TE AsylGH Erkenntnis 2011/04/13 D11 253177-2/2011

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Veröffentlicht am 13.04.2011
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Spruch

D11 253177-2/2011/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter DDr. Gerhold als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.03.2011, FZ. 11 02.437 - EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs 1 AVG iVm § 10 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

I.) Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

1.1. Der Beschwerdeführer reiste am 14.11.2003 legal mit einem von der Österreichischen Botschaft ausgestellten "Reisevisum" (gültig vom 10.11.2003 bis 09.12.2003) in das österreichische Bundesgebiet ein, stellte am 02.12.2003 einen (ersten) Asylantrag und begründete diesen handschriftlich zusammengefasst damit, dass seine Vorfahren Österreicher gewesen seien und bei Solferino und Königgrätz gekämpft hätten. 1991 habe das Banditentum in der Ukraine begonnen, Räuber seien drei Mal in das Haus der Eltern eingedrungen, hätten den Beschwerdeführer geschlagen und alles durchwühlt. Er habe keine Untaten begangen und die juridische Fakultät absolviert.

 

1.2. Am 17.12.2003 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Er gab zusammengefasst zu Protokoll, es habe ein (einziger) Überfall auf sein Haus stattgefunden, zwei von drei Tätern seien gefasst und verurteilt worden. Der dritte Täter habe vom Beschwerdeführer "Entschädigung" für die im Gefängnis sitzenden Mittäter verlangt. Der Beschwerdeführer hätte dies sein Leben lang in Raten bezahlen müssen, habe das Geld jedoch nicht aufbringen können. Im Februar 1999 sei das Geschäft des Großvaters ausgeraubt worden. Die Täter seien gewissermaßen immer wieder, konkret 2-3 mal im Monat, zu ihm gekommen, insbesondere auf die Universität, wo er studiert habe. Er habe dies "natürlich nicht, kein einziges Mal" der Polizei gemeldet. Auf weitere Befragung korrigierte der Beschwerdeführer, er sei doch bei der Polizei gewesen, insgesamt vier Mal.

 

1.3. Mit Bescheid vom 03.09.2004, FZ. 03 36.888-BAW wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt I), stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei (Spruchpunkt II) und sprach gleichzeitig die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet (ohne Zielstaat) aus (Spruchpunkt III). In seiner Begründung traf die belangte Behörde Länderfeststellungen zur Ukraine. Die geltend gemachten Fluchtgründe erachtete die belangte Behörde als nicht GFK-relevant. Beweiswürdigend führte das Bundesasylamt aus, dass der Beschwerdeführer lediglich eine Verfolgung durch private Personen vorgebracht habe. Die Ukraine sei jedoch schutzfähig und schutzwillig. Es bestehe keine refoulment-relevante Gefährdung des Beschwerdeführers. Die Ausweisung erfolge im öffentlichen Interesse.

 

Gegen den Bescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der (nach damaliger Terminologie) Berufung erhoben, in welcher zusammengefasst auf das bisherige Vorbringen verwiesen wurde.

 

1.4. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 08.06.2007, Zl. 253.177/0/1E-VII/20/04, wurde die Berufung abgewiesen. jedoch die Ausweisungsentscheidung zielstaatsbezogen mit der Ukraine präzisiert. Das Bundesasylamt habe den Sachverhalt umfassend ermittelt, den Asylwerber eingehend befragt, die aktuelle Situation im Herkunftsstaat ermittelt, darauf aufbauend richtige Sachverhaltsfeststellungen getroffen und den richtig festgestellten Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt. Die Berufungsausführungen seien nicht geeignet, zu einer anders lautenden Entscheidung zu gelangen. Die Ausweisungsentscheidung habe allerdings zielstaatsbezogen zu erfolgen (weswegen im Spruch die Ukraine als Zielstaat der Ausweisung festgelegt wurde).

