Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über den Antrag des J S in B, Luxemburg, vertreten durch Dr. Elisabeth Scheuba, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Parkring 2, auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erfüllung des hg. Mängelbehebungsauftrages vom 10. November 2000 in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag wird stattgegeben.
Begründung
Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 2000 wurde die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 12. Jänner 1998, Zl. 1997/19/270-3, dem Antragsteller zu Handen seiner Rechtsvertreterin zur Mängelbehebung in drei näher genannten Punkten innerhalb einer Frist von zwei Wochen zurückgestellt. Innerhalb der gesetzten Frist brachte der Antragsteller wohl einen Ergänzungsschriftsatz ein, legte die ergänzte Beschwerde aber nur in zweifacher Ausfertigung vor. Daraufhin wurde mit hg. Beschluss vom 24. Jänner 2001, Zl. 2000/03/0337-6, das Verfahren über die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 und § 33 Abs. 1 zweiter Satz VwGG eingestellt.
Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legt unter einem die dritte Ausfertigung der ergänzten Beschwerde vor.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Rechtsvertreterin des Antragstellers habe die Beschwerdeergänzung rechtzeitig diktiert und einer namentlich bezeichneten Kanzleikraft zur Übertragung übergeben. Nach der Übertragung des Diktats und Korrektur des Schriftsatzes habe die Rechtsvertreterin des Antragstellers den Schriftsatz zur Abfertigung an die Kanzleikraft übergeben und die Kanzleikraft noch darauf aufmerksam gemacht, dass der Schriftsatz dreifach einzureichen sei, indem sie einen gelben Selbstklebenotizzettel mit einem diesbezüglichen Vermerk auf den Schriftsatz geklebt habe. Da sie danach einen Auswärtstermin zu verrichten gehabt hätte, habe die Rechtsvertreterin von unterwegs nochmals in der Kanzlei bei der Kanzleikraft angerufen, um sich zu vergewissern, ob der Schriftsatz dreifach aufgegeben worden sei, was die Kanzleikraft bestätigt habe. Erst in weiterer Folge, nämlich nach Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 2001 am 5. Februar 2001 habe sich herausgestellt, dass die dritte Ausfertigung des Schriftsatzes gefehlt habe, und dass die - schon mehr als 15 Jahre als Kanzleikraft tätige und besonders verlässliche - Kanzleiangestellte aus einem Versehen die dritte Ausfertigung nicht "miteinkuvertiert habe", sondern diese versehentlich unter die Büroklammer, mit der die zurückbehaltene Ausfertigung des Schriftsatzes und die Kopie der Beilage zusammengesteckt gewesen seien, "hineingerutscht" sei, sodass sie gemeinsam mit der Ausfertigung für den Handakt und der Beilagenkopie im Akt abgelegt worden sei. Ein derartiger Fehler sei der Kanzleiangestellten bisher noch nicht unterlaufen.
Dem Wiedereinsetzungsantrag sind eidesstättige Erklärungen der Rechtsvertreterin des Antragstellers und der Kanzleiangestellten angeschlossen.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Die Wiedereinsetzung ist gemäß § 46 Abs. 1 VwGG auch zu bewilligen, wenn eine Frist durch ein Verhalten von Angestellten des Bevollmächtigten der Partei versäumt wurde, es sei denn, es läge ein - über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes - Verschulden der Partei vor. Dem Verschulden der Partei selbst ist das Verschulden ihres Vertreters gleichzustellen (vgl. u. a. den hg. Beschluss vom 20. Mai 1998, Zl. 98/03/0136, mit weiterem Hinweis).
Der Verwaltungsgerichtshof legt das sich aus dem vorliegenden Antrag und den ihm beigegebenen unbedenklichen eidesstättigen Erklärungen ergebende, eingangs dargestellte Sachverhaltsvorbringen seiner Entscheidung zu Grunde. Davon ausgehend erweist sich die Unterlassung der der Kanzleikraft aufgetragenen Einkuvertierung und Abfertigung des Ergänzungsschriftsatzes in dreifacher Ausfertigung als ein für den Vertreter des Antragstellers und damit auch für den Antragsteller selbst unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis, welches ihn jedenfalls ohne ein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden an der Beschwerdeergänzung innerhalb der gesetzten Frist hinderte (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 22. März 2000, Zl. 2000/03/0011).
Dem vorliegenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher stattzugeben.
Wien, am 28. Februar 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001030040.X00Im RIS seit
10.05.2001