TE AsylGH Erkenntnis 2011/04/13 B13 417968-1/2011

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Veröffentlicht am 13.04.2011
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Spruch

B13 417.968-1/2011/7E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Maga. Eigelsberger als Vorsitzende und die Richterin Mag. Kracher als Beisitzerin über die Beschwerde des XXXX, StA: Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. 12. 2010, Zl 10 12.023-EASt.West, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Der Beschwerdeführer stellte am 21. 12. 2010 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Bei der beim Stadtpolizeikommando Salzburg am 22. 12. 2010 stattgefundenen Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, aus seinem Heimatland illegal ausgereist zu sein und über keinen Reisepass zu verfügen. Er habe sein Heimatland deshalb verlassen, weil er von Anhängern des Ministerpräsidenten Thaci bedroht worden sei. Er sei Mitglied der LDK und habe vor den Wahlen im letzten Jahr bei einer Parteiversammlung der PDK den Ministerpräsidenten persönlich beschimpft. Seither habe er mit den Gefolgsleuten des Ministerpräsidenten Probleme. Er sei von diesen entführt und geschlagen worden. Er habe sich jedoch befreien können und sei geflohen. Dies sei vor ca drei Monaten geschehen.

 

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX, wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen.

 

Am 27. 12. 2010 verließ der Beschwerdeführer ungerechtfertigt die Erstaufnahmestelle.

 

Da ihm eine Ladung für die Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 28. 12. 2010 nicht zugestellt werden konnte, verzichtete das Bundesasylamt in weiterer Folge auf eine diesbezügliche Einvernahme.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. 12. 2010, Zl 10 12.023-EASt.West, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 21. 12. 2010 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Kosovo abgewiesen (Spruchpunkt II). Zudem wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Republik Kosovo ausgewiesen (Spruchpunkt III). Überdies wurde einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 38 Abs 1 Z 1 AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV). Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer am 10. 2. 2011 persönlich übernommen.

 

Am 12. Jänner 2011 wurde dem Bundesasylamt die gekürzte Urteilsausfertigung des vom Landesgericht XXXX gegen den Beschwerdeführer ergangenen Strafurteils wegen §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 (1.Fall) und § 88 Abs 1 StGB übermittelt. In diesem wurde der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten, davon acht Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt, verurteilt.

 

Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 24. 2. 2011 Beschwerde. In dieser führte er aus, dass er sich nur aus Unwissenheit nicht angemeldet habe und er sich nicht dem Verfahren habe entziehen wollen. Er sei vor der Polizei davon gelaufen, weil er Angst und darüber hinaus auch psychische Probleme habe. Ebenso gab der Beschwerdeführer an, dass sein bisheriges Vorbringen der Wahrheit entsprechen würde und er sein Heimatland nicht aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe.

 

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX, wurde gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Aus dieser wurde er am 3. 3. 3011 wegen des Eintretens in einen Hungerstreik entlassen.

 

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

 

Gemäß § 23 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, BGBl. I, Nr. 147/2008 (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) idgF sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. In analoger Anwendung dieser Bestimmung tritt an die Stelle des Begriffes "Berufungswerber" der Begriff "Beschwerdeführer".

 

Gemäß § 66 Abs 2 AVG kann die Berufungsbehörde, wenn der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid erheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an einen Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

 

Gemäß Abs 3 leg cit kann die Berufungsbehörde die mündliche Verhandlung und unmittelbar Beweisaufnahme auch selbst durchführen, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden ist.

 

Gemäß § 19 Abs 1 AsylG ist ein Fremder, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach Antragstellung oder im Zulassungsverfahren in der Erstaufnahmestelle zu befragen. Diese Befragung dient insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden und hat sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn es sich um einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) handelt. Die Befragung kann in den Fällen des § 12a Abs. 1 sowie in den Fällen des § 12a Abs. 3, wenn der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt wurde, unterbleiben.

 

Gemäß Abs 2 ist ein Asylwerber vom Bundesasylamt, soweit er nicht auf Grund von in seiner Person gelegenen Umständen nicht in der Lage ist, durch Aussagen zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, zumindest einmal im Zulassungsverfahren und - soweit nicht bereits im Zulassungsverfahren über den Antrag entschieden wird - zumindest einmal nach Zulassung des Verfahrens einzuvernehmen. Eine Einvernahme kann unterbleiben, wenn dem Asylwerber, ein faktischer Abschiebeschutz nicht zukommt (§ 12a Abs. 1 oder 3). Weiters kann eine Einvernahme im Zulassungsverfahren unterbleiben, wenn das Verfahren zugelassen wird. Soweit dies ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist, ist der Asylwerber persönlich von dem zur jeweiligen Entscheidung berufenen Organ des Bundesasylamtes einzuvernehmen. § 24 Abs. 3 bleibt unberührt.

 

Gemäß § 24 Abs 3 AsylG, steht, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht und sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat (Abs. 1), die Tatsache, dass der Asylwerber vom Bundesasylamt oder vom Asylgerichtshof bisher nicht einvernommen wurde, einer Entscheidung nicht entgegen.

 

Das Grundprinzip der Anhörung wird somit lediglich durch § 24 Abs 3 AsylG 2005 durchbrochen.

 

Im gegenständlichen Fall kann jedoch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt als entscheidungsrelevant anzusehen ist, zumal nach der Bestimmung des § 19 Abs 1 AsylG die durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführte Befragung sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Der Beschwerdeführer hat nämlich bereits anlässlich dieser Einvernahme Anhaltspunkte geäußert, die ohne genauere Befragung beim Bundesasylamt nicht als entscheidungsrelevant festgestellt werden hätten können. So gab er an, von Gefolgsleuten des kosovarischen Ministerpräsidenten entführt worden zu sein. Das Bundesasylamt hat es jedoch unterlassen, in einer dort durchzuführenden Einvernahme eine nähere Befragung zum Vorbringen des Beschwerdeführers durchzuführen, was gegebenenfalls eine andere Beweiswürdigung nach sich gezogen hätte. Vor diesem Hintergrund wird das Bundesasylamt somit im fortgesetzten Verfahren jedenfalls eine Befragung des Beschwerdeführers und die Würdigung des Vorbringens nachzuholen haben.

Schlagworte
Befragung, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung
Zuletzt aktualisiert am
04.05.2011
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
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