 

1.5. Mangels gültiger Meldeadresse wurde der Bescheid am 08.06.2007 gem. § 8 Abs 2 iVm § 23 Abs 1 Zustellgesetz ohne Zustellversuch beim Unabhängigen Bundesasylsenat hinterlegt und erwuchs somit in Rechtskraft.

 

1.6. Am 12.03.2011 wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung nach dem Suchtmittelgesetz in 1010 Wien, Kärntnertorpassage, von Organen der öffentlichen Sicherheit festgenommen und aufgrund der aufrechten Ausweisungsentscheidung in Schubhaft genommen. Bei der Einvernahme durch ein fremdenpolizeiliches Organ stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen (zweiten) Antrag auf Internationalen Schutz.

 

1.7. Bei der am 14.03.2011 durchgeführten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer vor Organen der öffentlichen Sicherheit zu Protokoll, seine alten Fluchtgründe seien weiterhin aufrecht und aktuell, neue Gründe habe er keine. Er lebe seit 2003 in Österreich und habe zu seiner Heimat keinen Bezug mehr.

 

1.8. Am 24.03.2011 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen. Dabei gab er zu Protokoll, das er seit 04.05.2004 insgesamt drei Monate lang als Werbemittelverteiler tätig gewesen sei, nunmehr sei er ohne Beschäftigung. Er lege ein ukrainisches polizeiliches Führungszeugnis vom 10.05.2005 vor. Er lebe in Österreich nicht in einer Lebensgemeinschaft und habe in Villach Verwandte, welche er aber noch nie gesehen habe. Außer Fussball zu spielen und Deutschkurse an der Uni Wien zu besuchen, habe er keine Bindungen zu Österreich. Er besuche die Kurse intensiv, könne aber keine Bestätigungen vorlegen. Im Falle einer Abschiebung würden die Banditen ihn zu 99,9% umbringen.

 

1.9. Mit Bescheid vom 29.03.2011, Zl. 11 02.437 - EAST Ost wurde seitens des Bundesasylamtes der Antrag des Beschwerdeführers § 68 AVG Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr. 51/1991 idgF. wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 1 AsylG 2005 (AsylG), BGBl Nr. I 100/2005 idgF aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen (Spruchpunkt II). Der (erste) Antrag sei bereits rechtskräftig negativ beschieden worden, es könne kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden. Eine Zurückweisung eines Antrages auf Internationalen Schutz sei mit einer Ausweisung zu verbinden. Diese verstoße nach Durchführung einer Interessensabwägung nicht gegen Art 8 MRK.

 

1.10 Gegen den genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. In dieser wird zusammengefasst ausgeführt, dass sich zwar die Fluchtgründe nicht geändert hätten, jedoch die private Situation. Der Beschwerdeführer lebe seit mehr als 7 Jahren in Österreich, spreche sehr gut Deutsch, habe teilweise gearbeitet und spiele Fußball in einem Verein.

 

1.11. Die Beschwerde langte am 12.04.2011 bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein.

 

1.12. Bereits am 07.04.2011 verließ der Beschwerdeführer ohne Abmeldung seine Betreuungsstelle und tauchte unbekannten Aufenthalts und ohne gültige Meldeadresse unter.

 

II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 23 AsylGHG, BGBl. I Nr. 4/2008 idgF sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

 

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG iVm § 23 AsylGHG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist.

 

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen.

 

Gegenüber neu entstandenen Tatsachen fehlt es an der Identität der Sache; neu hervorgekommene Tatsachen (oder Beweismittel) rechtfertigen dagegen allenfalls eine Wiederaufnahme iSd § 69 Abs. 1 Z. 2, bedeuten jedoch keine Änderung des Sachverhaltes iSd § 68 Abs. 1 AVG. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn dasselbe Begehren auf Tatsachen und Beweismittel gestützt wird, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben (vgl. E VwGH 30.9.1994, 94/08/0183, mwN; 24.8.2004, 2003/01/0431).

