostenbeiträgen dadurch charakterisiert sein dürfte, daß ihre Höhe nicht außerhalb jeden Verhältnisses zum tatsächlichen Aufwand der AMA bzw. dem Nutzen der abgabepflichtigen vulgareweizenvermahlenden Mühlen stehen darf (vgl. zB VfSlg. 10463/1985). Eine dem §60 Abs2 MOG ähnliche Bestimmung betreffend die Abdeckung des Fondsaufwandes durch Verwaltungskostenbeiträge der Verarbeitungsbetriebe gab es bereits im Getreidewirtschaftsgesetz, BGBl. 168/1950 (vgl. §14). Aus den Materialien hiezu (vgl. 178 BlgNR 6. GP) geht hervor, daß die Höhe der Verwaltungskostenbeiträge in Relation zum Aufwand bzw. Wirkungskreis des Getreideausgleichsfonds (des Vorgängers des GWF) zu sehen war. Zwischen der Höhe der Verwaltungskostenbeiträge und dem Aufwand der AMA bzw. dem Nutzen für die Mühlen scheint aber seit dem 1. Jänner 1995 ein krasses Mißverhältnis bestanden zu haben."
Der Verfassungsgerichtshof hatte angesichts dieser Erwägungen vorläufig das Bedenken, daß die in Prüfung genommene Bestimmung der Verordnung §60 Abs2 MOG widerspricht. Käme jedoch hervor, daß die AMA nach dem 31. Dezember 1994 noch ins Gewicht fallende, die Getreidemühlen betreffende Tätigkeiten ausgeübt habe, hegte der Verfassungsgerichtshof ferner aus dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes Bedenken, wenn nur die Mühlen mit Verwaltungskostenbeiträgen belastet würden und nicht auch die übrige Getreidewirtschaft, zumal den Mühlen die Überwälzung dieser Beiträge mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union nicht mehr erlaubt zu sein scheine.
4.1. Der Verwaltungsrat der AMA erstattete im Verordnungsprüfungsverfahren eine Äußerung, in welcher er den Bedenken hinsichtlich der mangelnden gesetzlichen Deckung des Verwaltungskostenbeitrages von 16 Groschen/kg Vulgareweizenvermahlung ab 1. Jänner 1995 infolge stark reduzierter Tätigkeit der AMA für die Mühlen wörtlich wie folgt entgegentritt:
"Die AMA hat folgende Aufgaben im Bereich der Getreidewirtschaft und Mühlen wahrgenommen (Die Vollziehung des Abschnitts B MOG erfolgte unter Beachtung der Ziele des MOG. Das MSTVG war die komplementäre Regelung für die Getreidewirtschaft):
a) bis 31. Dezember 1994:
-
Vollziehung des Abschnitts B MOG, insbesondere Außenschutz
-
Vollziehung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, wie Abwicklung der Kontraktaktion und der Lageraktion
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Vollziehung des MSTVG, insbesondere Strukturverbesserung durch Stillegung von Mühlen und Verwaltung der Vermahlungskontingente
Durch jährlich zu beschließende Vermarktungspläne wurde die inländische Produktion, der inländische Bedarf und der daraus zu erwartende Überschuß festgestellt und auf deren Grundlage einerseits die Zuteilung erstklassigen Brotgetreides an die Mühlen und andererseits die Exportverwertung der Getreideüberschüsse durchgeführt. Den Landwirten war ein hoher Preis garantiert, vermindert um den Verwertungsbeitrag, der zur Finanzierung der Exporte und der Wettbewerbsfähigkeit von sogenannten Alternativkulturen (Eiweißpflanzen und Ölsaaten) eingehoben wurde. Den Mühlen waren Vermahlungskontingente zugeteilt.
Die Abwicklung der Getreidemarktordnung war bis 30. Juni 1993 zwischen Mühlenfonds und Getreidewirtschaftsfonds aufgeteilt.
b) seit 1. Jänner 1995:
-
im Rahmen des MSTVG
Mit der MSTVG-Novelle 1994, BGBl. Nr. 664/1994 wurden Übergangsbestimmungen erlassen, die ab 01.07.1994 infolge der Anwendung des EG-Rechts ab dem Beitritt ein geordnetes Auslaufen der Kontingentierungsregelung gewährleisten sollten.
Die diesbezüglichen Bestimmungen sahen für den Fall der Verletzung des Aktionsgetreidepflichtbezuges (gemäß §2a Abs1 und 2 MSTVG), für den Fall der Verletzung des Qualitätsweizenpflichtkaufs (gemäß §2b Abs1, 3 und 4 MSTVG) sowie für die Verletzung der Lagerhaltungsverpflichtung zum 30. Juni 1994 (gemäß §2e MSTVG), jeweils eine Zahlung von öS 245,-- je 100 kg vor.
