TE OGH 2011/4/7 13Os20/11g

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Veröffentlicht am 07.04.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. April 2011 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Armin H***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 11. Jänner 2011, GZ 17 Hv 169/10v-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Armin H***** (richtig [RIS-Justiz RS0111410, insbesonders 13 Os 1/09k; Schwaighofer in WK² § 28a SMG Rz 55]:) je eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er vom September 2009 bis zum Juli 2010 vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich zumindest 1,9 kg Heroin mit einer Reinsubstanz von 266 Gramm nach Österreich eingeführt und dem abgesondert verfolgten Mario L***** überlassen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen - undifferenziert - aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die in einem strafgerichtlichen Urteil getroffenen Feststellungen sind nur dann mit Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5a) anfechtbar, wenn sie entscheidende Tatsachen zum Gegenstand haben. Dies ist genau dann der Fall, wenn die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens einer Tatsache in den Entscheidungsgründen entweder die rechtliche Entscheidung über Schuld- oder Freispruch oder - im Fall gerichtlicher Strafbarkeit - darüber beeinflusst, welche strafbaren Handlungen begründet werden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 398, 399).

Soweit die Beschwerde die Urteilsannahmen releviert, wonach Mario L***** (im zeitlichen Vorfeld der Taten) vermutete, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Beziehungen nach Kroatien Bezugsmöglichkeiten für Heroin haben könnte (US 4), und die Urteilsbegründung zur Suchtgiftmenge (US 8, 9) - bei einem festgestellten Reinheitsgehalt von mindestens 14 % (US 6) - als nur eine Gesamtmenge von 780 Gramm tragend bezeichnet, verfehlt sie den dargelegten Bezugspunkt.

Indem die Rüge einwendet, der Lebenswandel des Beschwerdeführers und das Fehlen von Sachbeweisen sprächen gegen seine Täterschaft, unter substratloser Spekulation über mögliche Verleumdungsmotive des Mario L***** dessen mangelnde Überzeugungskraft behauptet und aus - nicht auf entscheidende Tatsachen bezogenen - Detailabweichungen in den Aussagen der Belastungszeugen Mario G***** und Almir Ha***** sowie mittels selektiven Herausgreifens einzelner Passagen aus den Depositionen weiterer Zeugen anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Den Umstand, dass Mario L***** bei seiner Vernehmung im Rahmen der Hauptverhandlung Erinnerungslücken aufwies, hat das Erstgericht sehr wohl berücksichtigt (Z 5 zweiter Fall) und dabei in mängelfreier, auf dessen nachhaltige Beeinträchtigung durch massiven Heroinkonsum sowie den von ihm gewonnenen persönlichen Eindruck (§ 258 Abs 2 StPO) rekurrierender Begründung (Z 5 vierter Fall) dargelegt, aus welchen Gründen es dennoch von der Richtigkeit der Angaben dieses Zeugen ausging (US 7).

Soweit die Beschwerde vorbringt, entgegen den Urteilsannahmen habe nicht Almir Ha*****, sondern Mario G***** angegeben, Mario L***** habe den Beschwerdeführer ihm gegenüber „im Zuge eines zufälligen Zusammenkommens“ als Suchtgiftlieferant bezeichnet, spricht sie der Sache nach Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) an. Dieser Nichtigkeitsgrund ist aber nur dann gegeben, wenn der aufgezeigte Widerspruch zwischen dem Urteil und dem Urkunden- oder Protokollinhalt erheblich, also für die Beweiswürdigung von Bedeutung ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 466), was hier nicht zutrifft. In der relevierten Begründungspassage erachtet das Erstgericht die Verantwortung des Beschwerdeführers, Mario L***** habe anlässlich seiner Festnahme nur deswegen den Beschwerdeführer als Lieferanten genannt, weil ihn dieser zufällig im selben Moment auf seinem Mobiltelefon angerufen habe, dadurch als widerlegt, dass Almir Ha***** - solcherart aktenkonform (ON 26 S 27, 28) wiedergegeben - aussagte, Mario L***** habe ihm schon lang vor seiner Verhaftung mitgeteilt, dass er vom Beschwerdeführer Suchtgift beziehe (US 10, 11). Ob dies anlässlich einer zufälligen Begegnung „in der Stadt“ geschah oder aus einem anderen Anlass, ist aber für den angesprochenen Teil der Beweiswürdigung unerheblich.

Durch die - ohne deutliche und bestimmte Bezeichnung aktenkundiger Umstände, die objektiv geeignet sind, erhebliche Zweifel am Vorliegen einer festgestellten, den Schuldspruch tragenden Tatsache zu wecken - vorgetragene Berufung auf den Zweifelsgrundsatz des Art 6 Abs 2 MRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld vermutet wird, dass der Angeklagte unschuldig ist, wird weder der Nichtigkeitsgrund der Z 5 noch jener der Z 5a geltend gemacht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 454).

Der Schluss vom Reinheitsgehalt der sichergestellten Heroinmenge auf den der Gesamtmenge (US 12) - dem entgegenstehende Verfahrensergebnisse (Z 5 zweiter Fall) nicht behauptet werden - ist unter dem Apsekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.

Der Einwand fehlender Feststellungen zur Motivlage des Beschwerdeführers (der Sache nach Z 9 lit a) leitet nicht aus dem Gesetz ab, aus welchem Grund die geforderten Konstatierungen schuld- oder subsumtionsrelevant sein sollen und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96954

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0130OS00020.11G.0407.000

Im RIS seit

29.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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