 

Zu einer neuen Sachentscheidung kann die Behörde jedoch nur durch eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes berechtigt und verpflichtet werden, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls sie festgestellt werden kann - zu einem anderen Ergebnis als das erste Verfahren führen kann (E VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391, mwN zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 18 Abs. 1 AsylG 2005, nämlich § 28 AsylG 1997).

 

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den diese positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der (neuerliche) Asylantrag zulässig ist, mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben ihre Ermittlungen, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (vgl. etwa E VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315 bzw. auch E VwGH 25.4.2007, 2004/20/0100). Wird in einem neuen Asylantrag eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts nicht einmal behauptet, geschweige denn nachgewiesen, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen und berechtigt die Behörde dazu, ihn zurückzuweisen (E VwGH 4.5.2000, 99/20/0192).

 

Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtskräftigen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Bei der Prüfung, ob Identität der Sache vorliegt, ist vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne seine sachliche Richtigkeit - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. E VwGH 15.10.1999, 96/21/0097; 25.4.2002, 2000/07/0235).

 

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat; in der Berufung (hier: Beschwerde) gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. VwSlg. 5642 A/1961; 23.5.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 4.4.2001, 98/09/0041; 25.4.2002, 2000/07/0235). Allgemein bekannte Tatsachen hat das Bundesasylamt jedoch als Spezialbehörde von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. E VwGH 7.6.2000, 99/01/0321; 29.6.2000, 99/01/0400).

 

Aus dem Neuerungsverbot im Berufungsverfahren (hier: Beschwerdeverfahren) folgt, dass die Berufungsbehörde (hier: der Asylgerichtshof) den bekämpften Bescheid in sachverhaltsmäßiger Hinsicht bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Bundesasylamtes zu kontrollieren hat.

 

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist somit nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (E VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).

 

Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens iSd § 66 Abs. 4 AVG iVm § 23 AsylGHG bildet somit nur die Frage, ob das Bundesasylamt den gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht zurückgewiesen hat.

 

Der Beschwerdeführer hat im Zusammenhang mit der Stellung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz lediglich jene Fluchtgründe geltend gemacht, welche er bereits im ersten Rechtsgang vorgebracht hat. Das Bestehen neuer Fluchtgründe wurde sowohl vor der belangten Behörde als auch in der Beschwerde ausdrücklich verneint.

 

Somit ist der belangten Behörde vollinhaltlich Folge zu leisten und auf den rechtskräftigen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 08.06.2007 zu verweisen, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers, durch kriminelle Privatpersonen verfolgt zu sein, nicht unter die GFK subsumiert werden könne.

 

Da weiters auch keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom Bundesasylamt von Amts wegen zu berücksichtigen wären, vorliegen, und da sich auch die allgemeine Situation in der Ukraine seit Abschluss des ersten Rechtsganges nicht wesentlich geändert hat - wie sich der Asylgerichtshof durch ständige Beobachtung der Berichterstattung und sonstigen länderkundlichen Quellenlage zur Ukraine überzeugt hat - und da sich schließlich auch die Rechtslage in der Zwischenzeit nicht entscheidungswesentlich geändert hat, ist das Bundesasylamt im Ergebnis daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Behandlung des zweiten Antrages auf Internationalen Schutz das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

 

Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine ausgewiesen.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

a) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

 

b) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

 

c) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

 

d) der Grad der Integration;

 

e) die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;

 

f) die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

 

g) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

 

h) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

Gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005 ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 10 Abs. 6 AsylG 2005 bleiben Ausweisungen nach Abs. 1 binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht.