Weiters wurde die AMA ermächtigt, die Grundbeiträge gemäß §13 Abs1 MSTVG in der Höhe von öS 0,80 je 100 kg Weizenvermahlung und von öS 0,55 je 100 kg Roggenvermahlung bis öS 15, bzw. öS 14,50 je 100 kg zu erhöhen, wenn die der AMA zur Verfügung stehenden Mittel zur Durchführung der ihr übertragenen Aufgaben einschließlich dafür bereits aufgenommener Kredite (gemäß §13 Abs5 MSTVG) nicht ausreichen. Ab 01.08.1994 wurden diese Höchstbeträge auch tatsächlich ausgeschöpft.
Überdies wurde die Frist, innerhalb der Exporte nach der für den indirekten Export bestimmten Vermahlung durchzuführen sind, auf 6 Monate verkürzt.
Schließlich wurde in ArtIII der Novelle für den Fall der Pflichtbezugsverletzung bei Außerkrafttreten des MSTVG eine Zahlung von öS 245,-- je 100 kg Fehlmenge vorgesehen.
Das Weiterdauern der Aufgaben nach dem 01.01.1995 zeigt sich auch darin, daß von Jänner 1995 bis Ende März 1995 insgesamt 3 Sitzungen des Fachausschusses Mühlen stattfanden.
Da das MSTVG mit seiner Vermahlungskontingentregelung noch immer in Kraft war, aber für die österreichischen Mühlen auf dem Binnenmarkt eine zu starke Einschränkung und somit eine Benachteiligung gegenüber den übrigen Marktteilnehmern bedeutet hätte, erhöhte der Fachausschuß für Mühlen das Vermahlungskontingent auf 3000 %, um den Mühlen eine gesetzeskonforme Vermahlung zu ermöglichen.
Bis Ende Juni 1995 legten die Mühlen Austrittsnachweise für Exporte im Rahmen der indirekten Exportvermahlung gemäß §4b MSTVG vor, die eine Voraussetzung bildeten für die Gewährung des Vermahlungskostenzuschusses durch die AMA, die nach Einlangen sämtlicher Unterlagen und Prüfung der Voraussetzungen gewährt wurden.
Die oben genannte Bestimmung des ArtIII der Novelle 1994, war von der AMA erst nach Außerkrafttreten des MSTVG, somit erst nach Kundmachung des BGBl. Nr. 299/1995 am 04.05.1995, durchzuführen.
Gemäß ArtII Z8 der MSTVG-Novelle 1995, kundgemacht am 04.05.1995, tritt das MSTVG mit Ausnahme des §5 Abs7 und Abs8 erster und zweiter Satz, des §12 und des §17 Abs3 und Abs5 mit Ablauf des 31.12.1995 außer Kraft. Die AMA ist somit auch weiterhin mit der Überwachung der 30jährigen Stillegungsverpflichtung gemäß §5 Abs7 in Verbindung mit §17 Abs3 MSTVG, sowie mit der Gewährung eines Härteausgleichs gemäß §5 Abs8, 1. und 2. Satz MSTVG befaßt.
Den Mühleninhabern wurden überdies ab Mai 1995 nach Erfüllung der vorgesehenen Verpflichtungen die verbleibenden Mittel gemäß §18 Abs5 MSTVG im Verhältnis zurückbezahlt, die ihren Einzahlungen an Grundbeiträgen gemäß §13 Abs1 Z1 in den letzten 12 Monaten entspricht.
Die bei den Höchstgerichten anhängigen Verfahren betreffend Zahlungen nach dem MSTVG verursachen bei der AMA nach deren Abschluß einen Verwaltungsaufwand, da im Fall der Bestätigung der Bescheide öS 20 Mio. an die Mühleninhaber zurückzuzahlen sein werden.
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im Rahmen des Abschnitts B MOG und aktiver Veredelungsverkehr
Für die Vermarktung der Ernte 1994 erfolgte die Erstellung eines Vermarktungsplanes, der Export von Überschüssen sowie der Außenschutz.
Im Rahmen des aktiven Veredelungsverkehrs war es möglich, Getreide zu wesentlich billigeren Weltmarktpreisen, ohne Importausgleich ins Inland zu verbringen, hier zu bearbeiten und wieder zu exportieren. Um zu verhindern, daß bereits vor dem Beitritt importiertes Getreide nach dem Beitritt mit dem Wettbewerbsvorteil der Nichtentrichtung des Importausgleichs zu niedrigen Binnenmarktpreisen den heimischen Markt stört, hatte die AMA bis Jahresende 1995 für im Rahmen des aktiven Veredelungsverkehrs ins Inland verbrachtes Getreide Einfuhrbewilligungen zu erteilen und den hohen Importausgleich vorzuschreiben. Damit wurde der für die Zeit vor dem Beitritt aufrechte Außenschutz, der mit dem Beitritt weggefallen war, von der AMA auch im gesamten Jahr 1995 garantiert.
