Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des am 13. Juni 1971 geborenen M C, vertreten durch Dr. Veronika Cortolezis, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Neutorgasse 9/10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. März 1998, Zl. SD 170/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 25. März 1998 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1992 nach Österreich gekommen und habe um Asyl angesucht, doch sei ihm dieses nicht gewährt worden. Er sei zunächst dennoch in Österreich verblieben und im Jahr 1994 wegen unerlaubten Aufenthaltes bestraft worden.
Im März 1995 sei er dann aus Ungarn mit einem kurzfristig gültigen Touristenvisum nach Österreich eingereist und habe sich auch in der Folgezeit wieder vorübergehend ein Touristenvisum besorgt. Während der folgenden drei Jahre sei er aber, obwohl er angeblich hier einer selbstständigen Arbeit als Lederverkäufer auf Jahrmärkten nachgegangen sei, bis zuletzt ohne Aufenthaltsbewilligung gewesen. Er sei in Wien zum Teil bei seiner Schwägerin, zum Teil an einer näher bezeichneten Anschrift in Wien 16 wohnhaft, zum Teil unsteten Aufenthaltes, jedenfalls aber während der gesamten Zeit nicht polizeilich gemeldet gewesen. Er sei nicht im Besitz der für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel - er habe lediglich über S 3.000,-- verfügt - und habe auch sonst keinen Nachweis dafür zu erbringen vermocht. Die Erstbehörde sei daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG vorlägen. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers sei aus seinem Berufungsvorbringen, dass er zwar über keine nennenswerten Mittel verfüge, dass er aber von seiner in Österreich lebenden Schwester stets finanziell unterstützt werde, für ihn nichts zu gewinnen. Ein Fremder habe von sich (initiativ) den Nachweis für den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt zu führen. Wenn er über diese Mittel nicht selbst verfüge, sondern sie von Dritten erhalte, so habe er sowohl einen Rechtsanspruch auf Unterhalt (z.B. durch Vorlage einer Verpflichtungserklärung) als auch weiters zu beweisen, dass der Unterhaltsverpflichtete in der Lage sei, den Unterhalt zu leisten. Da der Beschwerdeführer einen solchen Nachweis nicht erbracht habe, sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG nach wie vor gegeben. In einem solchen Fall gefährde der Aufenthalt eines Fremden jedenfalls die öffentliche Ordnung und vor allem auch wegen der Gefahr strafbarer Handlungen die öffentliche Sicherheit im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG, wobei noch hinzukomme, dass der Beschwerdeführer entgegen seinen Behauptungen, sich an die österreichischen Rechtsvorschriften gehalten zu haben, permanent gegen fremdenrechtliche Bestimmungen sowie auch gegen melderechtliche Bestimmungen verstoßen habe. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei daher jedenfalls im Sinn des § 36 FrG gerechtfertigt, sofern dem nicht die §§ 37 und 38 FrG entgegenstünden. Die Familie des Beschwerdeführers - er sei verheiratet und habe zwei Kinder - lebe in Rumänien. Im Bundesgebiet lebe eine Schwester, jedoch - zumindest in der letzten Zeit - nicht im gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer halte sich zwar bereits einige Jahre im Bundesgebiet auf, sei jedoch ursprünglich nur zum vorläufigen Aufenthalt nach dem Asylgesetz berechtigt gewesen und habe in der folgenden Zeit lediglich zweimal über kurzfristige Touristensichtvermerke verfügt. Im Übrigen sei er nicht zum Aufenthalt berechtigt gewesen. Von einem Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des Art. 8 MRK bzw. des § 37 Abs. 1 FrG könne daher keine Rede sein. Abgesehen davon wäre aber auch im Sinn dieser Bestimmung die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten, und es seien auch die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers in Anbetracht der nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes keineswegs bedeutend, sodass diese nachteiligen Folgen jedenfalls nicht in Kauf genommen werden könnten.
Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes sei nach Ansicht der belangten Behörde keineswegs zu lang bemessen worden, weil jedenfalls nicht erkennbar sei, dass der Beschwerdeführer zu einem früheren Zeitpunkt über ausreichende Mittel für seinen Unterhalt verfügen werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, es sei vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt und bringt vor, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung ausgeführt, er hätte zwar nicht über Vermögen, jedoch durch die Unterhaltszahlungen seiner in Österreich aufhältigen Schwester immer über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes verfügt. Hätte die belangte Behörde dieses Vorbringen richtig gewürdigt, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beschwerdeführer die Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes nachzuweisen vermöge.
1.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht nur über die Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt und dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 99/18/0283, mwN).
Weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde ergibt sich, dass vom Beschwerdeführer ein derartiger Nachweis erbracht worden sei, hatte er doch - unbestrittenermaßen - angegeben, "derzeit" S 3.206,-- an Barmitteln zu haben (Niederschrift vom 28. Februar 1998) bzw. im Besitz von S 3.000,-- zu sein (Niederschrift vom 3. März 1998). Wenn der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Berufung geltend macht, während seines Aufenthaltes in Österreich von seiner in Österreich lebenden Schwester stets finanziell unterstützt worden zu sein, so reicht dies zum Nachweis der Mittel zu seinem Unterhalt schon deshalb nicht aus, weil sich daraus nicht ergibt, dass er einen Rechtsanspruch auf diese Unterstützungsleistungen habe (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 2000/18/0006). Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung geht daher die Rüge, die belangte Behörde habe das Berufungsvorbringen nicht richtig "gewürdigt", ins Leere.