 

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben vorliegen (Art. 8 Abs. 1 EMRK). In seinem Erkenntnis vom 29. September 2007, Zahl B 1150/07-9, führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass das öffentliche Interesse an einer Ausweisung höher wiege, als das Interesse eines Fremden an der Fortsetzung seines Privatlebens, wenn dieses sich bloß auf die lange Aufenthaltsdauer, verursacht durch rechtswidrigen Aufenthalt bzw. aussichtslose Anträge, stütze. Eine Verletzung von Art. 8 EMRK sei nicht denkbar, wenn die belangte Behörde das Interesse an einer geregelten Einreise und der Befolgung österreichischer Gesetze höher bewerte, als den langjährigen tatsächlichen Aufenthalt im Inland.

 

Im gegenständlichen Fall kam bzw. kommt der beschwerdeführenden Partei kein, nicht auf das AsylG 2005 gestütztes Aufenthaltsrecht zu. Ein Familienleben, in welches durch die Ausweisung eingegriffen werden würde, wurde von der beschwerdeführenden Partei weder behauptet, noch ist ein solches erkennbar. Die beschwerdeführende Partei verfügt in Österreich über keine familiären Beziehungen zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden oder österreichischen Staatsbürger. Hingegen verfügt der Beschwerdeführer über Familienangehörige im Herkunftsstaat.

 

Hinsichtlich eines Eingriffes in das gewährleistete Recht auf Privatleben liegt kein konkreter Anhaltspunkt vor, wonach die beschwerdeführende Partei in Österreich tatsächlich bereits verfestigte überdurchschnittliche soziale Beziehungen, einen langjährigen Arbeitsplatz oder eine begonnene Ausbildung hätte. Insbesondere liegt kein Anhaltspunkt vor, wonach sich der Integrationsgrad in den letzten Jahren (seit dem rechtskräftigen Bescheid vom 08.06.2007) entscheidend verbessert hätte. Im Gegenteil: Der Beschwerdeführer weigerte sich beharrlich, der rechtskräftigen Ausweisungsentscheidung vom 08.06.2007 Folge zu leisten und das österreichische Bundesgebiet zu verlassen. Der Beschwerdeführer lebte ohne Meldung an unterschiedlichen Adressen bei Freunden und bestritt den Lebensunterhalt mit geringfügigen Gelegenheitsarbeiten (den Verdienst gab der Beschwerdeführer mit 20 Euro pro Tag an). Der Beschwerdeführer verließ zudem am 07.04.2011 seine Grundversorgungsstelle ohne Abmeldung und tauchte ohne gültige Meldeadresse bzw. unbekannten Aufenthalts unter. Er war somit nicht einmal gewillt, den Ausgang des gegenständlichen Rechtsganges abzuwarten.

 

Als einzige Bindung zur Republik Österreich gab der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde den Besuch von Deutschkursen an der Universität Wien (jedoch ohne dies durch Kursunterlagen, Zeugnisse, Teilnahmebestätigungen oder ähnliches belegen zu können) sowie das aktive Fußballspielen an. Auch kann die Dauer des Aufenthaltes in Österreich als nicht so lange angesehen werden, dass von einer völligen Entwurzelung des Beschwerdeführers hinsichtlich des Herkunftsstaates auszugehen ist. Der Beschwerdeführer schloss in der Ukraine nicht nur die Pflichtschule, sondern nach eigenen Angaben auch ein rechtswissenschaftliches Diplomstudium ab, sodass er in jeglicher Hinsicht über ausreichende Kenntnisse zu bzw. über die Geschichte, Kultur, Wirtschaft, Politik, Gesellschaft, Sprache und Arbeitswelt seiner Heimat verfügt.

 

Auch wenn der Beschwerdeführer unbescholten ist und über gehobene Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, überwiegen die öffentlichen Interessen (insbesondere das öffentliche Interesse der Aufrechterhaltung einer effektiven fremdenrechtlichen Ordnung,) an der Aufenthaltsbeendigung gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet.

 

Somit war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 41 Abs. 4 AsylG 2005 entfallen.

Schlagworte
Ausweisung, Identität der Sache, Prozesshindernis der entschiedenen Sache
Zuletzt aktualisiert am
04.05.2011
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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