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im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung
Die Sonderrichtlinie zur Erfassung und Lagerung von Brot- und Futtergetreide der Ernte 1994 (Lagerabwertung gemäß Art150 der Beitrittsakte) war eine Begleitmaßnahme zur Überleitung von der alten Getreidemarktordnung in die neue EU-Marktordnung. Durch einen Eintritt in den Binnenmarkt ohne Begleitmaßnahmen wäre die gesamte inländische Getreidewirtschaft zusammengebrochen.
Die österreichischen Landwirte hätten - da ihnen 1994 noch keine Flächenprämien nach der KPA-Regelung gewährt wurden - die Ernte 1994 entweder unter den Gestehungskosten abgeben müssen oder sie wäre unverkäuflich auf Lager gelegen. Die einzigen Abnehmer wären die Mühleninhaber gewesen, die sich bis Ende Dezember 1994 mit teurem inländischem Qualitätsgetreide eindecken mußten (Pflichtbezug nach MSTVG und Außenschutz gemäß MOG).
Durch die Lagerabwertung, die den Aufkauf durch den Getreidegroßhandel bis 30.11.1994 bedingte und die Preisdifferenz der Getreidelagermenge, die mit 01.01.1995 unverkauft auf Lager war, zum EU-Interventionspreis ausglich, konnte die Ernte 1994 mit Bundes-, Landes- und EU-Mitteln (gemäß Art81 des Beitrittsvertrages) verbilligt vermarktet werden.
Die Mühlen hatten die Möglichkeit, bei Bezug von Getreide bereits im Dezember 1994 (der aufgrund der begrenzten Mühlenlager einerseits und dem Pflichtbezug gemäß MSTVG andererseits notwendig war) und daher noch während der vollen Gültigkeit der alten Marktordnung mit Außenschutz und Kontingentierung und noch vor dem Beitritt, vom Getreidegroßhandel um bis zu 50 % bis 75 % der ab Beitritt gewährten Preisreduktion verbilligtes Getreide zu beziehen. Diese Sonderregelung für Mühlen nahm auch auf das Erfordernis einer kontinuierlichen Bearbeitung Rücksicht.
Die Abwicklung der Sonderrichtlinie war erst - bis auf noch heute strittige Verfahren - Ende März 1995 abgeschlossen.
Soweit von Seiten der Mühlen argumentiert wird, daß sie nicht Adressaten (Förderungswerber) der Sonderrichtlinie betreffend die Lagerabwertung waren, ist darauf hinzuweisen, daß der Förderungswerber nicht zwingend der Nutznießer der Aktion war. Zugegebenermaßen hat auch der Getreidehandel (durch Ausnützung seiner Lagerkapazitäten,....) profitiert. Durch den Vorgriff der Mühlen bereits im Dezember 1994 haben diese jedoch besonders profitiert, weil damit eine kontinuierliche Bearbeitung möglich war. Die Abwicklung über den Getreidegroßhandel hat den Mühleninhabern zusätzlichen administrativen Aufwand erspart. Somit ist eine Schlußfolgerung nicht zielführend, daß wegen der mangelnden Berücksichtigung der Mühlen als Förderungswerber diese von der Lagerabwertung nicht erfaßt waren bzw. profitiert hätten. Der Getreidegroßhandel hatte auch den finanziellen Nachteil einer Vorfinanzierung der Getreidekäufe zu höheren Preisen bei einer erst Monate später folgenden Abwertung zu tragen.
Auch im Jahr 1995 stand den Mühlen das durch die Lagerabwertung verbilligte (= auf Gemeinschaftspreisniveau angepaßte) Getreide zur Verfügung.
c) Bei der Höhe des Verwaltungskostenbeitrags ab 1. Jänner 1995 in Höhe von 16 Groschen/kg Vulgareweizenvermahlung ist auch in Betracht zu ziehen, daß ab 1. Jänner 1995 kein Beitrag gemäß §13 MSTVG mehr zu entrichten war. Die 16 Groschen Verwaltungsbeitrag sind daher in Kombination des Beitrags für die Getreidewirtschaft und des Beitrags für die Mühlentätigkeit zu sehen.