Die belangte Behörde kam sohin zutreffend zu dem Ergebnis, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei. Im Hinblick auf die nach der hg. Rechtsprechung aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierenden Gefahr und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich (vgl. auch dazu das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2000/18/0006), wozu im vorliegenden Fall noch kommt, dass sich der Beschwerdeführer - unbestrittenermaßen - unrechtmäßig in Österreich aufhält, ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtet hat. Dass es - so die Beschwerde - "in der Natur" der fremdenrechtlichen Vorschriften liege, dass gegen diese permanent verstoßen werde, sobald ein Fremder sich über die Gültigkeitsdauer eines erteilten Sichtvermerkes hinaus in Österreich aufhalte, ohne rechtzeitig eine Verlängerung zu beantragen, steht dem Gerechtfertigtsein dieser Annahme nicht entgegen.
2.1. Die Beschwerde wendet im Licht des § 37 Abs. 1 und 2 FrG ein, dass die belangte Behörde die nach dieser Bestimmung vorzunehmende Interessenabwägung nur mangelhaft getroffen habe.
2.2. Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
Wenn die belangte Behörde - unter Bedachtnahme auf den mehrjährigen, allerdings nur für die Dauer des Asylverfahrens und während der Gültigkeitsdauer der ihm erteilten Sichtvermerke rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet - zur Ansicht gelangte, dass das Aufenthaltsverbot im Grund des § 37 Abs. 1 FrG gerechtfertigt sei, so kann darin angesichts der mit der Mittellosigkeit verbundenen Gefahren (vgl. II.1.), insbesondere der Gefahr einer finanziellen Belastung der Republik Österreich, keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.
2.3. Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde habe das tatsächliche Ausmaß des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers nicht feststellen können, weil sie den dem Beschwerdeführer ab 5. Oktober 1995 erteilten gewöhnlichen Sichtvermerk als "Touristensichtvermerk" bezeichnet habe. Da ein gewöhnlicher Sichtvermerk nach der alten Rechtslage ein "stärkerer" Aufenthaltstitel als ein Touristensichtvermerk gewesen sei, liege eine "Aktenwidrigkeit in einem wesentlichen Punkt" vor.
2.4. Auch dieser Vorwurf ist im Ergebnis nicht zielführend. Der besagte Sichtvermerk wurde von der belangten Behörde - im Gegensatz zur Erstbehörde, die von einem "Einreisesichtvermerk" ausging - zwar tatsächlich fälschlich als "Touristensichtvermerk" bezeichnet, doch vermag dieser Umstand an der Unrechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers, der nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Sichtvermerkes unstrittig nicht in den Besitz einer Aufenthaltsberechtigung gelangt ist, nichts zu ändern. Von daher kann dahinstehen, inwieweit ein gewöhnlicher Sichtvermerk tatsächlich "stärker" als ein Touristensichtvermerk gewesen sein könnte.
2.5. Die Beschwerde bringt vor, es sei zwar richtig, dass sich die Familie des Beschwerdeführers in Rumänien aufhalte, die belangte Behörde habe es jedoch verabsäumt festzustellen, welcher Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers erfolgen würde, wenn er nach Rumänien zurückkehren müsste. "Sicherlich ist der Eingriff in das Privat- und Familienleben durch eine Verhaftung des Beschwerdeführers, der sich 1992 der Wehrdienstpflicht in Rumänien entzog, von nicht unerheblicher Bedeutung bei der Entscheidungsfindung". Die belangte Behörde gehe in ihrer Begründung jedoch mit keinem Wort auf die "bestehende Situation des Beschwerdeführers in Rumänien" ein.
2.6. Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass es im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ohne Belang ist, ob die Abschiebung des Fremden in ein bestimmtes Land aus den Gründen des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG unzulässig wäre, weil das Vorliegen solcher Gründe in einem gesonderten Verfahren nach § 75 FrG zu prüfen ist.
2.7. Im Lichte des Vorgesagten kann es auch nicht als rechtswidrig erkannt werden, dass die belangte Behörde bei der Abwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG den nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes kein geringeres Gewicht beigemessen hat als den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers.
3. Schließlich wendet sich die Beschwerde erkennbar gegen die fünfjährige Dauer des Aufenthaltsverbotes und bringt dazu vor, die belangte Behörde habe es verabsäumt festzustellen, dass der Beschwerdeführer bereits am 6. März 1998 das österreichische Bundesgebiet freiwillig verlassen habe. Die belangte Behörde behaupte, dass die Dauer des Aufenthaltsverbotes durch den nicht früher zu erwartenden Gesinnungswandel des Beschwerdeführers begründet sei. Gerade aus der freiwilligen Ausreise lasse sich jedoch schließen, dass dieser Gesinnungswandel bereits eingeleitet worden sei.
Nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 99/18/0426) ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarer Weise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird.
Abgesehen davon, dass die Ausreise des Beschwerdeführers nach der Aktenlage lediglich insofern "freiwillig" erfolgte, als dieser aus der Schubhaft zwecks Ausreiseüberwachung zum Flughafen Wien-Schwechat überstellt wurde und sich dabei keinerlei Vorfälle ereigneten, zeigt die Beschwerde keine Umstände auf, die den Schluss zuließen, dass der Zeitpunkt des Wegfalls der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe vor Ablauf dieser Gültigkeitsdauer erwartet werden könne.
4. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 2 VwGG abzuweisen war.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 1. März 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998180157.X00Im RIS seit
26.06.2001