Der Verwaltungskostenbeitrag von 16 Groschen hat zur Deckung des tatsächlichen Aufwands der AMA im Bereich der Getreidewirtschaft/Mühlen gedient. Der Nutzen der Mühlen durch die Tätigkeit der AMA bzw. der Aufwand der AMA steht nicht außer Verhältnis zur Höhe des Verwaltungskostenbeitrags. Dabei sind insbesondere auch die Tätigkeiten der AMA für die Mühlen im Rahmen des Mühlenstrukturverbesserungsgesetzes zu sehen."
Hinsichtlich der Bedenken einer Verletzung des Gleichheitssatzes, weil nur die Mühlen mit dem Verwaltungskostenbeitrag belastet werden, vertritt der Verwaltungsrat der AMA folgende Ansicht:
"Die Lagerabwertung an den Getreidegroßhandel war Voraussetzung für den Aufkauf und die Lagerung durch diesen, da dem Getreidegroßhandel mit EU-Beitritt billiges Getreide aus der Gemeinschaft zur Verfügung stand und das österreichische Getreide ansonsten unverkäuflich auf Lager (bei den Produzenten) liegen geblieben wäre.
Ein Verbot der Überwälzung der Beiträge hat nicht bestanden. Es ist aber zugegebenermaßen ab 1. Jänner 1995 faktisch schwieriger geworden, da Geschäftspartner, wie der Getreidegroßhandel als Lieferant des zu vermahlenden Getreides bzw. der Handel oder die Verarbeitungsindustrie wie Bäcker usw. als Abnehmer des vermahlenen Getreides auch starke Positionen innehatten und eine Reduktion des Kaufpreises bzw. Verkaufspreises infolge Überwälzung der Verwaltungskostenbeiträge weniger akzeptiert haben.
Besonders zu berücksichtigen ist aber, daß die Mühlen Hauptnutznießer des Systems waren bzw. mit der Vollziehung des MSTVG sich die Haupttätigkeit der AMA in diesem Bereich auf die Mühlen bezog. Der Verwaltungskostenbeitrag diente zur Finanzierung des Aufwandes bei der Restabwicklung der alten österreichischen Marktordnung. Der Verwaltungsaufwand für Aufgaben, die die AMA aufgrund des Gemeinschaftsrechts wahrzunehmen hatte, wurde bereits vom Bund finanziert. Da sich die 'Altaufgaben' fast ausschließlich auf die Mühlen konzentrierten, während für die übrige Getreidewirtschaft und auch die Mühlen das Gemeinschaftsrecht (wie Interventionsregelung, Lizenzen) zur Anwendung kam, traf der Verwaltungskostenbeitrag dementsprechend die Mühlen. Es sind daher objektive Unterscheidungsmerkmale vorgelegen, die die unterschiedliche Behandlung der Mühlen gegenüber der übrigen Getreidewirtschaft rechtfertigen."
Der Verwaltungsrat der AMA stellt den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle erkennen, daß §3 der Verordnung nicht gesetzwidrig war.
4.2. Die Beschwerdeführerin zu B259/96 gab zur Äußerung des Verwaltungsrates der AMA folgende Stellungnahme ab:
"1.) In der Äußerung wird - wie im übrigen von der belangten Behörde auch - nicht dargetan, daß nach dem 1. 1. 1995 Förderungsmaßnahmen und absatzfördernde Maßnahmen gemäß §68 a Marktordnungsgesetz durchgeführt wurden oder daß ein Transportausgleich gemäß §33 MOG gewährt worden wäre, die durch Verwaltungskostenbeiträge der Mühlen finanziert werden müßten. Im weiteren Verlauf des Verfahrens wird daher davon auszugehen sein, daß nur mehr strittig ist, ob bei der Agrarmarkt Austria Verwaltungskosten im Bereich der Getreidewirtschaft angefallen sind, die Grundlage für die Einhebung des bekämpften Verwaltungskostenbeitrages bilden könnten.
2.) Durch die Darstellung ... von vorgeblich differenzierten Regelungen für die Zeit vor und nach dem 1. 1. 1995 soll offensichtlich versucht werden, fälschlich den Eindruck zu erwecken, es wären unterschiedliche Regelungen vorgelegen und die Agrarmarkt Austria hätte nach dem 1. 1. 1995 neu, spezifische nur für die Mühlen geltende Regelungen zu exekutieren gehabt. Tatsächlich hat es neue Regelungen mit Wirksamkeit ab 1. 1. 1995 nicht gegeben. Alle im Punkt 2 der Äußerung genannten generellen Normen betreffen Tatbestände, die vor dem 1. 1. 1995 verwirklicht wurden. Dies gilt insbesondere für die monierten Vermahlungszuschüsse für Exportvermahlungen. Diese wurden nur bis 31. 12. 1994 gewährt. Die Tätigkeit der Agrarmarkt Austria Regelungen betreffend, die noch bis zum 31. 12. 1994 zu exekutieren waren, sind mit den für die Zeit bis 31. 12. 1994 vorgeschriebenen Verwaltungskostenbeiträgen abgegolten. Dies unabhängig davon, ob die Agrarmarkt Austria - aus welchen Gründen auch immer - die betreffenden Agenden erst nach dem 1. 1. 1995 erledigt hat. Wären diese Agenden insoweit durch einen zusätzlichen, für die Zeit nach dem 1. 1. 1995 einzuhebenden Verwaltungskostenbeitrag zu alimentieren, würde dies bedeuten, daß die Agrarmarkt Austria für ein und dieselbe Tätigkeit zweimal entlohnt wird. Im übrigen bestimmt Artikel II Zif 7 MStVG-Novelle 1995 (BGBl 299/95), daß Beiträge und Zahlungen von Mühlen nur für Sachverhalte zu leisten sind, die vor dem 1. 1. 1995 verwirklicht wurden.
Richtig ist, daß nach dem 1. 1. 1995 noch drei Sitzungen des 'Fachausschusses Mühlen' stattgefunden haben. Diese waren deshalb erforderlich, weil es der Gesetzgeber unterlassen hat, die Vermahlungs- und Produktionsbeschränkungen für Mühlen gemäß Mühlenstrukturverbesserungsgesetz zeitgerecht mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und der damit verbundenen Marktöffnung aufzuheben. In den genannten Sitzungen wurde daher die Übermahlungsmöglichkeiten zunächst auf 1000%, später auf 3000% angehoben. Damit sollte verhindert werden, daß die österreichischen Mühlen der Konkurrenz ausländischer Anbieter, die den österreichischen Produktionsbeschränkungen naturgemäß nicht unterlagen, nicht mit marktkonformen Maßnahmen, nämlich Ausweitung ihrer Produktion hätten begegnen können. Der Gesetzgeber hat auf die geänderte wirtschaftliche Lage verspätet reagiert. Er hat erst mit Bundesgesetz BGBl 300/95, ausgegeben am 4. 5. 1995, rückwirkend mit 1. 1. 1995 die vorgenannten Produktionsbeschränkungen aufgehoben. Der Aufwand der Agrarmarkt Austria für die wegen der Säumnis des Gesetzgebers erforderliche Notmaßnahme kann aber nicht den Mühlen auf der Grundlage des §60 MOG angelastet werden. Der Aufwand wäre nach §13 Mühlenstrukturverbesserungsgesetz zu bestreiten, der aber auf Sachverhalte, die nach dem 1. 1. 1995 verwirklicht wurden, nicht mehr anwendbar (ist)(Artikel II Zif 7 MStVG-Novelle). Im übrigen war der diesbezügliche Aufwand bei der Agrarmarkt Austria aber eine zu vernachlässigende Größe.
3.) Der Vermarktungsplan für die Ernte 1994 durch Hereinnahme von Drittlandsware hat sich nicht auf Brotgetreide bezogen. Seit dem 1. 1. 1995 ist der gemeinsame Außenschutz der EU-Getreidemarktordnung inkraft, der keinen für die inländischen Mühlen spezifischen Aufwand verursacht.
4.) Daß die Maßnahmen zur Finanzierung der Lagerabwertung von Getreide nicht im Interesse der Mühlen, sondern der heimischen Landwirtschaft erfolgte, wurde von uns bereits in der Äußerung vom 11. 4. 1996 vorgebracht. Offensichtlich geht auch die Agrarmarkt Austria hievon aus, wenn sie konzediert, daß andernfalls die österreichischen Landwirte die Ernte 1994 unter Gestehungskosten hätten abgeben oder als unverkäuflich auf Lager hätten legen müssen (...). Entgegen der Meinung der Agrarmarkt Austria war auch die österreichische Mühlenwirtschaft nach dem 1. 1. 1995 nicht mehr auf durch die öffentliche Hand 'verbilligtes' Getreide angewiesen, weil hiefür inzwischen der geöffnete europäische Markt zur Verfügung stand.
Die durch die Öffnung des bisher geregelten Marktes für Getreide erforderlich gewordene Lagerabwertung wurde aus organisatorischen Gründen über den Getreidegroßhandel abgewickelt. Anstelle von über 300 Mühlen waren nur etwa 8 Getreidegroßhändler involviert. Hiedurch erwuchs den Mühlen aber kein Vorteil. Sie erlitten vielmehr bedeutende Nachteile, weil wohl dem Getreidegroßhandel der Verlust durch Abwertung deren Getreidelager auf europäisches Niveau abgegolten wurden, den Mühlen aber eine entsprechende Abgeltung des Wertverlustes ihrer Getreidelager verwehrt wurde.
5.) Der Hinweis auf die von der Agrarmarkt Austria seit dem 1. 1. 1995 auszufertigenden Lizenzen ist verfehlt. Es stellt dies keine besondere Tätigkeit im Interesse der Mühlen dar. Für Exporte in EU-Drittländer sind nach Gemeinschaftsrecht hinsichtlich aller agrarischen Produkte Exportgenehmigungen erforderlich (vgl. EU-Verordnung 3719/88).
Richtig ist, daß es der Agrarmarkt Austria nach (dem) Mühlenstrukturverbesserungsgesetz obliegt, eingegangene Stillegungsverpflichtungen österreichischer Mühlen in Evidenz zu halten. Diese Agenden, die im übrigen von der Agrarmarkt Austria deshalb nicht wahrgenommen werden, weil ihr entsprechend geschulte Organe nicht zur Verfügung stehen, wären mit Beiträgen gemäß §13 MStVG zu finanzieren, die aber nach Artikel II Zif 7 MStVG-Novelle 1995 (für) nach dem 1. 1. 1995 verwirklichte Sachverhalte nicht mehr einzuheben sind. Die Vorschreibung von Verwaltungskostenbeiträgen wäre sohin insoweit ohne gesetzliche Grundlage erfolgt.
6.) Zu den Punkten 2 litc und 3 ist festzuhalten, daß dem Gesetzgeber des Marktordnungsgesetzes ein Begriff 'Getreidewirtschaft/Mühlen' fremd ist. §60 MOG spricht vom Aufwand der Agrarmarkt Austria im Bereich 'Getreidewirtschaft'. Die Mühlen stellen einen Teil dieses Bereiches dar. Wenn nur sie, nicht aber andere Verkehrskreise der Getreidewirtschaft zu einem Beitrag herangezogen werden, wäre dies eine Verletzung des Gleichheitssatzes.
Entgegen der Darstellung der Agrarmarkt Austria haben die Abnehmer von Müllereiprodukten seit der Marktöffnung mit 1. 1. 1995 einen um Verwaltungskostenbeiträge der Agrarmarkt Austria erhöhten Preis nicht weniger, sondern überhaupt nicht mehr akzeptiert. Die Preisfindung in einem freien Markt orientiert sich ausschließlich nach Angebot und Nachfrage. Differenzierte Preise je nach Kosten der Anbieter kommen nicht zustande.
Unzutreffend ist auch, daß die Mühlen Hauptnutznießer des bisherigen Systems der Getreidemarktordnung (gemeint offenbar der bis zum 1. 1. 1995 gültigen) gewesen wären. Es muß aber hierauf deshalb nicht näher eingegangen werden, weil für die Einhebung eines nur den Mühlen vorzuschreibenden Verwaltungskostenbeitrages ab 1. 1. 1995 keine gesetzliche Grundlage mehr bestand. Auf die Bestimmung des Artikel II Zif 7 MStVG-Novelle (BGBl 299/95) sei in diesem Zusammenhang nochmals verwiesen."
4.3. Die Wirtschaftskammer Österreich übermittelte ohne Aufforderung eine schriftliche Darstellung der Rechtsansicht der Mitglieder des Verwaltungsrates der AMA aus dem Bereich der Wirtschaftskammer Österreich zur Frage der Gesetzmäßigkeit der Höhe der Verwaltungskostenbeiträge für Jänner und Februar 1995.
4.4. Zur Äußerung der Beschwerdeführerin zu B259/96 sowie der Wirtschaftskammer Österreich erstattete der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft eine Gegenäußerung, in der er sich der Äußerung der AMA vollinhaltlich anschließt und anmerkt, daß der AMA auch noch im Jahr 1995 Verwaltungsaufgaben für die Mühlen zukamen.
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle erkennen, daß §3 der Verordnung nicht gesetzwidrig war.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Das Verfahren hat keine Zweifel über die Zulässigkeit der Anlaßbeschwerden ergeben. Der Verfassungsgerichtshof hat bei ihrer Beurteilung die Bestimmung des §3 der Verordnung anzuwenden, ergibt sich doch die Höhe der vorgeschriebenen Verwaltungskostenbeiträge aus dieser Norm.
Angesichts dieser Umstände und da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.
2. Die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes sind auch begründet. Für die Einhebung von Verwaltungskostenbeiträgen in der Höhe von S 0,16 je Kilogramm Handelsvermahlung von Vulgareweizen besteht seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, somit seit dem 1. Jänner 1995, keine gesetzliche Deckung, zumal der gemäß §60 Abs2 MOG zu bedeckende Aufwand der AMA für die Getreidewirtschaft mit dem Beitritt im wesentlichen weggefallen ist.
Im Prüfungsbeschluß hat der Verfassungsgerichtshof vorläufig angenommen, daß die Vorschreibung eines Verwaltungskostenbeitrages nur unter den Voraussetzungen gesetzeskonform ist, daß diese zur Deckung eines tatsächlichen Aufwandes der AMA im Bereich der Mühlen erforderlich ist und der Nutzen der Mühlen bzw. der Aufwand der AMA nicht außer jedem Verhältnis zur Höhe des Verwaltungskostenbeitrages steht. Diese Annahme ist zutreffend.
Aus der Formulierung des §60 Abs2 MOG ("Der Aufwand der AMA ... wird durch Verwaltungskostenbeiträge gedeckt ...") leitet sich ab, daß Verwaltungskostenbeiträge nur dann vorgeschrieben werden dürfen, wenn ein Aufwand für die AMA tatsächlich anfällt. Daraus folgt, daß die jeweilige Höhe der durch Verordnung vorzuschreibenden Verwaltungskostenbeiträge in Relation zum tatsächlichen Aufwand der AMA zu stehen hat.
§60 Abs2 MOG bestimmt, daß die einzuhebenden Verwaltungskostenbeiträge den Aufwand der AMA (unter anderem) im Bereich der gesamten Getreidewirtschaft - und nicht bloß im Bereich der Mühlen - abdecken sollen und daß ausschließlich die vulgareweizenvermahlenden Mühlen Beitragsschuldner sind. Diese Regelung ist in der Weise auszulegen, daß die Beitragsschuldner zumindest einen Nutzen vom Aufwand der AMA im Bereich der Getreidewirtschaft haben müssen, der nicht außer jedem Verhältnis zur Höhe des Beitrages stehen darf, zumal die Mühlen seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union die Verwaltungskostenbeiträge nicht mehr an die Getreidewirtschaft überwälzen können. Der Verfassungsgerichtshof hielte es für unsachlich, unter dem Titel "Verwaltungskostenbeiträge" zur "Abdeckung" eines Aufwandes Beiträge ausschließlich von solchen Beitragsschuldnern einzuheben, die vom erbrachten Aufwand gar nicht profitieren. Ein solcher Inhalt kann §60 Abs2 MOG aber nicht unterstellt werden, denn nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf einem Gesetz im Zweifel kein Inhalt beigemessen werden, der es als verfassungswidrig erscheinen lassen würde (vgl. zB VfSlg. 5923/1969, 7759/1976, 8011/1977).
Der Verwaltungsrat der AMA versucht in seiner Äußerung - unter Auflistung von Aufgaben der AMA im Bereich der Getreidewirtschaft und Mühlen bis zum 31. Dezember 1994 und ab 1. Jänner 1995 (s. oben Seiten 7 ff.) - darzutun, daß der in Rede stehende Verwaltungskostenbeitrag von S 0,16 zur Deckung des tatsächlichen Aufwandes der AMA im Bereich der Getreidewirtschaft/Mühlen diente und daß der Nutzen der Mühlen durch die Tätigkeit der AMA bzw. der Aufwand der AMA nicht außer Verhältnis zur Höhe des Verwaltungskostenbeitrages stand. Hiebei wird auf die Tätigkeiten der AMA für die Mühlen insbesondere im Rahmen des Mühlenstrukturverbesserungsgesetzes (kurz: MSTVG) hingewiesen.
Der Hinweis auf die Tätigkeiten der AMA im Bereich des MSTVG ist aber verfehlt, weil der Aufwand der AMA für Belange des MSTVG nicht über Verwaltungskostenbeiträge nach §60 Abs2 MOG abzudecken ist. Nach dem Wortlaut des §60 Abs2 MOG soll mit Verwaltungskostenbeiträgen nach dieser Bestimmung der Aufwand der AMA im Bereich der Getreidewirtschaft abgedeckt werden. Darunter fällt aber nicht der Aufwand der AMA in Vollziehung des MSTVG. Gemäß §13 Abs1 MSTVG flossen hiefür der AMA gesonderte Geldmittel zu. Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, daß mit Verwaltungskostenbeiträgen nach dem MOG auch ein Aufwand, der in Vollziehung eines anderen Gesetzes, insbesondere des MSTVG, entsteht, abgedeckt werden darf. Tätigkeiten, die die AMA im Rahmen des MSTVG ausgeübt hat, sind ausschließlich dem MSTVG zuzuordnen und haben bei der Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der Höhe des Beitragssatzes außer Betracht zu bleiben. Aus demselben Grund geht auch der Hinweis in der Äußerung des Verwaltungsrates der AMA ins Leere, wonach die Höhe des Verwaltungskostenbeitrages "in Kombination" mit den Zahlungen gemäß §13 MSTVG zu sehen und insbesondere wegen des Entfalls der Zahlungen gemäß 13 MSTVG (diese sind von den Mühleninhabern nur für Sachverhalte zu leisten, die vor dem 1. Jänner 1995 verwirklicht wurden) gerechtfertigt sei.
Damit fällt aber ein wesentliches Sachverhaltselement des Verwaltungsrates zur Darlegung der Gesetzeskonformität der Bestimmung über den Beitragssatz der Verordnung weg, zumal seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union von der AMA im wesentlichen nur noch die Gemeinsame Marktorganisation (Abschnitt F MOG) vollzogen wird.
Gemäß §60 Abs2 MOG war im Bereich der Getreidewirtschaft mit dem Verwaltungskostenbeitrag nicht nur der bürokratische Aufwand, sondern waren auch gewisse Förderungsmaßnahmen zu bedecken. Diese Maßnahmen sind jedoch ebenfalls mit dem Beitritt zur Europäischen Union weggefallen.
Die weiteren in der Äußerung genannten Aufgaben (im Rahmen des Abschnittes B MOG und aktiver Veredelungsverkehr, im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, Finanzierung des Aufwandes der Restabwicklung der alten österreichischen Getreidemarktordnung) sind nicht als ins Gewicht fallende Tätigkeiten zu qualifizieren, die es rechtfertigen würden, Verwaltungskostenbeiträge in der Höhe von S O,16 je Kilogramm Handelsvermahlung von Vulgareweizen vorzuschreiben. Zu berücksichtigen ist auch, daß der Verwaltungskostenbeitrag für die Monate Jänner und Februar 1995 in derselben Höhe wie im Jahr 1993 eingehoben wurde (1994 betrug die Höhe des Verwaltungskostenbeitrags aufgrund der - befristet in Geltung stehenden - Verordnung des Verwaltungsrates der AMA betreffend die Erhebung und das Ausmaß der Verwaltungskostenbeiträge gem. §60 Abs2 MOG, Verlautbarungsblatt der AMA für den Bereich Getreide, ausgegeben am 27. Jänner 1994, S 0,18 je Kilogramm Handelsvermahlung von Vulgareweizen). 1993 wurden aber über die Verwaltungskostenbeiträge eine Vielzahl von Tätigkeiten im Rahmen des MOG, die auch die Mühlen betrafen, finanziert, die spätestens seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union weggefallen sind. Ein Vergleich zwischen den umfangreichen, die Getreidewirtschaft betreffenden Aufgaben des GWF bzw. der AMA im Jahr 1993 und den stark reduzierten, nicht ins Gewicht fallenden Tätigkeiten in den Monaten Jänner und Februar 1995 macht evident, daß der Aufwand der AMA im Bereich der Getreidewirtschaft gemäß §60 Abs2 MOG am 1. Jänner 1995 nur mehr minimal war. Der Verwaltungskostenbeitrag in seiner gleichgebliebenen Höhe steht in einem krassen Mißverhältnis zu dem die Getreidewirtschaft betreffenden Aufwand der AMA für die Monate Jänner und Februar 1995 und findet daher keine Deckung im Gesetz.
3. Schon aus diesen Gründen war gemäß Art139 Abs4 B-VG auszusprechen, daß §3 der Verordnung des Getreidewirtschaftsfonds vom 14. Juli 1988 betreffend die Erhebung und Verwendung der Transportausgleichsbeiträge gemäß §33 des Marktordnungsgesetzes, der Ausgleichsbeiträge gemäß §34 des Marktordnungsgesetzes und der Verwaltungskostenbeiträge gemäß §60 des Marktordnungsgesetzes, kundgemacht im Verlautbarungsblatt des Getreidewirtschaftsfonds Nr. 11 vom 20. Juli 1988 idF Verlautbarungsblatt des Getreidewirtschaftsfonds Nr. 25 vom 18. Dezember 1992, ab 1. Jänner 1995 gesetzwidrig war. Auf die weiteren im Prüfungsbeschluß aufgeworfenen Bedenken war daher nicht mehr einzugehen.
4. Der Ausspruch über die Kundmachungspflicht stützt sich auf Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §60 Abs2 VerfGG.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Marktordnung, EU-Recht, Getreidewirtschaft, Beiträge (Marktordnung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:V155.1997Dokumentnummer
JFT_10019382_97V00155_00